Finanzgericht Düsseldorf  Urteil v. - 1 K 1570/14 U EFG 2015 S. 2232 Nr. 24

Telefonische Beratungsleistungen – sog. „Gesundheitstelefon” nicht umsatzsteuerbefreit

Leitsatz

Telefonische Beratungsleistungen, die ein Gesundheitsdienstleister im Auftrag von Krankenkassen und Pharmaunternehmen im Rahmen des Betriebs eines Gesundheitstelefons und von Patientenbegleitprogrammen durch medizinisches Fachpersonal (Ärzte, Krankenschwestern, medizinische Fachangestellte) erbringt, sind keine umsatzsteuerfreien Heilbehandlungen i.S.v. § 4 Nr. 14 UStG, da sie einer Beratung im Rahmen eines konkreten, der Diagnose, Behandlung, Vorbeugung und Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen dienenden Arzt-Patientenverhältnisses nicht gleichartig sind und auch nicht in einem unmittelbaren Bezug zu einer konkreten Heilbehandlung stehen.

Gesetze: UStG § 4 Nr. 14 Buchst. a, UStG § 4 Nr. 14 Buchst. B, RL 2006/112/EG Art. 132 Abs. 1 Buchst. b, RL 2006/112/EG Art 132 Abs. 1 Buchst. c

Instanzenzug: ,

Verfahrensstand: Diese Entscheidung ist nicht rechtskräftig

Tatbestand

Streitig ist, ob ein Teil der von der Klägerin erbrachten telefonischen Beratungsleistungen als Gesundheitsdienstleistungen gemäß § 4 Nr. 14 UStG von der Umsatzsteuer befreit ist.

Die Klägerin ist in der Rechtsform einer GmbH seit 2005 unternehmerisch tätig. Ihr Gesellschaftszweck ist unter anderem, im Auftrag von Anbietern von Gesundheitsdienstleistungen, hier insbesondere Krankenkassen und -versicherungen, Versorgungsleistungen aktiv zu unterstützen und somit einen qualitativ hochwertigen Beitrag zur Gesunderhaltung der Bevölkerung leisten. Dies schließt auch den Handel mit elektronischen Endgeräten, Literatur sowie EDV-Systemen ein.

Im Rahmen dieses Gesellschaftszwecks übernimmt die Klägerin für Krankenkassen und Pharmaunternehmen Aufgaben im Bereich der Patientenbetreuung. Die Klägerin betreibt für einige gesetzliche Krankenkassen (z. B. …) ein sogenanntes „Gesundheitstelefon”, bei dem Versicherte in medizinischer Hinsicht beraten werden. Zudem führt die Klägerin sowohl für gesetzliche Krankenkassen, …. … , als auch für Pharmaunternehmen sog. Patientenbegleitprogramme durch, an denen Patienten teilnehmen, die unter chronischen oder lang andauernden Krankheiten leiden, um mit einer laufenden Betreuung zu einer Verbesserung der gesundheitlichen Situation beizutragen.

Die Klägerin erbringt die Leistungen „Gesundheitstelefon” und die „Patientenbegleitprogramme” telefonisch. Die Mitarbeiter der Klägerin sind für die Anrufer in der Regel rund um die Uhr an jedem Tag erreichbar. Die telefonische Beratung wird mithilfe einer besonderen, von der Klägerin entwickelten Software (JCall) erbracht. Bei einem Anruf werden die Daten des Anrufers festgehalten, um sie bei jedem weiteren Anruf verfügbar zu haben. Die von den Anrufern genannten Erkrankungen werden nach dem Schlüssel der ICD 10 (International Statistical Classification of Diseases) kodiert. Das Programm generiert Empfehlungen, die auf die Parameter des jeweiligen Anrufers zugeschnitten sind.

Die Klägerin erbringt die telefonischen Beratungsleistungen durch Krankenschwestern und medizinische Fachangestellte (Arzthelfer), die größtenteils auch als Gesundheitscoach ausgebildet sind. Im Februar 2014 waren 16 Arzthelferinnen, 19 Krankenschwestern und Krankenpfleger sowie 2 Zahnarzthelferinnen bei der Klägerin fest angestellt. In mehr als einem Drittel aller Fälle wird zudem ein Arzt, regelmäßig ein Facharzt, hinzugezogen, der die Beratung übernimmt bzw. Anweisungen bei Rückfragen oder eine zweite Meinung erteilt. Im Februar 2014 standen der Klägerin hierzu 30 freiberufliche Fachärzte zur Verfügung. Zudem werden die Anrufe stichprobenartig durch den jeweiligen ärztlichen Leiter im Rahmen eines Qualitätscontrollings überprüft.

1. Gesundheitstelefon

Im Rahmen des Gesundheitstelefons richtet die Klägerin für die auftragerteilende Krankenkasse eine oder mehrere telefonische Informations-Hotlines ein, die für die Versicherungsnehmer rund um die Uhr erreichbar sind (…). Bei einem Anruf wird der Versicherungsnehmer automatisch an die Klägerin weitergeleitet, ohne darüber informiert zu werden, dass er mit einem externen Dienstleister und nicht mit der Krankenkasse spricht. Die Mitarbeiter der Klägerin melden sich mit ihrem Namen unter dem Namen der jeweiligen Krankenkasse.

Im Rahmen des Gesundheitstelefons ist die Klägerin zur Erbringung folgender Leistungen verpflichtet (…):

„Die fachgerechte Beantwortung allgemeiner sowie spezieller medizinischer Fragen aus allen medizinischen Fachgebieten (beispielsweise Krankheiten, Behandlungsmethoden, Behandlungsmöglichkeiten, Diagnoseverfahren, Vorsorgeuntersuchungen, physiotherapeutische Verfahren, Prophylaxe und gesunde Lebensführung, typengerechte Ernährung, Zahnprophylaxe, gesundheitsorganisatorische Fragen, alle Krankheiten und deren Symptome, allgemeine Beratungsleistungen zur ambulanten und stationären Versorgung).

Beratungen zu Prävention in relevanten Erkrankungsbildern (z. B. Diabetes mellitus, Rückenschmerzen, Asthma, Allergie, Herz-Kreislauferkrankungen, Mammakarzinom, Prostatakarzinom, etc.).

Themen rund um sportliche Belastung, insbesondere im Gebiet des Breiten- und Ausdauersports (u. a. Aspekte geeigneter Ernährung, sportartenspezifische Belastungen von Gelenken und Kreislauf, Möglichkeiten der Selbstkontrolle individualsportlicher Belastung und die Auswahl geeigneter Sportarten bei chronischen Erkrankungen).

Informationen zum Verlauf der Schwangerschaft- sowohl im Normalfall wie auch zu möglichen Komplikationen. Weitere Fragen zu Erziehung und Familie (u. a. Hilfe bei Erziehungsfragen, die ersten Lebensmonate, Essstörungen bei Kindern).

Fachgerechte Informationen über Arzneimittel (beispielsweise Wirkstoffe, Produktinformationen, Nebenwirkungen, Kontraindikationen im Vergleich mit mehreren Medikamenten, Verträglichkeit, Risiken bei der Einnahme mehrerer Medikamente, allergische Reaktionen, Nennung der Inhalts- und Wirkstoffe).

Reise- und tropenmedizinische Beratung für Kurzzeitreisende, Urlauber und Ex-Patriots. Fragen zur Reisemedizin und zu reisebezogenen Impfungen. Diese Fragen werden von Mitarbeitern beantwortet, die in den Fachgebieten Innere Medizin und Kinderheilkunde eingesetzt und weitergebildet werden. Als Grundlage hierzu werden die Datenbanken des Bernhard-Nord-Instituts in Hamburg verwandt, die von der Klägerin aktualisiert und gepflegt werden. Zudem werden auf der Grundlage amtlicher Quellen wie dem Auswärtigen Amt Informationen zu ambulanten und stationären Einrichtungen der jeweiligen Reiseregion recherchiert.

Suchdienst nach Ärzten, Fachärzten, Physiotherapeuten, Krankenhäusern, Fach-, Spezial- und Rehabilitationskliniken, Selbsthilfegruppen und vieles mehr.

Die medizinischen Auskünfte und andere Informationen werden nach den Grundsätzen der evidenzbasierten Medizin entsprechend dem aktuellen Stand von der Klägerin recherchiert und ausschließlich von medizinischem Fachpersonal (First Level) erbracht. Beim First Level werden die Anfragen durch nicht ärztliche Mitarbeiter (examinierte Krankenschwestern und medizinische Assistenten) erbracht. Beim Second Level werden die Anfragen durch ärztliche Mitarbeiter und Apotheker beantwortet.”

Die A bewirbt ihre telefonische Dienstleistung () auf ihrer Internetseite wie folgt:

„Wir beraten Sie kompetent zu medizinischen Themen! Unser qualifiziertes medizinisches Fachpersonal ist an 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr für Sie erreichbar. Die Arzneimittel- und Medizinberatung beantwortet ihre Fragen zu allen medizinischen Fachgebieten wie Krankheiten und deren Symptome, Behandlungsmethoden, Behandlungsmöglichkeiten, Diagnoseverfahren, Vorsorgeuntersuchung, Pflege, physiotherapeutische Verfahren, Prophylaxe und gesunde Lebensführung, typengerechte Ernährung, Zahnprophylaxe, allgemeine Beratungsleistungen zur ambulanten und stationären Versorgung, sowie zur Prävention bei chronischen Erkrankungen, zu Themen rund um die sportliche Belastung, zu Arzneimitteln, zu Reisemedizin und zu Impfungen.

