Hessisches Finanzgericht  Urteil v. - 4 K 1018/19 EFG 2020 S. 245 Nr. 4

Vergessene Afa in der Einkommensteuererklärung als offenbare Unrichtigkeit

Leitsatz

  1. Eine vergessene Eintragung in der Steuererklärung, die aus den bei der Veranlagung vorliegenden Unterlagen ohne Weiteres als Fehler ergibt, ist als vom Finanzamt übernommenes mechanisches Versehen anzusehen.

  2. Bei Durchführung eines maschinellen Abgleichs hinterlegter festsetzungsnaher Daten mit den eingegebenen Veranlagungsdaten, gelten die elektronisch hinterlegten festsetzungsnahen Daten als bei der Veranlagung hinzugezogen.

  3. Soweit keine festsetzungsnahen Daten zu der Steuersache hinterlegt wurden, so dass diese erst neu erstellt oder von der bisherigen Steuernummer übernommen werden müssen, schließt der dazu notwendige Ermittlungsaufwand eine offenbare Unrichtigkeit aus.

Gesetze: AO § 129; AO § 173 Abs. 1 Nr. 2; AO § 173a; EStG § 7 Abs. 4; EStG § 21 Abs. 1

Instanzenzug:

Verfahrensstand: Diese Entscheidung ist nicht rechtskräftig

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Berücksichtigung von Absetzung für Abnutzung (AfA) nach § 7 Abs. 4 EStG bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Streitig ist insbesondere, ob die Nichtberücksichtigung der AfA eine offenbare Unrichtigkeit darstellt, die eine Berichtigung nach § 129 AO zulässt.

Die Klägerin ist verheiratet. Für das Streitjahr 2015 wurde eine Einzelveranlagung durchgeführt, nachdem die Klägerin für 2014 zusammen mit ihrem Ehemann zur Einkommensteuer veranlagt worden war. Wie in den Vorjahren erzielte die Klägerin im Streitjahr u.a. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus dem Grundstück A. Bei Fertigung der Einkommensteuererklärung 2015 für die Klägerin wurde es durch Unachtsamkeit versäumt, in der Anlage V zu oben genanntem Grundstück bei den Werbungskosten die AfA-Beträge i.H.v. … € zu erklären. Bereits am hatte der Beklagte für das Grundstück eine bis zum Jahr 2036 reichende AfA Tabelle über die jährlich anzusetzenden AfA-Beträge i.H.v. … € erstellt und diese in seinem EDV-System hinterlegt und der Steuernummer: 123 der im Jahr 2014 zusammenveranlagten Eheleute als „festsetzungsnahe Daten” zugeordnet. Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer berücksichtigte der Beklagte die nicht erklärten AfA-Beträge nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung und erließ am einen entsprechenden Steuerbescheid für 2015. Einen Prüfhinweis im Rahmen der Veranlagung …, der lautete: „Unter dem EW-Aktenzeichen … werden erstmals Einkünfte erklärt. Bitte die Angaben zu diesem Objekt vollumfänglich prüfen und die festsetzungsnahen Daten anlegen. …” ließ der Bearbeiter unberücksichtigt. Der Steuerbescheid wurde bestandskräftig.

Nachdem die Klägerin bemerkt hatte, dass die AfA für das Grundstück A unberücksichtigt geblieben war, beantragte sie Änderung des Einkommensteuerbescheides. Den Antrag auf Änderung des Einkommensteuerbescheides 2015 wies der Beklagte durch Bescheid vom zurück. Dabei verwies er auf die Bestandskraft des Steuerbescheides und führte aus, dass weder eine

