Online-Nachricht - Donnerstag, 30.01.2020

Umsatzsteuer | Geschäftsveräußerung im Ganzen bei Begründung einer Organschaft (BFH)

Die Inhaberschaft von Anteilen an einer GmbH reicht (im Gegensatz zur Inhaberschaft von Vermögenswerten dieser GmbH) für sich genommen nicht hin, um eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit der Veräußerin fortführen zu können. Anders kann es sein, wenn die bisherige Organträgerin die Anteile an der GmbH an die neue Organträgerin überträgt (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Die Klägerin, eine GmbH & Co. KG, war vor dem alleinige Gesellschafterin der B GmbH. An diese vermietete sie Betriebsgrundstücke (steuerpflichtig). Kommanditist der Klägerin, Gesellschafter der Komplementärin der Klägerin und alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer sowohl der Klägerin als auch der B GmbH war W. Die Klägerin war umsatzsteuerrechtliche Organträgerin der B GmbH.

Im Jahr 2012 verkaufte die Klägerin ihre Beteiligung an der B GmbH überwiegend an eine Beteiligungsgesellschaft (Erwerberin). Eine Option zur Umsatzsteuerpflicht erfolgte nicht. Einen geringeren Teil der Anteile brachte die Klägerin im Wege der Sachkapitalerhöhung in die Erwerberin ein, so dass sie seitdem zu 25,1 % an der Erwerberin beteiligt ist. Für dieses Geschäft hatte die Klägerin Beratungsleistungen in Anspruch genommen. Die für die Leistungen gezahlte Umsatzsteuer zog sie in ihrer Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2012 (Streitjahr) als Vorsteuer ab.

Das FA erkannte den Vorsteuerabzug nicht an. Einspruch und Klage hiergegen blieben erfolglos ().

Der BFH hob die Entscheidung des FG auf und verwies die Sache an das FG zurück:

  • Die Klägerin war Unternehmerin i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 UstG und hielt die Anteile an der B GmbH in ihrem Unternehmensvermögen.

    • Dabei ist die nachhaltige und entgeltliche Vermietung des Betriebsgrundstückes durch die Klägerin an die B GmbH als wirtschaftliche Tätigkeit anzusehen.

    • Neben der Vermietung ging die Klägerin mit der Herstellung von Waren auch einer eigenunternehmerischen Tätigkeit nach.

  • Die bisherigen tatsächlichen Feststellungen des FG reichen nicht aus, um zu beurteilen, ob FA und FG den Vorsteuerabzug zutreffend nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG versagt haben, weil die Veräußerung der Anteile an der B GmbH an die Erwerberin und die Einbringung der Anteile an der B GmbH in die Erwerberin gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten ein steuerfreier Umsatz oder als Geschäftsveräußerung nicht steuerbar ist.

    • Eine Geschäftsveräußerung scheidet bei isolierter Betrachtung der Veräußerung der Anteile an sich aus, weil eine Beteiligung an einem Unternehmen kein "hinreichendes Ganzes" i.S. eines Teilvermögens ist.

    • Läge eine Organschaft vor, könnte die Beteiligung an der B GmbH ein Teilvermögen sein; denn beim Veräußerer notwendige Gegenstände dürfen vom Erwerber angemietet werden und müssen deshalb z.B. nicht mitübertragen werden (vgl. ; , Rz 35).

    • Dies wäre hier in Bezug auf die Betriebsgrundstücke der Fall, falls auch ohne deren Übertragung eine neue Organschaft besteht, weil dann umsatzsteuerrechtlich Leistungsempfängerin der Vermietungsleistung der Klägerin die Erwerberin wäre. Wenn die Voraussetzungen der Organschaft aufgrund der bei der Erwerberin vorhandenen und von der Klägerin hinzu erworbenen Gegenstände (Anteile an der B GmbH) vorhanden wären, wäre die Beteiligung an der Organgesellschaft ein hinreichendes Ganzes, mit der die Organträgerin die bisherige eigenunternehmerische Tätigkeit fortführen könnte.

Anmerkung von Prof. Dr. Alois Th. Nacke, Richter im XI. Senat des BFH:

Mit dieser Entscheidung hat sich der BFH insbesondere mit dem Problem beschäftigt, welche Voraussetzungen bei einer Geschäftsveräußerung zu beachten sind, wenn es sich um eine Beteiligung an einer Organgesellschaft handelt.

Die Klägerin war eine KG und Organträgerin einer B-GmbH. Die unternehmerische Tätigkeit bestand nicht im Halten der Beteiligung, sondern in einer eigenunternehmerischen Tätigkeit (Herstellung von Waren). Sie vermietete Betriebsgrundstücke an die B-GmbH. Diese Beteiligung an der B-GmbH veräußerte sie nun an eine Erwerberin (=Holding GmbH). Im Streit war nun, ob für die Beratungsleistungen bzgl. dieser Veräußerung, die der Klägerin entstanden waren, Vorsteuer geltend gemacht werden kann. Voraussetzung hierfür ist, dass die Veräußerung der Beteiligung nicht steuerfrei bzw. nicht als Geschäftsveräußerung, die nach § 1 Abs. 1a UStG nicht steuerbar ist, einzustufen war.

Da der Anteilsverkauf nach den Feststellungen des FG nicht steuerfrei war, kam nur noch eine fehlende Steuerbarkeit wegen einer Geschäftsveräußerung als Prüfungsgegenstand in Betracht. Hier hatte aber das FG nicht geprüft, ob die Erwerberin die Organschaft mit der B-GmbH fortgeführt hat. Läge eine solche Organschaft vor, würde dies der Annahme einer Geschäftsveräußerung nicht entgegenstehen.

Quelle: ; NWB Datenbank (ImA)

Fundstelle(n):
NWB OAAAH-41122