Finanzgericht Düsseldorf  Urteil v. - 6 K 1128/15 AO EFG 2017 S. 1052 Nr. 13

Auskunfts- und Vorlageverlangen der Betriebsprüfung als Verwaltungsakt

Leitsatz

  1. Sofern ein Auskunfts- und Vorlageverlangen der Betriebsprüfung den prüfungsbefangenen Zeitraum betrifft, handelt es sich im Regelfall um eine nicht selbständige anfechtbare Vorbereitungshandlung, welche von der Prüfungsanordnung gedeckt ist.

  2. Ein selbständig anfechtbarer Verwaltungsakt liegt nur vor, wenn der Steuerpflichtige die Aufforderung nach ihrem objektiven Erklärungsinhalt als Maßnahme zur Schaffung einer Rechtsgrundlage für die Einleitung eines Erzwingungsverfahrens verstehen muss (vgl. , BStBl. II 1999, 199).

  3. Für eine solche Einordnung reicht das bloße Aufzeigen denkbarer steuerlicher Konsequenzen bei der vorzunehmenden Schätzung im Fall der Nichtvorlage von Unterlagen nicht aus.

  4. Für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit eines Auskunfts- und Vorlageverlangens der Betriebsprüfung im Wege der Feststellungsklage fehlt das nach § 41 Abs. 2 Satz 1 FGO erforderliche berechtigte Feststellungsinteresse.

Gesetze: FGO § 40 Abs. 1, FGO § 40 Abs. 2, FGO § 41 Abs. 1, FGO § 41 Abs. 2 Satz 1, AO § 118 Satz 1, AO § 162, AO § 200, AO § 328

Instanzenzug:

Tatbestand

Bei der Klägerin findet aufgrund einer Prüfungsanordnung vom und einer Prüfungserweiterung vom eine steuerliche Außenprüfung für die Veranlagungszeiträume 2008 bis 2012 u.a. wegen Körperschaftsteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuer statt. Im Rahmen dieser Außenprüfung forderte die Betriebsprüfung von der Klägerin die Verrechnungspreisdokumentation an. Die von der Klägerin vorgelegte Verrechnungspreisdokumentation bezieht sich unter anderem auf Produkte, die in den Jahren 2008 bis 2012 von der niederländischen Muttergesellschaft der Klägerin, der A N.V., eingekauft wurden, welche diese Produkte zuvor von der Schwestergesellschaft der Klägerin, The B Limited (B Ltd.) mit Sitz in ..., bezogen hatte. Die entsprechende Überschrift 9.2 in der Verrechnungspreisdokumentation lautet „Purchase of Asian-sourced finished goods (products)”. In der Dokumentation heißt es hierzu: „... has agreed to use the profit split methodology with a 50%-50% profit split based on projected results for the Asian-sourced group products. The Inter Company Price, invoiced to C by A N.V. in its intermediate role is therefore the cost price of the Asian-sourced group products plus 50% of the projected net margin. The 50%-50% profit split is based on the entrepreneur-entrepreneur relationship between C and B.” (Seite 28 der Dokumentation für die Jahre 2008-2011 bzw. Seite 13 der Dokumentation für das Jahr 2012).

Die Betriebsprüfung ging nach der vorgelegten Dokumentation davon aus, dass im Hinblick auf den Erwerb dieser ursprünglich aus Asien bezogenen Produkte die Gewinnaufteilungsmethode angewandt worden sei und forderte daraufhin in ihrer Prüferanfrage Nr. 17 vom unter der Nummer 1.a) diverse Unterlagen an, insbesondere Bilanzen und Gewinnermittlungen der B Ltd. sowie Berechnungen, aus denen ersichtlich werde, welche Gewinngröße aufgeteilt worden sei und wie dieser Gewinn tatsächlich auf B Ltd. und die Klägerin aufgeteilt worden sei. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Prüferanfrage Nr. 17 vom Bezug genommen.

