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Online-Nachricht - Donnerstag, 20.10.2022

Einkommensteuer | Freiwillige Zahlung einer Umsatzsteuer-Vorauszahlung des Vorjahres vor Fälligkeit (BFH)

Die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den Voranmeldungszeitraum des Dezembers des Vorjahres, die zwar innerhalb des für § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG maßgeblichen Zehn-Tages-Zeitraums geleistet, aber wegen einer Dauerfristverlängerung erst danach fällig wird, ist bei der Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung erst im Jahr des Abflusses als Betriebsausgabe zu berücksichtigen (Anschluss an das : ; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Die Klägerin, eine Steuerberatungsgesellschaft, ermittelte ihren Gewinn für das Streitjahr 2017 im Wege der Einnahmen-Überschuss-Rechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG.

Am leistete sie die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den Voranmeldungszeitraum Dezember 2017. Diese war aufgrund einer der Klägerin gewährten Dauerfristverlängerung gemäß § 18 Abs. 1 Sätze 1 und 4 UStG i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 1 UStDV erst am fällig.

Das FA ließ einen Betriebsausgabenabzug der geleistete Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den Voranmeldungszeitraum Dezember 2017 im Streitjahr 2017 mangels Fälligkeit nicht zu. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in allen Instanzen keinen Erfolg (Vorinstanz: ).

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:

  • Das FG hat zu Recht erkannt, dass die am geleistete Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den Voranmeldungszeitraum Dezember 2017 eine Betriebsausgabe des Jahres 2018 und nicht des Streitjahres 2017 ist.

  • Eine abweichende Zuordnung der Ausgabe zum Streitjahr gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG kommt nicht in Betracht, weil die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den Voranmeldungszeitraum Dezember des Streitjahres nicht innerhalb des für eine "kurze Zeit" i.S. des § 11 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG maßgeblichen Zehn-Tages-Zeitraums fällig war.

  • Der X. Senat des BStBl 2022 II S. 448, Rz 13 ff., 19 ff., maßgeblich unter Bezugnahme auf das , BStBl II 1974, 547 entschieden, § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG sei als Ausnahmetatbestand zu § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG konzipiert. Für die vom Folgejahr, in dem der Abfluss der Ausgabe stattfinde, abweichende Zuordnung zum vorhergehenden Kalenderjahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit sei erforderlich, dass eine regelmäßig wiederkehrende Ausgabe im Sinne der Regelung nach dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis innerhalb der kurzen Zeit (des Zehn-Tages-Zeitraums) fällig (zahlbar) geworden sei und abfließe.

  • Dieser Rechtsprechung schließt sich der Senat an.

  • Danach sind die Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG nicht erfüllt, wenn die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den Voranmeldungszeitraum Dezember eines Jahres zwar innerhalb des Zehn-Tages-Zeitraums des Folgejahres (hier: bis zum ) geleistet wird, wegen einer erteilten Dauerfristverlängerung aber erst nach dessen Ablauf (hier: am ) fällig ist.

  • § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG soll Zufälligkeiten vermeiden, die bei strikter Anwendung des die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG grundsätzlich beherrschenden Zu- und Abflussprinzips entstünden, würde man die Zahlung mal in dem einen oder mal in dem anderen Jahr berücksichtigen müssen.

  • Würde man auf die Fälligkeit der regelmäßig wiederkehrenden Ausgabe innerhalb des Zehn-Tages-Zeitraums verzichten, könnten Umsatzsteuer-Vorauszahlungen für den Voranmeldungszeitraum Dezember, die wegen der beantragten und erteilten Dauerfristverlängerung erst deutlich nach dem Jahreswechsel fällig werden und typischerweise nicht um den Jahreswechsel herum geleistet werden sollen, allein durch eine freiwillige Zahlung vor Fälligkeit innerhalb des Zehn-Tages-Zeitraums dem Vorjahr zugeordnet werden.

  • Bei diesem Normverständnis würden Zufälligkeiten nicht vermieden, die bei der Zuordnung regelmäßig wiederkehrender Ausgaben auftreten können, sondern dem Normzweck zuwiderlaufende Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet, die Ausgabe bewusst dem einen oder dem anderen Veranlagungszeitraum zuordnen zu können.

Anmerkung von Dr. Christian Levedag, Richter im VIII. Senat des BFH:

Mit seiner Entscheidung schließt sich der VIII. Senat des BFH der Entscheidung des X. Senats vom – X R 2/21 an. Dieser hatte entschieden, dass es bei einem Einnahmen-Überschuss-Rechner für die wirtschaftliche Zuordnung der Zahlung von Umsatzsteuervorauszahlungen zu den Betriebsausgaben des Vorjahrs nicht ausreicht, dass die Zahlungen nach Ablauf des Vorjahres innerhalb des Zehn-Tages-Zeitraums bis zum 10.1. des Folgejahrs (der „kurzen Zeit“ gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG) abfließen. Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen und Ausgaben setzen für die Zuordnung zum Jahr der wirtschaftlichen Verursachung vielmehr voraus, dass sie kurze Zeit vor Beginn bzw. kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres der wirtschaftlichen Zugehörigkeit nicht nur gezahlt, sondern auch fällig geworden sind. Wird innerhalb des Zehn-Tages-Zeitraums bis zum 10.1. des Folgejahrs eine Umsatzsteuervorauszahlung geleistet, die schon zuvor (vor dem 21.12. des Vorjahres) fällig war, ist sie als Betriebsausgabe dem Abflussjahr und nicht dem Vorjahr zuzuordnen.

Unter Aufnahme dieser Grundsätze hat der VIII. Senat für Umsatzsteuervorauszahlungen mit einer Dauerfristverlängerung entschieden, dass diese gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG nur dann dem Vorjahr als Betriebsausgabe zuzuordnen sind, wenn sie auch innerhalb des Zehn-Tages-Zeitraums (bis zum 10.1. des Folgejahres) fällig werden. Im Streitjahr ging es um die freiwillig vor dem 10.1. geleistete Umsatzsteuervorauszahlung für den Dezember des Vorjahres, die wegen der Dauerfristverlängerung erst im Februar des Folgejahrs fällig wurde. Diese Umsatzsteuervorauszahlung war trotz der Zahlung innerhalb des Zeitraums bis zum 10.1. des Folgejahres mangels einer darin liegenden Fälligkeit als Betriebsausgabe dem Folgejahr, d.h. dem Abflussjahr, zuzuordnen.

Durch die Entscheidung des X. Senats und des VIII. Senats ist mithin abschließend geklärt, dass innerhalb des Zehn-Tages-Zeitraums bis zum 10.1. des Folgejahrs nachgezahlte Umsatzsteuervorauszahlungen, die schon vor dem 21.12. des Vorjahres fällig waren und Umsatzsteuervorauszahlungen, die erst nach dem 10.1. des Folgejahrs fällig werden, aber freiwillig bis zum 10.1. des Folgejahrs gezahlt werden, dem Abflussjahr als Betriebsausgabe zuzuordnen sind.

Quelle: ; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
IAAAJ-24455