Online-Nachricht - Dienstag, 15.10.2019

Einkommensteuer | Berücksichtigung von endgültig nicht abzugsfähigen Vorsteuerbeträgen (FG)

Rückstellungen für Gewinnminderungen durch Vorsteuerbeträge, die umsatzsteuerlich endgültig nicht zum Abzug zugelassen wurden, können erst in dem VZ gebildet werden, in dem mit der Aufdeckung gerechnet werden muss (, F).

Sachverhalt: Bei der Klägerin erfolgte für die Jahre 2009, 2010 und 2011 eine Betriebsprüfung. Gegen den Geschäftsführer der Klägerin wurde bereits in 2013 ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet, da der Verdacht der bewussten Teilnahme an einem Umsatzsteuerkarussell bestand. Der Verdacht ergab sich insbesondere aus der Verurteilung eines Geschäftspartners der Klägerin wegen seiner Rolle in einem aufgedeckten Umsatzsteuerkarussell.

Die Klägerin hatte die in den Rechnungen des verurteilten Geschäftspartners ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend gemacht. Die Betriebsprüfung vertrat die Auffassung, dass die von der Klägerin im Rahmen des Umsatzsteuerkarussells geltend gemachten Vorsteuerbeträge nicht gezogen werden durften. Eine entsprechende Gewinnminderung wurde für die geprüften Jahre 2010 und 2011 verneint, weil die nicht anerkannten Vorsteuern erst im Jahr der aufdeckungsorientierten Maßnahmen (z.B. Durchsuchungen in 2013) gewinnmindernd zu berücksichtigen seien. Rückstellungen für Nachzahlungszinsen sind lt. Betriebsprüfung für die Jahre 2009 und 2010 nicht zu bilden (§ 233a AO).

Die Klägerin beantragt, dass die Gewinnminderung bereits im Jahr der Steuerentstehung mittels Bildung einer Rückstellung berücksichtigt wird. Ebenfalls sollten Rückstellungen für Nachzahlungszinsen für die Jahre 2009 und 2010 gebildet werden dürfen (§ 233a AO).

Das FG wies die Klage ab und sieht erst im Jahr der aufdeckungsorientierten Maßnahmen die Möglichkeit zur Bildung einer Rückstellung:

  • Für die Jahre 2009 und 2010 können keine Rückstellungen für Nachzahlungszinsen gebildet werden, denn zum Ende dieser Wirtschaftsjahre konnte noch keine Aussage dazu getroffen werden, ob und in welcher Höhe Nachzahlungszinsen gezahlt werden müssen. Dies liegt insbesondere daran, dass diese Parameter – und damit die Höhe der Verbindlichkeit – von künftigen Steuerfestsetzungen abhängen.

  • Zudem ist der Ablauf eines bestimmten Zeitraums wesentliche Voraussetzung für die Nachzahlungszinsen (§ 233a Abs. 2 Sätze 1 und 3 AO). Dieser Zeitraum liegt notwendigerweise nach dem Bilanzstichtag des Wirtschaftsjahres, in dem die Steuer entstanden ist. Im Ergebnis kann der Anspruch auf Nachzahlungszinsen daher wirtschaftlich nicht vor dem Bilanzstichtag verursacht worden sein.

  • Die nichtanerkannten Vorsteuerbeträge können in den Streitjahren weder als Betriebsausgaben (erhöhte Anschaffungskosten) noch als Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten aus öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen berücksichtigt werden. Denn die Bildung einer Rückstellung ist frühestens in dem VZ möglich, in dem die Inanspruchnahme des Steuerpflichtigen hinreichend wahrscheinlich ist. Im vorliegenden Fall wäre dies der VZ 2013, da es erst dort zu aufdeckungsorientierten Maßnahmen kam. Eine Rückstellungsbildung im Jahr der wirtschaftlichen Verursachung (also in 2010 bzw. 2011) kommt damit nicht in Betracht.

Hinweis:

Der Zeitpunkt der Rückstellungsbildung für Mehrsteuern infolge einer Außenprüfung ist bislang höchstrichterlich noch nicht abschließend geklärt:

Der 1. Senat des BFH beanstandet es nicht, wenn die Rückstellungen erst im Jahr des Aufgriffs des steuerlichen Sachverhalts durch die Außenprüfung gebildet werden, soweit der Steuerpflichtige bei Aufstellung der Bilanz nicht mit Mehrsteuern rechnen musste (, BStBl II 2012, 688).

Der 3. Senat des BFH kommt hingegen zu dem Ergebnis, dass – nicht hinterziehungsrelevante – Steuernachforderungen aufgrund einer Außenprüfung im Steuerentstehungsjahr und nicht erst im Jahr der Aufdeckung der Vorgänge durch die Betriebsprüfung zu passivieren sind (, BStBl II 2012, 719).

Das FG hat sich der Auffassung des 1. Senats angeschlossen und die Revision zugelassen. Ein Revisions-Az. ist noch nicht bekannt.

Das Urteil ist auf der Homepage des FG Münster veröffentlicht. Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze.

Quelle: FG Münster online (ImA)

Fundstelle(n):
NWB EAAAH-32558