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BBK Nr. 21 vom Seite 967

Steuerliche Behandlung von Studiengebühren und Studienkosten

Anhaltender Streit um Bildungsaufwendungen

Prof. Dr. Andreas Dinkelbach und Dr. Jörg Philippen *

[i]Lexikon, Studiengebühren NWB QAAAE-01948 Seit zehn Jahren bestreiten Rechtsprechung einerseits und Gesetzgebung oder Finanzverwaltung andererseits ein „Ping-Pong-Spiel” [1] mit der steuerlichen Behandlung von Bildungsaufwendungen, insbesondere von Aufwendungen für ein „Erststudium” bzw. eine Erstausbildung [2]. Jüngste „Spielzüge” sind die Neufassung von § 12 Nr. 5 EStG und die Einführung von §§ 4 Abs. 9, 9 Abs. 6 EStG [3], das [4] zur lohnsteuerlichen Behandlung der Übernahme von Studiengebühren durch den Arbeitgeber sowie bereits erste Entscheidungen bzw. anhängige Musterverfahren [5]. Im Folgenden werden der Status quo dargestellt und bewertet sowie Gestaltungen zur Optimierung des Abzugs der Aufwendungen aufgezeigt.

Eine Kurzfassung des Beitrags finden Sie in .

I. Rechtsentwicklung zur Beurteilung von Bildungskosten

[i]Keine Differenzierung zwischen Ausbildung und Fort-/WeiterbildungIm Jahr 2002 verwarf der BFH eine bis dahin erfolgte Differenzierung zwischen

  • als Werbungskosten/Betriebsausgaben abziehbaren Fort- und Weiterbildungskosten in einem ausgeübten Beruf und

  • demgegenüber der allgemeinen Lebensführung zugerechneten und somit nicht als Werbungskosten/Betriebsausgaben abziehbaren Ausbildungskosten zu einem künftigen Beruf [6].

Die Abziehbarkeit betreffender Aufwendungen folge aus deren beruflicher Veranlassung und sei mithin gegeben, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und S. 968die Aufwendungen im weitesten Sinne subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt werden (Sicherung von Einnahmen sowie Erzielung höherer Einnahmen am Markt) [7].

[i]Keine gesellschaftliche (Mit-)VeranlassungInsbesondere Studiengebühren sind nicht mit dem Argument einer infolge des Abschlusses höherrangigen gesellschaftlichen Stellung als privat (mit-)veranlasst anzusehen. Schließlich entspräche die steuerliche Abziehbarkeit dem aktuellen, durch lebenslanges Lernen geprägten Berufsleben.

[i]Reaktion des GesetzgebersDie erste Reaktion des Gesetzgebers bestand darin, Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium außerhalb eines Dienstverhältnisses über § 12 Nr. 5 EStG – als Vorsorge für die persönliche Existenz – typischerweise den Kosten der privaten Lebensführung zuzuordnen [8]. Dieser Typisierung ist der BFH zunächst (mit der Ausnahme eines Erststudiums im Anschluss an eine abgeschlossene Berufsausbildung) gefolgt [9], bevor er in weiteren Entscheidungen [10] wieder auf den logischen Vorrang von Werbungskosten/Betriebsausgaben gegenüber Sonderausgaben abstellte, der bei einem hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang zur nachfolgenden – auf die Erzielung von Einkünften gerichteten – Berufstätigkeit den Abzug als (ggf. vorweggenommene) Werbungskosten/Betriebsausgaben bedinge [11].

[i]Hörster, Gesetz zur Umsetzung der Beitreibungsrichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften, NWB 50/2011 S. 4208 NWB YAAAD-97603 Die erneute Reaktion des Gesetzgebers (vor dem Hintergrund einer kontroversen Diskussion der Rechtsprechung im Schrifttum) [12] im Rahmen des BeitrRLUmsG vom entspricht einem teilweisen Nichtanwendungsgesetz [13] und hat entsprechend bereits wieder erste anhängige Verfahren zur Folge [14].

II. Beispielsfälle zum Status quo

[i]Erststudium/-ausbildung als SonderausgabenAufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, sind gemäß den insofern gleichlautenden § 4 Abs. 9 EStG und § 9 Abs. 6 EStG keine Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten (und gemäß § 12 Nr. 5 EStG nicht abzugsfähig), wenn diese Berufsausbildung oder dieses Erststudium nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG gestattet insoweit lediglich einen Abzug als Sonderausgaben bis zu 6.000 € im Kalenderjahr.

