BAG Beschluss v. - 7 ABR 53/02

Leitsatz

[1] Leiharbeitnehmer sind keine Arbeitnehmer des Entleiherbetriebs iSv. § 9 BetrVG. Sie sind deshalb bei der für die Anzahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder maßgeblichen Belegschaftsstärke nicht zu berücksichtigen.

Gesetze: BetrVG (in der ab dem geltenden Fassung) § 5; BetrVG (in der ab dem geltenden Fassung) § 7; BetrVG (in der ab dem geltenden Fassung) § 9; BetrVG (in der ab dem geltenden Fassung) § 19

Instanzenzug: ArbG Düsseldorf 4 BV 37/02 vom LAG Düsseldorf 5 TaBV 42/02 vom

Gründe

I. Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit einer Betriebsratswahl.

Im Betrieb der antragstellenden Arbeitgeberin fand am eine Betriebsratswahl statt, aus der der zu 2) beteiligte Betriebsrat hervorging.

Anfang des Jahres 2002 beschäftigte die Arbeitgeberin 95 Angestellte, 88 gewerbliche Arbeitnehmer und sieben Auszubildende. Drei weitere Arbeitnehmer befanden sich in der Freistellungsphase der Altersteilzeit nach dem sog. Blockmodell. Außerdem waren fünf bis sechs Leiharbeitnehmer sowie drei bis vier Arbeitnehmer von dritten Unternehmen auf der Grundlage von Werkverträgen im Betrieb tätig. Im November 2001 hatte die Arbeitgeberin die Einstellung von vier weiteren Auszubildenden geplant, davon jedoch Anfang Januar 2002 wieder Abstand genommen und dies dem Wahlvorstand mit Schreiben vom mitgeteilt.

Der Wahlvorstand erließ am ein Wahlausschreiben, in dem es ua. heißt:

"...

2. Nach den Feststellungen des Wahlvorstands sind zurzeit (Stichtag: Erlass des Wahlausschreibens) mit allen zum Betrieb gehörenden unselbständigen Nebenbetrieben und Betriebsteilen 193 Arbeitnehmer/innen beschäftigt. Davon sind 22 Frauen und 171 Männer wahlberechtigt. Unter Berücksichtigung der geleisteten Überstunden aus dem Jahr 2001 und der Leiharbeitnehmer aus dem Jahr 2001 und der neuen Auszubildenden im Jahr 2002 ergibt sich eine Belegschaftszahl über 201 Personen.

..."

Bei der Betriebsratswahl am wurden neun Betriebsratsmitglieder gewählt. Das Wahlergebnis wurde am bekannt gemacht.

Die Arbeitgeberin hat mit dem vorliegenden, am beim Arbeitsgericht anhängig gemachten Beschlußverfahren die Unwirksamkeit der Betriebsratswahl geltend gemacht und die Auffassung vertreten, es hätten nur sieben Betriebsratsmitglieder gewählt werden dürfen, da im Betrieb nur 190 wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt gewesen seien.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

die Betriebsratswahl vom für unwirksam zu erklären.

Der Betriebsrat hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen. Er hat gemeint, zu den unstreitig beschäftigten 190 Arbeitnehmern seien die bei der Arbeitgeberin eingesetzten Leiharbeitnehmer und die in der Freistellungsphase der Altersteilzeit befindlichen Arbeitnehmer hinzuzuzählen, ebenso sechs geringfügig beschäftigte Arbeitnehmer sowie zwei bis drei Mitarbeiter des Subunternehmers K und ein Blechschlosser des Unternehmens M , die in den Betrieb der Arbeitgeberin eingegliedert und deren Weisungen unterworfen gewesen seien. Außerdem seien vom 1. Januar bis zum Mitarbeiter des Unternehmens C im Umfang von 174 Mann-Tagen eingesetzt worden, die ebenfalls zu berücksichtigen seien. Ferner müßten vier weitere Auszubildende mitgezählt werden. Deren Einstellung sei nur unterblieben, um die Belegschaftsstärke im Hinblick auf die bevorstehende Betriebsratswahl unter 200 Arbeitnehmern zu halten.