Unsere Spezialisten der medizinischen Familienberatung freuen sich auf ihre Fragen rund um die Schwangerschaft, zu möglichen Komplikationen während der Schwangerschaft, rund um die Geburt, zur Erziehung und Familie, rund um die ersten Lebensmonate ihres Kindes und zu Essstörungen bei Kindern.

Bitte halten Sie für das Telefonat ihre Krankenversicherungskarte mit ihrer Versicherungsnummer bereit. Vielen Dank!

Beachten Sie bitte: Natürlich kann ein medizinisches Informationsgespräch den Besuch beim Arzt nicht ersetzen. Bei Notfällen und akuten Erkrankungen wenden Sie sich bitte an Ihren behandelnden Arzt oder die örtlichen Notdienste.”

B bewirbt ihren telefonischen Informations-Service unter der Bezeichnung () auf ihrer Internet-Seite wie folgt:

„()” ist ein exklusiver Informations-Service für Versicherte der B. Dort steht täglich an 365 Tagen im Jahr ein Team von Medizinexperten (z. B. Ärzte, Krankenschwestern, Pharmakologen) zur Verfügung, das telefonisch kompetente Auskünfte erteilt. B übernimmt die Kosten dieser Dienstleistung für ihre Versicherten.

Das Ärzte-Team

- gibt Auskünfte und Informationen zu medizinischen Fragen

- erläutert Diagnosen und Therapiemöglichkeiten

- recherchiert für Sie Fachärzte und Spezialisten

- gibt Informationen zum richtigen Impfschutz im In- und Ausland...

Das Expertenteam unterliegt selbstverständlich der Schweigepflicht - auch gegenüber der B. Der Schutz Ihrer Daten ist jederzeit gewährleistet.

Diese Informationen ersetzen nicht den Haus- oder Facharzt und auch nicht den Apotheker. Es werden keine Ferndiagnosen gestellt. Es handelt sich um ein Angebot für B-versicherte Patienten, die sich über eine Erkrankung weitergehend informieren möchten oder vor beziehungsweise nach einem Arztbesuch Auskünfte zu Diagnosen oder ähnlichem suchen.

Bei akuten Symptomen ist der Hausarzt, dessen Vertreter (ärztlicher Notdienst) oder in lebensbedrohlichen Situationen der Rettungsdienst (Telefon 112) zu informieren.”

Nach den Dienstanweisungen der Klägerin, Gesprächsleitfäden und dem Handbuch zum Umgang mit der Software JCall stellt sich der Verlauf eines Anrufs bei einem Gesundheitstelefon durch einen Versicherten wie folgt dar:

Bei jedem Anruf wird zu Beginn gefragt, ob der Anrufer eine medizinische Beratung wünscht (vgl. Gesprächsleitfaden für die Demand-Telefonie Bl 147ff BE II). Wird dies verneint, wird keine Befunderhebung durch den Mitarbeiter durchgeführt, der Anruf wird auch nicht als therapeutischer Anruf erfasst (vgl. Demand Handbuch first level Bl 1 - 81 BE II, hier Bl 19 ff). Dies gilt für versicherungstechnische Anfragen (zu Versicherungsleistungen), Strukturanfragen (zu Fachärzten, Kliniken, Reha-Einrichtungen), Terminservice- oder Pharmaanfragen.

Wünscht der Anrufer eine medizinische Beratung, weil eine bestimmte Krankheitsdiagnose gegeben ist (nach Angaben der Klägerin sind rund 60 % - 70 % der beim Gesundheitstelefon eingehenden Anfragen durch eine vorhergehende Krankheitsdiagnose initiiert), wird der Anruf als ein therapeutischer erfasst. In diesem Fall erfolgt zunächst eine sogenannte Befunderhebung durch die Mitarbeiter der Klägerin, die in speziellen Fachteams zusammengefasst sind. Das Ergebnis wird ebenso wie die Fragestellung des Anrufers in der Datenbank festgehalten. Zur Befunderhebung gehört eine Kontexteinstufung (Grund des Anrufs) sowie ein Fragenkatalog mit gezielten Fragen zur Thematik. Die JCall-Software unterstützt die Fragen durch entsprechende Vorschläge zum jeweiligen Erkrankungs- und Beschwerdebild. Soweit der Anrufer zustimmt, werden beispielsweise auch seine Blutdruck- oder Blutzuckerwerte dokumentiert. Soweit Versicherungsnehmer mehrfach anrufen, kann an die früheren Anrufe und die entsprechenden Daten angeknüpft werden.

Nach der Befunderhebung erfolgt eine Beratung zu der vom Anrufer angegebenen therapeutischen Versorgungssituation. Es werden Diagnosen und mögliche Therapien erklärt und Ratschläge zu Verhaltens- und Behandlungsänderungen erteilt. Nach den Vorgaben der Klägerin soll der Anrufer mit Einfühlungsvermögen dazu geführt werden, dass er selbst die Notwendigkeit bestimmter Verhaltens- oder Therapieänderungen in Bezug auf Ernährung oder Bewegung erkennt und diese vornimmt. Das Ergebnis der Beratung wird festgehalten. Hierbei wird dokumentiert, welche Beratung erfolgte, welche Informationen erteilt wurden und ob eine ärztliche Zweitmeinung eingeholt wurde. So kann der Anrufer bei bestimmten Fragen von einem Facharzt seiner Wahl oder anderen Mitarbeitern der Klägerin zurückgerufen werden. Auf Wunsch werden zudem Informationsbroschüren versandt. Auf die Beispiele der Gesprächsdokumentationen (Bl 82 - 84 BE II) wird Bezug genommen. Bei Rückrufen durch Mitarbeiter der Klägerin wird am Ende des Telefonats festgehalten, ob das Gespräch im Zusammenhang mit den geschilderten Krankheitssymptomen oder einer bereits bestehenden Diagnose stand, wird dieser Punkt mit Ja angeklickt, wird auch dieser Anruf als Heilbehandlung erfasst (vgl. Demand Handbuch first level, Bl 65 BE II für sog. Outbound-Verfahren).

Die Einstufung der Gespräche wird im Rahmen der Qualitätssicherung der Klägerin laufend geprüft. Dem ärztlichen Leiter der Qualitätssicherung werden hierzu bei dem sog. „Case monitoring” die als „medizinisch” abgeschlossenen Fälle stichprobenartig eingespielt und insbesondere auf die medizinisch fachliche Nachvollziehbarkeit der dokumentierten Angaben überprüft.

2. Patientenbegleitprogramme

Die Auftraggeber der Klägerin bei den sogenannten Patientenbegleitprogrammen sind gesetzliche Krankenversicherungen und Pharmaunternehmen.

Die Krankenkassen verfolgen das Ziel, die Kosten bei Versicherten mit chronischen oder psychischen Erkrankungen besser zu managen und insbesondere die Anzahl weiterer Krankenhausaufenthalte zu verringern. Die Teilnehmer sollen dazu motiviert werden, gesundheitsbewußt zu leben (Bl. 210 BE I). Die Teilnehmer werden auf der Basis von Abrechnungsdaten und Krankheitsbildern von den Krankenkassen ermittelt, von diesen angeschrieben und auf Wunsch in das Programm eingeschrieben. Die Teilnahme ist freiwillig. So wurden z.B. in den Jahren 2008 bis Anfang 2014 über 150.000 Patienten von der () angesprochen, wovon 35.000 Patienten sodann an einem Telefon-Coachingprogramm teilgenommen haben (Bl 210 BE I).

Die Pharmaunternehmen wollen den Heilungserfolg der Teilnehmer dokumentieren, in dem sie eine konsequente Einnahme der Medikamente gemäß ärztlicher Anordnung unterstützen. Die Teilnehmergewinnung obliegt ausschließlich den Pharmaunternehmen. Die Pharmaunternehmen arbeiten hierbei mit Ärzten zusammen, die ihre in Frage kommenden Patienten über die Möglichkeit der Teilnahme an dem Patientenbegleitprogramm informieren und den Patienten die Teilnahmeunterlagen aushändigen. Die Teilnahme ist freiwillig; die erforderlichen Daten werden nach Einschreibung in das Patientenbegleitprogramm von den Teilnehmern an die Klägerin übermittelt. Die Klägerin tritt gegenüber den Teilnehmern nicht in Erscheinung.

Die Betreuung durch die Klägerin erfolgt telefonisch, hierbei werden die Teilnehmer aktiv über einen Zeitraum von drei bis zwölf Monaten von Mitarbeitern der Klägerin angerufen. Jeder Versicherte, der im Rahmen des Patientenbegleitprogramms betreut wird, kann bei Fragen jederzeit die medizinische Hotline anrufen und erhält dort rund um die Uhr situationsbezogene Informationen zu seinem Krankheitsbild. Schwerpunkt der Patientenbegleitprogramme ist es, das Verständnis der Teilnehmer für ihre Krankheit und die regelmäße und vorschriftsgemäße Einnahme der Medikamente oder der Teilnahme an anderen Therapien zu verbessern.

Die Krankheitsbilder, für die sich die Versicherte der Krankenkassen einschreiben können, bzw. die Medikamenteneinnahme, die zur Teilnahme berechtigt, werden mit den beauftragenden Krankenkassen bzw. Pharmaunternehmen vertraglich festgelegt. Zu den Krankheiten gehören Depressionen, psychotische und bipolare Störungen, Hypertonie, chronisch entzündliche Darmerkrankungen, Herzinsuffizienz, Epilepsie. Verträge mit Pharmaunternehmen betrafen z. B. Medikamente zur Diabetesbehandlung oder kardiovaskuläre Produkte (Verträge mit Krankenkassen Bl 45 bis 95 BE I, Verträge mit Pharmaunternehmen Bl 96 bis 118 BE I).