Hinweis:

[i]KostenbestandteileZu den betreffenden Aufwendungen rechnen in erster Linie Studiengebühren, die bei privaten Hochschulen bereits regelmäßig zwischen 8.000 € und 12.000 € pro Jahr betragen können, sowie ferner z. B. Semesterbeiträge, Aufwendungen für Arbeitsmittel (Kopien, Papier etc.), Fachliteratur, Fahrtkosten (bei Arbeitnehmern im berufsbegleitenden Studium nach neuester Rechtsprechung gemäß den tatsächlich gefahrenen km) [15], Verpflegungsmehraufwendungen, Umzugskosten oder auch Aufwendungen für ein Arbeitszimmer [16]. S. 969

Beispiel

[i]BeispielsfälleDie Aufwendungen von Student X für ein Studium (Vollzeit oder berufsbegleitend) betragen unstreitig pro Jahr 10.000 €. Die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen divergiert abhängig von den weiteren Gegebenheiten wie folgt:

[i]Keine Ausbildung, kein Dienstverhältnisa) X studiert ohne vorherige Berufsausbildung außerhalb eines Dienstverhältnisses (unmittelbar nach dem Abitur, als selbständiger Unternehmer, als Arbeitnehmer):

Die Aufwendungen sind keine Betriebsausgaben/Werbungskosten, sondern nur bis 6.000 € als Sonderausgaben im Jahr abziehbar. Die 6.000 € wirken sich allerdings faktisch lediglich dann („voll”) aus, wenn X über steuerpflichtige Einkünfte (keine geringfügige Beschäftigung im Sinne des SGB) in Höhe von mindestens 14.040 € (bei nichtselbständiger Arbeit 15.040 €) verfügt oder X verheiratet ist und der Ehegatte über entsprechend hohe Einkünfte verfügt.

[i]Keine Ausbildung, aber Dienstverhältnisb) X studiert ohne vorherige Berufsausbildung „im Rahmen eines Dienstverhältnisses”, z. B. an einer Fachhochschule der öffentlichen Verwaltung oder einer Berufsakademie sowie als „normaler” Arbeitnehmer, bei Erfüllung der Voraussetzungen gemäß (siehe Abschnitt IV) und R 9.2 LStR 2011, H 9.2 Ausbildungsdienstverhältnis LStH 2012, R 19.7 LStR 2011:

Bei Vorliegen eines ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesses des Arbeitgebers sind vom Arbeitgeber getragene Studiengebühren als Betriebsausgaben abziehbar; beim Arbeitnehmer wird insoweit kein (Vorteil mit) Arbeitslohn(-charakter) angenommen. Sämtliche Studiengebühren (10.000 €) sind abziehbar; weitere Aufwendungen (z. B. Reisekosten) sind grundsätzlich Arbeitslohn und beim Arbeitnehmer Werbungskosten. Ohne ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers führt die Übernahme von Studiengebühren durch den Arbeitgeber zu Arbeitslohn; der Arbeitnehmer kann die Aufwendungen gemäß R 19.7 Abs. 2 LStR 2011 als Werbungskosten (nur bei beruflicher Veranlassung) oder als Sonderausgaben geltend machen.

[i]Vorgeschaltete Ausbildungc) X studiert im Anschluss an eine abgeschlossene Berufsausbildung oder im Anschluss an ein abgeschlossenes Erststudium, z. B. Studium der Betriebswirtschaftslehre nach kaufmännischer Ausbildung oder Master-Studium im Anschluss an einen Bachelor.

Sämtliche Aufwendungen sind in voller Höhe als Werbungskosten/Betriebsausgaben abziehbar. Fraglich könnte sein, ob dies auch dann gilt/gelten soll, wenn „gleichsam ins Blaue hinein” studiert wird [17] oder bei der Aufnahme des Studiums private Interessen/ Neigungen und die Absicht der Freizeitgestaltung im Vordergrund stehen [18].

III. Kritische Würdigung der gegenwärtigen Regelung

1. Realitätsferne Abbildung

[i]Regelungen führen zur UngleichbehandlungDie gesetzliche(n) Regelung(en) führen zu erheblichen Ungleichbehandlungen und Verwerfungen [19], wie bereits die obigen Beispiele sowie die Gestaltungsmöglichkeiten in Abschnitt IV zeigen. Als weitere prägnante Ungleichbehandlung wäre insbesondere noch die steuerliche Benachteiligung auch in Deutschland noch angebotener grundständiger Diplomstudiengänge gegenüber einem nach der Semesterzahl vergleichbaren dichotomen Bachelor-/Master-Studiengang zu nennen. S. 970

[i]Zweifel an der VerfassungsmäßigkeitDie Verfassungsmäßigkeit der Regelungen wird gleichwohl unterschiedlich beurteilt. Während einige Stimmen im Schrifttum die Regelungen kritisieren [20], erkennen andere keinen Verstoß gegen das objektive (und subjektive) Nettoprinzip und keinen Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot [21].