Berichtigung nach § 129 AO noch nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO in Betracht komme. Eine Berichtigung nach § 129 AO scheide trotz der fehlerhaften Auswertung des Bearbeitungshinweises aus, da ein Ermittlungsfehler vorliege, der nicht nach § 129 AO beseitigt werden könne. Eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO scheitere daran, dass die steuerlich relevante Tatsache, dass für das Grundstück AfA zu berücksichtigen ist, dem Finanzamt bereits bekannt war. Dagegen wandten sich die Kläger mit dem Einspruch, den das Finanzamt durch Einspruchsentscheidung vom zurückwies. Mit der vorliegenden Klage begehren die Kläger die Änderung des bestandskräftigen Einkommensteuerbescheids.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Voraussetzungen für eine Berichtigungsmöglichkeit nach § 129 AO lägen vor. Zwar beziehe sich die Norm nach ihrem Wortlaut nur auf die Korrektur eines Versehens des Finanzamts; sie finde jedoch auch Anwendung, wenn die Fehlerhaftigkeit von Angaben der Steuerpflichtigen für das Finanzamt ohne weiteres erkennbar gewesen sei und das Finanzamt damit eine offenbare Unrichtigkeit der Steuererklärung als eigene übernommen habe. Dies sei hier der Fall, da der Beklagte eine bis zum Jahr 2036 reichende Tabelle über die jährlich anzusetzenden AfA-Beträge erstellt und diese in seinem System hinterlegt habe. Da für das Objekt Mieteinnahmen und die übrigen Werbungskosten erklärt worden seien und der Beklagte davon ausgehen durfte, dass die Kläger kein Geschenk an den Fiskus beabsichtigt hätten, sei erkennbar gewesen, dass es sich um einen reinen Übertragungsfehler bei Übernahme der Daten aus dem Vorjahr gehandelt habe. Der zuständige Sachbearbeiter habe diesen Fehler trotz hinterlegter Daten und Hinweises des Systems ohne entsprechende Nachfrage in den Steuerbescheid übernommen, so dass die Unrichtigkeit dem Beklagten als eigene zuzurechnen sei. Die Nichtberücksichtigung der in den festsetzungsnahen Daten hinterlegten Informationen, die aufgrund des Hinweisbeschlusses bei der Veranlagung hinzuzuziehen seien, sei vergleichbar mit dem Übersehen einer Kontrollmitteilung, was nach der Rechtsprechung zweifelsfrei dem Anwendungsbereich des § 129 AO unterfalle. Wie bei der Papierakte die AfA-Tabelle durch Blättern in der Akte präsent sei, seien die festsetzungsnahen Daten durch Klick im Computer präsent. Im Übrigen könne es nicht angehen, dass eine Pflichtverletzung des Bearbeiters des Finanzamtes dem Steuerpflichtigen zum Nachteil gereiche.

Hilfsweise sei für das Streitjahr 2015 die Änderungsnorm des § 173a AO einschlägig. Ebenso wie ein Schreib- oder Rechenfehler bei Erstellung der Steuererklärung von der Norm umfasst würde, gelte dies für das Vergessen einer Eintragung.

Die Klägerin beantragt,

den ablehnenden Bescheid zur Änderung des Einkommensteuerbescheides 2015 vom in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2015 vom dahingehend zu ändern, dass die Abschreibung für das Grundstück A … als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält an seiner Rechtsansicht, dass es sich vorliegend um einen Ermittlungsfehler handele, der nicht offenbar sei, fest, so dass eine Berichtigung nach § 129 AO nicht in Betracht komme. Dabei verweist er darauf, dass die elektronisch abgelegten festsetzungsnahen Daten regelmäßig nicht bei der Veranlagung hinzugezogen würden. Zwar sei vorliegend ein entsprechender Prüfhinweis erfolgt, der eine Hinzuziehung von festsetzungsnahen Daten geboten hätte, der Zugriff auf die Daten bei den jeweiligen Objekten sei jedoch ebenso wie die Hinzuziehung der Vorjahresakten als weitere Ermittlung anzusehen. Das Vorliegen eines Ermittlungsfehlers schließe jedoch eine Änderung nach § 129 AO aus, da der Fehler nicht offenbar sei. Die unterlassene oder unvollständige Bearbeitung eines maschinell erzeugten Prüfhinweis sei in der Regel ein Fehler bei der Sachverhaltsaufklärung und somit ein die Berichtigung nach § 129 AO ausschließender Rechtsfehler. Nach der Rechtsprechung des ; vom X R 47/08, Bundessteuerblatt II 2009,929) stelle eine mangelhafte Amtsermittlung keine offenbare Unrichtigkeit dar und stehe einer solchen auch nicht gleich. Zur rechtlichen Beurteilung verweist der Beklagte weiterhin auf das , in dem der BFH zu elektronisch gespeicherten Arbeitnehmerdaten geurteilt habe, dass die elektronisch hinterlegten Daten regelmäßig nicht Gegenstand der Veranlagung seien.