Unter Bezugnahme auf eine „gemeinsame Besprechung vom ” forderte die Betriebsprüfung mit Schreiben vom weitere Unterlagen im Hinblick auf die sogenannten „Asian Sourced Products” aus…und Deutschland an. U.a. erfragte die Betriebsprüfung aus Sicht der B Ltd. die Einstandskosten für die Beschaffung für Deutschland, die anteiligen Personalkosten und sonstigen Kosten, die anteiligen direkten und indirekten Steuern jeweils für die mit Deutschland vorgenommenen Projekte und forderte darüber hinaus u.a. eine testierte Bilanz und GuV inklusive Lagebericht, Kontennachweise und eine Summen- und Saldenliste, aus der u.a. der Rohgewinn erkennbar sein solle, an und fragte nach der Höhe des eigenen operativen Umsatzes für…und den daraus resultierenden Gewinnen. Aus Sicht der Klägerin fragte die Betriebsprüfung nach den Umsatzerlösen aus den sogenannten Asian Sourced Products, dem Wareneinkauf aus ..., den anteiligen Personalkosten, den anteiligen sonstigen Kosten sowie den anteiligen direkten und indirekten Steuern jeweils für die mit…vorgenommenen Projekte. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben des Beklagten vom Bezug genommen.

Gegen dieses Vorlageverlangen sowie gegen die Prüferanfrage Nr. 17 wendet sich die Klägerin nach erfolgloser Durchführung eines Einspruchsverfahrens (Einspruchsentscheidung vom ) mit der am erhobenen Klage.

Die Klägerin trägt vor, dass keine direkte Lieferbeziehung zwischen der Klägerin und der B Ltd. bestünde. Sie habe Verträge ausschließlich mit ihrer niederländischen Muttergesellschaft geschlossen. Eine Geschäftsbeziehung zur B Ltd. bestünde nicht. Der Beklagte unterstelle fälschlicherweise einen Verrechnungspreis unter Teilung nicht der erwarteten, kalkulatorischen und budgetierten Bruttogewinne, sondern der tatsächlich erzielten Nettogewinne. Da diese Grundannahme des Beklagten falsch sei, bestehe auch kein Verifikationsbedürfnis. Unter Vorlage einer so genannten ergänzten Verrechnungspreisdokumentation für die Wirtschaftsjahre 2008 bis 2012 trägt die Klägerin vor, dass es sich bei der von der Klägerin angewandten Verrechnungspreismethode gar nicht um eine Gewinnsaufteilungsmethode, sondern um einen hypothetischen Preisvergleich handele. Es handele sich um eine formelbasierte Verrechnungspreisbestimmung. Die ursprüngliche Verrechnungspreisdokumentation enthalte eine falsche Methodenklassifikation. Die dort getroffene rechtliche Einordnung als „profit split” sei falsch. Der geschilderte Sachverhalt sei aber unverändert zutreffend.

Gegenstand der Verrechnungspreisbestimmung sei ausschließlich die Bestimmung von Verrechnungspreisen im Verhältnis zur niederländischen Muttergesellschaft. Die vom Beklagten angesprochenen Rohgewinnerwartungen würden ausschließlich als rechnerischer Zwischenschritt bei dieser Verrechnungspreisbestimmung zur niederländischen Muttergesellschaft berücksichtigt. Die Rohgewinne als solche würden nicht geteilt. Anders als vom Beklagten behauptet, würden dabei nicht die Ist-Rohgewinnspannen der Klägerin und der B Ltd. verglichen. Es würden bei der Verrechnungspreisbestimmung zur niederländischen Muttergesellschaft ausschließlich die budgetierten, d.h. die erwarteten Rohgewinnmargen aus den sogenannten Asian Sourced Products ex ante berücksichtigt.

Die Klägerin trägt ferner vor, die B Ltd. habe mit Schreiben vom mitgeteilt, dass sie nicht beabsichtige, die vom Beklagten angeforderten Jahresabschlüsse der Klägerin zur Verfügung zu stellen. Sie habe keinen Rechtsanspruch gegenüber der B Ltd. und auch keine gesellschaftsrechtliche Einflussmöglichkeit, sich die angeforderten Unterlagen zu beschaffen.