[i]Keine VereinfachungInwieweit die gesetzliche Regelung tatsächlich lediglich klarstellend wirkt [22] oder sich ein schutzwürdiger Vertrauenstatbestand bilden konnte, mag hier nicht beurteilt werden. Jedenfalls stellt die Regelung aber keine realitätsgerechte Abbildung/Typisierung dar, die dem Gebot der Folgerichtigkeit genügt und sich mit Vereinfachungserfordernissen rechtfertigen lässt [23]. Mit Blick auf die anhängigen Musterverfahren ist Steuerpflichtigen daher zu empfehlen, Anträge auf Verlustfeststellung hinsichtlich getätigter Bildungsaufwendungen zu stellen bzw. das Ruhen des Verfahrens im Wege des Einspruchs nach § 363 Abs. 2 Satz 1 AO zu beantragen [24].

2. Beruflicher Veranlassungszusammenhang

[i]Laut Gesetzgeber Kosten der LebensführungProblematisch ist zunächst, dass die Gesetzesbegründung nicht auf das Argument der vorrangigen beruflichen Veranlassung eingeht, sondern schlicht die nach Ansicht des BFH überkommene These wiederholt, wonach das Erlernen der Grundlagen eines Berufs (sic!) dem Erwerb einer gesicherten Position im Leben diene und die Aufwendungen schwerpunktmäßig und untrennbar den Kosten der Lebensführung zuzuweisen seien. Dies gelte ebenso für ein Erststudium, selbst wenn es nach einer ersten anderen Berufsausbildung aufgenommen werde [25]. Zudem würden erheblicher Verwaltungsaufwand und Steuerausfälle von über 1 Mrd. € vermieden [26].

Die Verhinderung staatlicher Einnahmeausfälle kommt als Rechtfertigungsgrund nicht in Frage [27]. Eine Vereinfachung liegt jedenfalls insoweit nicht vor, wie zum einen bei der Übernahme von Studiengebühren durch Arbeitgeber zur Prüfung der lohnsteuerlichen Behandlung insbesondere die berufliche Veranlassung festzustellen ist [28], zum anderen eine Abziehbarkeit als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG ebenfalls voraussetzt, dass vom Steuerpflichtigen eine nachhaltige berufsmäßige Ausübung der erlernten Fähigkeiten zur Erzielung von Einkünften angestrebt wird [29].

[i]Indizien für berufliche VeranlassungWenn letzteres subjektives Tatbestandsmerkmal aufgrund objektiver Umstände im Einzelfall erkennbar sein muss und als wichtige Indizien die Art der Bildungsmaßnahme, das Alter des Steuerpflichtigen sowie die angestrebte Erwerbstätigkeit herangezogen werden sollen [30], um Aufwendungen ohne Bezug zu einer beruflichen Tätigkeit überhaupt nicht steuerlich zu berücksichtigen (z. B. „Seniorenstudium”, fachunspezifischer Sprachunterricht), entspricht dies im Ergebnis der Argumentation des BFH, einen notwendigen beruflichen Veranlassungszusammenhang nach den konkreten Umständen des Einzelfalls zu prüfen, letztlich ggf. auf tatrichterlicher Ebene.

Hinweis:

[i]Verkomplizierung der RechtslageStatt einer Vereinfachung bewirkt der Sonderausgabenabzug insofern vielmehr eine Verkomplizierung, wie anstelle der Entscheidung zwischen abziehbaren S. 971und nicht abziehbaren Werbungskosten/Betriebsausgaben eine zusätzliche (dritte) Ebene eingeführt wurde, mithin zwei Abgrenzungen erforderlich sind. Interessanterweise wurde eine solche dreifache Differenzierung bei Kinderbetreuungskosten gerade – wenngleich ebenso systematisch fragwürdig – mit dem Argument der Vereinfachung beseitigt (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG).

3. Typisierung ohne Praxisrelevanz

[i]Regelung läuft überwiegend ins LeereSchließlich wäre zu hinterfragen, inwieweit die Zuordnung der Aufwendungen eines „Erststudiums” zu den – bis 6.000 € abziehbaren – Sonderausgaben dem Maßstab einer realitätsgerechten Regelung eines typischen Falls entspricht [31]. Hinweise auf eine geringe Zahl (etwa 10.000) der von der Anhebung des Höchstbetrags auf 6.000 € betroffenen Fälle [32] oder auf im arithmetischen Mittel pro Veranlagungszeitraum deklarierten Ausbildungskosten in Höhe von 1.229 € [33] lassen eine scheinbar geringe praktische Relevanz bzw. eine hinreichende Berücksichtigung in typisierender Weise vermuten. Indes wird hierbei z. B. die zunehmende Zahl der Studenten an privaten Hochschulen [34] ausgeblendet und die faktische Tatsache, dass bei einem „typischen” Vollzeitstudenten der Sonderausgabenabzug infolge des Fehlens – hinreichend hoher – positiver Einkünfte regelmäßig ins Leere läuft [35].

