Hessisches Finanzgericht  Urteil v. - 4 K 2334/13 EFG 2016 S. 1783 Nr. 21

Berücksichtigung von fiktiver inländischer Afa bei der Ermittlung des Gewinns aus privaten Veräußerungsgeschäften bei Veräußerung eines im Ausland belegenen zuvor vermieteten Grundstücks

Leitsatz

Bei der Veräußerung eines im Ausland belegenen, zuvor vermieteten Grundstücks sind für Zwecke der Ermittlung des Gewinns aus privaten Veräußerungsgeschäfts nach § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 1, Abs. 3 S. 1 u. 4 EStG die historischen Anschaffungskosten nicht um die fiktive Absetzung für Abnutzung zu mindern, wenn sich diese aufgrund der Regelungen eines Doppelbesteuerungsabkommen nicht mindernd auf die inländische Steuerbemessungsgrundlage ausgewirkt haben.

Gesetze: InvStG § 3 Abs. 1 InvSt § 2 Abs. 2 Nr. 1 InvStG§ 13 Abs. 2 InvStG§ 15 Abs. 1 EStG§ 23 Abs. 3 S. 4 EStG § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1

Instanzenzug: ,

Verfahrensstand: Diese Entscheidung ist rechtskräftig

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Berücksichtigung einer fiktiven Absetzung für Abnutzung (AfA) in Deutschland von den Anschaffungskosten bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns einer in England gelegenen Immobilie, deren Erträge im Inland aufgrund des Doppelbesteuerungsabkommens als steuerfrei behandelt werden.

Der Kläger ist als inländisches Immobilien-Spezial-Sondervermögen ein Investmentvermögen in Form eines Investmentfonds im Sinne des § 2 Abs. 1 Investmentsteuergesetz (InvStG) in der Fassung des Investmentmodernisierungsgesetzes vom . Gesetzlich vertreten und verwaltet wird der Fond von der X. Das Wirtschaftsjahr des Klägers läuft vom 01.10. eines Jahres bis zum 30.09. des darauffolgenden Jahres. Im Streitjahr waren insgesamt Anteilsscheine an Anleger, die nicht natürliche Personen sind, ausgegeben. Als Immobilien-Sondervermögen wird das eingelegte Geld in Immobilien angelegt (§ 66 InvStG).

Die vom Kläger für das Wirtschaftsjahr vom bis am eingereichte Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 13 Abs. 2 i.V.m. § 15 Abs. 1 InvStG für die Thesaurierung zum führte zur Feststellung der erklärten Beträge gemäß § 15 Abs. 1 Satz 3 InvStG unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO). Im Rahmen der Überprüfung der erklärten Beträge stellte das Finanzamt fest, dass hierin ein Veräußerungsgewinn aus einer in Großbritannien ( ) gelegenen Immobilie als nach § 4 Abs. 2 InvStG steuerpflichtiger ausschüttungsgleicher Ertrag in Höhe von € berücksichtigt wurde. Das Objekt war am erworben und am und somit innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) wieder veräußert worden. Zur Ermittlung des Veräußerungsgewinns wird auf Blatt der Feststellungsakte verwiesen. Bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns zog das Finanzamt berücksichtigte AfA-Beträge von € im Geschäftsjahr 2008/2009 und von € im Geschäftsjahr 2009/2010, insgesamt € von den Anschaffungskosten ab.

Nach Durchführung einer Prüfung änderte das Finanzamt die Ermittlung des

Veräußerungsgewinns dahingehend ab, dass es die kumulierte AfA für die gesamte Haltedauer des Objekts nach § 23 Abs. 3 Satz 4 EStG in Höhe von € gewinnerhöhend bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns berücksichtigte, so dass sich die ausschüttungsgleichen Beträge in Höhe der Differenz von € erhöhten. Bei der berücksichtigten AfA handelte es sich um die fiktive deutsche Abschreibung auf das in England gelegene Gebäude, dessen Mieterträge in Deutschland aufgrund des Doppelbesteuerungsabkommens als steuerfrei zu behandeln sind. Bisher war eine Berücksichtigung der AfA-Beträge bis einschließlich des Geschäftsjahres 2007/2008 bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns unterblieben, da die ausländischen Mieterträge in Absprache mit der Finanzverwaltung nach der sog. Cash-Methode in vollem Umfang, d.h. ohne Berücksichtigung der auf diese Erträge nach deutschem Steuerrecht entfallenden Abschreibungen als steuerfrei ausgewiesen worden waren.

