Online-Nachricht - Dienstag, 21.03.2017

Einkommensteuer | Kein wirtschaftliches Eigentum bei Cum-Ex-Geschäft (FG)

Der Aktienkäufer hat bei außerbörslichen (OTC-) Aktiengeschäften um den Dividendenstichtag die cum Dividende abgeschlossen und ex Dividende beliefert werden (cum-/ex-Aktiengeschäfte) keinen Anspruch auf Anrechnung der vom Emittenten auf die originäre Dividende erhobene Kapitalertragsteuer ().

Sachverhalt: Dem Rechtsstreit lagen außerbörsliche Aktiengeschäfte zugrunde, die vor dem Dividendenstichtag mit einem Anspruch auf die zu erwartende Dividende (cum) abgeschlossen, die aber erst nach dem Dividendenstichtag mit Aktien ohne Dividende (ex) beliefert wurden.

Hierzu führten die Richter des Hessischen FG weiter aus:

  • Die Bank hat als Aktienkäufer keinen Anspruch auf die von der ausschüttenden Aktiengesellschaft auf die originäre Dividende abgeführte Kapitalertragsteuer. Denn sie ist erst im Zeitpunkt der Belieferung mit den Aktien und damit nach dem Dividendenstichtag Aktieninhaberin geworden.

  • Entgegen der von der Bank vertretenen Ansicht ist das wirtschaftliche Eigentum an den Aktien nicht bereits vor dem Dividendenstichtag mit Abschluss des Aktienkaufvertrages auf sie übergegangen.

  • Ausgehend vom Wortlaut des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO „ein anderer als der Eigentümer die tatsächliche Herrschaft … ausübt“ und „den Eigentümer … von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann“ sowie vom Regelungszusammenhang, wonach die Regelung des wirtschaftlichen Eigentums in Abs. 2 als Sonderregelung zu Abs. 1 steht, ergibt sich ein Regelausnahmeverhältnis, das die Zurechnung eines Wirtschaftsguts nur zum zivilrechtlichen Eigentümer (Abs. 1) oder zum wirtschaftlichen Eigentümer (Abs. 2 Nr. 1 Satz 1) zulässt.

  • Soweit sich die Klägerin hinsichtlich des Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums bereits mit Abschluss des schuldrechtlichen Vertrages auf eine Entscheidung des , die zum sog. Dividendenstrippings bei Börsengeschäften ergangen ist, beruft, liegen die Voraussetzungen, an die der BFH in dem Fall die Rechtsfolge des vorzeitigen Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums geknüpft hat, bei den vorliegenden außerbörslichen Aktiengeschäften, die keinen festen Regeln folgen, nicht vor.

  • In einer weiteren Entscheidung des , die die Klägerin zur Begründung heranzieht, hat der BFH ausdrücklich gerade keine Aussage zu den hier streitigen Geschäften getroffen.

  • Auch die Bezugnahme der Klägerin auf die Aussage des Gesetzgebers zum wirtschaftlichen Eigentum in seiner Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 16/2712 vom ; BR-Drucks 622/06, 77) zum JStG 2007 geht fehl.

  • Vor dem Regelungshintergrund, der Einführung eines neuen Einkünftetatbestandes in § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG handelt es sich bei der in der Gesetzesbegründung gemachten Aussage zum wirtschaftlichen Eigentum um eine bei Gelegenheit geäußerte Rechtsansicht („obiter dictum“), die nach den juristischen Auslegungsregeln nicht dem Willen des Gesetzgebers zugerechnet werden kann.

  • Mit dem Gesetz hat der Gesetzgeber gerade nicht die mehrfache Anrechnung einmal abgeführter Kapitalertragssteuer gebilligt, vielmehr hat er durch die Einführung eines weiteren Einnahmetatbestands und die Kapitalertragsteuereinbehaltungspflicht auf Dividendenkompensationszahlungen (§ 44 Abs. 1 EStG) ein in sich geschlossenes Besteuerungssystem eingeführt.

  • Dieses System zielt gerade darauf ab, Steuerausfälle bei cum-/ex-Aktienverkäufen vom Leerverkäufer zu vermeiden.

  • Wie sich aus der Gesetzesbegründung ergibt, hat der Gesetzgeber dem Fiskus die Kapitalertragsteuer betragsmäßig zur Verfügung stellen wollen, die dem Anrechnungsanspruch beim Erwerb vom Aktienleerverkäufer entspricht.

  • Eine Anrechnung der Kapitalertragsteuer wäre vorliegend bei den streitigen Aktiengeschäften nur dann in Betracht gekommen, wenn die Depotbanken der Aktienverkäufer auf die an die A-Bank über die Clearstream geleisteten Dividendenkompensationszahlugen tatsächlich Kapitalertragsteuer erhoben hätten. Dies ist vorliegend - wie die Beweisaufnahme ergeben hat - jedoch gerade nicht der Fall.

Hinweis:

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Das Hessische FG hat die Revision zugelassen. Der Volltext des Urteils ist auf der Homepage des Hessischen FG veröffentlicht.

In einem vergleichbaren Fall hat das FG Düsseldorf mit inzwischen rechtskräftigem Urteil vom - 6 K 1544/11 K, AO einen Anspruch auf Anrechnung von Körperschaftsteuer und Kapitalertragsteuer ebenfalls abgelehnt. Lesen Sie hierzu unsere News vom 06.03.2017.

Quelle: Hessisches FG, Pressemitteilung vom

Fundstelle(n):
NWB YAAAG-40676