Die in Abschnitt II aufgezeigten Unterschiede bzw. Verwerfungen hinsichtlich der Abziehbarkeit von Studienkosten lassen es daher durchaus zweifelhaft erscheinen, dass die Versagung des Werbungskostenabzugs in der überwiegenden Zahl der Fälle keine steuerliche Auswirkung ergeben dürfte [36] bzw. mit der Typisierung gerade der „typische” Student getroffen wird [37].

[i]Abgrenzungsprobleme beim VeranlassungszusammenhangDie Typisierung führt zudem, wie bereits gezeigt, nicht zu einer Vereinfachung hinsichtlich der Abgrenzung zwischen Fällen mit einem zur späteren Berufstätigkeit eindeutig bestehenden Veranlassungszusammenhang (z. B. Verkehrsflugzeugpilot, prinzipiell wohl auch Studium der BWL, Maschinenbau etc.) und Fällen ohne einen solchen (angeführt werden hier z. B. Geisteswissenschaften). Schließlich könnte auch bezweifelt werden, die Typisierung als mildestes Mittel anzusehen. Es wäre möglich, bei ggf. zweifelhafter beruflicher Veranlassung die Steuerfestsetzung zunächst gemäß § 165 AO auszusetzen bzw. vorläufig vorzunehmen und z. B. bei einem dreijährigen Bachelor-Studium noch innerhalb der Festsetzungsfrist den beruflichen Veranlassungszusammenhang zu konkretisieren (über die Aufnahme einer entsprechenden Tätigkeit) oder zu widerlegen.

IV. Gestaltungsmöglichkeiten und Musterformulierungen

[i]Gestaltungen ohne BerufsausbildungUngeachtet der rechtlichen Beurteilung bzw. des Ausgangs der angeführten Musterverfahren stehen Steuerpflichtigen ohne abgeschlossene erste Berufsausbildung verschiedene Gestaltungen offen, den Abzug von Studiengebühren/-kosten zu optimieren. S. 972

1. Studium im Rahmen eines Dienstverhältnisses

[i]Wohlfarth, Übernahme von Fortbildungskosten durch den Arbeitgeber, BBK 13/2011 S. 629 NWB KAAAD-85867 Beabsichtigt ein Steuerpflichtiger, ein „Erststudium” aufzunehmen, kann bereits vor Studienbeginn versucht werden, einen adäquaten Arbeitgeber zu finden, der dieses Vorhaben unterstützt, um „im Rahmen eines Dienstverhältnisses” zu studieren und so von der vollumfänglichen Abziehbarkeit der Aufwendungen zu profitieren. Insbesondere in kaufmännischen Berufen ist eine Zunahme entsprechender Möglichkeiten im Rahmen dualer Studiengänge zu verzeichnen, zumal der „Kampf um Talente” zunehmend früher beginnt. Die Liste von Arbeitgebern, die solche Ausbildungsmöglichkeiten offerieren, reicht von Steuerberatungs-/Wirtschaftsprüfungsgesellschaften (z. B. Deloitte, Ernst & Young, KPMG, PwC) über Handelsunternehmen (z. B. ALDI, Metro, REWE) bis zu McDonald´s und schließt auch mittelständische und kleine Unternehmen ein.

[i]Studium als ArbeitnehmerpflichtUm „im Rahmen eines Dienstverhältnisses” zu studieren, muss das Studium Gegenstand eines Ausbildungsdienstverhältnisses sein und die Teilnahme am Studium zu den Pflichten des Arbeitnehmers aus dem Dienstverhältnis gehören [38]. Eine bloße Förderung des Studiums seitens des Arbeitgebers durch Hingabe von Mitteln (z. B. Stipendium) ist nicht hinreichend. Ebenso liegt kein Studium „im Rahmen eines Dienstverhältnisses” vor, wenn ein Teilzeitarbeitsverhältnis lediglich ein Studium ermöglicht.

Der Anstellungsvertrag könnte z. B. folgende Vereinbarungen enthalten:

[i]MusterformulierungZwischen A (nachfolgend Gesellschaft genannt) und Herrn/Frau B (nachfolgend Mitarbeiter genannt) werden folgende Zusatzvereinbarungen getroffen.

