FG Berlin-Brandenburg Beschluss v. - 13 V 13100/19

Aussetzung der Vollziehung

Bitcoin als Wirtschaftsgut

privates Veräußerungsgeschäft bei sog. Krypto-Assets

Leitsatz

1. Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass Bitcoins in rechtlicher Hinsicht als Wirtschaftsgut einzuordnen sind.

2. Bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren notwendigen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung spricht alles dafür, dass eine Besteuerung von Veräußerungsgewinnen bei sog. Krypto-Assets gemäß § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG zulässig ist.

3. Die rechtliche Einordnung der Kryptowährungen als Wirtschaftsgut sowie die sich daraus ergebende Besteuerung führt nicht zu einem verfassungswidrigen Zustand. Das gilt auch im Hinblick auf ein strukturelles Vollzugsdefizit.

Gesetze: EStG § 22 Nr. 2, EStG § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, FGO § 69 Abs. 3 S. 1, FGO § 69 Abs. 2 S. 2, GG Art. 3 Abs. 1

Verfahrensstand: Diese Entscheidung ist rechtskräftig

Tatbestand

I.

Die Antragsteller werden als Eheleute gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Sie erklärten im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und – der Antragsteller – aus freiberuflicher Tätigkeit. Außerdem erklärten sie einen Reingewinn aus C. i.H.v. 966.371,24 EUR. Dazu führten sie in einer der Einkommensteuererklärung beigefügten Aufstellung aus, der Antragsteller habe keine weiteren Auszahlungen in EUR getätigt. Einzahlungen in EUR seien nur in den Jahren 2013 bis 2015 vorgenommen worden. Handel habe wie auch in den Vorjahren auch auf anderen Handelsplattformen stattgefunden, jedoch nur in C.. Ein- und Auszahlungen in EUR seien ausschließlich über die Plattform … .net getätigt und auf das Bankkonto des Antragstellers ausgezahlt worden. Wegen der Angaben im Einzelnen nimmt der Senat entsprechend § 105 Abs. 3 S. 2 FinanzgerichtsordnungFGO– auf die Aufstellung „C. Handel in EUR” (Blatt 49 bis 59 Einkommensteuerakten –EStA– Band I) Bezug.

Auf Nachfrage durch den Antragsgegner erklärte der Antragsteller, er habe am als Software-Entwickler der D. UG von seinem Arbeitgeber 25.474 ETH für 0,0005 ETH/BTC in BTC kaufen können. Wegen der Transaktionen im Einzelnen wird auf Bl. 69 EStA I sowie den Vertrag in englischer Sprache zwischen der Stiftung D. und dem Antragsteller (Bl. 70 bis 74 EStA I) verwiesen.

Der Antragsgegner setzte gegenüber den Antragstellern die Einkommensteuer für 2017 in dem Bescheid vom auf 459.323,00 EUR fest. Dabei behandelte er den von den Antragstellern erklärten Gewinn aus C. i.H.v. 966.371,00 EUR als sonstige Einkünfte i.S. von § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG.

Mit dem dagegen am eingelegten Einspruch begehrten die Antragsteller, die Einkünfte des Antragstellers um 966.371,00 EUR reduziert zu berücksichtigen. Außerdem beantragten sie die Aussetzung der Vollziehung sowie das Ruhen des Verfahrens im Hinblick auf das bei dem Bundesfinanzhof –BFH– anhängige Revisionsverfahren IX R 10/18.

Sie halten das sog. Kryptoergebnis i.H.v. 966.371,00 EUR für nicht steuerbar. Die Voraussetzungen für eine Erfassung als privates Veräußerungsgeschäft gemäß § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG seien nicht erfüllt. Das Kryptoergebnis sei nicht durch Anschaffung und Veräußerung von Wirtschaftsgütern entstanden. Es sei zu beachten, dass bei den virtuellen Vorgängen trotz – letztlich irreführender – Begriffe und graphischer Abbildungen weder Geld noch Währung bzw. ein gesetzliches Zahlungsmittel eine Rolle spielten. Unter Berücksichtigung der technischen Abläufe finde bei der Änderung der Verknüpfung zwischen „Virtueller Einheit” –VE– und „Öffentlichem Schlüssel” –ÖS– keine „Anschaffung von Bitcoins” statt. Auch im sog. „Wallet” werde – trotz der Bezeichnung als Geldbörse – kein Zahlungsmittel, sondern nur der zur Transaktion notwendige „Private Schlüssel” –PS– aufbewahrt. Man könne sich das Ent- und Verknüpfen der VE mit ÖS nicht analog zur Funktionsweise eines Bankkontos vorstellen. Der Inhaber des PS habe keine praktisch durchsetzbaren Rechte von wirtschaftlichem Wert. Daher seien auch die Anforderungen an das Vorliegen eines Wirtschaftsgutes nicht erfüllt. Bei Anwendung der Definition des BFH könne es sich um einen „tatsächlichen Zustand”, eine allerdings unkonkrete Möglichkeit oder allenfalls einen geringen Vorteil für den Betrieb handeln. Die regelmäßige Nutzbarkeit für mehrere Wirtschaftsjahre sei bei Verknüpfungen zu VE nicht feststellbar, zumindest nicht absehbar und schon gar nicht garantiert.