Dem Gericht hat ein Band Einkommensteuerakten für die Streitjahre 2014 und 2015 vorgelegen; er war Gegenstand des Verfahrens.

Gründe

I. Die Klage ist nicht begründet.

Die versehentliche Nichtberücksichtigung der Abschreibungen nach § 7 Abs. 4 EStG im Rahmen der Einkommensteuererklärung 2015 stellt keine offenbare Unrichtigkeit dar, die eine Berichtigung des bestandskräftigen Einkommensteuerbescheides 2015 nach § 129 AO gebietet. Eine Berichtigung nach § 173a und § 173 AO kommt ebenfalls nicht in Betracht.

1. Nach § 129 AO kann die Finanzbehörde Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes unterlaufen sind, jederzeit (innerhalb der Verjährungsfrist) berichtigen. Das setzt grundsätzlich voraus, dass der Fehler in der Sphäre der den Verwaltungsakt erlassenden Finanzbehörde entstanden ist.

a. Offenbar ist eine Unrichtigkeit, wenn der Fehler bei Offenlegung des Sachverhalts für jeden unvoreingenommenen Dritten klar und deutlich als offenbare Unrichtigkeit erkennbar ist. Das Tatbestandsmerkmal „ähnliche offenbare Unrichtigkeiten” setzt voraus, dass die Unrichtigkeit einem Schreib- oder Rechenfehler ähnlich ist, d.h. dass es sich um einen „mechanischen” Fehler handelt, der ebenso mechanisch also ohne weitere Prüfung erkannt und berichtigt werden kann (, BFH/NV 1995,1; , Bundessteuerblatt II 2009,946).

b. Eine offenbare Unrichtigkeit kann zwar auch dann vorliegen, wenn das Finanzamt eine in der Steuererklärung enthaltene offenbare, d.h. für das Finanzamt erkennbare Unrichtigkeit als eigene übernimmt (, BFH/NV 2008,1801 m.w.N.). Ist jedoch die mehr als theoretische Möglichkeit eines Rechtsirrtums gegeben, liegt keine offenbare Unrichtigkeit vor. Auch eine aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen erforderliche, vom Sachbearbeiter - gegebenenfalls unter Verletzung der Amtsermittlungspflicht - jedoch unterlassene Sachverhaltsermittlung ist kein mechanisches Versehen (, Bundessteuerblatt II 2009,946). Ob ein mechanisches Versehen oder ein die Berichtigung nach § 129 AO ausschließender Tatsachen- oder Rechtsirrtum vorliegt, ist jeweils nach den Verhältnissen des Einzelfalls zu beurteilen.

c. Es entspricht zwar der gesicherten Rechtsprechung des BFH, dass grundsätzlich keine offenbare Unrichtigkeit vorliegt, wenn sie für den zuständigen Sachbearbeiter des Finanzamts nur erkennbar gewesen wäre, wenn er die Steuererklärung eines Vorjahres bei der Veranlagung der Streitjahre zugezogen hätte. Soweit die Finanzbehörde auf Akten des Vorjahrs zurückgreifen muss, liegt eine aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen erforderliche, vom Sachbearbeiter jedoch unterlassene Sachverhaltsermittlung vor, die kein mechanisches Versehen ist. In solchen Fällen hat das Finanzamt zwar möglicherweise seine Amtsermittlungspflicht verletzt; diese Pflichtverletzung ist aber nicht mit einer offenbaren Unrichtigkeit gleichzusetzen (, Bundessteuerblatt II 1972,550); sie schließt vielmehr in der Regel eine offenbare Unrichtigkeit aus. Etwas Anderes gilt jedoch dann, wenn der Sachbearbeiter es versehentlich unterlassen hat, die für die Veranlagung der Streitjahre vorliegenden Unterlagen auszuwerten, indem er eine für das Streitjahr einschlägige ihm zugegangene Kontrollmitteilung übersieht oder bei der Veranlagung vorliegende Unterlagen nicht auswertet ( aaO.). In diesem Fall hat die fehlende Nichtberücksichtigung von Aufwendungen ihren Grund in einer bloßen Unachtsamkeit des zuständigen Sachbearbeiters bei der Erstellung des Einkommensteuerbescheides und beruht nicht auf einer unzureichenden Sachaufklärung, so dass Anhaltspunkte für einen möglichen Rechtsirrtum seitens des Sachbearbeiters nicht erkennbar sind.