Nach den von der Klägerin übermittelten Unterlagen (Bl Bl 30 ff, insbes. Bl 33-34 BE I) werden bei einem Anruf im Rahmen eines Patientenbegleitprogramms Fragen zur Identifizierung von Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Therapie im Alltag gestellt und die möglichen äußeren Umstände der Schwierigkeiten (Bewegung, Arbeitsplatz, Familie etc.) abgefragt. Die Mitarbeiter der Klägerin fragen nach aktuellen Beschwerden, Vorerkrankungen (z. B. Herz-Kreislauf), Schlafverhalten und vorangegangene Behandlungen, nach der Medikamenteneinnahme und etwaigen (Psycho-)Therapien. Es werden Auskünfte zum sozialen Umfeld der Teilnehmer und zu Art und Umfang von Bewegung und Sport (z. B. regelmäßig, inkl. Alltagsbewegungen, z. B. mit dem Fahrrad zur Arbeit) eingeholt.

Im Rahmen der Patientenbegleitprogramme ist die Klägerin gegenüber den Krankenkassen zu folgenden Leistungen verpflichtet (exemplarisch hierzu die Verträge der Klägerin mit mehreren Betriebskrankenkassen, Bl 45 - 95 BE I):

Die Krankenkassen identifizieren die Teilnehmer und schreiben sie in das mit der Klägerin vereinbarte Coachingprogramm ein, nachdem die Teilnehmer wegen folgender Krankheiten stationär behandelt wurden: Depression, psychotische Störung, bipolare Störung, Hypertonie, chronisch entzündliche Darmerkrankung, Herzinsuffizienz, Epilepsie; oder wenn bei Kindern ADS oder ADHS bzw. Verdacht auf diese Erkrankung diagnostiziert wurde.

Ziel des Coachingprogrammes ist es, die Anzahl erneuter stationärer Aufnahmen der Teilnehmer deutlich zu reduzieren bzw. bei ambulanter Verdachtsdiagnose im Zusammenhang mit ADS oder ADHS die Eltern zu unterstützen und zur Verringerung von Sekundär-Erkrankungen („Burn out”) zu entlasten sowie die Medikamenten-Compliance zu erreichen und Fehlmedikation zu vermeiden. Bei Hypertonie (Bluthochdruck) soll auch die Therapie aus Bewegung, Ernährung und Medikamentencompliance optimiert und die Lebensqualität des Teilnehmers erhöht werden. Bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen soll den Teilnehmern ein erfolgreicher Umgang mit Stress-Situationen vermittelt und die Medikamentencompliance optimiert werden.

Die Teilnehmer werden idR 12 Monate durch die Klägerin telefonisch betreut. Im Rahmen des sog. Outboundverfahren (aktive Anrufe der Klägerin) soll das Verständnis der Teilnehmer und ihrer Angehörigen für die regelmäßige und vorschriftsmäßige Einnahmen der Medikamente verbessert und ein adäquate Reaktion auf Symptomzunahme und soziale Isolation herbeigeführt werden. Zudem stellt die Klägerin eine Inbound-Hotline zur Verfügung, die die Teilnehmer bei Fragen zum Programm sowie zu den Krankheitsbildern nutzen können.

Bei einem begründeten medizinischen Verdacht auf eine Notfallsituation (Erfordernis eines Notarztes, Suizidversuch) wird ein gesondert vereinbartes Notfallmanagement eingeleitet.

Für die telefonische Betreuung setzt die Klägerin medizinisches Fachpersonal mit einer abgeschlossenen Zusatzausbildung als Gesundheitscoach ein. Diese Fachteams werden von Fachärzten unterstützt, die als Eskalations- und Beratungsinstanz zur Verfügung stehen.

Ausweislich einer Studie der D Krankenkasse (D-Studie, Bl 5 - 7 BE I) hilft das von der Klägerin für die D durchgeführte Telefon-Coaching Schwerkranken und spart Kosten. Man ist überzeugt, dass die Krankenversicherungen in Zukunft stärker eine beratende Funktion für ihre Versicherten werden einnehmen müssen. Seit 2008 bietet die D bestimmten Diabetikern, Herzkranken und Bluthochdruck-Patienten ein Coaching an, das alle zwei Wochen ein halbstündiges Telefonat mir ihrem persönlichen Coach beinhaltet. Im Mittelpunkt des Telefonates steht, die Patienten zu motivieren, sich gesundheitsbewußt zu verhalten. Gemeinsam mit ihrem Coach definieren sie ihre persönlichen und individuell erreichbaren Ziele und vereinbaren die Schritte dorthin. Feste Bestandteile der Gespräche sind neben dem Selbstmanagement die Themen Bewegung und Ernährung, die Einnahme von Medikamenten, das Trinkverhalten und auch das Rauchen (vgl. auch Psychologische Evaluation Bl 212 (213) BE I).

Nach den Feststellungen der Klägerin bewirkte die Teilnahme an dem Patientenbegleitprogamm für psychisch Kranke eine Senkung der Krankenhausbehandlungskosten um ca. 25 % (Bl 119 ff BE I).

Im Rahmen der Patientenbegleitprogramme ist die Klägerin gegenüber Pharmaunternehmen zu folgenden Leistungen verpflichtet (exemplarisch Verträge der Klägerin mit E GmbH, Bl 96 - 118 BE I):

Das Pharmaunternehmen rekrutiert die Teilnehmer, die die Medikamente Byetta (Injektionslösung zur Verbesserung der Blutzuckerkontrolle bei Erwachsenen mit nicht insulinabhängiger Diabetes) und Efient (Tablette zur Blutverdünnung bei Koronarpatienten mit eingesetztem Stent) nehmen. Das Ziel des Vertrages ist es, die Bereitschaft der Patienten, die Therapieempfehlungen des Arztes zu befolgen, zu erhöhen. Die Teilnahme an dem Programm erfolgt freiwillig.

Die Klägerin setzt für die telefonische Betreuung medizinisches Fachpersonal (First Level Mitarbeiter) ein. Die Klägerin ist dazu verpflichtet, dem Auftraggeber unerwünschte Arzneimittelwirkungen und Produktmängel, die die Teilnehmer bekunden, kurzfristig mitzuteilen. Sie darf nur solche Anfragen beantworten, die sich gemäß des im Rahmen des Trainings ihrer Mitarbeiter übermittelten Antworten-Katalogs beantworten lassen. Andere Anfragen sind an die Medizinische Information von E weiterzuleiten.

Im Rahmen der sog. Outboundtelefonie ruft die Klägerin den Teilnehmer insgesamt 8 mal an (Erstgespräch und 7 Folgegespräche). Die Klägerin übermittelt den Teilnehmern per Email einen Welcome Brief, Therapiebriefe und Newsletter. Die Teilnehmer können die Klägerin bei Fragen zum Medikament und zur Erkrankung in einem vorgegebenen zeitlichen Rahmen telefonisch erreichen (sog. Inboundtelefonie). Auf Wunsch werden Infomaterialien zum Medikament und zur Erkrankung übersandt.

Die Klägerin war zunächst der Auffassung, dass (auch) die von ihr im Rahmen des Gesundheitstelefons und der Patientenbegleitprogramme erbrachten sonstigen Leistungen umsatzsteuerpflichtig seien und erstellte demgemäß in den Jahren 2007 bis 2009 Rechnungen mit offenem Umsatzsteuerausweis. Im Jahr 2011 gelangte die Klägerin zu der Auffassung, dass diese Leistungen tatsächlich umsatzsteuerfrei iSv § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG seien, und erteilte den Leistungsempfängern entsprechend korrigierte Rechnungen.

Im Rahmen einer bei der Klägerin für die Jahre 2007 bis 2009 durchgeführten Betriebsprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, dass die von der Klägerin im Rahmen des Gesundheitstelefons und der Patientenbegleitprogramme erbrachten sonstigen Leistungen nicht umsatzsteuerfrei iSv § 4 Nr. 14 a UStG seien. Selbst wenn die Leistungen steuerfrei sein sollten, schulde die Klägerin die offen ausgewiesene Umsatzsteuer gemäß § 14c UStG, weil die Klägerin erst im Jahre 2011 korrigierte Rechnungen erstellt habe und eine Rückwirkung insoweit nicht möglich sei.

Die Klägerin reichte im April 2014 eine Umsatzsteuer-Voranmeldung für Februar 2014 ein, in denen die Umsätze aus dem Betrieb des Gesundheitstelefons iHv 28.648,50 € und aus dem Betrieb der Patientenbegleitprogramme iHv 111.837,17 €, insgesamt iHv 140.486 € als steuerfreie Umsätze erklärt wurden. Auf der Grundlage der ebenfalls von der Klägerin übermittelten Angaben setzte der Beklagte, das Finanzamt C -FA-, die Umsatzsteuer für Februar 2014 mit Bescheid vom abweichend von der Steuererklärung fest, beurteilte die streitigen Umsätze als steuerpflichtig (Umsatzsteuer hierauf 28.648,50 €) und ließ zugleich die mit diesen Umsätzen zusammenhängenden Vorsteuern iHv 7.201,27 € zum Abzug zu.