Aber auch wenn man das Kryptoergebnis zu den privaten Veräußerungsgeschäften zählen wolle, sei eine Besteuerung verfassungswidrig. Die Vorschrift wäre wegen eines strukturellen Vollzugsdefizits nichtig. Insoweit gelte dasselbe, wie es das Bundesverfassungsgericht –BVerfG– in seinem Urteil 2 BvL 17/02 für Veräußerungsgeschäfte bei Wertpapieren ausgeführt habe. Da § 49 Abs. 1 Nr. 8 EStG nicht die „anderen Wirtschaftsgüter” erfasse, liege auch ein Fall der Inländerdiskriminierung vor. Insoweit – wie auch zur Frage des strukturellen Vollzugsdefizits – sei auf das – 5 K 2508/17) zu verweisen; die Revision sei bei dem BFH unter dem Aktenzeichen IX R 10/18 anhängig.

Der Antragsgegner gewährte mit Bescheid vom das Ruhen des Verfahrens gemäß § 363 Abs. 2 S. 2 AbgabenordnungAO– im Hinblick auf das Verfahren IX R 10/18 vor dem BFH und lehnte die Aussetzung der Vollziehung ab. Er hielt in der Begründung an der Annahme von sonstigen Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften gemäß § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG fest. Bitcoins seien als Devisen gleichgestellte Rechnungseinheiten anzusehen und erfüllten daher den Begriff der „anderen Wirtschaftsgüter”.

Auch gegen diesen Bescheid legten die Antragsteller Einspruch ein. Sie verwiesen noch einmal auf die technischen Erläuterungen in der Einspruchsbegründung, aus denen sich ergebe, dass es sich bei einzelnen Kryptoeinheiten mangels Existenz nicht um Wirtschaftsgüter handeln könne. Zudem habe das Kammergericht –KG– in seiner Entscheidung vom – (4) 161 Ss 28/18 (35/18) – festgestellt, dass es sich bei Bitcoin nicht um Rechnungseinheiten handele. Daraus und aus der bereits genannten Entscheidung des FG Baden-Württemberg ergebe sich deutlich, dass ernstliche Zweifel bestehen.

Außerdem haben die Antragsteller am einen Antrag auf Gewährung der Aussetzung der Vollziehung bei dem FG Berlin-Brandenburg gestellt, zu dessen sie Begründung sie auf die Einspruchsbegründung verweisen, die Begründung des Einspruchs gegen die die Aussetzung der Vollziehung ablehnende Entscheidung des Antragsgegners wiederholen sowie auf die Entscheidung des BFH im Verfahren V B 3/19 hinsichtlich der Kriterien für die Aussetzungsentscheidung hinweisen.

Ergänzend weisen sie darauf hin, dass steuerrechtlich nicht alles, wofür Geld bezahlt wird, auch als Wirtschaftsgut zu beurteilen sei. Erst unter Berücksichtigung der technischen Grundlagen, die sich aus dem Bitcoin-Whitepaper vom ergeben, könne geprüft werden, ob den C. die Wirtschaftsguteigenschaft nach der gefestigten BFH-Rechtsprechung zukomme. Selbst wenn sie zur Klasse der „konkreten Möglichkeiten” gehören sollten, besäßen sie nicht die vom BFH geforderten Eigenschaften. Die „regelmäßige Nutzung für mehrere Wirtschaftsjahre” se in praxi genauso wenig gegeben wie die „Übertragbarkeit. Ganz entscheidend sei, dass sich kein vorsichtiger, vernünftiger, fremder Kaufmann, also „aus der Sicht eines potentiellen Betriebserwerbers”, diesen „einen eigenständigen Wert” zumessen bzw. er sich die „Erlangung” derselben „etwas kosten” lassen würde.

