Online-Nachricht - Freitag, 12.06.2020

Bilanzierung | Keine Rückstellung für Räumung des Baustellenlagers (BFH)

Ungeachtet einer bestehenden Außenverpflichtung (hier: Räumung eines Baustellenlagers bei Vertragsende) ist ein Ansatz einer Verbindlichkeitsrückstellung gem. § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB dann ausgeschlossen, wenn die Verpflichtung in ihrer wirtschaftlichen Belastungswirkung von einem eigenbetrieblichen Interesse vollständig "überlagert" wird (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Die Bildung von Aufwandsrückstellungen, denen keine Verpflichtung gegenüber einem Dritten zugrunde liegt, ist nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG i. V. m. § 249 Abs. 2 Satz 1 HGB unzulässig. Gleiches gilt nach der Rechtsprechung des BFH für Außenverpflichtungen, bei denen die Leistungspflicht gegenüber dem Dritten von eigenbetrieblichen Erfordernissen des Unternehmens gleichgerichtet und kongruent überlagert wird.

Sachverhalt: Die Klägerin, eine im Spezialgerüstbau tätige GmbH, hatte Rückstellungen für den Aufwand der Demontage des auf der jeweiligen Baustelle befindlichen Materials gebildet. Das FA vertrat u.a. die Auffassung, die Bildung einer Rückstellung für die mit der Auflösung von Baustellen verbundenen Aufwendungen sei unzulässig, da Rückstellungen für drohende Verluste steuerrechtlich nicht zulässig seien und die Voraussetzungen für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten nicht vorlägen.

Die gegen die gewinnerhöhende Auflösung der Rückstellung gerichtete Klage beim FG () hatte keinen Erfolg. Die Räumung der Grundstücke hat sowohl im Interesse des jeweiligen Auftraggebers als auch im Interesse der Klägerin gelegen.

Der BFH wies die Revision als unbegründet zurück:

  • Nach Maßgabe ständiger Rechtsprechung des BFH kann es ungeachtet einer ausreichend bestimmten Außenverpflichtung aber - dabei unabhängig von der Rechtsnatur als privatrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Verpflichtung - in Betracht kommen, die wirtschaftlichen Interessen des Leistungsverpflichteten und des Anspruchsberechtigten zu gewichten und im Einzelfall ein sog. eigenbetriebliches Interesse als wirtschaftlich auslösendes Moment der Belastung zu werten (, , , , ).

  • Der BFH hält - entgegen der in der Literatur geäußerten Kritik - insbesondere in den Fällen an die Rechtsprechung fest, in denen eine bestehende Außenverpflichtung durch ein eigenbetriebliches Interesse bei wirtschaftlicher Betrachtung vollständig überlagert wird und damit der Sache nach eine sog. Aufwandsrückstellung vorliegt (Ansatzverbot gem. § 249 Abs. 2 Satz 1 HGB).

  • Insbesondere hat das "Negativmerkmal" damit entgegen der Ansicht der Klägerin eine gesetzliche Grundlage, da die Außenverpflichtung eine wirtschaftliche Belastung auslösen muss und diese Frage nicht losgelöst von einem damit im unmittelbaren Zusammenhang stehenden eigenbetrieblichen Interesse beantwortet werden kann.

Anmerkung von Prof. Dr. Alois Nacke, Richter im XI. Senat des BFH:

Der BFH hat mit dieser Entscheidung seine Rechtsprechung fortgesetzt, dass ein eigenbetriebliches Interesse eine Außenverpflichtung, die eine Voraussetzung für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten darstellt, überlagern kann. Er hat damit die Kritik der Literatur an dieser Überlagerung nicht aufgegriffen. Diese Literaturkritik, die sich an verschiedenen Stellen auf die ablehnende Haltung des BFH zur Rückstellungsbildung für ungewisse Verbindlichkeiten nach § 249 HGB erstreckt, führte nicht zur Änderung der BFH-Ansicht, die auch vom I., IV., VIII. und vom X. Senat vertreten wird.

Besonders der vorliegende Besprechungsfall macht deutlich, dass für die absehbaren Aufwendungen ein eigenbetriebliches Interesse des Steuerpflichtigen maßgeblich war. Die Räumung und der Abtransport von Gerüstmaterial und der dazu gehörenden Maschinen liegt im ureigenem Interesse des Gerüstbauers. Auch kann man nicht die Räumungskosten von den Transportkosten trennen und dann - wie in der Literatur gefordert - für die Räumung eine Rückstellung zulassen. Weder lassen sich diese Kosten m. E. sachgerecht von den Transportkosten trennen, noch beachtet diese Ansicht, dass weiterhin die Räumungskosten von dem Eigeninteresse des Steuerpflichtigen überlagert werden.

Quelle: , NWB Datenbank (JT)

Fundstelle(n):
NWB AAAAH-50738