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Pauschalierter Verlustrücktrag zur Liquiditätssicherung in Zeiten von Corona
Anwendungs- und Praxisfragen zum
Mit Schreiben vom hat das BMF für viele Stpfl. die Möglichkeit geschaffen, die Erstattung bereits geleisteter Vorauszahlungen für das Jahr 2019 mithilfe eines pauschalierten Verlustrücktrags zu erwirken. Der Autor zeigt auf, wie durch die Pauschalierung zeitnah und unbürokratisch zusätzliche Liquidität in den Unternehmen generiert werden kann. Gleichzeitig plädiert er dafür, die Vorgaben für die Verlustverrechnung im deutschen Steuerrecht nicht nur temporär in der aktuellen Krisenzeit, sondern darüber hinaus grundlegend zu verbessern.
Inwiefern können geleistete Vorauszahlungen für das Jahr 2019 mithilfe des pauschalierten Verlustrücktrags erstattet werden?
Welche Voraussetzungen sind an die Nutzung des pauschalierten Verlustrücktrags geknüpft?
Welche Besonderheiten sind im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer/Körperschaftsteuer 2020 zu beachten, soweit sich im Nachhinein kein bzw. kein ausreichender Verlustrücktrag ergibt?
I. Einleitung
[i]Imberg/Potthoff, Auswirkungen
der Corona-Krise auf Steuern, Rechnungslegung und Recht – ein Überblick,
NWB Online-Beitrag
NWB JAAAH-45039
Hechtner, FAQ
„Corona“ (Steuern) des BMF, NWB 20/2020 S. 1468
NWB PAAAH-48164 Um von den Auswirkungen
der Corona-Krise betroffene Unternehmen zu unterstützen, wurden bereits
zahlreiche steuerliche Maßnahmen seitens des Gesetzgebers in den vergangenen
Wochen auf den Weg gebracht und gesetzgeberisch umgesetzt. Am wurde
durch ein BMF-Schreiben
eine zusätzliche Möglichkeit geschaffen, welche viele Stpfl. kurzfristig mit
dringend benötigten liquiden Mitteln
ausstatten soll: Mithilfe eines pauschal ermittelten
Verlustrücktrags können Stpfl., die bereits im Jahr 2019
Steuervorauszahlungen für die Einkommen- oder Körperschaftsteuer geleistet
haben und im aktuellen Jahr Corona-bedingt voraussichtlich einen Verlust
erleiden werden, bei ihrem FA ohne die Einreichung weiterer Belege die
Herabsetzung geleisteter Vorauszahlungen für
das Jahr 2019 beantragen . Über die
Herabsetzung erhalten die Stpfl. sodann die geleisteten Zahlungen erstattet.
Das vereinfachte Verfahren zur Anpassung der
Vorauszahlungen soll sicherstellen, dass Stpfl. nicht – wie eigentlich
üblich – die vorauszahlungsmindernden Umstände gegenüber ihrem FA
umfassend durch die Vorlage entsprechender Beweismittel glaubhaft machen
müssen, soweit die Umstände nicht von Amts wegen bereits bekannt sind. Der
nachfolgende Beitrag zeigt die inhaltlichen Vorgaben des BMF-Schreibens auf und
erläutert mit Praxishinweisen, welche Besonderheiten bei der Antragsstellung zu
beachten sind. Gleichzeitig wird dargelegt, warum die Vorgaben des
BMF-Schreibens für eine angemessene Verlustverrechnung in der bestehenden
Krisenzeit nicht ausreichen und an welchen Stellen Nachbesserungsbedarf
besteht.
II. Hintergrund: Verlustverrechnungen im Einkommen- und Körperschaftsteuerrecht
Zur Sicherung der Steuergerechtigkeit eröffnet § 10d EStG eine Durchbrechung der Abschnittsbesteuerung und verhindert, dass Verluste, welche durch die Schwankung von jährlichen Gewinnen entstehen, endgültig steuerlich verloren gehen. Der interperiodische Verlustabzug kann in zweifacher Weise vorgenommen werden:
Einerseits besteht die Möglichkeit, diesen im Wege des Verlustrücktrags (§ 10d Abs. 1 EStG) im unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraum i. H. von maximal S. 4511 Mio. € (bzw. 2 Mio. € bei Zusammenveranlagung) zu berücksichtigen.
Andererseits kann dieser im Wege des Verlustvortrags (§ 10d Abs. 2 EStG) in folgenden Veranlagungszeiträumen zeitlich unbegrenzt i. H. von bis zu 1 Mio. € (bzw. 2 Mio. € bei Zusammenveranlagung) zuzüglich 60 % des den 1 Mio. € übersteigenden Gesamtbetrags der Einkünfte berücksichtigt werden.
Für den Verlustrücktrag besteht ein Wahlrecht. Das bedeutet zum einen, dass auf ihn ganz verzichtet werden kann. Sinnvoll ist dies z. B., wenn sich ein Rücktrag aufgrund eines geringen zu versteuernden Einkommens nur minimal auswirkt oder die Einkommensprognosen für künftige Perioden höher sind als diejenigen, die in der Vergangenheit realisiert wurden. Zum anderen kann der Stpfl. selbst über eine geringere Höhe des rückzutragenden Verlustes entscheiden (§ 10d Abs. 1 Satz 5 EStG). Wird das Wahlrecht nicht in Anspruch genommen, so gilt stets: Verlustrücktrag vor Verlustvortrag. In diesem Fall sind Verluste, die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichen werden, bis zu einem Betrag von insgesamt 1 Mio. € (bzw. 2 Mio. €) vom Gesamtbetrag der Einkünfte – vorrangig vor Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen – des unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraums abzuziehen. Ist für den unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraum bereits ein Steuerbescheid erlassen worden, so ist er insoweit zu ändern, als der Verlustabzug zu gewähren oder zu berichtigen ist.
Aufgrund des vorrangigen Abzugs des Verlustrücktrags vor den Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen ist der Verzicht (oder die Begrenzung) zu empfehlen, wenn der Rücktrag das zu versteuernde Einkommen bis auf 0 € reduziert, da sich sonst Grundfreibetrag, Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen ggf. nicht auswirken und dem Stpfl. Abzugsbeträge verloren gehen können.
§ 10d EStG gilt zunächst unmittelbar für die Einkommensteuer, gem. § 8 Abs. 1 KStG allerdings auch für die Körperschaftsteuer, wobei sich durch § 8c KStG bzw. § 8 Abs. 4 KStG Besonderheiten ergeben. Für die Gewerbesteuer ist ein eigenständiger Verlustabzug in § 10a GewStG niedergelegt.