Umsatzsteuer | Einlagerung eingefrorener Eizellen als umsatzsteuerfreie Heilbehandlung (BFH)
Die isolierte Einlagerung eingefrorener Eizellen ist jedenfalls dann gemäß § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG steuerfrei, wenn sie im Rahmen eines therapeutischen Kontinuums mit einer Kryokonservierung erfolgt, bei dem Einlagerung und Kryokonservierung zwar durch zwei unterschiedliche Unternehmer durchgeführt werden, für die aber dieselben Ärzte tätig sind (; veröffentlicht am ).
Hintergrund: § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG befreit die "Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Physiotherapeut, Hebamme oder einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit durchgeführt werden". Unionsrechtlich beruht dies auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL). Danach sind "Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der von dem betreffenden Mitgliedstaat definierten ärztlichen und arztähnlichen Berufe durchgeführt werden", steuerfrei.
Sachverhalt: Die Klägerin ist im Bereich der Kryokonservierung zum Zweck der medizinisch indizierten künstlichen Befruchtung in Fällen tätig, in denen eine organisch bedingte Sterilität bei einem der beiden fortpflanzungswilligen Partner vorlag. Ihr Gesellschaftszweck bestand im tiefgekühlten Einlagern von Samen- und Eizellen. Die vorgehende bzw. sich anschließende Fruchtbarkeitsbehandlung wurde von einem anderen Unternehmen durchgeführt. Für beide Unternehmen waren dieselben Personen tätig. Während das Finanzamt die Einlagerung der eingefrorenen Eizellen als umsatzsteuerpflichtig ansah, nahm das FG der ersten Instanz eine steuerfreie Heilbehandlung an (, s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 16.3.2020 sowie Gehm, ).
Die Richter des BFH bestätigten die Entscheidung des FG:
Der BFH hat bereits entschieden, dass die weitere Lagerung von im Rahmen einer Fruchtbarkeitsbehandlung eingefrorenen Eizellen durch einen Arzt gegen ein vom Patienten gezahltes Entgelt steuerfrei ist, wenn damit ein therapeutischer Zweck verfolgt wird, wie er z.B. bei der Herbeiführung einer weiteren Schwangerschaft im Hinblick auf eine andauernde organisch bedingte Sterilität besteht (, BStBl II 2017, 733, s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 9.9.2015).
Auf dieser Grundlage ist auch die isolierte Einlagerung eingefrorener Eizellen steuerfrei. Denn das o.g. BFH-Urteil bezieht sich auf die "weitere Lagerung" als eigenständige Leistung, ohne dass es für die Steuerfreiheit dieser Leistung darauf ankommt, dass damit weitere Leistungen wie etwa "Fruchtbarkeitsbehandlungen, z.B. das Einfrieren (Kryokonservierung) ... von Eizellen oder Spermien" (vgl. hierzu Abschn. 4.14.2 Abs. 4 Satz 1 UStAE) verbunden sind.
Ist damit die "Lagerung" bereits als eigenständige Leistung steuerfrei, kann diese Steuerfreiheit nicht davon abhängig gemacht werden, ob ihr eine Leistung mit weitergehenden Leistungsmerkmalen vorausging.
Der BFH wendet sich damit gegen eine von der Finanzverwaltung vorgenommene Unterscheidung zwischen einer "weiteren Lagerung" und einer "bloßen Lagerung", wobei die Finanzverwaltung für den Fall der bloßen Lagerung eine zur Steuerpflicht führende Regelvermutung aufstellt. Für den BFH ist maßgeblich, dass es in beiden Fällen gleichermaßen um eine Lagerung als umsatzsteuerrechtlich eigenständige Leistung geht.
Dass in Bezug auf die Fruchtbarkeitsbehandlung und die Einlagerung Leistungen zweier unterschiedlicher Unternehmer vorlagen, sieht der BFH jedenfalls dann als unerheblich an, wenn für die beiden Unternehmer dieselben Personen tätig sind.
Quelle: sowie BFH, Pressemitteilung v. (il)
Fundstelle(n):
CAAAJ-23420