Hiergegen hat die Klägerin am Sprungklage erhoben. Sie sei auf die Klärung der Rechtsfrage, ob die streitigen Leistungen steuerfrei sind, dringend angewiesen, weil es Konkurrenten am Markt gebe, die vergleichbare Leistungen ohne Umsatzsteuer abrechneten. Die Klägerin erleide hierdurch gegenüber den nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten Krankenkassen einen Wettbewerbsnachteil. Das FA hat der Sprungklage mit Schreiben vom zugestimmt.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass es sich bei den von ihr erbrachten telefonischen Beratungsleistungen im Bereich des Gesundheitstelefons und der Patientenbegleitprogramme um umsatzsteuerfreie Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin handele. Die Mitarbeiter der Klägerin, die die Leistungen erbringen, seien Ärzte, Krankenschwestern und medizinische Fachangestellte, bei denen es sich um begünstigte Heilberufe handele.

Nach der Rechtsprechung des EuGH habe sich die Auslegung der begünstigten Tätigkeit iSv § 4 Nr. 14 a UStG ausschließlich an Art. 132 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL zu orientieren. Hierzu werde auf die Entscheidungen des EuGH,

Urteil vom Rs C-76/99, Kommission/Frankreich, Slg 2001, I-5123 Rz 23;

Urteil vom Rs C- 141/00, Kügler, Slg 2002, I-6833, Rz 40;

Urteil vom Rs C- 307/01, d'Ambrumenil, in DStRE 2004, 47 Rz 65;

Urteil vom Rs C-212/01, Unterpertinger, in DStRE 2004, 44 Rz 40;

Urteil vom Rs C- 106/05, L.u.P., Slg 2006, I-5123 Rz 29;

Urteil vom Rs C-262/08, CopyGene, UR 2010, 526 Rz 26

Urteil vom Rs C-156/09, Verigen, UR 2011, 215 Rz 24

Bezug genommen.

a. Hauptzweck der steuerbegünstigten Leistung „Heilbehandlung” sei der Schutz der Gesundheit der Betroffenen, hierzu zählten neben einer Therapie auch Maßnahmen zur Krankheitsvorbeugung und Erkennung sowie der Beobachtung des Gesundheitszustandes. Unbeachtlich sei hierbei, wenn die Maßnahmen im Auftrag Dritter stattfänden und auch Eigeninteressen der Arbeitgeber oder Versicherer dienen könnten.

Begünstigte vorbeugende Maßnahmen hätten den Zweck, die Kosten ärztlicher Heilbehandlung zu senken. Dementsprechend diene hierbei das Kriterium eines hinreichend konkreten, individuellen, der Diagnose, Behandlung, Vorbeugung und Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen dienenden Leistungskonzeptes der Abgrenzung zu Leistungen, die keinen unmittelbaren Krankheitsbezug hätten.

Die Dienstleistungen der Klägerin dienten dem Ziel, durch vorbeugende Maßnahmen neue Krankheitsschübe oder Verschlechterungen des Gesundheitszustandes der Anrufer zu verhindern. Sei seien Kern einer ärztlichen bzw. arztähnlichen vorsorgenden Tätigkeit, denn jeder Arzt, der chronisch kranke Patienten betreue, könne und sollte mit diesen in laufendem Kontakt stehen, ihnen Informationen für eine den Krankheitsverlauf verbessernde Lebensführung geben und zur Einhaltung von Therapieplänen ermuntern.

Auch die Patientenbegleitprogramme, deren Auftraggeber Pharmaunternehmen seien, verfolgten einen therapeutischen Zweck. Die Beratung ziele darauf, die Teilnehmer zur Therapietreue anzuhalten, Komplikationen herauszufinden und die Medikamentenwirksamkeit durch ein begleitendes Verhalten zu erhöhen.

b. Eine beratende Tätigkeit könne steuerfrei sein. Eine durch einen Arzt erbrachte Heilbehandlung liege auch dann vor, wenn ein Arzt einen Patienten in gesundheitlichen Fragen berate, ohne dass es darauf ankäme, dass dieser den ärztlichen Rat befolge. Jeder Arzt könne solche Leistungen als Beratungsleistungen umsatzsteuerfrei abrechnen. Dementsprechend ordne die Klägerin nur solche Anrufe des Gesundheitstelefons den umsatzsteuerfreien Leistungen zu, die einen konkreten Krankheitsbezug aufwiesen. Die Patienten sollten ihre Krankheiten in den Griff bekommen. Auf das Stellen einer Diagnose komme es nicht an.

Unbeachtlich sei das Fehlen einer unmittelbaren Vertragsbeziehung zwischen Anrufer und Klägerin. Eine solche sei keine Voraussetzung für die Steuerbefreiung einer erbrachten Heilbehandlung, ein heilberufliches Tätigwerden genüge, unabhängig davon, ob die Leistung durch den Patienten oder durch einen Dritten veranlasst worden sei.

c. Ein Kriterium für die Heilbehandlung sei zudem die Erstattungsfähigkeit einer Maßnahme durch die Sozialversicherungsträger, welches hier gegeben sei.

Das Serviceangebot der Klägerin diene auch dem Zweck, die Kosten ärztlicher Heilbehandlung zu senken und die Sozialversicherungsträger zu entlasten. Zum einen erbringe die Klägerin Leistungen, die auch Ärzte erbringen könnten. Wenn jedoch alle Ärzte dies in dem Umfange erbrächten wie die Klägerin, würde dies die Kosten der Krankenkassen deutlich erhöhen. Zum anderen werde durch die Betreuung durch die Klägerin ein späterer ärztlicher Behandlungsaufwand reduziert.

Die Klägerin ermögliche durch ihre Patientenbetreuungsprogramme eine effektive und kostengünstige Langzeitbetreuung. Durch die laufende Betreuung würden akute Ausbrüche und Verschlechterungen der Krankheit verhindert bzw. das Risiko hierzu vermindert.

d. Ein persönliches Vertrauensverhältnis sei lediglich bei einer Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin (Art. 132 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL, § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG) erforderlich, nicht hingegen bei einer ärztlichen Heilbehandlung iSv Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL. Ein solches sei bereits dann gegeben, wenn wenn mehrere Patienten den Vortrag eines Arztes zu einem Thema hörten, das lediglich auf den Gesundheitszustand zugeschnitten ist.

Zudem sei auch ein persönliches Vertrauensverhältnis des Anrufers zu dem medizinischen Personal der Klägerin zu bejahen. Ansonsten würden die Patienten die von den Versicherungen und Pharmaunternehmen angegebenen Telefonnummern gar nicht anrufen. Auf den Arbeitgeber der auskunftserteilenden Person komme es dem Anrufer nicht an, sondern allein auf dessen medizinische Qualifikation.

Die Klägerin sei im Rahmen des Gesundheitstelefons berufsrechtlich zum Schutz des von den Anrufern entgegen gebrachten Vertrauens und zur Verschwiegenheit auch gegenüber den Krankenkassen verpflichtet. Auf das beigebrachte Privatgutachten (Bl 183 ff BE I) werde Bezug genommen.

e. Soweit die Beratungsleistungen von Ärzten erbracht würden, erfüllten diese die personellen Voraussetzungen des § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG, ebenso, wenn die Beratungstätigkeit der Mitarbeiter von Ärzten begleitet würden, wie dies in mehr als einem Drittel der Anrufe der Fall sei. In diesem Fall erfolge die Beratungstätigkeit der Mitarbeiter unter ärztlicher Aufsicht.

Aber auch soweit die Beratungstätigkeit nicht unter unmittelbarer ärztlicher Aufsicht erfolge, seien die personellen Voraussetzungen des § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG erfüllt. Zum einen würden die Leistungen der Mitarbeiter von Ärzten auf diese delegiert, wie dies auch in Arztpraxen üblich sei. Sämtliche Auswahl-, Anleitungs- und Überwachungspflichten würden erfüllt. Zum anderen seien auch die Umsätze aus ähnlichen heilberuflichen Tätigkeiten von der Umsatzsteuer befreit. Sowohl Krankenschwestern als auch medizinische Fachangestellte übten einen arztähnlichen Beruf aus.

Krankenschwestern übten stets eine ähnliche heilberufliche Tätigkeit aus, sofern sie unter ihrer Berufsbezeichnung tätig würden. Wie das Berufsbild des Arztes, so sei auch das einer Krankenschwester durch die Behandlung erkrankter Menschen charakterisiert. Das Tätigwerden unter der Berufsbezeichnung Krankenschwester bedürfe gemäß § 1 S. 1 Krankenpflegegesetz einer Erlaubnis. Diese berufsrechtliche Zulassung sei ein ausreichendes Indiz für das Vorliegen einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit.

Entsprechendes gelte für die medizinischen Fachangestellten. Auch dies sei ein staatlich anerkannter Ausbildungsberuf. Die Ausbildung umfasse die Beratung von Patienten sowie das Assistieren bei diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen (Verordnung über die Berufsausbildung zum medizinischen Fachangestellten (Bl 161 BE I). Es würden weitreichende medizinische Kenntnisse vermittelt, so dass es auf die ebenfalls erfolgte Vermittlung von Verwaltungskenntnissen nicht ankomme.

Die Umsatzsteuerbefreiung des Art. 132 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL dürfe nicht unter der Bedingung stehen, dass die Leistung unter ärztlicher Aufsicht erbracht werde.

f. Aufgrund der Rechtsformneutralität des § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG sei es irrelevant, dass die Leistungen nicht selbständig von Ärzten, Krankenschwestern und medizinischen Fachangestellten, sondern von diesen als Angestellte und freie Mitarbeiter der Klägerin erbracht würden.

g. Die Aufteilung und Abgrenzung der von der Klägerin erbrachten Telefondienstleistungen in umsatzsteuerfreie und umsatzsteuerpflichtige Leistungen könne anhand der für die Auftraggeber gefertigten Dokumentationen der Anrufe vorgenommen werden.

