Landesamt für Steuern Niedersachsen - S 0122-70-St 145

Zuständigkeit bei Bauleistungen

Die Vorschrift des § 20a AO regelt, dass die Zuständigkeit für die Besteuerung von im Ausland ansässigen Unternehmern und Arbeitnehmerverleihern mit Bauleistungen und ihren im Ausland wohnenden Arbeitnehmern einheitlich bei dem für die Umsatzsteuer zentral zuständigen Finanzamt liegt. Hierzu im Einzelnen:

1. Allgemeines

1.1. Bauleistungen

Bauleistungen sind nach § 48 Abs. 1 Satz 3 EStG alle Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen.

1.2. Im Ausland ansässige Unternehmer (= ausländischer Unternehmer)

Als im Ausland ansässig gilt ein Unternehmer dann, wenn er seinen Wohnsitz im Ausland bzw. das leistende Unternehmen (Körperschaft oder Personenvereinigung) den Sitz oder die Geschäftsleitung im Ausland hat.

Dies gilt auch dann, wenn eine natürliche Person neben ihrem Wohnsitz im Ausland noch einen inländischen Wohnsitz hat oder wenn bei einer Körperschaft oder Personenvereinigung sich nur Sitz oder Geschäftsleitung im Ausland befinden.

1.3. Kleinunternehmer:

Gem. § 19 Abs. 1 S. 1 UStG findet die Kleinunternehmerregelung nur Anwendung, wenn der Unternehmer im Inland oder in den in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebieten ansässig ist. Das bedeutet, dass sowohl im Inland (zur Erfüllung der Kleinunternehmerschaft) als auch im Ausland (zur Anwendung der UStZustV) ein Anknüpfungspunkt der gesetzlichen Kriterien Wohnsitz, Sitz oder Geschäftsleitung gegeben sein muss, damit das nach § 21 Abs. 1 S. 2 i. V. m. der UStZustV zentral zuständige Finanzamt gem. § 20a Abs. 1 S. 1 AO für die Ertragsbesteuerung des Kleinunternehmers zuständig ist.

2. Zuständigkeit

2.1. Zentral zuständiges Finanzamt für die Umsatzsteuer

Zuständig für die Umsatzsteuer ist nach § 21 Abs. 1 Satz 2 AO i. V. m. § 1 Abs. 1 der UStZustV das dort aufgeführte Finanzamt (= zentral zuständiges Finanzamt).

Hinweis auf AO-Kartei zu § 21 AO Karte 1

2.2. Zuständigkeit für weitere Steuerarten bei Unternehmern mit Bauleistungen

Erbringt ein ausländischer Unternehmer Bauleistungen i. S. d. § 48 Abs. 1 Satz 3 EStG, gilt hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit für

a) Ertragsteuern
• bei natürlichen oder juristischen Personen (Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer):

Ist der ausländische Unternehmer eine natürliche oder juristische Person, ist das zentral zuständige Finanzamt (vgl. 2.1.) nach § 20a Abs. 1 AO auch für die Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer zuständig.

• bei Personengesellschaften (gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen):

Ist der ausländische Unternehmer eine Personengesellschaft, ist das zentral zuständige Finanzamt (vgl. 2.1.) für die gesonderte und einheitliche Feststellung nach §  180 Abs. 1 Nr. 2 AO zuständig.

; Tz. 100, Absatz 3 Satz 1

Hinweis:

Für die Ertragsbesteuerung ausländischer Unternehmer, die keine Bauleistungen erbringen, gilt die nach Herkunftsländern gegliederte Zuständigkeit nach §§ 20a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. 21 Abs. 1 AO nicht. Hat ein solcher Unternehmer seinen Wohnsitz oder das Unternehmen seine Geschäftsleitung oder seinen Sitz außerhalb des Geltungsbereichs der AO, bestimmt sich das örtlich zuständige Finanzamt für die Ertragsbesteuerung nach den Regelungen der §§ 18 bis 20 AO.

b) Gewerbesteuermessbeträge:

Zuständig für die Festsetzung und Zerlegung der Gewerbesteuermessbeträge ist nach § 22 Abs. 1 Satz 2 AO das zentral zuständige Finanzamt (vgl. 2.1.).

c) Lohnsteuer:

Erbringt der Unternehmer Bauleistungen, hat er nach § 20a Abs. 1 Satz 2 AO für alle von ihm im Inland beschäftigten inländischen und ausländischen Arbeitnehmer die Lohnsteuer an das zentral zuständige Finanzamt (vgl. 2.1.) abzuführen. Dies gilt für alle Arbeitnehmer des Unternehmers, unabhängig davon, ob sie für Bauleistungen eingesetzt werden oder nicht.

d) Sonstiges:

Die Zuständigkeit erfasst auch Annexzuständigkeiten wie die Zuständigkeit für Haftungsbescheide, Erteilung von Freistellungsbescheinigungen, Ausstellung von Lohnsteuerbescheinigungen, Durchführungen von Außenprüfungen u. a.

2.3. Zuständigkeit für die Lohnsteuer bei im Ausland ansässigen Arbeitnehmerverleihern

Wird ein ausländischer Unternehmer als Verleiher tätig und werden von ihm als Arbeitnehmer überlassene Personen im Baugewerbe eingesetzt, ist das zentral zuständige Finanzamt (vgl. 2.1.) nach § 20a Abs. 2 AO für die Lohnsteuer dieser im Baugewerbe eingesetzten Arbeitnehmer zuständig. Ob der Entleiher ein in- oder ausländisches Unternehmen ist, ist dabei unbeachtlich.

