BVerfG Urteil v. - 1 BvR 2284/15, 1 BvR 1142/17

Teilweise stattgebender Kammerbeschluss: Erhebung eines zusätzlichen Rundfunkbeitrags für Zweit- oder Drittwohnung verletzt Art 3 Abs 1 GG - Gegenstandswertfestsetzung

Gesetze: Art 3 Abs 1 GG, § 93c Abs 1 S 1 BVerfGG, § 2 Abs 1 RdFunkBeitrStVtr, § 14 Abs 1 RVG, § 37 Abs 2 S 2 RVG

Instanzenzug: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Az: 7 A 10448/15.OVG Beschlussvorgehend Az: 5 K 832/14.NW Beschlussvorgehend Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Az: 7 A 11568/16.OVG Beschlussvorgehend Az: 5 K 1015/15.NW Urteil

Gründe

I.

1Der Beschwerdeführer wendet sich gegen seine Heranziehung zu Rundfunkbeiträgen für seine Zweit- und seine Drittwohnung. Seine eingelegten Rechtsbehelfe blieben letztinstanzlich erfolglos.

II.

2Mit seinen Verfassungsbeschwerden macht der Beschwerdeführer unter anderem eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitsrechts (Art. 3 Abs. 1 GG) geltend und rügt, die mehrfache Heranziehung zu Rundfunkbeiträgen sei gleichheitswidrig, da er sich nicht gleichzeitig in mehreren Wohnungen aufhalten könne und daher nicht mehrfach in den Genuss des Vorteils komme.

3Dem Südwestrundfunk und dem Ministerium der Justiz Rheinland-Pfalz ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Die Akten des Ausgangsverfahrens lagen dem Bundesverfassungsgericht vor.

III.

4Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerden, soweit sie sich gegen die Bescheide der Rundfunkanstalt und die Urteile des Verwaltungsgerichts wenden, zur Entscheidung an und gibt ihnen insoweit statt, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 3 Abs. 1 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Voraussetzungen für eine stattgebende Entscheidung durch die Kammer liegen diesbezüglich vor (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG).

5Die Bescheide der Rundfunkanstalt und die Urteile des Verwaltungsgerichts verletzen den Beschwerdeführer in seinem allgemeinen Gleichheitsrecht (Art. 3 Abs. 1 GG). Der Beschwerdeführer wurde zu zusätzlichen Rundfunkbeiträgen für seine Zweit- und seine Drittwohnung herangezogen. Inhaber mehrerer Wohnungen dürfen für die Möglichkeit privater Rundfunknutzung nicht mit insgesamt mehr als einem vollen Rundfunkbeitrag belastet werden. Die Erhebung eines zusätzlichen Rundfunkbeitrags für eine Zweit- oder Drittwohnung verstößt gegen den aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleiteten Grundsatz der Belastungsgleichheit (vgl. u.a. -, www.bverfg.de, Rn. 106).

IV.

6Die Urteile des Verwaltungsgerichts beruhen auf der Verletzung des allgemeinen Gleichheitsrechts. Sie sind daher aufzuheben und die Sachen sind an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 93c BVerfGG i.V.m. § 95 Abs. 2 BVerfGG). Mit der Aufhebung der Urteile des Verwaltungsgerichts sind die Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts gegenstandslos.

7Im Übrigen sind die Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung anzunehmen. Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

8Die Entscheidung über die Auslagenerstattung folgt aus § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).

9Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerfG:2019:rk20190410.1bvr228415

Fundstelle(n):
WAAAH-15302