Unter Berücksichtigung, eines dem Grunde und der Höhe nach unstreitigen Erhöhungsbetrages von € in Form von Erstattungszinsen erhöhte das Finanzamt mit Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom die ausschüttungsgleichen Beträge um insgesamt €. Dagegen wandte sich der Kläger mit dem Einspruch und begehrte bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns auf die Veräußerungsgewinnerhöhung in Höhe der AfA gänzlich zu verzichten und somit einen Veräußerungsverlust aus der Veräußerung der britischen Immobilie in Höhe von € zu berücksichtigen. Das Finanzamt wies den Einspruch durch Einspruchsentscheidung vom zurück. Dagegen richtet sich die vorliegende Klage.

Im Klageverfahren hat das Finanzamt nach neuerlicher Überprüfung des angefochtenen Bescheides am einen Änderungsbescheid erlassen, der

gemäß § 68 Satz 3 Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des vorliegenden Verfahrens geworden ist. Darin hat es die Kürzung der Anschaffungskosten um die AfA-Beträge, die bei den laufenden (steuerfreien) Vermietungserträgen nicht zum Abzug gebracht wurden in Höhe von € wieder rückgängig gemacht und nunmehr wieder einen Veräußerungsgewinn von € unter Berücksichtigung der AfA-Beträge für die Geschäftsjahre 2008/2009 und 2009/2010 in Höhe von € festgesetzt, der den Angaben des Klägers in der ursprünglichen Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Thesaurierung für das Geschäftsjahr 2009/2010 entsprach.

Der Kläger ist der Ansicht, dass nach dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung des § 23 Abs. 3 Satz 4 EStG nur tatsächlich bei der Ermittlung der Einkünfte in Anspruch genommene AfA rückgängig zu machen sei. Soweit das Finanzamt davon ausgehe, dass auch die teilweise Korrektur der AfA durch das in Großbritannien anwendbare Claw-Back-Verfahren eine Minderung der Anschaffungskosten im Rahmen der deutschen Besteuerung des Veräußerungsgewinns nach § 23 Abs. 3 Satz 4 EStG nicht hindere, habe eine solche extensive Auslegung der Norm eine Doppelbesteuerung der bereits in Großbritannien wieder rückgängig gemachten AfA zur Folge. Die Auffassung des Finanzamts widerspreche dem Zweck des Doppelbesteuerungsabkommens. Zwar führe der Kommentar zum OECD-Musterabkommen aus, dass nach dem Recht einzelner Staaten zur Ermittlung eines Veräußerungsgewinns u.a. auch die Kosten nach Abzug der bereits gewährten AfA maßgeblich sein können (OECD-MK, Nr. 12 Satz 3 zu Artikel 13 OECD-Musterabkommen). Dies sei jedoch nach dem dort behandelten Fall in dem Sinne zu verstehen, dass der Ansässigkeitsstaat, der Abschreibungen auf ein im anderen Vertragsstaat belegenes unbewegliches Vermögen zulasse, durch ein Besteuerungsrecht des Belegenheitsstaats und eine zugleich vereinbarte Steuerbefreiung im jeweils anderen Staat nicht gehindert sei, die Abschreibung im Rahmen seiner eigenen Besteuerung rückgängig zu machen (OECD-MK Nr. 15 zu Artikel 13 OECD-Musterabkommen; BFH-Urteil vom in BStBl II 2011, 482, Rz. 40). Eine Nachholung der AfA sei dagegen unzulässig, wenn diese bereits im Belegenheitsstaat rückgängig gemacht worden sei. So habe auch der BFH in seinem Urteil vom I R 49/09 davor BStBl II 2011, 482) in einem Fall, in dem Großbritannien von dem Claw-Back-Verfahren Gebrauch gemacht habe, den Veräußerungsgewinn ohne Rücksicht auf die abgezogene AfA durch Gegenüberstellung des Veräußerungspreises und der historischen Anschaffungskosten des Grundstücks ermittelt. Dabei sei es unbeachtlich, ob in Großbritannien von dem Claw-Back-Verfahren Gebrauch worden sei. Die Möglichkeit eines Claw-Back-Verfahrens genüge bereits, da, wenn das deutsche Recht im Rahmen der Besteuerung des Veräußerungsgewinns die – dem dortigen Claw-Back-Verfahren vorbehaltene – Rückgängigmachung der AfA anordnen würde, dies einen Eingriff in das Besteuerungsrecht Großbritanniens darstelle. Zwar dürfe der Veräußerungsgewinn in Deutschland besteuert werden, weil das Claw-Back-Verfahren keine Veräußerungsgewinnbesteuerung, sondern Teil der Besteuerung der laufenden Einkünfte sei. Das gelte aber unabhängig davon, ob Großbritannien von diesem Verfahren Gebrauch mache, so dass hinsichtlich des Teils des Veräußerungsgewinns, der auf die Rückgängigmachung der bisherigen Abschreibungen entfalle, ein deutsches Besteuerungsrecht zu verneinen sei.