1. Die Gesellschaft verpflichtet sich, das Studium „…” des Mitarbeiters an der Hochschule „…” in „…” zu fördern. Der Mitarbeiter verpflichtet sich, die Präsenzteilnahme kontinuierlich wahrzunehmen, am Prüfungsgeschehen teilzunehmen und das Studium innerhalb von „…” Jahren abzuschließen. Der Mitarbeiter ist verpflichtet, semesterweise den Nachweis über die Teilnahme am Studium zu erbringen (Vorlage einer Leistungsübersicht der Hochschule).

2. Sollten Gründe beim Mitarbeiter vorliegen, die es ihm nicht erlauben, kontinuierlich das Studium zu besuchen (z. B. Krankheit), hat er umgehend, spätestens in einer Frist von acht Tagen nach Bekanntwerden entsprechender Hinderungsgründe, diese der Gesellschaft anzuzeigen.

3. Das Studium „…” hat eine Regelstudienzeit von „…” Semestern. Studienbeginn ist (voraussichtlich) „…”.

[i]Eigenbetriebliches Interesse des ArbeitgebersLiegt das Studium im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers, führt die Übernahme von Studiengebühren durch den Arbeitgeber (Betriebsausgabe) nicht zu Arbeitslohn. Hierbei ist es grundsätzlich unerheblich, ob der Arbeitnehmer oder der Arbeitgeber Schuldner der Studiengebühren ist. Schuldet der Arbeitgeber die Studiengebühren, wird allerdings das ganz überwiegend eigenbetriebliche Interesse unterstellt, während bei Arbeitnehmern als Schuldner der Studiengebühren zusätzliche Erfordernisse zu beachten sind.

[i]RückforderungsmöglichkeitIn jedem Fall muss sich der Arbeitgeber arbeitsvertraglich zur Übernahme der Studiengebühren verpflichten. Bei einem Ausbildungsdienstverhältnis verlangt die Finanzverwaltung darüber hinaus, dass der Arbeitgeber die übernommenen Studiengebühren vom Arbeitnehmer (zeitanteilig) zurückfordern kann, sofern der Arbeitnehmer das ausbildende Unternehmen auf eigenen Wunsch innerhalb von zwei Jahren nach dem Studienabschluss verlässt. Demgegenüber ist es nach Ansicht der Finanzver-S. 973waltung bei einem berufsbegleitenden Studium als Fort-/Weiterbildungsleistung (nach abgeschlossener erster Berufsausbildung) für die Annahme eines ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesses des Arbeitgebers nicht erforderlich, dass der Arbeitgeber die Studiengebühren zurückfordern kann.

Der Anstellungsvertrag könnte z. B. folgende Vereinbarungen enthalten:

4.[i]MusterformulierungDie Gesellschaft verpflichtet sich, die Gebühren für das Studium „…” des Mitarbeiters an der Hochschule „…” in „…” zu übernehmen. Der Gesamtbetrag für das Studium beträgt für die Regelstudienzeit von „…” Semestern „…” € (monatliche Studiengebühr) • „…” Monate = „…” €. Hinzu kommen noch Prüfungsgebühren von „…” €.

5. Die Übernahme der Studiengebühren durch die Gesellschaft erfolgt in monatlichen Teilbeträgen in Höhe von „…” an den Mitarbeiter ab Beginn des Studiums. Die einmalige Prüfungsgebühr in Höhe von „…” wird bei Fälligkeit überwiesen. (Auf die Beträge entfallende Steuer- und Sozialversicherungsabzüge trägt der Arbeitnehmer.)

6. Die Verpflichtung der Gebührenübernahme durch die Gesellschaft erlischt zu dem Zeitpunkt, in dem das durch den o. g. Arbeitsvertrag begründete Dienstverhältnis, unabhängig des Rechtsgrunds und etwaiger arbeitsrechtlicher Auseinandersetzungen, durch eine der Vertragsparteien beendet wird.

7. Des Weiteren erlischt die Verpflichtung zur Gebührenübernahme durch die Gesellschaft, wenn Gründe beim Mitarbeiter vorliegen, die es ihm nicht ermöglichen, die Präsenzteilnahme kontinuierlich wahrzunehmen. Das Studium ist innerhalb von „…” Jahren abzuschließen. Wird das Studium nicht in diesem Zeitraum abgeschlossen oder vorzeitig aufgegeben, kann die Gesellschaft die gezahlten Beträge zurückverlangen.

