BGH Beschluss v. - 3 StR 141/13

Neues Strafurteil nach Zurückverweisung durch das Revisionsgericht: Erneute Bildung einer Gesamtstrafe

Gesetze: § 358 StPO, § 55 Abs 1 S 1 StGB

Instanzenzug: LG Oldenburg (Oldenburg) Az: 4 KLs 30/12

Gründe

1Das Landgericht hatte die Angeklagten T.    und F.      jeweils wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung und (mit) räuberischer Erpressung schuldig gesprochen. Den Angeklagten T.   hatte es unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Urteil des Landgerichts Oldenburg vom zur Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten, den Angeklagten F.     unter Einbeziehung der Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Osnabrück vom zu einer solchen von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt.

2Auf die Revisionen der Staatanwaltschaft und der Angeklagten ist dieses Urteil insgesamt mit den Feststellungen aufgehoben und zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen worden.

3Das Landgericht hat die Angeklagten nunmehr jeweils wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung zur Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten (T.   ) bzw. von einem Jahr und sechs Monaten (F.    ) verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte T.    mit seiner in allgemeiner Form erhobenen Sachrüge. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg, gemäß § 357 StPO auch hinsichtlich des Mitangeklagten F.   ; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

4Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat zum Schuld- und Einzelstrafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Das Urteil hat hingegen keinen Bestand, soweit es das Landgericht - anders als im ersten Urteil - abgelehnt hat, mit den Einzelstrafen aus dem Urteil des Landgerichts Oldenburg vom nachträglich eine Gesamtstrafe zu bilden (§ 55 Abs. 1 Satz 1 StGB). Die hieraus folgende Teilaufhebung des angefochtenen Urteils erstreckt sich auch auf den Nichtrevidenten F.   , weil das Urteil auch ihn betreffend an demselben materiellrechtlichen Fehler leidet.

5Das Landgericht hat ausgeführt, dass bei beiden Angeklagten aufgrund der zwischenzeitlichen vollständigen Vollstreckung der im ersten Urteil einbezogenen Vorstrafen, bei dem Angeklagten F.     die Freiheitsstrafe von sechs Monaten aus dem Urteil des Amtsgerichts Osnabrück vom , bei dem Angeklagten T.    zwei Freiheitsstrafen von jeweils zwei Jahren aus dem Urteil des Landgerichts Oldenburg vom , eine erneute Gesamtstrafenbildung nicht mehr vorzunehmen sei und die Angeklagten deswegen nicht in den Vorteil der Regelung des § 55 StGB kommen könnten. Das Landgericht hat als Ausgleich hierfür bei beiden Angeklagten einen (unbezifferten) Härteausgleich vorgenommen.

6Die Annahme des Landgerichts, dass mit den im ersten Urteil jeweils einbezogenen Vorstrafen wegen deren zwischenzeitlichen Vollstreckung eine Gesamtstrafe aus diesen und den durch das angefochtene Urteil verhängten Strafen gemäß § 55 Abs. 1 StGB nachträglich nicht mehr gebildet werden kann, hält der rechtlichen Prüfung nicht stand.

7Nach Aufhebung einer Gesamtstrafe und Zurückverweisung der Sache an das Tatgericht hat die (erneute) Bildung einer Gesamtstrafe gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 StGB grundsätzlich nach Maßgabe der Vollstreckungssituation zum Zeitpunkt der ersten Entscheidung zu erfolgen (st. Rspr.; vgl. nur , NStZ-RR 2012, 106). Dies gilt nicht nur in dem Fall, in dem die Urteilsaufhebung gerade wegen fehlerhaft unterbliebener nachträglicher Gesamtstrafenbildung erfolgt ist. Vielmehr ist es so regelmäßig auch in anderen Fällen der Gesamtstrafenaufhebung zu verfahren (vgl. , BGHR StGB § 55 Abs. 1 Einbeziehung 9; LK/Rissing-van Saan, StGB, 12. Aufl., § 55 Rn. 25 mwN). Weiter gilt nichts anderes, wenn - wie hier - das erste Urteil nicht allein auf die Revision des Angeklagten, sondern auch auf die der Staatsanwaltschaft aufgehoben worden ist. Denn auch in diesem Fall soll einem Revisionsführer der durch eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung erlangte Rechtsvorteil nicht durch sein Rechtsmittel genommen werden.

8Der Senat hat von der Möglichkeit des § 354 Abs. 1b Satz 1 StPO Gebrauch gemacht. Die Kosten- und Auslagenentscheidung war dem Verfahren gemäß §§ 460, 462 StPO vorzubehalten.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



Fundstelle(n):
EAAAE-45229