Zwar bestimme sich die Ermittlung des Veräußerungsgewinns nach deutschem Steuerrecht. Danach würden im gewerblichen Bereich jedoch nur solche Abschreibungen rückgängig gemacht, die zuvor mit steuerlicher Wirkung die Anschaffungskoten auf einen Restbuchwert gemindert hätten, was bei freigestellten Einkünften nicht der Fall sei. Entsprechendes gelte, wenn im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ausländische Einkünfte zu berücksichtigen seien. Nur dann, wenn der Ansässigkeitsstaat Abschreibungen auf ein im anderen Vertragsstaat belegenes unbewegliches Vermögen zulasse, sei er durch die Steuerbefreiung der im Belegenheitsstaat erzielten Einkünfte nicht gehindert, die Abschreibungen im Rahmen einer eigenen Veräußerungsgewinnbesteuerung rückgängig zu machen. Würden deshalb in Deutschland keine Abschreibungen gegenüber den in Großbritannien höheren Abschreibungen

zugelassen, würde jede deutsche steuerrechtliche Regelung, die die in Großbritannien vorgenommenen Abschreibungen rückgängig mache, gegen das Doppelbesteuerungsabkommen verstoßen.

Das Ergebnis entspreche auch der systematischen Auslegung des § 23 Abs. 3 Satz 4 EStG. Das EStG sei zunächst von einem Dualismus der Einkunftsarten ausgegangen, der bei Überschusseinkünften streng nach laufenden Einkünften und nach steuerbaren Zuwächsen im Privatvermögen unterschieden habe. Die AfA, die nur die laufenden Einkünfte betraf, sei demzufolge bei der Ermittlung des Wertzuwachses des Wirtschaftsgutes nicht zu berücksichtigen gewesen. Die Neuregelung sollte nur eine begrenzte Durchbrechung des Systems insoweit darstellen, wie über § 23 EStG die tatsächliche Wertsteigerung des Wirtschaftsgutes erfasst werden sollte. Dabei habe der Gesetzgeber die tatsächlich abgezogene AfA berücksichtigen wollen, weil er bei einem kurzfristigen Engagement des Investors – bis zum Ablauf der Spekulationsfrist – seine Fördermittel zurückverlangen (BT-Drucksache 13/1686, Seite 40) und den Aufwand neutralisieren wollte, der mit der gewährten AfA den zu berücksichtigenden Gewinn vorab gemindert hatte (BT-Drucksache 16/10189, Seite 69). Auch ein Vergleich der Wertermittlung bei § 23 EStG mit derjenigen im Betriebsvermögen zeige, dass nicht die Anschaffungskosten, sondern der Buchwert unter Berücksichtigung der tatsächlich vorgenommenen AfA für die Berechnung des Veräußerungsgewinns maßgeblich sei.

Dabei bestehe nach § 7 Abs. 1 und Abs. 4 EStG eine Pflicht, die Abschreibungen vorzunehmen. Habe der Steuerpflichtige entgegen dieser Verpflichtung die AfA nicht vorgenommen, könne er sie grundsätzlich nachholen, soweit er nicht willkürlich versucht habe, durch Nichtabzug der AfA steuerliche Vorteile zu erlangen. Eine solche willkürliche Unterlassung habe hier nicht vorgelegen. Sowohl die Ermittlung des Gewinns nach dem Betriebsvermögen als auch die Ermittlung des Überschusses der Einnahmen über die Ausgaben habe nur einen Aufwand neutralisieren wollen, der nach deutschem Recht den steuerbaren Veräußerungsgewinn vorab gemindert habe. Dies sei vorliegend mit Wirkung für die deutsche Besteuerung nicht der Fall.

