Ausschluß der pauschalierten Nutzungswertbesteuerung nach § 21a EStG bei Zweifamilienhaus nur durch bürgerlich-rechtlich wirksamen Mietvertrag
Leitsatz
1. Wird in einem in den Jahren 1982 bis 1984 errichteten Zweifamilienhaus eine Wohnung von den Eigentümern (Ehegatten) selbstgenutzt und die andere Wohnung an die Eltern der Ehefrau vermietet, so ist dieses Mietverhältnis der Besteuerung grundsätzlich nur dann zugrunde zu legen, wenn der Mietvertrag bürgerlich-rechtlich wirksam abgeschlossen ist und sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung des Vereinbarten dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen. Das gilt auch für eine Vermietung, die gemäß § 21a Abs. 1 Satz 3 EStG zum Ausschluß der Pauschalierung des Nutzungswertes der selbstgenutzten Wohnung im eigenen Haus führt.
Der Mietvertrag ist nicht - wie erforderlich - vollzogen, wenn der Mieter nicht den vereinbarten Mietzins zahlt.
2. Eine unentgeltliche Überlassung der Wohnung bildet keine Vermietung i.S. des § 21a Abs. 1 Satz 3 EStG; sie ist ihr auch nicht gleichzustellen.
Gesetze: EStG 1981/1983 § 21a Abs. 1 Satz 3
Instanzenzug: FG Münster (EFG 1987, 111)
Tatbestand
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind zur Einkommensteuer zusammenveranlagte Eheleute. In den Jahren 1982 bis 1984 ließen sie ein als Zweifamilienhaus bewertetes Wohngebäude errichten, dessen Erdgeschoßwohnung sie im August 1983 bezogen. Als Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit der zweiten Wohnung im Dachgeschoß gab der Kläger gegenüber der Bewertungsstelle des Beklagten und Revisionsklägers (Finanzamt - FA -) den an. Mit schriftlichem Vertrag vom vermieteten die Kläger die Dachgeschoßwohnung für monatlich 400 DM an die Eltern der Klägerin. Als Beginn des Mietverhältnisses wurde der vereinbart. Ab diesem Zeitpunkt war das Objekt nach dem Bauzustand bewohnbar. Die Eltern zahlten die monatliche Miete im Streitjahr 1985 nicht; am überwiesen sie an die Kläger 5000 DM. Bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in den Streitjahren 1983 bis 1985 wandte das FA bis zum § 21a des Einkommensteuergesetzes i.d.F. der Streitjahre (EStG) an, da die Dachgeschoßwohnung nicht innerhalb von sechs Monaten nach Fertigstellung im Dezember 1984 vermietet worden sei.
Mit ihrer nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage begehrten die Kläger, die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung durch Einnahmeüberschußrechnung gemäß § 21 EStG zu besteuern.
Das Finanzgericht (FG) gab ihrer Klage mit in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1988, 125 veröffentlichtem Urteil statt. Da die Dachgeschoßwohnung erst Ende Juli 1985 bewohnbar gewesen sei, habe die Sechsmonatsfrist des § 21a Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 EStG am zu laufen begonnen; an diesem Tag habe zwischen den Klägern und den Eltern der Klägerin ein bürgerlich-rechtlich wirksamer Mietvertrag bestanden.
Mit der Revision rügt das FA rechtsfehlerhafte Anwendung des § 21a Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 EStG.
Das FA beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Gründe
Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage. Das FG hat rechtsfehlerhaft entschieden, daß die Einkünfte der Kläger aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 21 EStG zu ermitteln seien.
1. Nach § 21a Abs. 1 Satz 2 EStG gilt die Pauschalierung des Nutzungswertes der selbstgenutzten Wohnung gemäß § 21a Abs. 1 Satz 1 EStG auch bei einer Wohnung in einem eigenen Haus, das kein Einfamilienhaus ist. Diese Pauschalierung entfällt gemäß § 21a Abs. 1 Satz 3 EStG u.a. dann, wenn der Steuerpflichtige in dem eigenen Haus mindestens eine Wohnung zur dauernden Nutzung vermietet hat (Nr. 1) oder innerhalb von sechs Monaten nach Fertigstellung des Hauses zur dauernden Nutzung vermietet (Nr. 2). Liegen diese Voraussetzungen vor, so sind die Einkünfte gemäß § 21 Abs. 1 und 2 EStG durch Überschußrechnung zu ermitteln.
Der Senat kann im Streitfall offenlassen, wann das Haus fertiggestellt wurde und ob § 21a Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG oder § 21a Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 EStG anzuwenden ist; denn der zwischen den Klägern und den Eltern der Klägerin abgeschlossene Mietvertrag ist steuerrechtlich nicht anzuerkennen.