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Betriebsrats zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde begehrt der Betriebsrat weiterhin die Zurückweisung des Antrags. Die Arbeitgeberin beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

II. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat dem Antrag zu Recht stattgegeben. Die Betriebsratswahl ist nach § 19 Abs. 1 BetrVG unwirksam, da gegen wesentliche Vorschriften des Wahlverfahrens verstoßen wurde.

1. Nach § 19 BetrVG kann die Betriebsratswahl vom Arbeitgeber angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, daß durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflußt werden konnte. Diese Voraussetzungen liegen vor. Bei der Betriebsratswahl vom wurde gegen § 9 Satz 1 BetrVG verstoßen. Es hätte nur ein aus sieben Mitgliedern bestehender Betriebsrat gewählt werden dürfen, da im Betrieb der Arbeitgeberin nicht mehr als 200 Arbeitnehmer iSv. § 9 Satz 1 BetrVG beschäftigt waren. Die Betriebsratswahl ist daher unwirksam, weil sie auf einem wesentlichen Mangel iSv. § 19 Abs. 1 BetrVG beruht ( - BAGE 68, 74 = AP BetrVG 1972 § 9 Nr. 2 = EzA BetrVG 1972 § 19 Nr. 31, zu B II 4 der Gründe).

2. Der Betriebsrat besteht nach § 9 Satz 1 BetrVG in Betrieben mit in der Regel 101 bis 200 Arbeitnehmern aus sieben Mitgliedern, in Betrieben mit in der Regel 201 bis 400 Arbeitnehmern aus neun Mitgliedern. Die Arbeitgeberin beschäftigte zu Anfang des Jahres 2002 unstreitig 95 Angestellte, 88 gewerbliche Arbeitnehmer und sieben Auszubildende. Es kann dahin gestellt bleiben, ob zwei bis drei Arbeitnehmer des Unternehmens M , ein Arbeitnehmer des Unternehmens K und sechs geringfügig beschäftigte Arbeitnehmer bei der Ermittlung der Arbeitnehmerzahl gemäß § 9 Satz 1 BetrVG zu berücksichtigen waren. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, waren im Betrieb der Arbeitgeberin nicht mehr als 200 Arbeitnehmer iSv. § 9 Satz 1 BetrVG beschäftigt. Weder die Leiharbeitnehmer, noch die drei in der Freistellungsphase der Altersteilzeit befindlichen Arbeitnehmer, noch die Arbeitnehmer des Unternehmens C sowie die vier Auszubildenden, von deren Einstellung die Arbeitgeberin im Januar 2002 Abstand genommen hatte, waren bei der Ermittlung der für die Betriebsratsgröße maßgeblichen Arbeitnehmerzahl nach § 9 Satz 1 BetrVG zu berücksichtigen.

a) Die bei der Arbeitgeberin eingesetzten Leiharbeitnehmer zählen nicht zu den Arbeitnehmern iSv. § 9 Satz 1 BetrVG.

aa) Nach der Rechtsprechung des Senats zu § 9 BetrVG in der bis zum geltenden Fassung waren bei der für die Anzahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder maßgeblichen Belegschaftsstärke nur betriebsangehörige Arbeitnehmer zu berücksichtigen. Das sind Arbeitnehmer, die in einem Arbeitsverhältnis zum Betriebsinhaber stehen und die in die Betriebsorganisation des Arbeitgebers eingegliedert sind (vgl. - 7 ABR 21/88 - BAGE 61, 7 = AP BetrVG 1972 § 9 Nr. 1 = EzA BetrVG 1972 § 9 Nr. 4, zu B II 1 b der Gründe; - 7 ABR 34/98 - BAGE 94, 144 = AP AÜG § 14 Nr. 8 = EzA AÜG § 14 Nr. 4, zu B II 2 a aa der Gründe; - 1 ABR 43/00 - BAGE 98, 60 = AP BetrVG 1972 § 87 Leiharbeitnehmer Nr. 1 = EzA BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 63, zu B II 1 a der Gründe). Diese Voraussetzungen erfüllen Leiharbeitnehmer nicht. Denn die Arbeitnehmerüberlassung ist gekennzeichnet durch das Fehlen einer arbeitsvertraglichen Beziehung zwischen Arbeitnehmer und Entleiher ( - BAGE 96, 150 = AP AÜG § 10 Nr. 15 = EzA AÜG § 10 Nr. 10, zu I 1 b der Gründe). Die tatsächliche Eingliederung in die Betriebsorganisation begründet nicht die Betriebszugehörigkeit zum Entleiherbetrieb. Dies ergibt sich aus § 14 Abs. 1 AÜG. Danach bleiben Leiharbeitnehmer auch während der Zeit ihrer Arbeitsleistung bei einem Entleiher Angehörige des entsendenden Betriebs. Der tatsächlichen Eingliederung in den Betrieb des Entleihers hat der Gesetzgeber dadurch Rechnung getragen, daß Leiharbeitnehmern nach § 14 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 AÜG einzelne betriebsverfassungsrechtliche Rechte im Entleiherbetrieb zustehen. Eine vollständige Betriebszugehörigkeit des Leiharbeitnehmers zum Entleiherbetrieb wird dadurch jedoch nicht begründet ( - aaO, zu B II 1 b der Gründe; - 7 ABR 34/98 - aaO, zu B II 2 a cc der Gründe).

