Online-Nachricht - Dienstag, 04.10.2022

Umsatzsteuer | Begriff des ausübenden Künstlers i.S.d. § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchstabe a UStG (FG)

Am üblichen Brauchtum orientierte Trauerreden sind regelmäßig keine künstlerische Darbietungen im Sinne des UStG. Die nach der Rechtsprechung des BFH erforderliche schöpferische Gestaltungshöhe wird nicht bereits durch einen niveauvollen Redetext erreicht (; Revision anhängig, BFH-Az. V R 11/22).

Sachverhalt: Der Kläger, ein Diplom-Theologe mit absolvierter Ausbildung zum evangelischen Pastor, begehrte für seine Umsätze als Trauerredner den ermäßigten Steuersatz gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchstabe a UStG (Darbietungen ausübender Künstler). Der BFH hatte zuvor mit Urteil v. - V R 61/14 entschieden, dass ein Trauer- oder Hochzeitsredner ausübender Künstler ist, wenn seine Leistungen eine "schöpferische Gestaltungshöhe" erreichen. Demgegenüber spreche gegen die Einordnung einer Redetätigkeit als Kunst, wenn sie sich im Wesentlichen auf "eine schablonenartige Wiederholung anhand eines Redegerüstes" beschränke (s. hierzu Vanheiden, ).

Der Kläger betonte die besondere Qualität und Individualität seiner Reden, welche stets in ein künstlerisches Arrangement eingebunden seien und wie eine Theaterkulisse wirkten. Dem trat das Finanzamt entgegen. Die vorgelegten Texte über Trauerreden seien zwar von Empathie und sprachlicher Geschicklichkeit geprägt. Sie höben sich jedoch nicht aus der Masse der zu solchen Anlässen gehaltenen Reden heraus. Es fehle deshalb die erforderliche individuelle schöpferische Gestaltungshöhe.

Die hiergegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg:

  • Am üblichen Brauchtum orientierte Trauerreden sind regelmäßig nicht als künstlerische Darbietungen im Sinne des UStG zu qualifizieren. Die nach der Rechtsprechung des BFH erforderliche schöpferische Gestaltungshöhe wird nicht bereits durch einen niveauvollen Redetext erreicht.

  • Für die Abgrenzung einer künstlerischen von einer herkömmlichen unternehmerischen Betätigung kommt es nicht auf die subjektive Einschätzung des Leistungserbringers, sondern auf die allgemeine Verkehrsanschauung bzw. die Perspektive des Verbrauchers an.

  • Handelt es sich bei der Trauerrede um ein Auftragswerk, das auf der Grundlage eines herkömmlichen, von der typischen Erwartungshaltung des Bestellers geprägten Redegerüsts erstellt wird, dann tritt eine mögliche künstlerische Ausschmückung der Rede und/oder ein subjektiv als Kunst empfundenes Tätigwerden hinter dem Gebrauchswert des Werks zurück.

  • Aufgrund der funktionalen Einbindung der Reden in vom Brauchtum geprägte Trauerfeiern und mit Blick auf den üblichen Erwartungshorizont der Auftraggeber sind vorliegend die Leistungen des Klägers trotz hohen sprachlichen Niveaus nicht als künstlerische Darbietung im Sinne des UStG zu qualifizieren sind.

Hinweis:

Das Revisionsverfahren ist beim BFH unter dem Aktenzeichen V R 11/22 anhängig.

Quelle: FG Schleswig-Holstein, Newsletter 2022-III (il)

Fundstelle(n):
YAAAJ-23187