Der Senat geht in Fortführung der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) davon aus, daß Wohnungs-Mietverträge zwischen nahen Angehörigen der Besteuerung grundsätzlich nur dann zugrunde zu legen sind, wenn sie bürgerlich-rechtlich wirksam abgeschlossen sind und sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung des Vereinbarten dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen (vgl. Urteil vom IX R 220/84, BFHE 154, 503, BStBl II 1989, 137; diese Rechtsprechung bestätigend: Beschluß des Großen Senats des , BFHE 158, 563, BStBl II 1990, 160). Eltern und ihre erwachsenen Kinder müssen sich an diesen Maßstäben messen lassen (, BFHE 119, 161, BStBl II 1976, 561, und vom III R 216/84, BFH/NV 1988, 553).
Dies gilt auch für eine Vermietung i.S. des § 21a Abs. 1 Satz 3 EStG (ebenso Clausen in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, 19. Aufl., § 21a EStG Anm. 109; Blümich/Stuhrmann, § 21a EStG Rz. 30; Schmidt/ Drenseck, Einkommensteuergesetz, 7. Aufl., § 21a Anm. 3c; Seithel, Finanz-Rundschau - FR - 1982, 233, 239, und FR 1983, 209, 211).
Das FG ist davon ausgegangen, daß der Mietvertrag zwischen den Klägern und den Eltern der Klägerin nicht tatsächlich vollzogen worden ist, weil die Miete entgegen der vertraglichen Vereinbarung im Streitjahr 1985 nicht gezahlt wurde. Diese Würdigung ist möglich. Zur Durchführung eines Mietvertrages gehört - nicht anders als bei einem Arbeitsverhältnis - die regelmäßige Zahlung der geschuldeten Vergütung (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 1988, 553). Selbst den Betrag von 5000 DM haben die Eltern der Klägerin nach den bindenden Feststellungen des FG im Jahr 1986 ohne nähere Bezeichnung gezahlt.
2. Es kann offenbleiben, ob das einkommensteuerrechtlich nicht anzuerkennende Mietverhältnis als unentgeltliche Nutzungsüberlassung zu werten wäre (vgl. , BFHE 160, 497, BStBl II 1990, 741); denn § 21a Abs. 1 Satz 3 EStG schließt die Pauschalierung des Nutzungswerts der Wohnung des Eigentümers nur aus, falls die andere Wohnung "vermietet" wird. Hierfür würde nicht genügen, wenn der Nutzungsberechtigte die ihm unentgeltlich überlassene Wohnung aufgrund einer gesicherten Rechtsposition nutzt (vgl. Clausen in Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 21a EStG Anm. 102). Unter Vermietung i.S. des § 21a Abs. 1 Satz 3 EStG ist ebenso wie gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG (vgl. , BFHE 131, 212, BStBl II 1981, 295) nur die Gewährung des Gebrauchs einer Wohnung auf Zeit gegen Entgelt zu verstehen. Eine Auslegung des § 21a Abs. 1 Satz 3 EStG in dem Sinn, daß auch das unentgeltliche Überlassen einer Wohnung zu Wohnzwecken zu einem Ausschluß der Ermittlung des Nutzungswertes gemäß § 21a Abs. 1 Satz 3 EStG führte, läge nicht im Bereich des möglichen Wortsinns. Auch eine entsprechende Anwendung des § 21a Abs. 1 Satz 3 EStG auf den Fall der unentgeltlichen Nutzungsüberlassung (so Stadie, FR 1985, 171, 184) käme nicht in Betracht; denn dies widerspräche dem Sinn und Zweck der Pauschalierung des Nutzungswerts der Wohnung im eigenen Einfamilienhaus. Diese Pauschalierung sollte von Anfang an die Besteuerung insbesondere dadurch vereinfachen, daß Schwierigkeiten bei der Schätzung des Rohmietwerts und der Feststellung der Werbungskosten vermieden werden (vgl. Amtliche Begründung zur Verordnung über die Bemessung des Nutzungswerts der Wohnung im eigenen Einfamilienhaus vom , RStBl 1937, 161 Ziff. A). Solche Schwierigkeiten treten im allgemeinen nicht auf, wenn eine Wohnung in dem Haus fremdvermietet ist, weil dann die dafür erzielte Miete feststeht, die häufig als Vergleichsmiete für die selbstgenutzte Wohnung herangezogen werden kann, und die Werbungskosten für die fremdvermietete Wohnung ohnehin ermittelt werden müssen. Wird dagegen die nicht selbstgenutzte Wohnung anderen unentgeltlich überlassen, bleibt es bei den Schätzungsschwierigkeiten hinsichtlich des Mietwerts; die auf eine unentgeltlich überlassene Wohnung entfallenden Aufwendungen kann der Überlassende mangels Absicht zur Einnahmeerzielung nach ständiger Rechtsprechung nicht als Werbungskosten abziehen.
Der Nutzungswert der von den Klägern selbstgenutzten Wohnung in ihrem Zweifamilienhaus war in den Streitjahren entgegen der Ansicht des FG gemäß § 21a Abs. 1 Satz 1 EStG zu ermitteln. Somit war das angefochtene Urteil aufzuheben.
3. Die Sache ist spruchreif. Nach den vorstehenden Ausführungen ist die Klage als unbegründet abzuweisen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BStBl 1992 II Seite 75
BFH/NV 1992 S. 10 Nr. 2
UAAAA-94213