bb) Daran hat sich durch die Einräumung des aktiven Wahlrechts für Leiharbeitnehmer in § 7 Satz 2 BetrVG in der ab dem geltenden Fassung des Gesetzes zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes vom (BGBl. I S. 1852) nichts geändert. Dadurch werden Leiharbeitnehmer nicht zu betriebsangehörigen Arbeitnehmern des Entleihers (so auch GK-BetrVG/Kreutz 7. Aufl. § 7 Rn. 74 ff.; Franke NJW 2002, 656; Hanau ZIP 2001, 1981 ff.; ders. NJW 2001, 2513 ff.; Konzen RdA 2001, 76, 83; Lindemann/Simon NZA 2002, 365, 367; Löwisch BB 2001, 1734, 1737; Maschmann DB 2001, 2446; Neumann BB 2002, 510, 514; Schaub ZTR 2001, 437, 439; Schiefer/Korte NZA 2002, 57, 59; aA Fitting/Kaiser/Heither/Engels/Schmidt BetrVG 21. Aufl. § 7 Rn. 37; Richardi/Thüsing BetrVG 8. Aufl. § 7 Rn. 7; Däubler AuR 2001, 285, 286). Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift. In § 7 BetrVG wird unterschieden zwischen Arbeitnehmern des Betriebs (Satz 1) und Arbeitnehmern eines anderen Arbeitgebers, die zur Arbeitsleistung überlassen werden (Satz 2). Daraus ist zu entnehmen, daß die überlassenen Arbeitnehmer gerade keine Arbeitnehmer des Betriebs sind. Dem entspricht es, daß Leiharbeitnehmer nach § 14 Abs. 1 AÜG nach wie vor dem Betrieb des Verleihers zugeordnet sind. Durch das Betriebsverfassungsreformgesetz sind in § 14 Abs. 2 Satz 1 AÜG lediglich die Worte "weder wahlberechtigt noch" gestrichen und durch das Wort "nicht" ersetzt worden. Abgesehen von der Einräumung des aktiven Wahlrechts im Entleiherbetrieb ist daher die betriebsverfassungsrechtliche Stellung der Leiharbeitnehmer unverändert geblieben.

cc) Dem steht die Entstehungsgeschichte der Vorschrift nicht entgegen. Zwar heißt es in der Begründung zum Regierungsentwurf des Gesetzes zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes (BT-Drucks. 14/5741 S. 36 Nr. 7), § 7 Satz 2 erkenne die Zugehörigkeit der Leiharbeitnehmer zum Einsatzbetrieb an. Dies steht jedoch im Widerspruch dazu, daß Leiharbeitnehmer durch die Zuerkennung des aktiven Wahlrechts aus der Randbelegschaft an die Stammbelegschaft herangeführt werden sollen, "ohne sie in rechtlich unzutreffender Weise als Arbeitnehmer des Entleiherbetriebes einzustufen" (BT-Drucks. 14/5741 S. 28). Der Gesetzgeber ist daher nicht davon ausgegangen, daß Leiharbeitnehmer dem Betrieb des Entleihers angehören. Es kann auch nicht angenommen werden, daß der Gesetzgeber des Betriebsverfassungsreformgesetzes die in § 9 BetrVG bestimmte Größe des Betriebsrats allein von der Anzahl der nach § 7 BetrVG Wahlberechtigten ungeachtet ihrer Betriebsangehörigkeit abhängig gemacht hat. Dem steht bereits der Wortlaut des § 9 BetrVG entgegen, der nicht nur von Wahlberechtigten, sondern von wahlberechtigten Arbeitnehmern bzw. Arbeitnehmern spricht. Damit nimmt die Bestimmung Bezug auf § 5 BetrVG. Der in dieser Vorschrift definierte Arbeitnehmerbegriff wurde durch das Betriebsverfassungsreformgesetz nicht geändert. Die Neufassung von § 5 Abs. 1 hat lediglich klarstellenden Charakter (BT-Drucks. 14/5741 S. 28/35 zu Nr. 5).