8. Der Mitarbeiter wird die Kosten tragen und etwaige bereits von der Gesellschaft erbrachte Leistungen an die Gesellschaft zurückzahlen, wenn der Arbeitnehmer sein Dienstverhältnis mit der Gesellschaft während des Studiums und vor dem Ablauf von 24 Monaten nach erfolgreichem Abschluss des Studiums kündigt. … Die Kostentragungs- und Rückzahlungsverpflichtung besteht auch dann, wenn die Gesellschaft das Dienstverhältnis aus verhaltensbedingten Gründen innerhalb der zweijährigen Bindungsfrist nach erfolgreichem Abschluss des Studiums kündigt. Die Kostentragungs- und Rückzahlungsverpflichtung vermindert sich um 1/24 pro Monat, den das Dienstverhältnis nach erfolgreichem Abschluss des Studiums besteht.

2. Vorschalten einer berufsbezogenen Ausbildung

[i]Studium als Fort-/ WeiterbildungKommt ein Studium „im Rahmen eines Dienstverhältnisses” nicht in Frage oder wird ein Vollzeitstudium (anstelle eines berufsbegleitenden Studiums) präferiert, sollte vor Aufnahme des Studiums eine berufsbezogene Ausbildung absolviert werden, die eine (Grund-)Voraussetzung für die geplante Berufsausübung darstellt. In diesem Fall ist das Studium kein „Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt”, sondern in der Diktion des Gesetzgebers und der Finanzverwaltung liegt eine Fort-/Weiterbildung vor, die (sofern das Studium einen Bezug zu einer beruflichen Tätigkeit ausweist) zu in voller Höhe berücksichtigungsfähigen Werbungskosten/Betriebsausgaben führt.

Hinweis:

[i]Tipp: Keine Erwerbstätigkeit während des StudiumsZur optimalen Nutzung der Abziehbarkeit sollten Vollzeitstudenten/-innen während des Studiums bzw. der vorlesungsfreien Zeit idealerweise keiner Beschäfti-S. 974gung nachgehen oder allenfalls eine geringfügige Tätigkeit ausüben, da sonst entsprechende Einkünfte mit den als Werbungskosten/Betriebsausgaben berücksichtigungsfähigen Aufwendungen verrechnet werden. In diesem Fall liefe die steuerliche Wirkung der Aufwendungen bis zur Höhe des Existenzminimums (8.004 €) ins Leere, anstelle einer Auswirkung zu nennenswerten Grenzsteuersätzen, wenn laufende Verluste über Verlustfeststellungen gemäß § 10d EStG kumuliert werden und im ersten Jahr der Berufstätigkeit mit einem vollen Jahresgehalt verrechnet werden können. Die jährliche Beantragung der Verlustfeststellung darf nicht versäumt werden.

Nach der Rechtsprechung setzt eine erstmalige Berufsausbildung im Sinne von § 12 Nr. 5 EStG weder ein Berufsausbildungsverhältnis nach dem Berufsbildungsgesetz noch eine bestimmte Ausbildungsdauer voraus [39].

Hinweis:

Die Vorschaltung einer Ausbildung zum Flugbegleiter würde sich beispielsweise bei der Aufnahme eines Studiums Touristik & Reisemanagement anbieten oder die Ausbildung zum Rettungssanitäter bei der Aufnahme eines Studiums der Gesundheitsökonomie.

[i]Keine hohen Anforderungen an die Art der BerufsausbildungIndes qualifiziert das anschließende Studium auch ohne eine – mehr oder weniger starke – innere Verbindung zur vorherigen Erstausbildung nicht mehr als „Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt”. Nach Ansicht der Rechtsprechung lässt sich weder aus dem Wortlaut des § 12 Nr. 5 EStG noch aus dem Gesetzgebungsverfahren entnehmen, dass das Vorliegen einer Berufsausbildung an besondere Anforderungen im Hinblick auf den Ausbildungsgang oder den Ausbildungsabschluss geknüpft sein soll [40]. Abgestellt wird lediglich ganz allgemein auf die erste berufliche Befähigung bzw. den Erwerb von Kenntnissen, die zur Aufnahme eines (ersten) Berufs befähigen. Dies steht sogar im Einklang mit der „Lebenskampfthese”, nach der mit dem „Erlernen der Grundlagen eines Berufs zum Erwerb einer selbständigen und gesicherten Position im Leben” [41] die Ebene der allgemeinen Lebensführung spätestens verlassen sein muss.

3. Gestaltung der Zahlungsmodalitäten

[i]Nutzung des AbflussprinzipsKommt auch die Vorschaltung einer ersten Berufsausbildung nicht in Frage oder ist dies nicht möglich (und wäre somit ein Abzug von Aufwendungen nur im Rahmen von Sonderausgaben eröffnet), bietet sich als weitere Gestaltungsvariante insbesondere hinsichtlich von Studiengebühren an, deren Abfluss in spätere Veranlagungszeiträume zu verlagern.

