Online-Nachricht - Montag, 17.10.2022

Einkommensteuer | Zugangsnachweis bei Versand mehrerer Steuerbescheide in einem Umschlag (FG)

Das FG Münster hat entschieden, dass vom Zugang eines Steuerbescheids trotz Bestreitens des Steuerpflichtigen auszugehen ist, wenn nachgewiesen ist, dass ein tatsächlich zugegangener anderer Bescheid vom Rechenzentrum im selben Umschlag versandt wurde ().

Sachverhalt: Das Finanzamt erließ einen zunächst unter Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Einkommensteuerbescheid für 2016 gegenüber den Klägern, in dem es die Besteuerungsgrundlagen mangels Abgabe einer Erklärung schätzte. Mit Bescheid vom hob es den Vorbehalt der Nachprüfung auf und erließ am selben Tag einen erstmaligen Schätzungsbescheid für das Jahr 2017. Die daraus für 2017 resultierende Nachzahlung beglichen die Kläger fristgerecht innerhalb eines Monats.

Im Jahr 2020 reichten die Kläger eine Einkommensteuererklärung für 2016 ein. Hierauf übersandte das Finanzamt ihnen einen mit „Kopie“ beschrifteten Ausdruck des Bescheids für 2016 vom und teilte mit, dass eine Änderung nicht mehr möglich sei. Hiergegen legten die Kläger Einspruch ein und trugen vor, diesen Bescheid nunmehr erstmals erhalten zu haben.

Eine Anfrage des Finanzamts beim Rechenzentrum der Finanzverwaltung Nordrhein-Westfalen ergab, dass die beiden Einkommensteuerbescheide für 2016 und 2017 vom Inhalt einer Druckdatei gewesen seien, die zeitgleich mit dem Status „maschinell gut erfasst“ kuvertiert, ohne manuelle Bearbeitung durch einen Operator automatisch in die entsprechende Postbox einsortiert und am zur Post eingeliefert worden seien. Die Sendung habe fünf Blätter enthalten wobei der zwei Blätter umfassende Einkommensteuerbescheid 2016 mit einem QR-Code frankiert gewesen sei, der drei Blätter umfassende Einkommensteuerbescheid 2017 dagegen nicht.

Daraufhin verwarf das Finanzamt den Einspruch wegen Verfristung als unzulässig. Zur Begründung ihrer hiergegen erhobenen Klage bestritten die Kläger weiterhin den Zugang des Bescheids für 2016 sowie dessen Versand in einem Umschlag mit dem anderen Bescheid. Der Fehler in der Zustellung liege möglicherweise auch beim Postdienstleister.

Die Klage ist erfolglos geblieben:

  • Das FG hat den Einspruch ebenso wie das Finanzamt als verfristet angesehen, da es von einem tatsächlichen Zugang des Einkommensteuerbescheids für 2016 vom ausgegangen ist.

  • Der Beweis des vom Steuerpflichtigen bestrittenen Zugangs eines Steuerbescheids kann auf Indizien gestützt und im Wege der freien Beweiswürdigung geführt werden. Nach den internen Ermittlungen des Finanzamts zum Postversand durch das Rechenzentrum sind beide Bescheide vom im selben Umschlag versandt worden. Die Angaben des Rechenzentrums sind nicht anzuzweifeln, da beide Bescheide Inhalt derselben Druckdatei mit insgesamt fünf Blättern gewesen sind, keine Fehlermeldung ersichtlich ist und der Bescheid für 2016 den für den Postversand notwendigen Aufdruck des QR-Codes enthalten hat, nicht aber der Bescheid für 2017. Ohne einen solchen QR-Code (Briefmarke) wäre ein (isolierter) Versand des Bescheids für 2017 nicht möglich gewesen.

  • Eben dieser Bescheid ist den Klägern aber zugegangen. Sie haben den Zugang nicht bestritten und außerdem den Zahlbetrag innerhalb der im Bescheid angegebenen Frist beglichen. Dies ist nur bei Kenntnis des Bescheids möglich gewesen. Dementsprechend muss zwangsläufig auch der Bescheid für 2016 zugegangen sein. Ein Fehler bei der Postzustellung ist danach ausgeschlossen.

Hinweis:

Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des FG Münster veröffentlicht.

Quelle: ; Newsletter Oktober 2022 (RD)

Fundstelle(n):
HAAAJ-24088