Der Beklagte habe in seinem Schreiben vom darauf hingewiesen, dass nach derzeitigem Informationsstand eine Einkommenshinzurechnung bei der Klägerin von rund 40 Millionen Euro sowie die Festsetzung eines Strafzuschlags von mindestens rund 2 Millionen Euro anstehe. Insofern sei ihr mit Konsequenzen gedroht worden, wenn sie die Vorlageverlangen des Beklagten nicht erfülle, weshalb es sich bei den angefochtenen Vorlageverlangen um anfechtbare Verwaltungsakte handele. Bereits aus einer email vom des früheren steuerlichen Beraters der Klägerin, Herrn ..., an einen Vertreter der Klägerin, Herrn ..., ergebe sich, dass die Betriebsprüferin…telefonisch gegenüber dem früheren steuerlichen Berater geäußert habe, dass „die Betriebsprüfung alle dem Gesetz entnehmbaren Straf- und Verspätungszuschläge festsetzen” werde, sofern die Klägerin „nichts aus Sicht der Finanzverwaltung verwertbares zur Verfügung” stelle.

Die Vorlageverlangen seien im objektiven Empfängerhorizont als verbindliche Regelungsanordnungen zu verstehen. Schon die Prüferanfrage Nr. 17 weise bereits überwiegend die Merkmale einer eigenen rechtsverbindlichen Regelungsanordnung auf. Dafür spreche das Erscheinungsbild und der Wortlaut. So laute die Betreffzeile: „Anforderung von Unterlagen”. Außerdem sei eine Frist gesetzt worden. Mit dem Schreiben vom habe der Beklagte die Prüferanfrage Nr. 17 konkretisiert und nicht zuletzt durch ihre Wiederholung den unzweifelhaften Charakter einer verbindlichen Handlungsaufforderung erzeugt. Der Detaillierungsgrad und der Nachdruck, mit dem der Beklagte die Unterlagen anforderte, habe allein den Schluss zugelassen, dass der Beklagte eine verbindliche Regelung treffen wollte. Das Einspruchsverfahren habe darüber hinaus gezeigt, dass auch der Beklagte selbst vom Vorliegen eines Verwaltungsaktes ausgegangen sei.

Der BFH habe entschieden, dass es nach dem objektiven Empfängerhorizont darauf ankomme, ob die Maßnahme als Schaffung einer Rechtsgrundlage für die Einleitung eines Erzwingungsverfahrens zu verstehen sei. Im Kern gehe es bei der Frage nach der Verwaltungsaktqualität somit nicht darum, ob eine Maßnahme pauschal erzwingbar sei, sondern vielmehr darum, ob der objektive Empfänger der Prüferanfragen davon ausgehen müsse, dass die Anordnung unter Umständen behördlich durchgesetzt werde. In seinem Urteil vom (VIII R 8/09) habe der BFH nicht allein auf die Androhung technischer Zwangsmittel abgestellt, sondern sei auch bei Androhung einer Schätzung nach § 162 der Abgabenordnung (AO) von einer Erzwingbarkeit ausgegangen. Der BFH habe in dieser Entscheidung ein Schreiben eines Betriebsprüfers, welches ergänzend auf § 162 Abs. 1 und 2 AO verwiesen habe, als Verwaltungsakt qualifiziert. Im Streitfall habe der Beklagte ebenso wie in der Entscheidung des BFH bei Nichtvorlage der Unterlagen die Schätzung nach § 162 AO angedroht; erschwerend komme im Streitfall die Androhung einer Zuschlagsfestsetzung in Höhe von rund 2 Millionen Euro hinzu.