Die Ausnutzung des auch für Sonderausgaben geltenden Abflussprinzips führt gegenüber einer kumulierten Berücksichtigung von Werbungskosten/Betriebsausgaben im Wege des Verlustabzugs gemäß § 10d EStG (ohne Zinseffekte) sogar zu einer leicht verbesserten steuerlichen Auswirkung, wenn nach dem Abschluss des Studiums der jährliche Höchstbetrag gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG in Höhe von 6.000 € ausgeschöpft wird.

Beispiel

Bei Studiengebühren von z. B. 24.000 € für ein dreijähriges Bachelorprogramm und einem zu versteuernden Einkommen in Höhe von 40.000 € in den S. 975anschließenden ersten Berufsjahren ergibt sich beim Sonderausgabenabzug über vier Jahre (ohne Zinseffekte) infolge des jeweils höheren Grenzsteuersatzes c. p. eine Steuerersparnis in Höhe von 8.336 € gegenüber 7.348 €.

Hinweis:

[i]Individuelle Vereinbarungen möglichBieten private Hochschulen entsprechende Zahlungsmodalitäten (ggf. kombiniert mit marktüblichen Zinsen und entsprechenden Sicherheiten) nicht schon generell an, sollten unter Hinweis auf die erhebliche Finanzierungswirkung der Ersparnis, die in vielen Fällen ein solches Studium erst möglich machen könnte, individuelle Vereinbarungen angestrebt werden.

4. Übertragung von Einkunftsquellen

[i]SonderausgabenabzugSofern vermögende Steuerpflichtige ihren studierenden Abkömmlingen nicht ohnehin schon ertragbringendes Vermögen übertragen haben, bietet sich diese Gestaltung (z. B. mittels Übertragung von Immobilien) an, um den Sonderausgabenabzug bereits während des Studiums auszunutzen. Zu beachten ist, dass für eine maximale Ausschöpfung ein zu versteuerndes Einkommen in Höhe von mindestens 14.040 € vorliegen muss und die steuerliche Wirkung mit der Höhe des Grenzsteuersatzes zunimmt.

Fazit

Die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit der Neuregelung der Abziehbarkeit von Studiengebühren durch den BFH bleibt abzuwarten. Gesetzgebung und Verwaltung halten bisher im Ergebnis weiter an der vom BFH verworfenen Differenzierung zwischen Ausbildung einerseits und Fort-/Weiterbildung andererseits fest. Die zwischenzeitlichen Entscheidungen des BFH zur Qualifikation von Erstausbildungen (Flugbegleiter, Rettungssanitäter) zeigen, dass dieser nach wie vor einer weitgehenden Berücksichtigung von Studiengebühren/-kosten als Werbungskosten/Betriebsausgaben zuneigt. Nicht zuletzt die aufgezeigten Gestaltungsmöglichkeiten zur Optimierung des Abzugs betreffender Aufwendungen lassen daran zweifeln, dass mit der gegenwärtigen Rechtslage eine realitätsgerechte Typisierung und Vereinfachung gelungen ist.

Autoren

Prof. Dr. Andreas Dinkelbach
ist Steuerberater und Professor für Betriebswirtschaftliche Steuerlehre und Rechnungslegung an der Hochschule Fresenius in Köln.

Dr. Jörg Philippen
ist Geschäftsführer der Steuer-Fachschule Dr. Endriss GmbH & Co. KG.

Fundstelle(n):
BBK 2012 Seite 967 - 975
QAAAE-20578

1Lohse/Zanzinger, DStR 2012 S. 1053.

2Vgl. ausführlich zur Rechtsentwicklung Trossen, FR 2012 S. 502 ff., m. w. N.; Förster, DStR 2012 S. 488 f.

3Beitreibungsrichtlinien-Umsetzungsgesetz (BeitrRLUmsG) vom , BGBl 2011 I S. 2592.

4, BStBl 2012 I S. 531 NWB UAAAE-08159.

5 NWB PAAAE-09351, Rev. beim BFH: VI R 2/12; NWB SAAAE-01849, Rev. beim BFH: VI R 8/12.

6, BStBl 2003 II S. 403 NWB ZAAAA-89516; vom - VI R 137/01, BStBl 2003 II S. 407 NWB JAAAA-89517.

7, BStBl 2003 II S. 407 NWB JAAAA-89517, m. w. N.

8Vgl. BT-Drucks. 15/3339, S. 10.

9, BStBl 2010 II S. 816 NWB QAAAD-28296.