Der Kläger beantragt nunmehr,

den Änderungsbescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 15 Abs. 1 InvStG betreffend die Thesaurierung zum für das Geschäftsjahr vom bis vom dahingehend zu ändern, dass die ausschüttungsgleichen Erträge um € gekürzt werden;

die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären;

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Ansicht, die Möglichkeit der Rückgängigmachung der Absetzungen für Abnutzung durch das Claw-back-Verfahren in Großbritannien verhindere nicht eine veräußerungsgewinnerhöhende Berücksichtigung von Afa im Rahmen der Veräußerungsgewinnermittlung in Deutschland. Da das DBA-Großbritannien keine Begriffsbestimmung des Veräußerungsgewinns enthalte, sei dieser gemäß Artikel II Abs. 2 DBA nach deutschem Recht auszulegen. Dort werde gemäß § 23 Abs. 3 Satz 4 EStG bestimmt, dass die Anschaffungskosten um die AfA-Beträge zu mindern seien, soweit diese bei der Ermittlung der Einkünfte i.S.d. § 2 Abs. 2 Nr. 4-6 EStG abgezogen worden seien. Es komme daher darauf an, ob bei der Ermittlung der laufenden (steuerfreien) Vermietungserträge die AfA-Beträge zum Abzug gebracht worden seien. Dies sei in den Geschäftsjahren 2008/2009 und 2009/2010 der Fall gewesen. Zunächst sei bezugnehmend auf die Entscheidung des , BStBl II 2011, 482 ein Besteuerungsrecht Deutschlands für Gewinne aus der Veräußerung unbeweglichen Vermögens grundsätzlich zu bejahen, da

in systematischer Hinsicht eine Besteuerung eines solchen Veräußerungsgewinns in Großbritannien nicht erfolge und das DBA Großbritannien demzufolge einer Besteuerung des Veräußerungsgewinns in Deutschland nicht entgegenstehe. Wenn ein solches deutsches Besteuerungsrecht hinsichtlich des Veräußerungsgewinns bestehe, sei dieser nach den einschlägigen Vorschriften des deutschen Steuerrechts zu ermitteln. Im deutschen Steuerrecht stünden sich die laufenden Einkünfte (bei denen die AfA abgezogen werde) und die Veräußerungsgewinne, deren integraler Bestandteil die Minderung der Anschaffungskosten um die in Anspruch genommene AfA gemäß § 23 Abs. 3 Satz 4 EStG sei, gleichwertig gegenüber. § 23 Abs. 3 Satz 4 EStG stelle nach seinem Wortlaut unmittelbar auf den Abzug der AfA bei Ermittlung der Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4-7 EStG ab. Die laufenden Erträge aus Vermietung und Verpachtung würden sich demzufolge als Differenz zwischen den Einnahmen und den Werbungskosten i.S.d. § 9 EStG, wozu u.a. auch die AfA rechne (§ 3 Abs. 3 Satz 1 InvStG i.V.m. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG und § 7 Abs. 4 Nr. 2 EStG) ermitteln. Da die Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4-7 EStG bzw. des § 1 Abs. 2 Satz 2 InvStG die Steuerbarkeit bestimmter Leistungsbezüge definierten, setze § 23 Abs. 3 Satz 4 EStG ausschließlich voraus, dass ein Abzug bei den steuerbaren Erträgen erfolge, was im Ergebnis die Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit widerspiegele. Ein Abzug der AfA bei den steuerpflichtigen Einkünften sei demzufolge aufgrund des eindeutigen Wortlautes der Norm gerade nicht Voraussetzung der Anwendung des § 23 Abs. 3 Satz 4 EStG. Die Steuerbefreiung des § 4 Abs. 1 InvStG setze demzufolge erst auf der folgenden Stufe an, nachdem ein Steuertatbestand entstanden und mithin Einkünfte/Erträge erzielt worden seien (§ 1 Abs. 3 Satz 2 und 3 InvStG bzw. § 2 Abs. 1 EStG). Dies entspreche auch dem Regelungszweck der Doppelbesteuerungsabkommen, die ausschließlich der Verteilung der sich bereits aus nationalem Recht ergebenden Besteuerungsrechte der Vertragsstaaten dienten. Demensprechend habe die AfA vorliegend Eingang in die Ermittlung der steuerbaren