Die Klägerin klassifiziere seit dem Jahr 2010 jeden eingehenden Anruf im Bereich des Gesundheitstelefons danach, ob diesem eine Heilbehandlung oder eine allgemeine steuerpflichtige Auskunft zugrunde liege. Eine Schätzung auf der Basis von Stichproben sei lediglich in der Vergangenheit notwendig gewesen, weil die Klägerin ursprünglich von einer Umsatzsteuerpflicht ihrer Leistungen ausgegangen und erst durch das Verhalten unmittelbarer Wettbewerber auf die Umsatzsteuerfreiheit eines Teil ihrer Dienstleistungen aufmerksam geworden sei.

Die Klassifizierung erfolge anhand objektiver, nachprüfbarer Kriterien nach der Dienstanweisung und der Software JCall wie folgt:

Zu Beginn jeden Gespräches werde der Anrufer gefragt, ob er eine medizinische Beratung wünsche. Verneine er dieses, werde bereits keine Anamnese durchgeführt. Nur bei einer Bejahung der Frage werde das Gespräch als Heilbehandlung erfasst. Durch das medizinische Fachpersonal werde eine eingehende Anamnese durchgeführt. Diese werde in der verwandten Software (JCall) festgehalten. Dabei führe JCall den Mitarbeiter durch die Fragen. Es werden das Fachgebiet, die Erkrankung und das Beschwerdebild festgehalten. Zudem gebe es Fragen zur allgemeinen sowie (abhängig von der konkreten Erkrankung) zur speziellen Anamnese. In Freifeldern werde das Gespräch dokumentiert. Erfolge auf Wunsch des Anrufers ein Rückruf, werde am Ende des Telefonats festgehalten, ob das Gespräch im Zusammenhang mit den geschilderten Krankheitssymptomen oder einer bereits bestehenden Diagnose gestanden habe. Nur wenn dieser Punkt mit „Ja” angeklickt werde, werde das Gespräch als Heilbehandlung erfasst und gegenüber dem Auftraggeber als umsatzsteuerfreie Leistung abgerechnet. Ansonsten erfolge eine Abrechnung mit Ausweis der Umsatzsteuer.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf das Handbuch für das Gesundheitstelefon, Stand: , Anlage 1 (Bl 1 - 81 BE II), insbesondere „Anamnese” Punkt 6., S. 26 ff.; und"Fallabschluss” 10.4., S. 65 sowie auf fünf Beispiele von (in JCall hinterlegten) Gesprächsdokumentationen, Anlage 2 (Bl 82 - 84 BE II) hingewiesen.

Damit lasse sich die vorgenommene Klassifizierung in jedem Einzelfall auch von der Finanzverwaltung überprüfen. Zudem überprüfe die Klägerin selbst die Einstufung im Rahmen der laufenden Qualitätssicherung beim sog. Case Monitoring.

Die Klägerin beantragt:

Der Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung für Februar 2014 vom wird dahingehend abgeändert, dass die festgesetzte Umsatzsteuer um 19.482,07 € auf 97.929,27 € reduziert wird.

Hilfsweise:

Das Verfahren wird ausgesetzt und dem EuGH gem. Art. 267 Buchst. a AEUV folgende Frage zur Auslegung des Art. 132 Abs. 1 Buchst. c Mehrwertsteuersystem-Richtlinie (2006/112/EG) vorgelegt: Ist Art. 132 Abs. 1 Buchst. c Mehrwertsteuersystem-Richtlinie dahingehend auszulegen, dass die Leistungserbringung durch einen Gesundheitsdienstleister mittels einer telefonischen Beratung von Patienten zu konkreten Krankheitsbildern umsatzsteuerfrei erfolgt, soweit der Gesundheitsdienstleister seine Leistungen durch medizinisches Fachpersonal (Ärzte, Krankenschwestern, medizinische Fachangestellte) erbringt?

Hilfsweise:

Die Revision wird zugelassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung der sonstigen Leistungen der Klägerin aus dem Bereich Gesundheitstelefon und der Patientenbegleitprogramme gemäß § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG lägen nicht vor, zumal Leistungsempfänger der von der Klägerin erbrachten Dienstleistungen nicht die sogenannten Patienten, sondern die beauftragenden Krankenkassen und Pharmaunternehmen seien.

Die von der Klägerin im Rahmen des „ Gesundheitstelefons „ erbrachten Dienstleistungen seien bereits aufgrund der mangelnden Abgrenzbarkeit zwischen auch nach Auffassung der Klägerin allgemeinen - umsatzsteuerpflichtigen - Auskünften und die Heilbehandlung betreffenden, nach Auffassung der Klägerin umsatzsteuerfreien Auskünften in Gänze steuerpflichtig.

Das persönliche Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient sei bei den telefonischen Beratungsleistungen nicht gegeben. Der Anrufer wisse nicht, dass es sich um die Mitarbeiter eines Call-Centers, und nicht um Mitarbeiter der Krankenkasse handele. Bereits diese Unkenntnis schließe das erforderliche Vertrauensverhältnis aus.

Die telefonischen Auskünfte der Klägerin seien keine Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin, weil sie nicht auf tatsächlichen Diagnosen des Gesundheitszustandes des Anrufers beruhten. Die Mitarbeiter der Klägerin erteilten die Auskünfte ausschließlich auf der Basis der vom Anrufer zur Verfügung gestellten Informationen, nicht aufgrund von Krankenunterlagen, und dürften bereits deswegen keine Diagnosen stellen oder Behandlungen durchführen. Sie könnten lediglich die Bandbreite der allgemein denkbaren medizinischen Möglichkeiten darstellen und damit neben allgemeiner Information lediglich eine Entscheidungshilfe für den Anrufer bieten.

Die Mitarbeiter der Klägerin erfüllten nicht sämtlich die persönlichen Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG. Hierzu zählten zwar Krankenschwestern und Krankenpfleger, nicht aber Zahnarzthelferinnen, Arzthelferinnen oder medizinische Fachangestellte. Der Schwerpunkt der Tätigkeit eines medizinischen Fachangestellten liege in der Wahrnehmung von Assistenz- bzw. Vor- und Nachbereitungsaufgaben in ärztlichen Praxen, und damit im kaufmännisch-organisatorischen Bereich. Auch die von der Klägerin eingeführte Ausbildung zum Gesundheitscoach reiche hierzu nicht aus. Die Ausbildung umfasse lediglich 8 Unterrichtstage und ein praktisches Training.

Da nur ein Teil des Personals der Klägerin die persönlichen Voraussetzungen des § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG erfülle, aber sämtliches Personal für die Tätigkeiten der Klägerin eingesetzt würden, seien die Leistungen des Gesundheitstelefons auch mangels Trennbarkeit insgesamt steuerpflichtig.

Die von der Klägerin mit den Patientenbegleitprogrammen erbrachten Dienstleistungen seien keine Heilbehandlung iSv § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG.

Soweit Pharmaunternehmen die Auftraggeber der Klägerin seien, sei Ziel des Auftrages die Förderung des Medikamentenabsatzes, ein Erfolg, der nicht unter § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG zu subsumieren sei. Zudem unterstütze die Informationspflicht der Klägerin auch die Durchführung von Wirksamkeitsstudien der genannten Medikamente, welche ebenfalls nicht zu Heilbehandlungen zählten.

Auch bei den Patientenbegleitprogrammen wüssten die Anrufer nicht, dass sie ein Callcenter, und nicht das Pharmaunternehmen oder die Krankenkasse anriefen. Die Ausführungen zur fehlenden Qualifikation des Personals träfen auch in diesem Zusammenhang zu.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten einschließlich der übermittelten Anlagen sowie auf die übersandten Steuerakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin wird durch den angefochtenen Bescheid über die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für Februar 2014 nicht in ihren Rechten verletzt, weil dieser rechtmäßig ist, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO.

I. Die Klage ist als Sprungklage gemäß § 45 Abs. 1 FGO ohne Durchführung eines Vorverfahrens zulässig, weil das FA innerhalb eines Monats nach Zustellung der Klageschrift dem Gericht gegenüber zugestimmt hat.

II. Die Klage ist unbegründet. Das FA hat zu Recht die streitigen telefonischen Beratungsleistungen der Klägerin der Umsatzbesteuerung unterworfen. Die streitigen telefonischen Beratungsleistungen der Klägerin sind nicht gemäß § 4 Nr. 14 UStG von der Umsatzsteuer befreit.

1. Die telefonischen Beratungsleistungen der Klägerin sind weder in der Form des Gesundheitstelefons noch in Form der Patientenbegleitprogramme Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin.

Nach § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1 UStG sind steuerfrei die Umsätze aus Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Physiotherapeut, Hebamme oder einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit durchgeführt werden.

Diese Vorschrift beruht auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern Richtlinie 77/388/EWG , seit dem Art. 132 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem -MwStSystRL-, nach der Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der von dem betreffenden Mitgliedstaat definierten ärztlichen und arztähnlichen Berufe erbracht werden, steuerfrei sind. § 4 Nr. 14 UStG ist daher richtlinienkonform auszulegen.

Die in Art. 132 Abs. 1 MwStSystRL genannten Steuerbefreiungen sind eng auszulegen, weil sie Ausnahmen von dem allgemeinen Grundsatz darstellen, dass jede Dienstleistung, die ein Steuerpflichtiger gegen Entgelt erbringt, der Mehrwertsteuer unterliegt. Die Auslegung der in dieser Bestimmung verwendeten Begriffe muss aber auch mit den Zielen im Einklang stehen, die mit den Befreiungen verfolgt werden und den Erfordernissen des Grundsatzes der steuerlichen Neutralität entsprechen, auf dem das gemeinsame Mehrwertsteuersystem beruht. Diese Regel einer engen Auslegung bedeutet außerdem nicht, dass die zur Definition der Steuerbefreiungen i.S. von Art. 132 Abs. 1 MwStSystRL verwendeten Begriffe in einer Weise auszulegen sind, die den Befreiungen ihre Wirkung nähme. Zweck der sowohl in Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL und der in Buchst. c dieses Absatzes vorgesehen Befreiung ist es, die Kosten von Heilbehandlungen zu senken und diese für den Einzelnen leichter zugänglich zu machen.