10Vgl. stellvertretend , BStBl 2012 II S. 561 NWB SAAAD-89061.

11Vgl. Lohse/Zanzinger, DStR 2012 S. 1054; Trossen, FR 2012 S. 503.

12Vgl. z. B. Bergkemper, DB 2011 S. 1947; Ismer, FR 2011 S. 846; Kanzler, FR 2011 S. 862; Schneider, Werbungskostenabzug auch für Erstausbildung und Erststudium durch § 12 Nr. 5 EStG nicht ausgeschlossen, NWB KAAAD-89081.

13Förster, DStR 2012 S. 489.

14Siehe Fn. 5.

15Vgl. , BStBl 2012 II S. 36 NWB TAAAD-89817, wonach ein Arbeitnehmer grundsätzlich nur eine regelmäßige Arbeitsstätte haben kann.

16Vgl. für eine ausführliche Aufstellung einschließlich Auslandskosten Meeh-Bunse/Lühn, StB 2012 S. 87; Neufang/Neufang, StB 2011 S. 350 ff.

17, BStBl 1996 II S. 452 NWB GAAAA-95609, m. w. N.

18, BStBl 2005 II S. 349 NWB RAAAB-44587 (Kunstgeschichte); , BFH/NV 2005 S. 1056 NWB RAAAB-52567 (Seniorenstudium Philosophie).

19Vgl. Braun, Stbg 2012 S. 68; Schulenberg, FR 2012 S. 157; Steck, DStZ 2010 S. 199.

20Vgl. stellvertretend Holthaus, Die Berücksichtigung von Bildungskosten im Einkommensteuerrecht, Münster 2011, S. 177 ff., m. w. N.; Meeh-Bunse/Lühn, StB 2012 S. 89 ff.

21Vgl. Förster, DStR 2012 S. 489 ff.; Lohse/Zanzinger, DStR 2012 S. 1054; Trossen, FR 2012 S. 505 ff.

22BT-Drucks. 17/7524, S. 12 f.

23A. A. Förster, DStR 2012 S. 489 ff.; Trossen, FR 2012 S. 505 ff.

24DStV, Pressemitteilung vom .

25BT-Drucks. 17/7259, S. 2 f.; BT-Drucks. 15/3339, S. 10 f.

26BT-Drucks. 17/7524, S. 5.

27Vgl. , 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08, BFH/NV 2009 S. 338 NWB SAAAD-00290.

28, BStBl 2012 I S. 531 NWB UAAAE-08159.

29Vgl. , BFH/NV 2009 S. 148 NWB OAAAD-01340; Urteil vom - VI R 13/93, BStBl 1996 II S. 8 NWB DAAAA-95717, m. w. N.

30Förster, DStR 2012 S. 493.

31Bejahend Trossen, FR 2012 S. 507 f.

32BT-Drucks. 17/7524, S. 6 (unterstellt werden Mindereinnahmen von 8 Mio. € und damit ein Steuersatz der Betroffenen von 40 %).

33BT-Drucks. 17/7259, S. 12.

34Stand Ende 2010 studierten ca. 5 % aller Studenten (absolut 95.000) an privaten Hochschulen, mit zweistelligen Zuwachsraten, F.A.Z. vom , abrufbar im Internet unter www.faz.net.

35Geserich, SteuK 2011 S. 513.

36So aber Trossen, FR 2012 S. 507 f.

37Die Anerkennung von Werbungskosten eines Studenten einer privaten Hochschule mit Studiengebühren von z. B. 24.000 € für sechs Semester kann über § 10d EStG (ohne Zinseffekte) bei einem zu versteuernden Einkommen im Anschluss an das Studium in Höhe von 40.000 € zu einer Steuerersparnis von 7.348 € führen, womit sich das Studium um ca. 30 % verbilligt, was die Entscheidung für ein Studium durchaus positiv beeinflussen kann.

38, BStBl 2012 I S. 531 NWB UAAAE-08159. Die Finanzverwaltung differenziert insoweit entgegen dem BFH weiterhin zwischen Ausbildung einerseits und Fort-/Weiterbildung andererseits.

39, BFH/NV 2012 S. 323 NWB JAAAD-98389 (mehrmonatige Ausbildung zum Rettungssanitäter, hier während des Zivildienstes); NWB DAAAE-01131, Rev. beim BFH: VI R 6/12 (sechsmonatige innerbetriebliche Ausbildung zur Flugbegleiterin).

40 NWB DAAAE-01131, Rev. beim BFH: VI R 6/12; BT-Drucks. 15/3339, S. 10.

41BT-Drucks. 15/3339, S. 10.