Die Antragsteller beantragen,

  1. die Vollziehung des Einkommensteuerbescheides 2017 vom bis zu einer Entscheidung über den Einspruch vom auszusetzen;

  2. die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Er hält an seiner Rechtsauffassung fest und verweist darauf, Bitcoins seien durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht –BaFin– als Rechnungseinheit eingeordnet und sind als Finanzinstrumente i. S. v. § 1 Absatz 11 Satz 1 KreditwesengesetzKWG – zu qualifizieren. Da diese Rechnungseinheiten mit Devisen vergleichbar seien, gälten für deren Kauf und Verkauf dieselben Grundsätze, die auch für Fremdwährungsgeschäfte maßgeblich sind. Im Privatvermögen gehaltene Kryptocoins seien als anderes Wirtschaftsgut unter die Vorschrift des § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG zu fassen. Das Urteil des KG Berlin betreffe die strafrechtliche Beurteilung des Betreibens einer Internetplattform, über die Bitcoins gehandelt wurden, und sei für die steuerrechtliche Einordnung nicht bindend.

Die Finanzverwaltung sei in der Lage, auch in Fällen des Handelns mit Bitcoins die steuerlich bedeutsamen Sachverhalte festzustellen. Die Finanzämter seien nicht gehindert, zur Ermittlung steuerlich bedeutsamer Sachverhalte Maßnahmen der Außenprüfung (§ 193 f. AO) und der allgemeinen Steueraufsicht (Steuerfahndung) zu ergreifen. Diese Maßnahmen griffen auch bei dem Konzept einer Blockchain, wonach die komplette Transaktionshistorie dezentral gespeichert werde und von jedem Nutzer eingesehen werden könne. Somit könnten alle Trades zurückverfolgt werden. Voraussetzung für die Trades von Kryptowährungen, die nicht durch mining angeschafft wurden, sei, dass zunächst FIAT-Geld zwecks Erwerb von Kryptocoins eingespeist werden müsse. Da die meisten Dienste bei der Einzahlung mit FIAT Geld eine Verifizierung der Identität verlangten, sei diese Einzahlung einem bestimmten Individuum zuzuordnen. Auf dieser Basis könne die komplette Transaktionshistorie aufgedeckt und damit auch eine mögliche Steuerschuld nachgewiesen werden.

Gegen die Regelung des § 23 EStG gebe es auch im Hinblick auf die sog. Inländerdiskriminierung weder europarechtliche noch verfassungsrechtliche Bedenken.

Ernstliche Zweifel ergäben sich auch nicht daraus, dass die streitige Rechtsfrage höchstrichterlich noch nicht entschieden wurde. Sie sei bisher weder in der Rechtsprechung der FGe noch in der Verwaltungspraxis unterschiedlich gehandhabt worden. Bei den Ausführungen im handele es sich darüber hinaus nur um ein Obiter Dictum.

Gründe

II.

Der Aussetzungsantrag ist zulässig, aber unbegründet.

Nach § 69 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 FGO ist die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise auszusetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen. Ernstliche Zweifel i.S. von § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO liegen bereits dann vor, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Bescheides neben für seine Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken (stdg. Rspr. seit –, BStBl III 1967, 182). Die Entscheidung hierüber ergeht bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung aufgrund des Sachverhalts, der sich aus dem Vortrag der Beteiligten und der Aktenlage ergibt. Zur Gewährung der Aussetzung der Vollziehung ist es nicht erforderlich, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe im Sinne einer Erfolgswahrscheinlichkeit überwiegen. Ernstliche Zweifel können auch bestehen, wenn die streitige Rechtsfrage höchstrichterlich noch nicht entschieden wurde und im Schrifttum oder auch in der Rechtsprechung der Finanzgerichte unterschiedliche Auffassungen vertreten werden (vgl. zuletzt –, Sammlung der Entscheidungen des BFH –BFH/NV– 2019, 654).