Der Begriff der Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin i.S. von Art. 132 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL ebenso wie der der Krankenhausbehandlung i.S. von Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL umfasst Leistungen medizinischer Art, die der Diagnose, Behandlung und, soweit wie möglich, Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen dienen. Daraus folgt, dass ärztlichen Leistungen, die zu dem Zweck erbracht werden, die menschliche Gesundheit zu schützen, aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen, die in Art. 132 Abs. 1 Buchst. b und c MwStSystRL vorgesehene Steuerbefreiung zukommt (, juris; vom XI R 15/11, juris; vom XI R 19/12, BFHE 247, 276, BStBl II 2015, 310; Klinikum Dortmund , Mehrwertsteuerrecht --MwStR-- 2014, 301, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2014, 271; vom C-91/12 PFC , MwStR 2013, 197; jeweils mwN).

Zu den nach § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1 UStG steuerfreien Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin gehören auch Leistungen, die zum Zweck der Vorbeugung erbracht werden, wie vorbeugende Untersuchungen und ärztliche Maßnahmen an Personen, die an keiner Krankheit oder Gesundheitsstörung leiden, sowie Leistungen, die zum Schutz einschließlich der Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der menschlichen Gesundheit erbracht werden. Keine Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin sind ärztliche Leistungen, Maßnahmen oder medizinische Eingriffe, die zu anderen Zwecken erfolgen und keinem solchen therapeutischen Zweck dienen (, juris; vom XI R 19/12, BFHE 247, 276, BStBl II 2015, 310; vom V R 27/10, BFHE 235, 58, BFH/NV 2011, 2214).

Unter Berücksichtigung dieser Rechtsgrundsätze erfüllten weder die von der Klägerin im Bereich des Gesundheitstelefons noch der Patientenbegleitprogramme erbrachten Dienstleistungen die Voraussetzungen einer Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin iSv § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1 UStG.

a. Die von der Klägerin mit dem Betrieb von Gesundheitstelefonen für verschiedene Krankenkassen erbrachten Beratungsleistungen sind keine Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin.

aa. Zwar dienen diese Beratungsleistungen im weitesten Sinne auch dem Zweck, die Kosten von Heilbehandlungen zu senken. Die Klägerin kann die Informationen zur Erklärung einer Erkrankung, zu möglichen Therapien, Diagnoseverfahren, Vorsorgeuntersuchungen, physiotherapeutischen Verfahren, Vorbeugung und gesunder Lebensführung, allgemeine Auskünfte zu angeratener ambulanter und stationärer Versorgung sowie Beratungen zur Prävention in bestimmten Krankheitsbildern wie z. B. Diabetes, Rückenschmerzen, Asthma, Allergie, Herz-Kreislauf- oder Krebserkrankungen sowie fachgerechte Informationen über Arzneimittel für die Krankenkassen preiswerter anbieten, als dies ein Arzt im Rahmen der Behandlung seines jeweiligen Patienten erledigen könnte. Unbeachtlich ist auch, dass Leistungsempfänger der von der Klägerin erbrachten Beratungsleistung die jeweilige Krankenkasse ist, weil es für die Steuerfreiheit nicht auf die Person des Leistungsempfängers ankommt. Die personenbezogenen Voraussetzungen der Steuerbefreiung beziehen sich auf den Leistenden, der Träger eines ärztlichen oder arztähnlichen Berufes sein muss (, BFHE 249, 359; BFH/NV 2015, 1215).

bb. Dies reicht jedoch zur Annahme einer steuerfreien Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin nicht aus. Die von der Klägerin mit den Beratungsleistungen des Gesundheitstelefons erbrachten Leistungen dienen nicht in hinreichendem Maße der Diagnose, Behandlung und, soweit wie möglich, der Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen.

Zwar können auch Leistungen, die keinen unmittelbaren Krankheitsbezug haben, steuerfreie Heilbehandlungen iSv § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG sein, wenn sie der Prävention dienen. Dies gilt jedoch nur dann, wenn die Maßnahmen im Rahmen einer medizinischen Behandlung, sei es aufgrund ärztlicher Anordnung oder im Rahmen einer Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme, durchgeführt werden (, BFHE 247, 276, BStBl II 2015, 310; vom V R 23/04, BFHE 211, 69, BStBl II 2005, 904; vom V R 54/04, BFHE 210, 151, BStBl II 2005, 669). Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin müssen einem therapeutischen Zweck dienen, der auf konkreten medizinischen Feststellungen beruht, die von entsprechendem Fachpersonal getroffen worden sind, auch wenn die therapeutische Zweckbestimmung einer Leistung nicht in einem besonders engen Sinne zu verstehen ist ( PFC, C-91/12, UR 2013, 335; MwStR 2013, 197; vom , Future Health Technologies, C-86/09, Slg 2010, I-5215). Die medizinischen Feststellungen müssen von medizinischem Fachpersonal für den jeweiligen Einzelfall getroffen werden; die rein subjektive Vorstellung des Patienten ist für die Einordnung als Heilbehandlung nicht ausreichend (, BFHE 247, 276, BStBl II 2015, 310; , PFC, UR 2013, 335).

Die Beratungsleistungen der Klägerin beim Gesundheitstelefon beruhen nicht auf medizinischen Feststellungen, die von entsprechendem Fachpersonal getroffen wurden, sondern allein auf den - u. U. doch notwendiger Weise laienhaften - Angaben des Anrufers zu dem Krankheitsbild, zu dem der Anrufer sich weiter informieren möchte, sei es Art der Diagnose, der Behandlungsmöglichkeiten oder der Präventionsmaßnahmen. Dementsprechend weisen auch die Krankenkassen in ihren Internet-Auftritten ausdrücklich darauf hin, dass „ein medizinisches Informationsgespräch den Besuch beim Arzt nicht ersetzen” kann (A) bzw. dass „diese Informationen nicht den Haus- oder Facharzt und auch nicht den Apotheker ersetzen”. Es werden keine Ferndiagnosen gestellt.” Es würden lediglich weitergehende Informationen über eine Erkrankung oder Auskünfte zu Diagnosen erteilt. (B).

Aus diesem Grund kann auch dahingestellt bleiben, ob sämtliche von der Klägerin beschäftigten Mitarbeiter des Level 1, die die streitigen Beratungsleistungen tatsächlich erbringen, die für die Steuerbefreiung erforderliche Qualifikation aufweisen. Die Feststellungen, aufgrund derer die Klägerin ihre Beratungsleistungen erbringt, werden bereits nicht von ihren Mitarbeitern getroffen, sondern es werden ausschließlich die telefonischen Angaben der Anrufer zugrunde gelegt.

Unbeachtlich ist, wie der Anrufer die von der Klägerin erteilten Auskünfte einordnet, weil die rein subjektive Vorstellung über die Art der empfangenen Leistung für die Beurteilung, ob diese einem therapeutischen Zweck dient, nicht maßgeblich ist.

cc. Die Beratungsleistungen der Klägerin im Rahmen des Gesundheitstelefons haben keinen hinreichend engen Bezug zu der von den behandelnden Ärzten der anrufenden Versicherten durchgeführten Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin.

Der therapeutischen Zweckbestimmtheit einer Leistung ist genügt, wenn eine Leistung mit unmittelbarem Bezug zu einer Heilbehandlungstätigkeit erbracht wird, damit andere Ärzte oder Krankenhäuser bei der Ausübung ihrer Heilbehandlungstätigkeit die hierfür bestehenden medizinisch unerlässlichen und gesetzlich vorgeschriebenen Anforderungen im Einzelfall erfüllen können. Gleiches gilt, wenn die fragliche Leistung unerlässlicher, fester und untrennbarer Bestandteil der gesamten Heilbehandlung ist, deren einzelne Abschnitte sinnvoller Weise nicht isoliert voneinander durchgeführt werden können ( Verigen, C-156/09, Slg 2010, I-11733). Gleichwohl kann der Begriff der Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin nicht auf sämtliche Leistungen, die mit der Behandlung eines Patienten zusammenhängen, ausgedehnt werden (, BFHE 249, 359; BFH/NV 2015, 1215; vom V R 27/10, BFHE 235, 58, BFH/NV 2011,1405).

Die Information durch die Klägerin ist für die tatsächliche Heilbehandlung der Anrufenden, anders als z.B. die Information über infektionshygienische Leistungen, die sicherstellen, dass Ärzte und Krankenhäuser die für sie bestehenden Pflichten im jeweiligen Einzelfall erfüllen (vgl. hierzu XI R 11713, BFH/NV 2015, 297 zu einer Hygienefachkraft; vom V R 27/10, BFHE 235, 58; BFH/NV 2011, 2214 zu Hygieneberatungen durch einen Arzt) nicht gesetzlich vorgeschrieben.