Schließlich spreche auch die Unmöglichkeit der aufgegebenen Handlung nicht gegen ihre Erzwingbarkeit. Die Unmöglichkeit der Befolgung des Vorlageverlangens habe allein zur Folge, dass das Vorlageverlangen als Ausgangsbescheid selbst ermessensfehlerhaft und mithin rechtswidrig sei.

In der mündlichen Verhandlung haben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin gerügt, dass der 6. Senat des Finanzgerichts (FG) Düsseldorf für den Rechtsstreit nicht zuständig sei. Ferner haben die Klägervertreter gerügt, dass der Geschäftsverteilungsplan zu unbestimmt sei, um im Streitfall den gesetzlichen Richter zu bestimmen. Schließlich haben sie unter Berufung auf ihr Schreiben vom , auf welches für weitere Einzelheiten verwiesen wird, gerügt, dass der Senat nicht die vollständigen Akten des Beklagten zum Streitfall beigezogen hat.

Die Klägerin beantragt,

die Vorlageverlangen des Beklagten in Ziffer 1. a) der Prüfungsanfrage Nr. 17 vom sowie gemäß Buchstabe a) auf Seiten 2 und 3 des Schreibens vom aufzuheben sowie die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären;

hilfsweise, festzustellen, dass die beiden Vorlageverlangen des Beklagten für die Klägerin rechtlich und tatsächlich unmöglich sind bzw. die Erfüllung der Vorlageverlangen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor, es sei für die Rechtmäßigkeit der Auskunftsverlangen unerheblich, ob tatsächliche Rohgewinne oder geplante Rohgewinne zwischen der Klägerin und der B Ltd. aufgeteilt worden seien. Ausweislich sowohl der ursprünglichen sowie der ergänzten Verrechnungspreisdokumentation sei vom budgetierten Rohgewinn der Klägerin ein Abschlag von 50 % vorgenommen worden. Auch wenn es unstreitig sei, dass die Klägerin die schuldrechtlichen Verträge ausschließlich mit der A N.V. geschlossen habe, sollten durch diesen Abschlag ausweislich der Verrechnungspreisdokumentationen die von der B Ltd. ausgeübten Tätigkeiten und nicht etwa die Tätigkeiten der niederländischen Gesellschaft vergütet werden. Damit verstünde es sich von selbst, dass die Betriebsprüfung die Befugnis habe, zu erfragen, ob der in der Preiskalkulation vorgesehene Abschlag von 50 % für diese Funktionen, Risiken und Wirtschaftsgüter angemessen oder überhöht sei. Durch die angeforderten Unterlagen erhoffe er sich Aufschluss darüber, ob der angesetzte Beschaffungspreis korrekt sei und warum gerade eine hälftige Teilung des budgetierten Rohgewinns vorgenommen werde.

Das Verifikations- und Verprobungsinteresse des Staates bestünde umso mehr, als die Klägerin in den Verrechnungspreisdokumentationen als Co-Entrepreneur bzw. als Co-Strategieträger eingestuft werde. Anders würde es sich verhalten, wenn die Klägerin als bloße Routinedienstleisterin anzusehen wäre. Dann sei es aber zwingend notwendig, dass ein Einblick in die gesamte Wertschöpfung gewährt werde, um anhand des Fremdvergleichmaßstabes prüfen zu können, ob die Klägerin auch angemessen an der Einkünftezuordnung partizipiert habe. Rechtsgrundlagen seien § 1 Abs. 1 des Außensteuergesetzes und § 4 Nr. 3b der Gewinnabgrenzungsaufzeichnungsverordnung. Sollten die Unterlagen nicht vorgelegt werden, liefe wohl alles auf eine Schätzung hinaus.

Der Beklagte vertritt in der mündlichen Verhandlung ebenfalls die Auffassung, dass die streitgegenständlichen Prüferanfragen Verwaltungsakte darstellten. Es gehe somit im vorliegenden Rechtsstreit u.a. um die Klärung der Frage, ob die Klägerin hinsichtlich der angeforderten Dokumente Beweisvorsorgepflichten träfen, was im Ergebnis zu bejahen sei.

Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom sowie auf das Protokoll des Erörterungstermins vom wird Bezug genommen.

Gründe

I. Der Senat ist für den Rechtsstreit zuständig.

Der im Zeitpunkt des Klageeingangs geltende Geschäftsverteilungsplan des FG Düsseldorf sieht eine Spezialzuständigkeit des 6. Senats für Körperschaftsteuer und Feststellungen nach dem KStG einschließlich damit in Zusammenhang stehender Umsatzsteuer und Gewerbesteuer vor (vgl. dort Ziffer 1). Nach Teil B II. des Geschäftsverteilungsplans des Gerichts fallen in die Spezialzuständigkeit eines Senats alle gerichtlichen Verfahren, die ein ihm zugeordnetes Arbeitsgebiet betreffen (Spezialzuständigkeit), somit auch Prüfungsanfragen im Rahmen einer Betriebsprüfung wegen Körperschaftsteuer.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Teil B III. des Geschäftsverteilungsplans des Gerichts, wonach es als Abgabenangelegenheit der Behörde, die für den Kläger im Übrigen zuständig ist, gilt, wenn sich die Klage gegen einen Verwaltungsakt eines Prüfungs- oder Steuerfahndungsamtes richtet. Dies gilt ausweislich der Überschrift von Teil B III. „Weitere Bestimmungen zur Bezirks- und Spezialzuständigkeit” sowohl bezüglich einer Bezirks- als auch bezüglich einer Spezialzuständigkeit. Daraus ergibt sich, dass - auch innerhalb einer bestehenden Spezialzuständigkeit - eine örtliche Bestimmung der beklagten Behörde vorgenommen wird, was insbesondere dann von Bedeutung ist, wenn mehreren Senaten die Spezialzuständigkeit für eine bestimmte Steuerart zugewiesen ist. Die Prüfungsanfrage gilt - vorbehaltlich der hier zu klärenden Frage, ob überhaupt ein Verwaltungsakt vorliegt - demnach als Abgabenangelegenheit des FA ..., für welches der 6. Senat zuständig ist, da ihm die Spezialzuständigkeit für alle die Körperschaftsteuer betreffenden Verfahren der Finanzämter aus dem gesamten Gerichtsbezirks zukommt. Weitergehende Aussagen können Teil B III. des Geschäftsverteilungsplanes nicht entnommen werden. Der Geschäftsverteilungsplan weist insofern auch keine Unklarheiten auf.

II. Die Klage ist sowohl im Hinblick auf ihren Haupt- als auch im Hinblick auf ihren Hilfsantrag unzulässig.

1. Nach § 40 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann durch eine Anfechtungsklage die Aufhebung eines Verwaltungsaktes begehrt werden. Nach § 40 Abs. 2 FGO ist, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, die Anfechtungsklage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein. Daraus ergibt sich, dass eine Anfechtungsklage nur zulässig ist, wenn im Zeitpunkt der Klageerhebung objektiv ein Verwaltungsakt vorliegt (vgl. Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 40 FGO Rn. 32).

Im Streitfall fehlt es an einer anfechtbaren, verbindlichen Regelung im Sinne eines Verwaltungsaktes. Ein Verwaltungsakt ist nach § 118 Satz 1 AO jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Die Auskunfts- bzw. Vorlageverlangen des Beklagten sind keine Verwaltungsakte, weil es am Merkmal der rechtlichen „Regelung” fehlt.

Bereits mit der Prüfungsanordnung verbunden ist die Anordnung einer allgemeinen Duldungspflicht. § 200 AO verpflichtet den Steuerpflichtigen zur Mitwirkung. Sofern eine Prüfungsanfrage den prüfungsbefangenen Zeitraum betrifft, handelt es sich im Regelfall daher um eine nicht selbständige anfechtbare Vorbereitungshandlung, welche von der Prüfungsanordnung gedeckt ist (Gosch in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 196 AO Rn. 107; Kuhfus/Schmitz, Steuer und Wirtschaft 1992, 333, 335). Zu diesen Vorbereitungshandlungen gehören alle im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens ergehenden Maßnahmen, die zwar geeignet sind, dieses zu fördern, die es aber nicht abschließen (, Bundessteuerblatt - BStBl. - II 1988, 927 m.w.N.).