dd) Auch Sinn und Zweck von § 9 BetrVG gebieten es nicht, Leiharbeitnehmer bei der Ermittlung der für die Größe des Betriebsrats maßgeblichen Arbeitnehmerzahl zu berücksichtigen.

Nach § 9 BetrVG ist die Anzahl der Betriebsratsmitglieder von der Belegschaftsstärke abhängig. Dadurch soll sichergestellt werden, daß die Zahl der Betriebsratsmitglieder in einem angemessenen Verhältnis zur Zahl der betriebsangehörigen Arbeitnehmer steht. Um die Funktionsfähigkeit des Betriebsrats zu gewährleisten, ist es erforderlich, seine Größe dem maßgeblich durch die Anzahl der repräsentierten Arbeitnehmer bedingten Arbeitsaufwand anzupassen. Nur betriebsangehörige Arbeitnehmer verursachen jeweils einen bei der Bemessung der Betriebsratsgröße zu beachtenden etwa gleichen Arbeitsaufwand. Demgegenüber werden Leiharbeitnehmer nur partiell vom Betriebsrat des Entleiherbetriebs repräsentiert. Bei ihnen fällt zwar ebenfalls Betriebsratsarbeit an, die die Berücksichtigung bei der Betriebsratsgröße rechtfertigen könnte. Es sind jedoch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, daß dieser im Vergleich zu betriebsangehörigen Arbeitnehmern regelmäßig geringere Arbeitsaufwand für Leiharbeitnehmer bei der Bemessung der Betriebsratsgröße in § 9 BetrVG berücksichtigt worden ist ( - BAGE 61, 7 = AP BetrVG 1972 § 9 Nr. 1 = EzA BetrVG 1972 § 9 Nr. 4, zu B II 1 b der Gründe). Zwar wurde durch das Gesetz zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes die Anzahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder erhöht. Dies ist aber nicht auf die Belastung des Betriebsrats durch die Repräsentation von Leiharbeitnehmern zurückzuführen, sondern beruht auf dem allgemein seit der Verabschiedung des BetrVG 1972 angewachsenen Arbeitsanfall. Dementsprechend wird im Regierungsentwurf des Gesetzes zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes (BT-Drucks. 14/5741 S. 36 Nr. 8) die Anhebung der Zahl der Betriebsratsmitglieder mit der Erweiterung der Aufgaben des Betriebsrats im Zusammenhang mit der Einführung und Anwendung neuer Techniken, moderner Produktions- und Arbeitsmethoden, Qualifizierung, Beschäftigungssicherung sowie Arbeits- und Umweltschutz begründet, nicht aber mit Aufgabenstellungen, die Leiharbeitnehmer betreffen. Diese Aufgaben haben sich durch das Gesetz zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes nicht geändert. § 14 Abs. 2 und Abs. 3 AÜG, die die Mitkwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des im Entleiherbetrieb bestehenden Betriebsrats für Leiharbeitnehmer betreffen, sind - mit Ausnahme der Berücksichtigung des aktiven Wahlrechts für Leiharbeitnehmer - unverändert geblieben.