Erträge aus der Vermietung der in Großbritannien belegenen Immobilie gefunden, so dass § 23 Abs. 3 Satz 4 EStG erfüllt sei. Es sei daher aufgrund des eindeutigen Wortlauts der Norm irrelevant, ob die betreffenden (laufenden) Erträge in Deutschland der Steuerpflicht unterlegen hätten oder aufgrund von DBA-Regelungen freigestellt worden seien. Das Doppelbesteuerungsabkommen stehe dem vorgenannten Ergebnis nicht entgegen, da die Freistellung nach dem DBA explizit die Einkünfte als Nettogröße und nicht lediglich die Einnahmen erfasse. Diese Einkünfte seien nach dem nationalen Recht des Anwenderstaates zu ermitteln, so dass bei der Ermittlung der Erträge aus Vermietung und Verpachtung die AfA auch für Zwecke des DBA ertragsmindernd zu berücksichtigen sei und folglich den Umfang der in Deutschland von der Besteuerung freigestellten (und dem Progressionsvorbehalt unterliegenden) Einkünfte mindere. Es sei damit zu konstatieren, dass die AfA-Beträge auch im Rahmen der DBA-Freistellung der laufenden Mieterträge zu berücksichtigen gewesen seien und die aus deutscher Sicht freizustellenden laufenden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung minderten. Die teilweise Korrektur der AfA nach dem Claw-Back-Verfahren in Großbritannien führe zu keiner andere Beurteilung, da diese Korrekturen aus der, sich aus Artikel 13 Nr. 14 und 15 OECD-MK „in isolierter Betrachtungsweise” in Bezug auf die AfA ergebenden Auswirkungen für die Beurteilung aus Sicht des Anwenderstaates Bundesrepublik Deutschland unbeachtlich seien. Denn das OECD-MK gehe ersichtlich davon aus, dass sich die AfA im Ergebnis im jeweiligen Anwenderstaat nur einmal ertragsmindernd auswirken dürfe. Ein Ausscheiden des Regelungsgehaltes des § 23 Abs. 3 Satz 4 EStG aus der DBA-rechtlichen Definition des Veräußerungsgewinns würde daher im Ergebnis zu einer doppelten Minderung der dem deutschen Steuerrecht unterliegenden Einkünfte führen, da die AfA aus Sicht des Anwenderstaates Bundesrepublik Deutschland zum einen die laufenden Erträge mindere und zum anderen entgegen den Bestimmungen des deutschen Steuerrechts den Veräußerungsgewinn nicht erhöhe. Aufgrund der isolierten Betrachtungsweise

seien die Korrekturen der AfA-Auswirkungen aufgrund der Claw-Back-Versteuerung unbeachtlich, da vorliegend die bei den (steuerbefreiten) Vermietungseinkünften berücksichtigte AfA maßgeblich für eine Berücksichtigung nach § 23 Abs. 3 Satz 4 EStG sei.

Dem Gericht haben die Feststellungsakten zur Steuernummer vorgelegen. Sie waren Gegenstand des Verfahrens.

Gründe

Die Klage ist begründet.

Der Veräußerungsgewinn aus der in Großbritannien gelegenen Immobilie unterliegt der deutschen Besteuerung. Das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Vereinigten Königreich Großbritannien steht der Besteuerung des Veräußerungsgewinns nicht entgegen. Zwar können Gewinne aus der Veräußerung unbeweglichen Vermögens gemäß Art. VIII Abs. 1 DBA Großbritannien 1964/1970 in dem Gebiet versteuert werden, in dem das Vermögen liegt, mit der Folge, dass nach Art. XVIII Abs. 1 a DBA- Großbritannien die Einkünfte aus Quellen innerhalb Großbritanniens und die dort gelegenen Vermögensteile von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuern ausgenommen werden. Von einer solchen Besteuerung der Veräußerungsgewinns hat Großbritannien aus systematischer Sicht jedoch keinen Gebrauch gemacht, so dass ein Besteuerungsrecht Deutschlands für Gewinne aus der Veräußerung unbeweglichen Vermögens grundsätzlich zu bejahen ist. Die in Großbritannien vorgesehene Rückgängigmachung der Abschreibung nach dem dort bestehenden System der „Claw-Back-Besteuerung” stellt in systematischer Hinsicht keine Besteuerung eines solchen Veräußerungsgewinns in Großbritannien dar (vgl. , BStBl. II 2011, 482).

Besteht demzufolge ein deutsches Besteuerungsrecht hinsichtlich des Veräußerungsgewinns ist dieser gemäß Art. II Abs. 3 DBA Großbritannien nach den einschlägigen Vorschriften des deutschen Steuerrechts zu ermitteln (vgl. auch , BStBl. II 2010, 536).

