Einkommensteuer | Prozesskostenabzugsverbot im Falle von Kosten Dritter (BFH)
Nach
§ 33 Abs. 2
Satz 4 EStG sind auch die Prozesskosten vom Abzug
ausgeschlossen, die für die Führung eines Rechtsstreits ‑ hier eines
Strafverfahrens ‑ eines Dritten (beispielsweise eines Angehörigen)
aufgewendet worden sind (; veröffentlicht am
).
Sachverhalt: Streitig ist, ob die Kläger Aufwendungen für die Strafverteidigung ihres Sohnes als außergewöhnliche Belastung gem. § 33 EStG geltend machen können: Die Kläger wurden im Streitjahr 2017 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. In ihrer Einkommensteuererklärung begehrten sie den Abzug von Strafverteidigungskosten für ihren in 1999 geborenen Sohn als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG. Das FA lehnte den Ansatz dieser Aufwendungen ab.
Die hiergegen gerichtete Klage hatte in allen Instanzen keinen Erfolg (Vorinstanz: , s. hierzu NWB 27/2020 S. 1983):
Voraussetzung für den Abzug der streitigen Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen ist zunächst, dass sie den Klägern zwangsläufig entstanden sind, weil sie sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen konnten.
Insoweit ist bereits zweifelhaft, ob die Kläger ihrem bereits volljährigen Sohn die Begleichung eines Vorschusses für die Kosten des Strafverfahrens tatsächlich als Unterhalt schuldeten (vgl. ).
Ob und in welcher Höhe den Klägern die vorliegenden Kosten für die Strafverteidigung nach allgemeinen Grundsätzen zwangsläufig i.S. von § 33 EStG entstanden sind, kann letztlich offenbleiben. Denn selbst wenn die Kläger ihrem Sohn gegenüber verpflichtet gewesen sein sollten, die streitgegenständlichen Kosten zu tragen, sind die Aufwendungen jedenfalls nach § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung vom Abzug als außergewöhnliche Belastungen ausgeschlossen.
Entgegen der Auffassung der Kläger werden auch die Kosten eines Strafverfahrens von § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG erfasst. Denn es handelt sich um Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits.
Der Anwendung des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG steht auch nicht entgegen, dass es im Streitfall nicht um einen Strafprozess geht, in dem die Kläger Beschuldigte sind, sondern um Kosten für die Strafverteidigung ihres Sohnes.
Denn das Abzugsverbot gilt nach seinem Wortlaut für alle Fälle, in denen Aufwendungen durch das Tragen von Prozesskosten entstehen.
Auch aus der Entstehungsgeschichte des Gesetzes ergeben sich keine Anhaltspunkte für einen Anwendungsausschluss, wenn ein Steuerpflichtiger einem Dritten gegenüber verpflichtet ist, dessen Prozesskosten zu tragen. Vielmehr enthält § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG ein generelles Abzugsverbot, das nur bei einer Existenzgefährdung des Steuerpflichtigen durchbrochen wird.
Anmerkung von Dr. Stephan Geserich, Richter im VI. Senat des BFH:
Minderjährige Kinder haben nach allgemeiner Meinung einen Anspruch auf Prozesskostenvorschuss gegen ihre Eltern. Gegenüber sog. privilegierten Kindern, das sind volljährige unverheiratete Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, solange sie im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden (§ 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB), sind die Eltern ebenfalls noch prozesskostenvorschusspflichtig. Ob ein solcher Anspruch auch (noch) volljährigen Kindern zusteht, war lange in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Der BGH bejaht einen dahingehenden Anspruch, wenn das Kind sich noch in der Ausbildung befindet und noch keine selbständige Lebensstellung erreicht hat. Denn dann bedürfte es noch wie ein minderjähriges Kind der Unterstützung durch die Eltern ().
Dahingehende Feststellungen enthielt das Urteil der Vorinstanz nicht. Sie waren im Streitfall allerdings auch entbehrlich. Denn selbst wenn die Kläger im Streitfall verpflichtet gewesen wären, ihrem Sohn Prozesskosten „vorzuschießen“, ist ein Abzug dahingehender Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 EStG wegen des generellen Abzugsverbots von Prozesskosten in § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG ausgeschlossen.
Eine Berücksichtigung derartiger Aufwendungen nach § 33a EStG kommt - einen unterhaltsrechtlichen Anspruch auf Prozesskostenvorschuss unterstellt - ebenfalls nicht in Betracht. Dies stand im Revisionsverfahren zwischen den Beteiligten zu Recht nicht mehr im Streit. Denn § 33a EStG erfasst nur typische Unterhaltsaufwendungen (Ernährung, Kleidung, Wohnung, Hausrat, notwendige Versicherungen) nicht dagegen untypischen Unterhaltsaufwand. Der von § 33a Abs. 1 EStG umfasste Bereich ist insofern enger als der den „gesamten Lebensbedarf“ und damit z.B. auch den Krankheits- oder Prozesskosten umfassende Unterhaltsbegriff des bürgerlichen Rechts. Deshalb fallen beispielsweise Aufwendungen für die krankheitsbedingte Unterbringung von Angehörigen in einem Altenpflegeheim unter § 33 EStG (z.B. , BStBl II 2018, 179) während Aufwendungen für deren altersbedingte Heimunterbringung nur nach § 33a Abs. 1 EStG berücksichtigt werden können. Ein Wahlrecht zwischen dem Abzug nach § 33 EStG und dem nach § 33a EStG hat der Steuerpflichtige nicht.
Quelle: ; NWB Datenbank (il)
Fundstelle(n):
XAAAJ-22989