Etwas anderes gilt lediglich dann, wenn der Prüfer deutlich macht, dass sein Verlangen isoliert neben der eigentlich, durch die Prüfungsanordnung eingeleiteten Außenprüfung steht (Gosch in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 196 AO Rn. 109). Dementsprechend liegt ein anfechtbarer Verwaltungsakt vor, wenn der Steuerpflichtige die Aufforderung, bestimmte Fragen zu beantworten und bezeichnete Unterlagen vorzulegen, nach ihrem objektiven Erklärungsinhalt als Maßnahme zur Schaffung einer Rechtsgrundlage für die Einleitung eines Erzwingungsverfahrens verstehen musste (, BStBl. II 1999, 199). Wenn hingegen das auferlegte Verhalten im Falle einer Weigerung nicht zwangsweise durchgesetzt werden kann, ist in Abgrenzung hierzu von einer bloßen Vorbereitungshandlung auszugehen (, BStBl. II 1988, 927 m.w.N.).

Die streitgegenständlichen Auskunfts- und Vorlageverlangen des Beklagten entsprechen dem Typ einer Maßnahme ohne unmittelbare Rechtswirkung. Von der Einleitung eines Erzwingungsverfahrens musste die Klägerin unter Berücksichtigung sämtlicher Äußerungen des Beklagten nicht ausgehen. Der Beklagte hat zwar in seinem Schreiben vom darauf hingewiesen, dass nach seinerzeitigem Informationsstand eine „Einkommenshinzurechnung” und ein „Strafzuschlag” im Sinne des § 162 Abs. 4 AO anstehe, sollte er anhand der verlangten Unterlagen und der verlangten Auskünfte nicht zu einer anderen Erkenntnis gelangen. Darüber hinaus ergibt sich aus der email des früheren steuerlichen Beraters der Klägerin…vom , dass die Betriebsprüferin…die Festsetzung von Straf- und Verspätungszuschlägen angekündigt hat, sofern die Klägerin „nichts aus Sicht der Finanzverwaltung verwertbares zur Verfügung” stellen würde.

Beides betrifft jedoch nur etwaige Schlussfolgerungen, die der Beklagte im Rahmen der laufenden Betriebsprüfung ggf. zu ziehen bereit wäre und welche durch die Vorlage der angeforderten Unterlagen aus Sicht des Beklagten ggf. abgewendet werden könnten. Das Aufzeigen denkbarer steuerlicher Konsequenzen bei einer Nichtvorlage von Unterlagen spricht aber gerade nicht für die Einleitung eines Erzwingungsverfahrens zur Erlangung dieser Unterlagen. Dass jedwede Reaktion des Steuerpflichtigen auf eine Anfrage des Betriebsprüfers (sei es die Vorlage von Unterlagen oder wie im Streitfall die Verweigerung der Vorlage von Unterlagen) eine gedankliche Würdigung beim Betriebsprüfer und somit - mittelbar - eine steuerliche Konsequenz auslöst, ist zunächst einmal eine Selbstverständlichkeit. Dies allein führt noch nicht dazu, dass jedwede Anfrage des Betriebsprüfers während der laufenden Betriebsprüfung einen eigenständigen Verwaltungsakt darstellt.