aa. Daraus ergibt sich, dass früher, im Rahmen der aktengeführten Veranlagung, bei der die AfA-Tabellen den Akten vorgeheftet und somit bei jeder Neuveranlagung präsent waren, bei Nichtberücksichtigung der Abschreibung ein Versehen und kein Ermittlungsfehler vorlag, da die Unterlagen präsent waren. Das Finanzgericht Baden-Württemberg hat dies ausdrücklich bestätigt indem es ausführt, dass der in den Akten vorgeheftete AfA-Überwachungsbogen bei der Veranlagung stets vorliege und mit zu prüfen sei. Es hat dies weitergehend auch auf die Vorjahresunterlagen bezogen, soweit diese in den späteren Veranlagungsjahren die Funktion eines Überwachungsbogens erfüllten und somit wie eine das Veranlagungsjahr betreffende Kontrollmitteilung als Unterlagen des Veranlagungsjahres anzusehen seien (, EFG 2006,859).

bb. Nichts Anderes kann im Rahmen der elektronischen Veranlagung gelten. Wie die den Akten vorgehefteten AfA-Tabellen, werden die Abschreibungsdaten zu einem Grundstück zu der jeweiligen Steuernummer als festsetzungsnahe Daten gespeichert und können im Rahmen der Veranlagung hinzugezogen werden. Sofern Abschreibungsinformationen als festsetzungsnahe Daten hinterlegt wurden, werden im Rahmen der Veranlagung bei der maschinellen Verarbeitung diese Daten mit den eingegebenen Veranlagungsdaten im Rahmen einer Plausibilitätsprüfung abgeglichen. Ist der Datenabgleich nicht plausibel, weil der geltend gemachte AfA-Betrag nicht mit dem AfA Betrag in den festsetzungsnahen Daten übereinstimmt, fertigt der Computer einen Prüfhinweis, der den Bearbeiter zur Überprüfung auffordert und ihm aufgibt, die festsetzungsnahen Daten ggf. zu aktualisieren. Durch den automatischen maschinellen Abgleich sind die festsetzungsnahen Daten somit im Rahmen der Veranlagung präsent. Sie gelten als automatisch hinzugezogen, unabhängig davon, ob der jeweilige Bearbeiter dem Prüfhinweis Folge leistet oder insoweit seine Pflicht verletzt und eine Nachsicht in den festsetzungsnahen Daten unterlässt. Die festsetzungsnahen Daten erfüllen somit die Funktion einer bei der Veranlagung vorliegenden Kontrollmitteilung.

