BBK Nr. 3 vom Seite 122

Was bedeuten die neuen GoBD für die Praxis? – ein Kommentar

Roger Odenthal *

[i]Burlein/Odenthal, Die neuen GoBD zur IT-gestützten Buchführung und zum Datenzugriff – Wortlaut und Kommentierung des BMF-Schreibens vom 14. 11. 2014, NWB KAAAE-83466Mit dem Schreiben vom hat das BMF die lange erwarteten „Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD)“ veröffentlicht. Welche Bedeutung haben die GoBD nun für die Praxis? Ein Kommentar.

I. Hintergrund

Gleich zu Beginn des Jahres konfrontieren die Finanzbehörden ihre Kunden mit neu gefassten Verwaltungsvorschriften zu elektronischen Buchführungsverfahren und hieraus resultierenden Daten. Die hierzu bisher geltenden Verlautbarungen der Finanzverwaltung waren bereits in die Jahre gekommen:

  • die Grundsätze ordnungsmäßiger DV-gestützter Buchführungssysteme (GoBS) von 1995 [1],

  • die Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU) von 2001 [2],

  • der Fragen- und Antwortenkatalog (FAQ) der Finanzverwaltung zum Datenzugriffsrecht [3].

[i]Zusammenfassung von GoBS, GDPdU und FAQ zum Datenzugriff Diese Dokumente hat die Finanzverwaltung nun insbesondere vor dem Hintergrund ihrer zwischenzeitlich gewonnenen praktischen Erfahrungen in steuerlichen Außenprüfungen zusammengeführt. Als „Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD)“ wurden sie mit veröffentlicht. Die GoBD traten anschließend ohne längere Übergangsfrist zum in Kraft.

Die Hoffnung:

Die GoBD bieten eine gute Gelegenheit, die sich bisher an vielen Stellen widersprechenden, häufig unscharfen oder an praktischen Erfordernissen vorbei formulierten Verwaltungsäußerungen zur IT-gestützten Buchführung sowie zum Datenzugriff in einen konsistenten Rahmen zu überführen.

II. Vergebene Chance

[i]Details statt Prinzipien Bereits ein erster Blick in das nun vorliegende Ergebnis zeigt: Die auf der Hand liegende Chance wurde leider vertan. Statt prinzipieller Regelungen, die den Handlungsrahmen S. 123von Unternehmen im Bereich computergestützter Buchführungsverfahren klar abgrenzen, dominieren vielfach technisch determinierte Ausführungen, die primär Prüfungserfahrungen in Gastronomiebetrieben sowie bei sonstigem Kleingewerbe mit Bargeschäften reflektieren.

III. Grundsätze oder Richtlinien?

Alleine deshalb dürfte der Begriff „Grundsätze“ für die nun vorliegende Verwaltungsanweisung verfehlt sein. Partikularregelungen, wie die erstmalige Festlegung kurzer Tagesfristen für die Belegerfassung oder zum Einsatzverbot spezieller Buchhaltungs-Manipulationssoftware sind wohl kaum mit dem Erfahrungshorizont vieler Buchführungsverantwortlicher – insbesondere größerer Unternehmen – in Übereinstimmung zu bringen. Kurze Verweise auf konkrete (Bar-)Kassen- oder Kontierungsrichtlinien wären sicherlich eine angemessenere Alternative.

Hinweis:

Die [i]Unveränderte Rechtsauffassung?Finanzverwaltung weist in obigem Zusammenhang zwar ausdrücklich auf eine gegenüber den bisherigen Regelungen unveränderte materielle Rechtsauffassung hin. Aber: Textnuancen lassen demgegenüber eine subtile Ausweitung konkreter Anforderungen und der Zugriffsbedürfnisse erkennen, die sich nicht immer auf Gesetzestexte stützen lassen.

IV. Legitimer Zweck

[i]Harle/Olles, Die moderne Betriebsprüfung – Verfahrensrecht - digitale Betriebsprüfung – Risikomanagement, 2. Aufl., Herne 2014Selbstverständlich ist es der Finanzverwaltung unbenommen, ihre Gesetzesauslegungen mit eigenständigen Vorstellungen und Wünschen in Form einer Verwaltungsanweisung zu formulieren. Betriebe, die sich hiermit auseinandersetzen möchten, sollten jedoch in ihre Überlegungen einbeziehen, dass diese Interpretation aus Sicht einer Verwaltungsbehörde möglicherweise abweicht von der eines Unternehmers, der sich mit Blick auf seine Mitarbeiter sowie oft unter Einsatz seiner persönlichen Existenz täglich ergebnisorientiert im Wettbewerb bewähren muss.

V. Konstruktiver Diskurs

[i]Ordnungsmäßigkeit darf nicht zugunsten der Wirtschaftlichkeit eingeschränkt sein Nachdem die Finanzverwaltung in diesem Zusammenhang ausdrücklich darauf hinweist, dass wirtschaftliche Grundsätze es nicht rechtfertigen, von ihr vorgegebene „Grundprinzipien“ der Ordnungsmäßigkeit zu verletzen, lohnt es sich umso mehr, genauer hinzuschauen, in welchem Umfang diese Anforderungen tatsächlich zu erfüllen sind. Hierbei sollte man auch das Schlagwort „Bürokratieabbau“ und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit berücksichtigen, der die Steuerpflichtigen vor überbordenden Anforderungen schützen soll.

[i]Begrenzung der Anforderungen durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Schließlich rückt ein konstruktiver Diskurs zu diesem Thema die in der Vergangenheit etwas vernachlässigte eigenständige Verantwortung der Buchführungsverantwortlichen für ihr computergestütztes Buchführungsverfahren wieder in den Vordergrund.

Fundstelle(n):
BBK 2015 Seite 122 - 123
NWB DAAAE-83490

1, BStBl 1995 I S. 738 NWB HAAAA-77174.

2, Fassung einschließlich späterer Änderungen unter NWB PAAAE-53856.

3 IV A 4 NWB BAAAD-29354.