Nach Wortlaut und Duktus konnte ein objektiver Dritter sowohl die Prüferanfrage Nr. 17 vom als auch das Schreiben des Beklagten vom gerade nicht als Maßnahme zur Schaffung einer Rechtsgrundlage für die Einleitung eines Erzwingungsverfahrens verstehen. So heißt es in der Prüferanfrage Nr. 17: „[...] ich bitte Sie um die Beantwortung der nachfolgenden Fragen und um Vorlage der gewünschten Unterlagen.” Im Schreiben vom führt der Beklagte aus: „Vor diesem Hintergrund hatten wir uns darauf verständigt, dass die Betriebsprüfung Ihnen nunmehr eine letzte Gelegenheit gibt, die noch offenen Fragen zu beantworten, andernfalls die Betriebsprüfung wie oben dargestellt abgeschlossen wird.” An anderer Stelle heißt es: „Sämtliche nun angeforderten Unterlagen dienen nur noch dazu den Schätzungsrahmen zu verifizieren.” Der Beklagte lässt somit keinen Zweifel daran, dass er die „Bitte” um die Vorlage von Unterlagen primär als Gelegenheit für die Klägerin versteht, eine ohnehin vorzunehmende Schätzung im Hinblick auf die Höhe günstig zu beeinflussen. Explizit erklärt der Beklagte, dass er beabsichtigt, die Betriebsprüfung abzuschließen, wenn die Klägerin dieser Bitte weiterhin nicht nachkommen sollte. Als Verwaltungsakte, deren Durchsetzung ggf. erzwungen werden soll, stellen sich die Vorlageverlangen unter Berücksichtigung des objektiven Empfängerhorizonts hingegen nicht dar.

Insofern gilt im Hinblick auf die streitgegenständlichen Vorlageverlangen nichts anderes als bei dem Verlangen der Empfängerbenennung nach § 160 Satz 1 AO. Ein solches Verlangen ist nach ständiger Rechtsprechung kein Verwaltungsakt, sondern eine nicht selbständig anfechtbare Vorbereitungshandlung (, BStBl. II 1986, 537; vom I R 67/84, BStBl. II 1988, 927; vom I R 8/91, BFH/NV 1994, 357), obwohl der Steuerpflichtige regelmäßig mit steuerlichen Konsequenzen in Form der Nichtberücksichtigung von Ausgaben und Schulden zu rechnen hat, wenn er dem Benennungsverlangen nicht nachkommt. Die Erwartung derartiger Konsequenzen ändert aber nichts daran, dass es sich bei dem Auskunftsverlangen um eine Maßnahme ohne unmittelbare Rechtswirkung handelt (, BStBl. II 1988, 927 m.w.N.).

Insbesondere Zwangsmittel i.S.d. §§ 328 ff. AO hat die Klägerin im Streitfall nicht zu befürchten. Im Hinblick auf die angeforderten Unterlagen aus…wären solche Maßnahmen rechtwidrig, da für die Klägerin gesellschaftsrechtlich keine Möglichkeit besteht, diese Unterlagen zu erlangen. Derartige Maßnahmen sind vom Beklagten dementsprechend schon gar nicht angedroht worden und - legt man die vom Beklagten getätigten Äußerungen zugrunde - auch nicht beabsichtigt. Vielmehr betont der Beklagte wiederholt, dass ihm daran gelegen sei, dass das FG feststelle, dass die Klägerin im Hinblick auf die angeforderten Unterlagen Beweisvorsorgepflichten träfen. Daran wird deutlich, dass den Vertretern des Beklagten durchaus bewusst ist, die Unterlagen von der Klägerin nicht zwangsweise herausverlangen zu können, sondern dass es ihnen stattdessen um die Klärung der Frage geht, ob die Klägerin nicht im Vorfeld eine entsprechende Beweisvorsorge hätte treffen müssen. Die Klärung dieser Frage muss aber aus oben genannten Gründen einem etwaigen Verfahren gegen vom Beklagten etwaig zu erlassende Steuerbescheide vorbehalten bleiben. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Beklagte die Vorlageverlangen - explizit erstmals in der mündlichen Verhandlung - als Verwaltungsakte bezeichnet hat. Denn zum einen vermag die insofern falsche Subsumtion des Beklagten, dem erkennbar an einer gerichtlichen Stellungnahme zu den die Betriebsprüfung betreffenden Fragen gelegen ist, nicht die Verwaltungsakteigenschaft der Vorlageverlangen zu begründen. Zum anderen hat der Beklagte sich vor der mündlichen Verhandlung, so noch mit Schriftsatz vom , dahingehend geäußert, dass das Gericht u.a. zu klären habe, ob „die im Streit stehenden Prüfungsanfragen überhaupt Verwaltungsakte sind, gegen die Rechtsmittel zulässig sind”. Die insofern wechselnden Aussagen des Beklagten können somit auch nicht als Beleg dafür herangezogen werden, dass die Vorlageverlangen bei einer Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont als verbindliche Regelungsanordnungen verstanden werden mussten.