Die von den Mitarbeitern der Klägerin erteilten Informationen sind weder für die Heilbehandlung des den Anrufer tatsächlich behandelnden Arzt unerlässlich noch sind sie untrennbarer Bestandteil der tatsächlichen Heilbehandlung des Anrufenden. Die Beratung der Klägerin dient ausschließlich dem Informationsinteresse der Versicherten der Klägerin. Diese können sich zu den von ihnen genannten Krankheitsbildern über Behandlungsmethoden, Diagnoseverfahren und mögliche Kliniken und Ärzte informieren lassen.

dd. Soweit die Beratungsleistungen der Klägerin allein der Prävention dienen, wie dies z.B. bei der Beratung über Vorsorgemöglichkeiten, gesunde Lebensführung, Ernährung oder geeignete Sportarten der Fall ist, haben diese Leistungen bereits keinen unmittelbaren Krankheitsbezug und sind daher keine Heilbehandlung iSv § 4 Nr. 14 a UStG. Die Beratungsleistungen der Klägerin werden nicht aufgrund einer ärztlichen Verordnung oder im Rahmen einer Rehabilitations- oder Vorsorgemaßnahme erbracht.

Auch wenn Leistungen dem Schutz der Gesundheit dienen, sei es vorbeugend oder zur Wiederherstellung einer bereits geschädigten Gesundheit, sind gleichwohl Leistungen zur Prävention, die keinen unmittelbaren Krankheitsbezug haben, grundsätzlich keine Heilbehandlung iSv § 4 Nr. 14 a UStG. Etwas anderes gilt nur dann, wenn diese Leistungen im Rahmen einer medizinischen Behandlung aufgrund ärztlicher Anordnung oder mithilfe einer Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme durchgeführt werden (, BFHE 247, 276, BStBl II 2015, 310 zu Raucherentwöhnungsseminaren, vom V R 23/04, BFHE 211, 69, BStBl II 2005, 904 und vom V R 54/04 BFHE 210, 151, BStBl II 2005, 669 zu Ernährungsberatung; Beschluss vom XI B 46/12, BFH/NV 2013, 273 zu Yogakursen)

ee. Auch der Grundsatz der steuerlichen Neutralität steht einer Versagung der Steuerbefreiung des § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1 UStG für die Beratungsleistungen der Klägerin nicht entgegen, weil die Beratungsleistungen der Klägerin keinem konkreten therapeutischen Zweck dienen.

Zutreffend ist, dass Beratungsleistungen hinsichtlich Medikation, Klinkwahl, Ernährung, Sportarten und sonstigen Präventionsmöglichkeiten, soweit diese von einem Arzt im Rahmen eines konkreten Arzt-Patientenverhältnisses, oder von einem arztähnlichen Berufsträger aufgrund ärztlicher Anordnung oder während einer Rehabilitationsmaßnahme erbracht werden, als steuerfreie Leistungen iSv § 4 Nr. 14 a UStG anerkannt werden. Diese Leistungen werden jedoch - anders als die der Klägerin - mit einem unmittelbaren Bezug zu einer Heilbehandlungstätigkeit erbracht, die zudem auf konkreten, von medizinischem Fachpersonal getroffenen Feststellungen beruhen und daher einem konkreten therapeutischen Zweck dienen.

Ein Verstoß gegen den Grundsatz der steuerlichen Neutralität liegt vor, wenn die streitigen Leistungen einer Berufsgruppe erbracht werden, deren Ausbildung als mit anerkannten arztähnlichen Berufen gleichwertig anzusehen ist, und wenn die Qualität der streitigen, tatsächlich geleisteten Handlungen unter Berücksichtigung von deren beruflichen Qualitäten auch als gleichartig angesehen werden kann ( u.a. -Solleveld-, Slg 2006, I-3617).

Die von der Klägerin erbrachten telefonischen Beratungsleistungen sind einer Beratung im Rahmen eines konkreten Arzt-Patientenverhältnisses nicht gleichartig. Die Klägerin erbringt ihrer Beratungsleistungen nicht aufgrund eigener, von medizinischem Fachpersonal getroffenen Feststellungen, ihre Auskünfte beruhen ausschließlich auf den Angaben der anrufenden Versicherten über ihre Gesundheitsstörung, und können bereits deswegen nicht als gleichartig mit Beratungsleistungen im Rahmen eines konkreten Arzt-Patientenverhältnisses angesehen werden. Zudem erteilen die Mitarbeiter allgemeine medizinische Informationen, indem sie Befunde erläutern und Erklärungen zu bei der jeweiligen angegebenen Erkrankung mögliche Therapien geben, ohne jedoch zu einer bestimmten Therapie zu raten.

Dass die von der Klägerin erbrachten telefonischen Beratungsleistungen nicht in einem unmittelbaren Bezug zu einer konkreten Heilbehandlung stehen, sondern lediglich ein - wenn auch berechtigtes - Informationsbedürfnis der Versicherten befriedigen, wird von den von der Klägerin als Beispiele für als Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin zu beurteilenden Beratungsgesprächen vorgelegten Gesprächsdokumentationen (Bl 822 ff BE II) bestätigt. Hier werden lediglich allgemeine medizinische Auskünfte zu von den Anrufern vorgegebenen Problemen und Erkrankungen erteilt.

So wurde der Versicherten mit einem Krampfanfall geraten, sich weiterhin ihrem Neurologen anzuvertrauen. Dieser Anruferin wurde mitgeteilt, dass Krampfanfälle nicht zu den typischen Symptomen einer Neuroboreliose nach einem Zeckenbiss gehören, zudem wurden allgemeine Informationen zur Behandlung von Krampfanfällen gegeben.

Die Anruferin, die unter Brustkrebs leidet, und sich über den bei der Operation tätigen Anästhesisten sowie den Operateur beklagte, wurde wegen eines etwaigen Behandlungsfehlers an die Schlichtungsstelle bei der Landesärztekammer verwiesen, weil die Krankenkasse für diesen Fall nicht zuständig sei.

Der Versicherten, die nach operativer Entfernung von Gebärmutter und Eierstöcken unter leichten Blutungen leidet, und schon bei drei Gynäkologen war, die ihr nicht helfen konnten, wurden Auskünfte zu möglichen postoperativen Therapien nach malignen metastasierenden Unterbauchtumoren gegeben, obwohl die Anruferin mitgeteilt hatte, dass sich der Verdacht auf Krebserkrankung nicht bestätigt habe.

Der Anruferin, die an einer Glukoseintoleranz leidet und Angst vor einer Diabeteserkrankung hat, wurde geraten, einen Diabetologen aufzusuchen. Sie wurde über eine Insulintherapie informiert und zu Diabetes mellitus sowie Prädiabetes beraten.

Dem Anrufer mit -vom Kardiologen unbestätigten- Herzrhythmusstörungen und der Lebensmittelunverträglichkeit wurden zunächst die Symptome von Herzrhythmusstörungen erläutert; dann wurde ihm geraten, den Hausarzt nochmals aufzusuchen und sich ggfs. einen anderen Kardiologen zu suchen. Zudem wurden ihm die Kontaktdaten von Kardiologen in seiner Nähe mitgeteilt.

ff. Der Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer erfordert auch nicht, dass jegliche, die Gesundheit fördernde (Beratungs-)Leistung umsatzsteuerfrei belassen wird.

Art. 132 Abs.1 Buchst. b und c MwStSystRL bezwecken eine abschließende Regelung der Steuerbefreiungen für Leistungen der Heilbehandlung im engeren Sinne ( Klinikum Dortmund, C-366/12, MwStR 2014, 301; vom , Kügler, C-141/00, Slg 2002, I-6833). Der Grundsatz der Neutralität erlaubt es nicht, den Geltungsbereich der Befreiung ohne eindeutige Bestimmung auszuweiten. Dieser Grundsatz ist nämlich keine Regelung des Primärrechts, die für den Umfang eines Befreiungstatbestandes bestimmend sein könnte, sondern ein Auslegungsgrundsatz, der neben dem Grundsatz der engen Auslegung von Befreiungen anzuwenden ist ( Klinikum Dortmund, C-366/12, MwStR 2014, 301). Zudem bestätigt auch der Umstand, dass Arzneimittel als solche in dem Anhang H der Sechsten EG-Richtlinie bzw. Anhang III Nr. 3 der MwStSystRL enthaltenen Verzeichnisses der Gegenstände und Dienstleistungen enthalten ist, auf die ermäßigte Mehrwertsteuersätze angewandt werden, dass nicht sämtliche in Zusammenhang mit Heilbehandlungen der Humanmedizin erbrachten Lieferungen und Leistungen zwangsläufig von der Umsatzsteuer befreit sind.

b. Die von der Klägerin im Auftrag von Krankenkassen unterhaltenen Patientenbegleitprogramme sind ebenfalls keine steuerfreien Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin iSv § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1 UStG.

aa. Zwar dienen die Patientenbegleitprogramme im Auftrag der Krankenkassen dem Zweck, die Kosten ärztlicher Heilbehandlung zu senken. Nach dem Vortrag der Klägerin führen insbesondere die Patientenbegleitprogramme bei psychischen Erkrankungen zu einer deutlichen Reduzierung einer erneuten Hospitalisierung und damit zu einer Senkung der Krankenhausbehandlungskosten. Dies ist ausweislich der vorliegenden Verträge auch das Hauptziel dieser Patientenbegleitprogramme.

bb. Die von der Klägerin mit den Beratungsleistungen des Patientenbetreuungsprogramms erbrachten Leistungen dienen jedoch nicht in hinreichendem Maße der Diagnose, Behandlung und, soweit wie möglich, der Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen. Auch bei diesen Leistungen fehlt es an dem erforderlich therapeutischen Zweck.

Zwar werden die Teilnehmer aufgrund von Feststellungen ärztlichen Fachpersonals von den Krankenkassen zur Teilnahme an dem Programm ermuntert. Eine Einladung zur Teilnahme ergeht nur, wenn die Adressaten bereits wegen einer bestimmten, idR chronischen Erkrankung im Krankenhaus behandelt wurden, oder wenn bei Kindern der Verdacht auf ADHS diagnostiziert wurde.