Bei Anwendung dieser Grundsätze bestehen keine ernstlichen Zweifel im vorbezeichneten Sinne, da die Frage der Einordnung von Bitcoins in rechtlicher Hinsicht als Wirtschaftsgut derzeit nicht zweifelhaft ist. In Betracht kommt die Qualifizierung als offizielles Zahlungsmittel bzw. Geld im juristischen Sinn oder aber die Einordnung als Wirtschaftsgut (vgl. Eckert, Der Betrieb –DB– 2013, 2108). Virtuelle Währungen sind zwar von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht –BaFin– als Finanzinstrumente in der Form von Rechnungseinheiten i.S.d. § 1 Abs. 11 Nr. 7 KreditwesengesetzKWG– eingestuft worden, ihre Nutzung als Zahlungsmittel löst aber grundsätzlich keine Erlaubnispflicht nach § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG aus, da kein Bankgeschäft i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 2 KWG und keine Finanzdienstleistung i.S.d. § 1 Abs. 1a Satz 2 KWG vorliegt (vgl. Moritz/Strohm DB 2018, 3012, 3014). Ein offizielles Zahlungsmittel sind sie damit nicht. Gegen die Qualifikation der Bitcoin als Geld spricht neben der Tatsache, dass sie kein gesetzliches Zahlungsmittel sind, vor allem, dass Bitcoins nicht physisch übertragbar sind, die Geldfunktion also nur innerhalb des virtuellen Raums übernehmen können (vgl. nur Zahrte in: Fandrich/Karper, Münchner Anwaltshandbuch Bank- und Kapitalmarktrecht –MAH BankR–, § 5 Zahlungsverkehr Rn. 656 m.w.N.).

Es spricht bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren notwendigen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung Alles dafür, dass eine Besteuerung von Veräußerungsgewinnen bei sog. Krypto-Assets entgegen der Ansicht der Antragsteller gemäß §§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 EStG zulässig ist.

Virtuelle Währungen können einkommensteuerrechtlich als andere Wirtschaftsgüter qualifiziert werden. Wirtschaftsgüter sind alle Wertgegenstände der privaten Vermögenssphäre. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH beinhaltet der Begriff des „Wirtschaftsguts” in Anlehnung an den Begriff „Vermögensgegenstand” im Handelsrecht nicht nur Sachen und Rechte im Sinne des Bürgerlichen GesetzbuchsBGB–, sondern auch tatsächliche Zustände und konkrete Möglichkeiten, d.h. sämtliche Vorteile für den Betrieb, deren Erlangung sich der Kaufmann etwas kosten lässt. Sie sind auf der Grundlage einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise auszulegen. Deshalb ist nicht jeder Vermögenswert ein Wirtschaftsgut. Seine Greifbarkeit macht erst das Wirtschaftsgut aus. Er muss als Einzelheit ins Gewicht fallen. Es muss sich um eine objektiv werthaltige Position handeln (vgl. nur –, BStBl II 2013, 324). Damit vertritt die ständige Rechtspraxis einen weiten Begriff des Wirtschaftsgutes. Für steuerliche Zwecke ausreichend sind auch bloße Möglichkeiten oder konkrete Zustände, sofern ihnen ein eigenständiger Wert im Rechtsverkehr zukommt (vgl. Schmidt/Weber-Grellet, EStG § 5 Rn. 94 m.w.N.). Daher ist es zutreffend, Krypto-Assets als steuerverstrickte, private Vermögensgegenstände einzustufen, da sie im Geschäftsgebrauch als Zahlungsmittel für einen Sach- oder Dienstleistungserwerb akzeptiert werden. Sie sind insoweit strukturell vergleichbar mit Fremdwährungen oder Devisen, deren Transaktionen ebenfalls von § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 EStG erfasst werden (vgl. Reiter/Nolte, Betriebs-Berater –BB-2018, 1179, 1181).

Die Ansicht, dass es sich bei Bitcoins bzw. anderen Kryptowährungen bzw. virtuellen Währungen um ein immaterielles Wirtschaftsgut handelt, wird – soweit ersichtlich – im Schrifttum ausnahmslos geteilt (vgl. nur: Tonner in: Bordewin/Brandt, Einkommensteuergesetz, Kommentar, § 5 Rn. 40; Anzinger in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 5 EStG Rn. 1817; Schmidt/Weber-Grellet, EStG § 5 Rn. 270 „Bitcoins”; Richter/Augel, FR 2017, 937, 948; Kirsch/von Wieding, BB 2017, 2731, 2734 f.; Pielke, NWB Internationales Wirtschafts- und Steuerrecht –IWB– 2018, 234; Lutzenberger, GmbH-Rundschau – GmbHR – 2018, 794, 797; Heuel/Matthey, Neue Wirtschaftsbriefe für Steuer- und Wirtschaftsrecht –NWB– 2018, 1037; Moritz/Strohm, DB 2018, 3012, 3015; Lohmar/Jeuckens, FinanzRundschau –FR– 2019, 110, 111; Heck, Deutsche Steuer-Zeitung –DStZ– 2019, 106, 109), mit der Folge, dass der Verkauf von virtuellen Währungen durch einen Privaten zu Einkünften i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG führt, wenn zwischen Anschaffung und Veräußerung weniger als ein Jahr liegt (Burchert/Böse gehen ohne Weiteres davon aus, dass sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 2 EStG i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG vorliegen, wenn Erwerb und Veräußerung innerhalb eines Jahres stattfinden, DB 2018, 857, 858).