ee) Die Regelung in § 7 Satz 2 BetrVG ist entgegen der Auffassung des Betriebsrats nicht sinnlos, wenn ihr über die Wahlberechtigung hinaus keine weitere Bedeutung beigemessen wird. Die Wahlberechtigung der Leiharbeitnehmer beseitigt ein Legitimationsdefizit, soweit der Betriebsrat im Entleiherbetrieb Mitbestimmungsrechte auch für Leiharbeitnehmer wahrnimmt. Diese Legitimation ist nicht deshalb überflüssig, weil Leiharbeitnehmer in der Regel nur einen Bruchteil der Amtszeit des Betriebsrats im Entleiherbetrieb tätig sind und deshalb Wählende und vom Betriebsrat Repräsentierte insoweit häufig nicht identisch sind. So verhält es sich auch bei befristet beschäftigten Arbeitnehmern, ohne daß deren aktives Wahlrecht als überflüssig angesehen wird.

b) Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, daß die in der Freistellungsphase der Altersteilzeit befindlichen Arbeitnehmer bei der für die Anzahl der Betriebsratsmitglieder maßgeblichen Belegschaftsstärke nach § 9 BetrVG nicht zu berücksichtigen sind, weil sie dem Betrieb nicht mehr angehören. In der Freistellungsphase ist zwar die Bindung des Arbeitnehmers zum Betrieb nicht vollständig aufgehoben. Denn aus dem fortbestehenden Arbeitsverhältnis ergeben sich weiterhin Ansprüche des Arbeitnehmers. Er ist jedoch nicht mehr in die Betriebsorganisation eingegliedert. Eine Rückkehr in den Betrieb ist nicht vorgesehen. Dadurch unterscheidet sich ein in der Freistellungsphase der Altersteilzeit befindlicher Arbeitnehmer von anderen Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnisse ruhen, zB während der Elternzeit oder der Ableistung eines Wehr- oder Zivildienstes ( - BAGE 26, 107 = AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 2 = EzA BetrVG 1972 § 19 Nr. 2, zu II 4 c der Gründe; - 5 AZR 526/87 - BAGE 59, 62 = AP BErzGG § 15 Nr. 1 = EzA BErzGG § 16 Nr. 1; - 7 AZR 574/88 - AP BetrVG 1972 § 44 Nr. 9 = EzA BetrVG 1972 § 44 Nr. 9; - 7 ABR 18/00 - BAGE 96, 163 = AP BetrVG (1952) § 76 Nr. 32 = EzA BetrVG § 76 Nr. 16, zu B 3 c der Gründe). Diese kehren in der Regel in den Betrieb zurück. Demgegenüber tritt der in der Freistellungsphase der Altersteilzeit befindliche Arbeitnehmer im Anschluß daran unmittelbar in den Ruhestand. Er scheidet daher mit dem Ende seiner aktiven Tätigkeit endgültig aus dem Betrieb aus. Damit endet die erforderliche tatsächliche Beziehung zum Betrieb und mit ihr die Betriebszugehörigkeit (ErfK-Eisemann 2. Aufl. § 9 BetrVG Rn. 2; Fitting/Kaier/Heither/Engels/Schmidt BetrVG 21. Aufl. § 7 Rn. 32; GK-BetrVG/Kreutz 7. Aufl. § 7 Rn. 25; Richardi/Thüsing BetrVG 8. Aufl. § 9 Rn. 8; Lindemann/Simon NZA 2002, 365, 370; Rieble/Gutzeit BB 1998, 638, 641; vgl. auch - BVerwGE 116, 242 = AP BPersVG § 19 Nr. 1, zu II 1 b der Gründe; aA Däubler AiB 2001, 684; Natzel NZA 1998, 1262, 1265). Dies steht der Berücksichtigung als Arbeitnehmer iSv. § 9 BetrVG entgegen.

c) Die Arbeitnehmer des Unternehmens C gehören ebenfalls nicht zu den betriebsangehörigen Arbeitnehmern iSv. § 9 BetrVG. Dies wäre nur denkbar, wenn sie nicht auf der Grundlage werkvertraglicher Beziehungen, sondern auf Grund einer unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung nach § 1 Abs. 1 AÜG bei der Arbeitgeberin eingesetzt gewesen wären. Nur in diesem Fall wären nach § 10 Abs. 1 AÜG iVm. § 9 Nr. 1 AÜG Arbeitsverhältnisse zu der Arbeitgeberin entstanden. Anhaltspunkte, die auf eine unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung hindeuten könnten, sind aber weder vom Landesarbeitsgericht festgestellt noch vom Betriebsrat vorgetragen oder sonst ersichtlich.