Begünstigt gemäß § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1 UStG sind nur Tätigkeiten, die Teil eines konkreten, individuellen, der Diagnose, Behandlung, Vorbeugung und Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen dienenden Leistungskonzepts sind und nicht lediglich der Befriedigung alltäglicher Lebensbedürfnisse dienen. Hierbei sind Leistungen zur medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation von Leistungen zur Prävention und Selbsthilfe abzugrenzen; letztere verbessern lediglich den allgemeinen Gesundheitszustand. Zwar können auch Beratungsleistungen, wie z. B. die Ernährungsberatung oder ein Raucherentwöhnungsseminar, die Voraussetzungen einer Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin erfüllen, dies gilt jedoch nur dann, wenn die jeweilige Leistung aufgrund ärztlicher Anordnung oder im Rahmen einer individuellen Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme durchgeführt wird (, BFHE 211, 69, BStBl II 2005, 904 zu Ernährungsberatung, vom XI R 19/12, BFHE 247, 276, BStBl II 2015, 301 zu Raucherentwöhnungsseminaren).

Bei den für die Krankenkassen durchgeführten Patientenbegleitprogrammen handelt es sich um Leistungen zur Prävention und Selbsthilfe der Versicherten bei den sog. typischen Erkrankungen der europäischen Zivilgesellschaft, bei deren Entstehung auch eine ungesunde Lebensführung eine der Ursachen ist. Ziel aller Programme ist es, den allgemeinen Gesundheitszustand der Teilnehmer zu verbessern, indem auf eine gesunde Lebensführung (Ernährung, Bewegung) sowie auf konsequente Medikamenteneinnahme hingewirkt wird. Die Beratungsleistungen sind nicht mit den jeweils behandelnden Ärzten der Teilnehmer abgestimmt und erfolgen auch nicht im Rahmen ärztlich betreuter Rehabilitationsmaßnahmen.

Das Ziel der Patientenbegleitprogramme der Klägerin ist die Verbesserung der Lebensqualität der Teilnehmer durch Anpassung der täglichen Gewohnheiten, insbesondere der Ernährung, an die jeweilige Krankheit. Es handelt sich um niederschwellige Programme („ohne moralischen Zeigefinger”), die den Teilnehmern auch außerhalb von ärztlicher Behandlung und strengen Rehabilitationsprogrammen stationärer oder nicht stationärer Art die Umstellung auf eine auf die jeweilige Erkrankung abgestimmte Lebensführung erleichtern sollen.

Nach den vorgelegten Verträgen und den Veröffentlichungen der D zu den Patientenprogrammen ist das Hauptziel des Coachings im Bereich der Herz-Kreislauferkrankungen, dass sich die Teilnehmer generell gesundheitsbewusster verhalten, insbesondere im Bereich der Bewegung und Ernährung (einschließlich Trinkverhalten) sowie die Einnahme von Medikamenten (Optimierung der Therapie aus Bewegung, Ernährung und Medikamentencompliance ohne moralischen Zeigefinger, Bl 67 BE I). Ausdrückliches Ziel ist die Erhöhung der Lebensqualität des Patienten und (dadurch) die Reduzierung der Hospitalisierungsrate.

Bei psychischen Erkrankungen ist das Hauptziel des Coachings, das Verständnis der Patienten und ihrer Angehörigen für die regelmäßige und vorschriftsmäßige Einnahme der Medikamente zu verbessern sowie eine adäquate Reaktion auf Symptomzunahme und soziale Isolation herbeizuführen (Bl 53, 90 BE I).

Bei Diagnosen in Zusammenhang mit ADS oder ADHS von Kindern ist der Schwerpunkt des Coachings die Medikamenten-Compliance sowie eine Entlastung der Eltern zur Verringerung von Sekundär-Erkrankungen (Burn Out). Angestrebt wird zudem eine Vermeidung von Fehl-Medikation sowie das Hinwirken auf eine leitliniengerechte Diagnostik (Bl 55 BE I).

Schwerpunkt des Coachings bei dem Interventionsprogramm für Patienten mit einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung ist es, dazu beizutragen, dass Patient und Angehörige einen positiven Umgang mit der Erkrankung finden. Den Teilnehmern soll ein positiver Umgang mit Stresssituationen vermittelt und die Medikamentencompliance optimiert werden (Bl 69 BE I).

cc. Die im Auftrag der Krankenkassen durchgeführten Patientenbegleitprogramme sind auch nicht steuerfrei gemäß § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG. Die Klägerin ist keine Rehabilitationseinrichtung, die auf Grund eines Versorgungsvertrages gemäß § 11 Abs. 2; §§ 40; 111 SGB V mit Hilfe von Fachkräften Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erbringt.

Zum einen erbringt die Klägerin, wie bereits ausgeführt, keine Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin. Die Definition der ärztlichen Heilbehandlung iSv § 4 Nr. 14 Buchs. b UStG entspricht der der Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin des § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG. ( -PFC-, UR 2013, 335; , BFHE 247, 369, BFH/NV 2015, 284).

Zum anderen entspricht der von der Klägerin mit den Krankenkassen abgeschlossene Vertrag über das Patientenbegleitprogramm nicht den Anforderungen eines Versorgungsvertrages iSv §§ 11 Abs. 2; 40; 111 SGB.

Versicherte haben nach SGB V keinen Anspruch auf die Teilnahme an derartigen Coachingprogrammen als (Sach-)Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen. Die Krankenkassen können daher die derartigen Programme nur aufgrund § 20 SGB V als allgemeine Präventionsmaßnahmen bzw. Maßnahme zur Gesundheitsförderung anbieten.

Dass die Krankenkassen solche Maßnahmen als allgemeine Präventionsmaßnahmen bzw. Maßnahmen zur Gesundheitsförderung anbieten, ist zudem ein weiteres Indiz dafür, dass es sich bei den streitigen Leistungen um (allgemeine) Maßnahmen zur Prävention und Selbsthilfe, nicht aber um Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin handelt.

c. Die von der Klägerin im Auftrag von Pharmaunternehmen durchgeführten Patientenbegleitprogramme sind ebenfalls keine steuerfreien Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin iSv § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1 UStG.

Diese Patientenbegleitprogramme sind Leistungen, die zu einem anderen Zweck als dem der Diagnose, der Behandlung, und soweit möglich, der Heilung von Krankheiten und Gesundheitsstörungen durchgeführt werden und keinem solchen therapeutischen Zweck dienen, weil sie durch die von dem Auftraggeber im Übrigen erbrachten steuerpflichtigen Medikamentenlieferungen geprägt werden.

Zwar soll mit dem Patientenbegleitprogramm die Bereitschaft der Teilnehmer, die Therapieempfehlung des Arztes zu befolgen und das Medikament verordnungsgerecht einzunehmen, erhöht werden. Hierdurch wird die Therapietreue der Teilnehmer gefördert und der Behandlungserfolg, der durch die Einnahme der Medikamente eintreten soll, unterstützt. Gleichwohl überwiegt ausweislich der getroffenen Dienstleistungsverträge der Charakter einer Wirksamkeitsstudie des jeweiligen Medikamentes. Die Klägerin ist in erster Linie dazu verpflichtet, dem Auftraggeber unerwünschte Arzneimittelwirkungen und Produktmängel, die von den Teilnehmern bekundet werden, kurzfristig mitzuteilen, und nach Schulung durch den Auftraggeber Fragen der Teilnehmer zum Medikament entsprechend den Vorgaben des Auftraggebers zu beantworten. Lassen sich die Fragen nicht aus dem Antworten-Katalog des Auftraggebers beantworten, sind die Anfragen an den medizinischen Dienst des Auftraggebers weiterzuleiten. Diese Patientenbegleitprogramme dienen damit auch nicht dem Zweck, die Kosten ärztlicher Heilbehandlung zu senken, auch wenn dies eine mittelbare Folge der verordnungsgerechten Medikamenteneinnahme ist.

Wie bei den Patientenbegleitprogrammen im Auftrag der Krankenkassen ist auch bei denen im Auftrag eines Pharmaunternehmens die Unterstützung der verordnungsgemäßen Medikamenteneinnahme kein unerlässlicher oder gesetzlich erforderlicher Bestandteil der Behandlung der Krankheit des Teilnehmers durch den Arzt.

Der Grundsatz der steuerlichen Neutralität gebietet ebenfalls nicht die Gewährung der Steuerbefreiung des § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1 UStG für die Patientenbegleitprogramme im Auftrag eines Pharmaunternehmens. Zum einen sind nach Auffassung des Senates auch Patientenbegleitprogramme im Auftrag einer Krankenkasse keine steuerfreie Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin. Zum anderen ist, wie bereits dargelegt, bei den Patientenbegleitprogrammen im Auftrag eines Pharmaunternehmens der Zusammenhang der Leistung mit der umsatzsteuerpflichtigen Lieferung des jeweiligen Medikamentes prägend.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision war zuzulassen, weil der Frage, in welchem Umfang telefonische Beratungsleistungen durch externe Dienstleister als Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin iSv § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1 UStG angesehen werden können, anlässlich der unterschiedlichen Behandlung durch die Finanzverwaltung grundsätzliche Bedeutung iSv § 115 Abs. 2 FGO zukommt.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
BFH/PR 2020 S. 7 Nr. 8
DStR 2016 S. 10 Nr. 47
DStRE 2017 S. 151 Nr. 3
EFG 2015 S. 2232 Nr. 24
KÖSDI 2017 S. 20207 Nr. 3
UStB 2016 S. 40 Nr. 2
HAAAF-08506