Die dagegen auf technischer Grundlage von den Antragstellern vorgebrachten Argumente begründen keine hinreichenden Zweifel an der Einordnung der Kryptowährungen als Wirtschaftsgüter. Dass sich aus den technischen Abläufen relevante Besonderheiten ergeben, die gegen die Einordnung als Wirtschaftsgut sprechen, ist derzeit nicht erkennbar. Eine ggf. notwendige Auseinandersetzung mit den Einzelheiten technischer Abläufe wäre – wenn man ihnen im Hinblick auf die bislang gängige Definition des Wirtschaftsgutes überhaupt Relevanz zuerkennen will – dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.

Hinreichend starke Ungewissheiten für die rechtliche Einordnung der Kryptowährungen sind nach dem bisherigen Vorbringen nicht ersichtlich. Es ist insbesondere nicht nachvollziehbar, dass die Einordnung an der fehlenden Nutzung für mehrere Wirtschaftsjahre scheitern soll. Unabhängig davon, dass – was die Antragsteller einräumen – es sich nicht um ein „zwingendes” Kriterium handelt, werden für den Untergang des PS höchst spekulative Szenarien entwickelt. Die bloße Möglichkeit eines Cyber-War durch andere Staaten etwa kann auf die Einordnung als Wirtschaftsgut keinen anderen Einfluss haben als die Möglichkeit eines konventionellen Krieges für die Einordnung von beweglichen oder unbeweglichen Sachen als Wirtschaftsgüter.

Die rechtliche Einordnung der Kryptowährungen als Wirtschaftsgut sowie die sich daraus ergebende Besteuerung führt auch nicht zu einem verfassungswidrigen Zustand. Das gilt auch im Hinblick auf ein strukturelles Vollzugsdefizit. Es ist schon nicht ohne Weiteres ersichtlich, welche Bedeutung die Ermittlungsmöglichkeiten für den Handel mit Fußball-Eintrittskarten für ein singuläres Turnier für den Umgang mit Vorgängen um virtuelle Währungen haben soll.

Der Vorwurf eines strukturellen Vollzugsdefizits ist letztlich ins Blaue hinein erhoben. Der Antragsgegner hat insoweit zutreffend auf die Verfolgbarkeit von Vorgängen in den sog. Blockchains hingewiesen. Dafür, dass – wie die Antragsteller vortragen – die Schwelle für Ermittlungen auch bei Dritten für die Finanzbehörden zu hoch ist, fehlt jede empirische Erkenntnis. Die bloße – aus dem dort zu entscheidenden Sachverhalt heraus nicht nachvollziehbare – Erwähnung von Kryptowährungen in der Begründung des FG Baden-Württemberg für die Revisionszulassung im Urteil vom (–5 K 2508/17–, Entscheidungen der Finanzgerichte –EFG– 2018, 1167) reicht zur Begründung ernstlicher Zweifel keinesfalls aus.

Gleiches gilt für die Rüge der Inländerdiskriminierung. Alleine der Hinweis auf die Erwähnung der Inländerdiskriminierung in einem Urteil, welches nicht die Veräußerung von Bitcoins betrifft, ist nicht geeignet, ernstliche Zweifel gegen die Besteuerung der Veräußerungserlöse zu begründen. Wie auch schon das FG Baden-Württemberg, so haben sich auch die Antragsteller nicht mit den näheren Anforderungen auseinandergesetzt, die zur Annahme einer unzulässigen Inländerdiskriminierung erfüllt sein müssen. So setzt das europarechtliche Verbot der umgekehrten Diskriminierung bzw. Inländerdiskriminierung zunächst einmal grundsätzlich voraus, dass es sich im Streitfall um einen grenzüberschreitenden Vorgang handelt (vgl. –, BStBl II 2015, 545). Dazu ist nichts vorgetragen. Soweit ersichtlich, wird auch weder in der Rechtsprechung des BFH noch im Schrifttum gegen die nicht vollständige Erfassung sonstiger Einkünfte in § 49 EStG der Vorwurf der Verfassungs- oder Gemeinschaftsrechtswidrigkeit erhoben.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BB 2020 S. 176 Nr. 4
DStRE 2019 S. 1329 Nr. 21
SAAAH-30297