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Online-Nachricht - Donnerstag, 06.10.2022

Grunderwerbsteuer | Erwerb forstwirtschaftlich genutzter Waldflächen (BFH)

Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer sind diejenigen Leistungen, die für den Erwerb des Grundstücks im Sinne des bürgerlichen Rechts zu erbringen sind. Eine Gegenleistung für Scheinbestandteile gehört nicht zur Bemessungsgrundlage (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Der Kläger unterhält einen forstwirtschaftlichen Betrieb. Er pflegte kontinuierlich forstlich bewirtschaftete Flächen zu erwerben, um fällreife Bäume abzuholzen und entsprechend neue Bäume anzupflanzen. Im Jahre 2018 erwarb er mit einem einheitlichen Vertrag von derselben Veräußerin mehrere Waldgrundstücke in verschiedenen Gemeinden. Der wertvollste Bestand an Grundstücken war im Zuständigkeitsbereich des beklagten FA belegen. Auch bei diesen Grundstücken hatte zum Zeitpunkt der Aufforstung bereits festgestanden, dass die gepflanzten Bäume bei Hiebreife abgeholzt werden sollten. Zum Ankaufszeitpunkt wiesen die Flächen teilweise hiebreife Bestände auf. Vom Gesamtkaufpreis in Höhe von 105.000 € sollte ein Teilbetrag in Höhe von 73.500 € auf den "Aufwuchs" und ein Teilbetrag in Höhe von 31.500 € auf den Grund und Boden entfallen.

Das FA stellte für die einzelnen Grundstücke die jeweilige Gegenleistung, insgesamt in Höhe von 105.000 € gesondert fest. Das FA begründete seine Entscheidung mit dem Hinweis, dass der Wald wesentlicher Bestandteil des jeweiligen Grundstücks i. S. von § 94 BGB sei.

Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage, mit der sich der Kläger gegen die Einbeziehung des Kaufpreisanteils für den Aufwuchs in die Gegenleistung wandte, hatte Erfolg ( GE).

Der BFH hat die Revision des FA als unbegründet zurückgewiesen:

  • Bei einem Grundstückskauf gilt nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG als Gegenleistung der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen. Danach gehören zur grunderwerbsteuerrechtlichen Gegenleistung (Bemessungsgrundlage) alle Leistungen des Erwerbers, die dieser nach den vertraglichen Vereinbarungen gewährt, um das Grundstück zu erwerben (, Rz. 13, m.w.N.). Soweit sich ein Kaufvertrag auch auf Gegenstände bezieht, die kein Grundstück sind, gehören die hierauf entfallenden Teile des Kaufpreises nicht zur grunderwerbsteuerrechtlichen Bemessungsgrundlage, denn es können nur solche Leistungsverpflichtungen des Erwerbers Gegenleistung sein, die er um des Grundstückserwerbs willen zu erbringen hat.

  • Unter Grundstück im Sinne des GrEStG ist das Grundstück im Sinne des bürgerlichen Rechts zu verstehen (§ 2 Abs. 1 Satz 1 GrEStG). Ob Gehölze zum Grundstück zählen, hängt davon ab, zu welchem Zweck die Aussaat bzw. das Einpflanzen des Gehölzes erfolgt ist.

  • Zu den Bestandteilen eines Grundstücks gehören solche Sachen nicht, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden sind (§ 95 Abs. 1 Satz 1 BGB), die sog. Scheinbestandteile.

  • Gehölze sind Scheinbestandteile, wenn bereits zum Zeitpunkt von Aussaat oder Pflanzung vorgesehen war, sie wieder von dem Grundstück zu entfernen. Dazu können auch Forstbäume zählen.

  • Nach diesen Grundsätzen hat das FG zutreffend entschieden, dass nur der auf den Grund und Boden entfallende Kaufpreisanteil Gegenleistung für den Grundstückserwerb ist. Der Kaufpreisanteil für die aufstehenden Bäume wurde nicht für den Erwerb des Grundstücks geleistet, da die Bäume als Scheinbestandteile nicht Teil des Grundstücks waren. Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG waren die Bäume bereits bei Pflanzung zur Abholzung und damit zur Entfernung von dem Grundstück bestimmt.

Anmerkung von Prof. Dr. Matthias Loose, Richter im II. Senat des BFH:

Der Grunderwerbsteuer unterliegt ein Kaufvertrag, der den Anspruch auf Übereignung eines inländischen Grundstücks begründet (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG). Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer ist die Gegenleistung (§ 8 Abs. 1 GrEStG). Dazu gehören alle Leistungen des Erwerbers, die dieser nach den vertraglichen Vereinbarungen gewährt, um das Grundstück (!) zu erwerben (§ 9 Abs.1 Nr. 1 GrEStG). Bezieht der Kaufvertrag andere Gegenstände mit ein, die nicht zum Grundstück gehören, unterliegt der darauf entfallende Teil des Kaufpreises nicht der Grunderwerbsteuer. Die Aufteilung des Kaufpreises in einen das Grundstück betreffenden und einen die anderen Gegenstände betreffenden Teil wirkt sich also unmittelbar auf die Grunderwerbsteuer aus.

Ob nun auch auf dem Grundstück wachsende Gehölze im Rechtssinne zum Grundstück gehören, hängt davon ab, zu welchem Zweck die Aussaat bzw. das Einpflanzen ursprünglich erfolgt ist. Gehölze und andere Pflanzen sind zwar im Ausgangspunkt wesentliche Bestandteile des Grundstücks. Ausnahmen gelten aber für sog. Scheinbestandteile, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden sind (§ 95 Abs. 1 Satz 1 BGB). Der BFH hat klargestellt, dass Gehölze Scheinbestandteile sind, wenn bereits zum Zeitpunkt von Aussaat oder Pflanzung vorgesehen war, sie wieder von dem Grundstück zu entfernen. Das betrifft wohl die meisten forstwirtschaftlich genutzten Grundstücke.

Quelle: ; NWB Datenbank (RD)

Fundstelle(n):
KAAAJ-23426