Schließlich kann auch dem , BStBl. II 2012, 395) entgegen der Auffassung der Klägerin nicht entnommen werden, dass der BFH bereits bei einem Hinweis auf eine Schätzungsmöglichkeit von einer Erzwingbarkeit eines Auskunftsverlangens ausgehe. Nach dem diesem Urteil zugrundeliegenden Sachverhalt hatte der Betriebsprüfer in einem ersten Auskunftsverlangen vom auf § 162 Abs. 1 und 2 AO hingewiesen. Im Urteil heißt es: „Im Streitfall zeigt aber die mit einer Androhung von Zwangsmitteln verbundene Wiederholung der Aufforderung zu einem späteren Zeitpunkt gerade, dass es sich um ein erzwingbares (Auskunfts-)Verlangen [...] handelte.” Daraus ergibt sich, dass die mit der Androhung von Zwangsmitteln verbundene Aufforderung gerade nach dem erfolgt sein muss, da es sich offenbar um eine spätere Wiederholung der Aufforderung handelte. Aus dem Kontext ergibt sich somit, dass jedenfalls nicht der Hinweis auf § 162 AO vom BFH als Androhung eines Zwangsmittels verstanden wurde.

Das Gericht hat die aus seiner Sicht für den Streitfall entscheidungserheblichen Akten beigezogen. Eine Verpflichtung zur Anforderung sämtlicher finanzbehördlicher Akten ungeachtet ihrer Erheblichkeit für die Entscheidungsfindung besteht nicht (, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH - BFH/NV - 2007, 1324). Die beim Beklagten verbliebenen Teile der Prüferhandakten zur Frage, ob und in welcher Höhe verdeckte Gewinnausschüttungen vorliegen, vermögen aus Sicht des Gerichts nichts zur Klärung der streitgegenständlichen Fragen, ob es sich bei den Prüferanfragen um Verwaltungsakte handelt und ob diese ggf. rechtmäßig sind, beizutragen, sondern betreffen ausschließlich nachgelagerte, im Streitfall nicht relevante Fragen.

2. Auch im Übrigen ist die Klage unzulässig. Der hilfsweise gestellte Feststellungsantrag der Klägerin ist unzulässig. Nach § 41 Abs. 1 FGO kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Gemäß § 41 Abs. 2 Satz 1 FGO fehlt es an einem berechtigten Feststellungsinteresse, wenn der Kläger sein Recht durch eine Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Im Streitfall kann die Klägerin ihr Rechtsschutzbegehren im Steuerfestsetzungsverfahren verfolgen. Stellt die Prüferhandlung - wie im Streitfall das Vorlageverlangen - keinen selbständig anfechtbaren Verwaltungsakt dar, kann die (von der Klägerin behauptete) Rechtswidrigkeit der Prüfungshandlung erst im Veranlagungsverfahren eingewendet werden (, BStBl. II 1986, 2 m.w.N.; vgl. auch von Groll in Gräber, FGO, § 41 Rn. 33).

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



Fundstelle(n):
DStR 2018 S. 8 Nr. 11
DStRE 2018 S. 628 Nr. 10
EFG 2017 S. 1052 Nr. 13
IWB-Kurznachricht Nr. 15/2017 S. 546
ZAAAG-48784