cc. Vorliegend sind durch die für das Streitjahr durchgeführten Einzelveranlagungen der Eheleute, die jeweils unter neuen Steuernummern erfolgten, die festsetzungsnahen Daten, zu dem Grundstück A, die zu der gemeinsamen Steuernummer 123 hinterlegt waren, maschinell nicht der Steuernummer der Klägerin zugeordnet worden. Dies ergibt sich aus dem Prüfhinweis, der zur vollständigen Prüfung der Angaben zu dem Grundstück und zum Anlegen der festsetzungsnahen Daten auffordert. Mangels vorhandener festsetzungsnaher Daten zu der Steuernummer konnte daher maschinell kein automatischer Datenabgleich mit den Abschreibungsdaten für das Grundstück bei Durchführung der Veranlagung erfolgen. Der Bearbeiter hätte vielmehr die festsetzungsnahen Daten, die zu der früheren gemeinsamen Steuernummer der Eheleute hinterlegt waren, aufrufen müssen, um eine sachgerechte Überprüfung durchführen zu können. Es hätte demzufolge weiterer Ermittlungen des Bearbeiters aufgrund des Prüfhinweises bedurft. Die Situation ist insoweit vergleichbar mit der Hinzuziehung von Vorjahresakten. Es liegt somit eine aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen erforderliche, vom Sachbearbeiter unterlassene Sachverhaltsermittlung vor, die – wie oben bereits ausgeführt - kein mechanisches Versehen ist. In solchen Fällen hat das Finanzamt zwar möglicherweise seine Amtsermittlungspflicht verletzt; diese Pflichtverletzung ist aber nicht mit einer offenbaren Unrichtigkeit gleichzusetzen, um den zutreffenden Abschreibungsbetrag für das Grundstück zu ermitteln.

Bei wertender Betrachtung liegt daher im Streitfall ein Ermittlungsfehler vor, der mangels Vorliegen einer offenbaren Unrichtigkeit keine Berichtigung nach § 129 AO rechtfertigt.

2. Eine Änderung des Einkommensteuerbescheides 2015 nach § 173a AO, wegen bei Erstellung einer Steuererklärung unterlaufener Schreib- oder Rechenfehler, scheidet ebenfalls aus. Während § 129 AO voraussetzt, dass die Fehler von der Finanzbehörde begangen wurden, trägt § 173a AO dem Umstand Rechnung, dass in einem modernisierten Besteuerungsverfahren die Erklärungen des Steuerpflichtigen automatisch bearbeitet werden, ohne dass es einer formellen oder materiellen Übernahme der vom Steuerpflichtigen übermittelten Daten durch einen Sachbearbeiter der Finanzbehörde bedarf. Während § 129 AO auch die Änderung aufgrund ähnlicher offenbarer Unrichtigkeiten zulässt, ist die Korrektur nach § 173a AO nach dem Gesetzeswortlaut auf bei Erstellung der Steuererklärung auftretende Schreib- oder Rechenfehler beschränkt. Der Schreib- oder Rechenfehler muss bei Offenlegung des Sachverhalts für jeden unvoreingenommenen Dritten klar und deutlich als solcher erkennbar sein und es darf kein Anhaltspunkt dafür vorliegen, dass eine unrichtige Tatsachenwürdigung, ein Rechtsirrtum oder ein Rechtsanwendungsfehler vorliegt. Fehler bei der Übertragung von Daten sowie bei der Eingabe der elektronischen Steuererklärung werden demzufolge schon nach dem Wortlaut nicht von einer Änderung nach § 173a AO erfasst (vgl. Loose in Tipke-Kruse, AO/FGO-Kommentar § 173a Rn. 8 m.w.N.). In diesen Fällen wäre allenfalls eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO möglich.

3. Im Streitfall kommt eine Änderung des Einkommensteuerbescheides 2015 nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO jedoch nicht in Betracht, da die steuermindernden Umstände, die Vornahme der Abschreibung auf das streitbefangene Grundstück, der Finanzbehörde zum Zeitpunkt der Veranlagung bekannt waren. Es fehlt somit bereits an einer erst nachträglich bekannt gewordenen neuen Tatsache als Voraussetzung für die Anwendung der Änderungsnorm.

Die Klage war daher abzuweisen.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

III. Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung im Hinblick auf die rechtliche Beurteilung einer Anwendung des § 129 AO im Rahmen der EDV-gestützten Veranlagung bei Übergehen eines Prüfhinweises und Nichthinzuziehung hinterlegter elektronischer festsetzungsnaher Daten geboten (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
EFG 2020 S. 245 Nr. 4
GStB 2020 S. 81 Nr. 3
FAAAH-31457