Online-Nachricht - Donnerstag, 14.11.2019

Einkommensteuer | Vertrauensschutz bei nachträglichen Anschaffungskosten durch eigenkapitalersetzende Finanzierungshilfe (BFH)

Steuerpflichtige, die ihrer GmbH als Gesellschafter bis zum eine (ehemals) eigenkapitalersetzende Finanzierungshilfe geleistet haben, können den Ausfall ihrer Rückzahlungs- oder Regressansprüche im Fall der Veräußerung oder Auflösung der Gesellschaft als nachträgliche An-schaffungskosten geltend machen. Bestreitet das Finanzamt (FA), dass eine in der Bilanz der Gesellschaft ausgewiesene Verbindlichkeit gegenüber dem Gesellschafter bestand, spricht die Feststellung des Jahresabschlusses indiziell dafür, dass dem Gesellschafter eine Forderung in der ausgewiesenen Höhe zustand (, veröffentlicht am ).

Hintergrund: BFH Rechtsprechung aus 2017

Mit hat der BFH seine langjährige Rechtsprechung zu nachträglichen Anschaffungskosten bei der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften (§ 17 EStG) geändert. Obwohl der Grund für die Änderung der Rechtsprechung schon seit 2008 bestand (Aufhebung des Eigenkapitalersatzrechts durch das MoMiG), hat der BFH in jener Entscheidung angekündigt, die bisherigen Grundsätze in allen Fällen weiter anzuwenden, in denen der Sachverhalt am bereits verwirklicht war. Im Streitfall ist das FG dieser Rechtsprechung entgegen getreten.

Sachverhalt: Im Streitfall war der Kläger Alleingesellschafter und -geschäftsführer einer GmbH. In einem Darlehensrahmenvertrag war seit 1999 vereinbart, dass Auslagen und sonstige Einlagen des Klägers bei der GmbH auf einem Darlehenskonto erfasst werden sollten. Das Darlehen sollte in der Krise der Gesellschaft stehen bleiben. Seit 2009 liquidierte der Kläger die GmbH. Die letzte Bilanz weist nur noch das gezeichnete Kapital und die verbliebene Verbindlichkeit gegenüber dem Kläger aus.

Das FA bestritt den Bestand der Forderung und machte, soweit Unterlagen noch zur Verfügung standen, Mängel der Buchführung geltend. Das FG hat die Klage abgewiesen und u.a. ausgeführt, der Kläger müsse den Endbestand des Darlehens über den gesamten Zeitraum seiner Entstehung lückenlos nachweisen. Das sei ihm nicht gelungen.

Der BFH hebt das Urteil des FG Berlin-Brandenburg auf und gibt der Revision statt:

  • Nach dem hat der Gesetzgeber des MoMiG die Folgen der Aufhebung des Eigenkapitalersatzrechts für das Steuerrecht weder bedacht noch geregelt. Demzufolge ergeben sich aus dem MoMiG auch keine verbindlichen gesetzlichen Vorgaben für die Anwendung von § 17 Abs. 2 S. 1 EStG.

  • Ändert der BFH bei im Übrigen unverändertem Wortlaut der anzuwendenden Norm seine langjährige Rechtsprechung verschärfend, kann er typisierenden Vertrauensschutz gewähren.

  • Das FG konnte im Streitfall nicht nach der Feststellungslast (zu Lasten des Klägers) entscheiden.

  • Denn der Bestand der (ausgefallenen) Gesellschafterforderung ergab sich indiziell dem Grunde und der Höhe nach aus dem festgestellten Jahresabschluss der GmbH. Mit der förmlichen Feststellung des Jahresabschlusses bestätigten die Gesellschafter zugleich die darin abgebildeten Rechtsverhältnisse untereinander und im Verhältnis zur Gesellschaft. Steuerrechtlich ergab sich daraus zumindest ein Indiz für das Bestehen der Gesellschafterforderung.

  • Im Streitfall reichte dieses Indiz, um das Urteil der Vorinstanz aufzuheben und der Klage stattzugeben.

  • Welche Anforderungen an die Darlegung und den Nachweis einer Gesellschafterforderung zu stellen sind, wenn der Jahresabschluss der GmbH nicht förmlich festgestellt ist (z.B. weil sich die Gesellschafter nicht einigen können), war im Streitfall nicht zu entscheiden.

Anmerkung von Dr. Nils Trossen, Richter am BFH:

Der BFH bestätigt mit der Entscheidung zunächst seine zu der Neuausrichtung der Rechtsprechung mit ausgesprochene Vertrauensschutzregelung, wonach die Grundsätze zur Berücksichtigung von nachträglichen Anschaffungskosten aus eigenkapitalersetzenden Finanzierungshilfen weiter anzuwenden sind, wenn der Gesellschafter eine eigenkapitalersetzende Finanzierungshilfe bis zum geleistet hatte oder eine Finanzierungshilfe bis zu diesem Tag eigenkapitalersetzend geworden war. Der BFH bestätigt damit die aktuelle Auffassung der Finanzverwaltung im BStBl I 2019, 257.

Der Gesetzgeber hat mittlerweile durch das Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften ("JStG 2019") reagiert und mit der Einfügung des § 17 Abs. 2a EStG n.F. und der Regelung des § 52 Abs. 25a EStG n.F. ein der Vertrauensschutzregelung entsprechendes Antragsrecht eingefügt.

Weiter klärt der BFH die Beweislastgrundsätze für den praxisrelevanten Fall passiver Verrechnungskonten zwischen Gesellschafter und GmbH. Haben die Gesellschafter einer GmbH durch Feststellung des Jahresabschlusses untereinander und im Verhältnis zur Gesellschaft rechtsverbindlich bestätigt, dass die im Verrechnungskonto ausgewiesene Verbindlichkeit der Gesellschaft gegenüber einem Gesellschafter in der ausgewiesenen Höhe besteht, wird das Bestehen der Forderung des Gesellschafters indiziell bejaht. Der festgestellte Jahresabschluss hat die Bedeutung eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses. Auf den Abschluss einer ausdrücklichen Vereinbarung zur Führung eines Gesellschafterverrechnungskontos kommt es in diesem Fall nicht an.

Quelle: sowie BFH-Pressemitteilung Nr. 75 vom 14.11.2019; NWB Datenbank (ImA)

Fundstelle(n):
NWB OAAAH-34996