Hinweis:

Für Mitarbeiter ausländischer Verleiher, die nicht im Baugewerbe eingesetzt sind, findet diese Regelung keine Anwendung. Hier greift die zentrale Zuständigkeit für ausländische Verleiher.

vgl. auch H 41.3 Tabelle 2 (Zuständige Finanzämter für ausländische Verleiher) LStH 2017

Werden bei einem ausländischen Verleiher beschäftigte Personen als Leih-Arbeitnehmer in Niedersachsen (nicht Baugewerbe) eingesetzt, ist danach das Finanzamt Bad Bentheim für die Lohnsteuer dieser Mitarbeiter zuständig.

2.4. Arbeitnehmer mit Wohnsitz im Ausland und Beschäftigung bei einem ausländischen Unternehmer

Hat ein Arbeitnehmer seinen Wohnsitz im Ausland (= ausländischer Arbeitnehmer) und wird er von einem ausländischen Unternehmer (vgl. 1.2.) im Inland beschäftigt, gilt hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit nach § 20a Abs. 3 AO i. V. m. ArbZustBauV Folgendes:

a) Arbeitgeber erbringt Bauleistungen

Wird ein ausländischer Arbeitnehmer von einem ausländischen Unternehmer (vgl. 1.2.), der Bauleistungen erbringt, beschäftigt, ist das für den Wohnsitzstaat des Arbeitnehmers nach § 1 Abs. 1 oder Abs. 2 UStZustV zuständige Finanzamt für dessen Einkommensteuer zuständig.

§ 20a Abs. 3 AO i. V. m. § 1 Satz 1 ArbZustBauV

b) Arbeitgeber ist Arbeitnehmer-Verleiher und Einsatz der Arbeitnehmer im Baugewerbe

Ist der Arbeitgeber ein ausländischer Unternehmer (vgl. 1.2.) und außerdem Arbeitnehmer-Verleiher, gelten die Ausführungen zu Nr. 2.4.a) entsprechend, wenn der ausländische Arbeitnehmer im Baugewerbe eingesetzt wird.

§ 20a Abs. 3 und Abs. 2 Satz 2 AO i. V. m. § 1 ArbZustBauV

Ob der Entleiher ein in- oder ausländisches Unternehmen ist, ist unbeachtlich.

c) Arbeitnehmer hat seinen Wohnsitz in Polen

Hat der Arbeitnehmer in den zu Tz. 2.4.a) und 2.4.b) genannten Fällen seinen Wohnsitz in Polen, gilt hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit folgende Besonderheit:

• Arbeitgeber ist polnischer Unternehmer

Hat der Arbeitgeber seinen Wohnsitz, Sitz oder Geschäftsleitung in Polen, richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach § 1 Abs. 1 Nr. 20 UStZustV nach dem Nachnamen oder Firmennamen des Arbeitgebers. Der Nachname des polnischen Arbeitnehmers ist ohne Belang.

• Arbeitgeber ist ausländischer Unternehmer (ohne Polen)

Hat der Arbeitgeber weder Wohnsitz, Sitz noch Geschäftsleitung in Polen, sondern im übrigen Ausland, richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach § 1 Abs. 1 Nr. 20 UStZustV nach dem Nachnamen des polnischen Arbeitnehmers.

Hinweis:

Sind die o. g. Voraussetzungen erfüllt, gelten die Ausführungen auch für Arbeitnehmer mit

  • Zweitwohnsitz im Inland bzw.

  • deutscher Staatsangehörigkeit.

Die örtliche Zuständigkeit richtet sich jedoch nicht nach § 20a Abs. 3 AO, sondern nach § 19 AO, wenn

  • Arbeitnehmer nur einen Wohnsitz im Inland haben,

  • ausländische Arbeitnehmer einen Arbeitgeber mit ausschließlichem Wohnsitz, Sitz und Geschäftsleitung im Inland haben oder

  • ausländische Arbeitnehmer einen ausländischen Arbeitgeber haben, der keine Bauleistungen erbringt und auch kein Arbeitnehmer-Verleiher ist.

2.5. Leistungsempfänger, die zum Steuerabzug nach § 48 EStG verpflichtet sind (Bauabzugssteuer)

Erbringt ein ausländischer Unternehmer Bauleistungen im Inland und ist der Leistungsempfänger nach § 48 EStG zum Steuerabzug verpflichtet, muss der Leistungsempfänger den Abzugsbetrag beim zentral zuständigen Finanzamt (vgl. 2.1.) anmelden und dort für Rechnung des Leistenden abführen.

§ 48a Abs. 1 Satz 2 EStG i. V. m. § 20a Abs. 1 Satz 1 AO

Dabei ist es unerheblich, ob der Leistungsempfänger im In- oder Ausland ansässig ist.

2.6. Vorrang § 20a AO

Die Vorschrift des § 20a AO ist eine Sondervorschrift, die im Verhältnis zu den allgemeinen Regelungen der örtlichen Zuständigkeit in §§ 19, 20 und 22a AO Vorrang hat.

2.7. Zuständigkeitsvereinbarung

Die Möglichkeit einer Zuständigkeitsvereinbarung nach § 27 AO bleibt durch die Regelung des § 20a AO unberührt.

Anlage

Übersicht zur Zuständigkeit bei Bauleistungen

AO-Kartei ND

Das bisherige AO-Karteiblatt zu § 21 AO Karte 1 (Kontroll-Nr. 1775) ist auszusondern.

Landesamt für Steuern Niedersachsen v. - S 0122-70-St 145

Fundstelle(n):
DB 2019 S. 462 Nr. 9
BAAAH-08904