d) Das Landesarbeitsgericht ist auch zu Recht davon ausgegangen, daß vier Auszubildende, die nach den ursprünglichen Personalplanungen der Arbeitgeberin im Jahr 2002 eingestellt werden sollten, nicht als Arbeitnehmer des Betriebs iSv. § 9 BetrVG zu berücksichtigen sind, weil die Arbeitgeberin von deren Einstellung bereits vor Erlaß des Wahlausschreibens Abstand genommen hatte.

aa) Maßgebend für die Anzahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder nach § 9 BetrVG ist die Zahl der "in der Regel" beschäftigten Arbeitnehmer. Das ist die Zahl der Arbeitnehmer, die für den Betrieb im allgemeinen kennzeichnend ist. Der Wahlvorstand hat für die Feststellung der Arbeitnehmerzahl nicht nur den Personalbestand in der Vergangenheit zugrunde zu legen, sondern auch die künftige, auf Grund konkreter Entscheidungen des Arbeitgebers zu erwartende Entwicklung des Beschäftigungsstandes einzubeziehen ( - BAGE 68, 84 = AP BPersVG § 17 Nr. 1, zu B II 2 b der Gründe). Maßgebend sind die Verhältnisse bei Erlaß des Wahlausschreibens ( - BAGE 28, 203 = AP BetrVG 1972 § 8 Nr. 1 = EzA BetrVG 1972 § 8 Nr. 2, zu III 3 b der Gründe).

bb) Nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen und damit für den Senat bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts stand im Zeitpunkt des Erlasses des Wahlausschreibens fest, daß - entgegen der vorangegangenen Planungen der Arbeitgeberin - im Jahr 2002 keine weiteren Auszubildenden eingestellt wurden. Dies hatte die Arbeitgeberin dem Wahlvorstand noch vor Erlaß des Wahlausschreibens mit Schreiben vom mitgeteilt. Damit spielten diese Auszubildenden für die künftige Entwicklung der Belegschaftsstärke keine Rolle. Sie waren nach § 9 BetrVG nicht zu berücksichtigen, und zwar selbst dann nicht, wenn sie nur deshalb nicht eingestellt wurden, um die Belegschaft nicht auf mehr als 200 Arbeitnehmer anwachsen zu lassen. Durch die an die Belegschaftsstärke des Betriebs anknüpfende Staffelung in § 9 BetrVG soll sichergestellt werden, daß die Zahl der Betriebsratsmitglieder in einem angemessenen Verhältnis zur Zahl der betriebsangehörigen Arbeitnehmer steht. Deshalb kommt es nur auf die tatsächliche Belegschaftsstärke an und nicht auf die Motive, die zu einer Änderung der Personalplanung des Arbeitgebers geführt haben. Andernfalls könnte es zur Bildung eines im Verhältnis zur tatsächlichen Arbeitnehmerzahl unangemessen großen Betriebsrats kommen. Anders könnte die Rechtslage zu beurteilen sein, wenn der Arbeitgeber ein Anwachsen der Belegschaft lediglich bis nach der Betriebsratswahl hinauszögert, um die Größe des Betriebsrats zu manipulieren. Dafür bestehen jedoch keine Anhaltspunkte.

e) Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht offen gelassen, ob sechs geringfügig Beschäftigte sowie zwei oder drei Mitarbeiter des Unternehmens K und ein Mitarbeiter des Unternehmens M zu den Arbeitnehmern iSv. § 9 BetrVG zählen. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, hätten nicht neun Betriebsratsmitglieder gewählt werden dürfen. Die Berücksichtigung dieser Mitarbeiter ergibt eine Belegschaftsstärke von 200 Arbeitnehmern. Nach § 9 Satz 1 BetrVG hätten daher auch in diesem Fall nur sieben Betriebsratsmitglieder gewählt werden dürfen.

Fundstelle(n):
BB 2003 S. 2178 Nr. 41
DB 2003 S. 2128 Nr. 39
DStR 2003 S. 2126 Nr. 49
SAAAB-94630

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