Online-Nachricht - Dienstag, 04.10.2022

Umsatzsteuer | Steuerfreie ärztliche Heilbehandlungen im Rahmen von Krankenhausleistungen (FG)

Ärztliche Heilbehandlungen sind gem. § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG auch dann steuerfrei, wenn sie im Rahmen von Krankenhausleistungen erbracht werden und diese Krankenhausleistungen ihrerseits nicht nach § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG begünstigt sind, weil nicht alle Voraussetzungen dieser Norm erfüllt sind (; Revision anhängig, BFH-Az. V R 10/22).

Sachverhalt: Die Klägerin erbrachte Leistungen im Bereich der ästhetisch-plastischen Chirurgie durch ihren Geschäftsführer und Alleingesellschafter. Streitig war, ob ein Teil dieser Leistungen, welcher unstreitig medizinisch indiziert war, in den Genuss der Steuerbefreiung des § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG kommen konnte. Das Finanzamt lehnte eine Begünstigung ab. Zwar seien die streitigen Behandlungen medizinisch indiziert gewesen und auch von einem Arzt durchgeführt worden. Aufgrund der ab 2009 geltenden Neufassung des § 4 Nr. 14 UStG könnten Leistungen im Rahmen eines Krankenhauses aber nur noch dann begünstigt sein, wenn - was hier nicht der Fall sei - auch die Voraussetzungen für begünstigte Krankenhausleistungen vorlägen (§ 4 Nr. 14 Buchst. b UStG). Man könne - anders als im Rahmen der Vorgängervorschrift - die ärztlichen Leistungen nicht mehr isolieren und separat nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG behandeln (so auch , s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 24.7.2017).

Der 4. Senat des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts hingegen ließ eine isolierte Betrachtung nach Maßgabe des § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG der ärztlichen Leistungen im Rahmen von (nicht begünstigten) Krankenhausleistungen zu:

  • Nach der Rechtsprechung des EuGH schießen sich die Befreiungsvorschriften des Art. 132 Abs. 1 Buchstabe b und Buchstabe c Mehrwertsteuersystemrichtlinie nicht gegenseitig aus (, s. hierzu Schlegel, ).

  • Daher können ärztliche Heilbehandlungen, die zwar im Rahmen von Krankenhausleistungen erbracht werden - und die damit in den Anwendungsbereich Art. 132 Abs. 1 Buchstabe b Mehrwertsteuersystemrichtlinie fallen - auch dann begünstigt sein, wenn nicht sämtliche Voraussetzungen dieser Befreiungsvorschrift erfüllt sind.

  • Denn die ärztlichen Heilbehandlungen fallen dann - als Teil der gesamten Krankenhausleistungen - in den Anwendungsbereich des Art. 132 Abs. 1 Buchstabe c Mehrwertsteuersystemrichtlinie.

  • Bei entsprechend richtlinienkonformer Anwendung der nationalrechtlichen Regelungen bleibt § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG damit auch bei einer Eröffnung des Anwendungsbereichs von § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG anwendbar.

  • Dieses Verständnis führt zu sachgerechten und mit dem Zweck der Befreiungsvorschriften im Einklang stehenden Ergebnissen. Denn so ist die steuerliche Begünstigung ärztlicher Heilbehandlungen gewährleistet, ohne dass es darauf ankommt, ob der Arzt die Heilbehandlung in seinen Praxisräumen, als Belegarzt in einem Krankenhaus oder im Rahmen eines von ihm selbst verantworteten Krankenhausbetriebes vornimmt.

  • Die Senkung der Heilbehandlungskosten kommt damit - ungeachtet des Bezugs etwaiger weiterer Leistungen oder der Organisationsform des Leistungserbringers - allen Patienten zugute, die eine medizinisch indizierte Leistung in Anspruch nehmen müssen.

Hinweis:

Die gegen die Entscheidung eingelegte Revision ist beim BFH unter dem Az. V R 10/22 anhängig.

Quelle: FG Schleswig-Holstein, Newsletter 2022-III (il)

Fundstelle(n):
HAAAJ-23213