Nach § 3 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 InvStG sowie § 23 Abs. 3 EStG ermittelt sich der Veräußerungsgewinn aus dem Unterschied zwischen dem Veräußerungspreis einerseits und den Werbungskosten andererseits. Dabei sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten um Absetzungen für Abnutzung zu mindern, soweit sie bei der Ermittlung der Einkünfte i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4-7 EStG abgezogen worden sind. Ausgehend vom Wortlaut der Norm kommt es dabei auf die tatsächliche Inanspruchnahme der Abschreibung an (vgl. Weber-Grellet in Schmidt, Kommentar zum EStG § 23 Rz. 84 m.w.N.). Es findet demzufolge eine Verknüpfung der Berechnung des Veräußerungsgewinns mit der ertragsteuerlichen Behandlung statt. Der Gesetzgeber will damit den Aufwand neutralisieren, der mit der gewähren AfA den zu berücksichtigenden Gewinn vorab gemindert hat (vgl. BT-Drucksacke 16/10.189, Seite 69) Die Norm ist damit Ausfluss des Prinzips der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit. Eine doppelte Begünstigung des Steuerpflichtigen in Form einer zweifachen Verlustrealisierung durch die AfA soll damit unterbunden werden (vgl. BT-Drucksacke 13/1.686, Seite 40).

Da es im Rahmen der Gewinnermittlung auf die tatsächlichen Inanspruchnahme der Abschreibung ankommt, sind vorliegend die Anschaffungskosten nicht um die Abschreibung i.H.v. EUR zu mindern, da sich diese Beträge bei der Gewinnermittlung in den Geschäftsjahren 2008/2009 und 2009/2010 nicht gewinnmindernd ausgewirkt haben, sondern in Deutschland aufgrund der Regelungen des Doppelbesteuerungsabkommens steuerfrei geblieben sind. Eine doppelte Begünstigung des Steuerpflichtigen liegt damit nicht vor. Vielmehr gebieten die Grundsätze der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit keine Berücksichtigung der fiktiven Abschreibung, da sich diese im Rahmen der Ertragsbesteuerung nicht zugunsten des Klägers ausgewirkt hat.

Des Weiteren hat sich die Abschreibung auch nicht im Rahmen des Progressionsvorbehalts ausgewirkt, da es sich bei den Anteilseignern des Klägers nach übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten ausschließlich um Kapitalgesellschaften gehandelt hat.

Da der Wortlaut des § 23 Abs. 3 EStG dem Abstellen auf die tatsächliche Inanspruchnahme der Abschreibung nicht entgegensteht, sondern diese Auslegungsoption zulässt, ist die zweckentsprechende Auslegung der Norm geboten.

Zwar weist das Finanzamt unter Hinweis auf das , BStBl. II 2010, Seite 536 zutreffend darauf hin, dass die Ermittlung der Einkünfte nach dem nationalem Recht des Anwenderstaates zu erfolgen habe, dies bezieht sich jedoch nur auf die Art der berücksichtigungsfähigen Einnahmen und Ausgaben sowie die Systematik der Einkünfteermittlung (z.B. der Berücksichtigung von Aufwendungen nach dem Veranlassungsprinzip). Dies gilt nicht für den Fall, wenn, wie vorliegend, das Gesetz ausdrücklich auf die tatsächliche Inanspruchnahme von Abschreibungen abstellt. Ein Abstellen auf die deutschen gesetzlichen Abschreibungsregeln ist bereits deshalb ungeeignet, da die Ertragsbesteuerung in Deutschland aufgrund der Regelungen des Doppelbesteuerungsabkommens tatsächlich nicht erfolgte.

Demgegenüber gebietet der Wortlaut des § 23 Abs. 3 S. 4 EStG, der auf die tatsächliche Inanspruchnahme der Abschreibung im Hinblick auf die Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit abstellt, eine Kürzung der Anschaffungskosten um die AfA soweit die Abschreibung in Großbritannien durch die sogenannte Claw-Black-Besteuerung rückgängig gemacht worden ist. Da vorliegend eine Rückgängigmachung der AfA nach der Claw-Back-Besteuerung nach dem übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten nicht erfolgte, weil der Buchwert den Veräußerungspreis überstieg, braucht vorliegend die Frage der Auswirkung der Claw-Back-Besteuerung nicht abschließend entschieden zu werden.

Die Klage war daher abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 155 FGO i.V.m. §§ 711, 708 Nr. 10 ZPO.

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
EFG 2016 S. 1783 Nr. 21
IWB-Kurznachricht Nr. 24/2016 S. 890
KÖSDI 2016 S. 20079 Nr. 12
UAAAF-81549