BGH Urteil v. - XII ZR 109/17

Werbung auf einem Kraftfahrzeug gegen Entgelt: Abgrenzung zwischen Werk- und Mietvertrag

Leitsatz

Auf einen Vertrag über die Anbringung von Werbung auf einem Kraftfahrzeug gegen Entgelt sind die Vorschriften über den Mietvertrag anzuwenden (Fortführung von Senatsurteil vom , XII ZR 18/17, juris).

Gesetze: § 535 BGB

Instanzenzug: LG Bad Kreuznach Az: 1 S 49/17vorgehend AG Bad Kreuznach Az: 23 C 135/16

Tatbestand

1Die Klägerin vertreibt Werbeflächen auf Kraftfahrzeugen und anderen Gegenständen. Die Gegenstände erwirbt sie, um sie an soziale und andere Institutionen zu verleihen. Der Beklagte unterzeichnete am einen Vertrag über eine Werbefläche auf einem Fahrzeug, das einer Bildungseinrichtung zur Nutzung überlassen wurde. Vereinbart war ein Nettopreis von 1.760 € für eine Vertragslaufzeit von fünf Jahren.

2Mit der Klage verlangt die Klägerin die Bruttovergütung von 2.094,21 € nebst Zinsen, Mahn- und Inkassokosten. Das Amtsgericht hat die Klage durch unechtes Versäumnisurteil abgewiesen, das Landgericht die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich ihre vom Landgericht zugelassene Revision.

Gründe

3Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landgericht. Über das Rechtsmittel ist durch Versäumnisurteil zu entscheiden, weil der Beklagte trotz ordnungsgemäßer Ladung in der mündlichen Revisionsverhandlung nicht anwaltlich vertreten war; inhaltlich beruht das Urteil indessen nicht auf der Säumnis des Beklagten, sondern auf einer umfassenden Würdigung des Sach- und Streitstandes (BGHZ 37, 79, 81 f.).

I.

4Das Landgericht hat seine Entscheidung damit begründet, dass der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag als Werkvertrag einzuordnen sei, weil nicht die bloße Gebrauchsüberlassung der Werbefläche im Vordergrund stehe, sondern die mit der Platzierung der Werbung erwartete Werbewirksamkeit als geschuldeter Erfolg. Nur vor diesem Hintergrund sei auch die vergleichsweise hohe Vergütung zu erklären.

5Die Werbewirksamkeit sei wesentlicher Bestandteil des Vertrags, da sie charakteristisch für den geschuldeten Werbeerfolg sei. Für die Wirksamkeit des Vertrags sei folglich zwingend erforderlich, dass dieser gerade auch in Bezug auf die Werbewirksamkeit hinreichend charakterisiert und bestimmbar sei. Mangels Angaben über den zeitlichen und räumlichen Einsatz des Fahrzeugs sei dies vorliegend nicht gegeben; deren Bestimmung habe auch nicht der Bildungseinrichtung überlassen werden können. Deshalb sei der Vertrag als solcher mangels Bestimmbarkeit der geschuldeten Werkleistung unwirksam.

II.

6Das hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

71. Entgegen der Auffassung des Landgerichts sind auf den zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag nicht die Vorschriften über den Werkvertrag, sondern die Vorschriften über den Mietvertrag anzuwenden. Maßgeblich für die Einordnung des Vertragstyps ist die rechtliche Qualifizierung der vertraglich geschuldeten Hauptleistungspflicht.

8a) Nicht zu beanstanden ist allerdings der rechtliche Ausgangspunkt des Landgerichts, dass aufgrund der von der Klägerin versprochenen Leistungen nicht die - als Werkleistung anzusehende - Anbringung der Werbung auf dem Fahrzeug, sondern die nachfolgend dauerhafte Bereitstellung der Werbefläche als vertragscharakteristische Leistung im Vordergrund steht (vgl. Senatsurteil vom - XII ZR 18/17 - juris Rn. 10).

9b) Die rechtliche Einordnung der vertragscharakteristischen Leistung wird nicht bereits durch die im Auftragsformular verwendeten - weithin offenen - Begriffe wie "Werbemaßnahme", "Werbelaufzeit" bestimmt. Entscheidend für die rechtliche Einordnung sind vielmehr die konkret geschuldeten Leistungen. Sie bestehen nach dem Vertragsinhalt darin, die auf einem näher festgelegten Werbefeld anzubringende Beschriftung über die gesamte Vertragsdauer dort angebracht zu halten, um im laufenden Geschäftsbetrieb der sozialen Institution einen Werbeeffekt zu ermöglichen. Während die Klägerin sich verpflichtete, eine bestimmte Fläche auf dem ihr gehörenden Fahrzeug für eine bestimmte Dauer zur werbemäßigen Nutzung zur Verfügung zu stellen, war gleichzeitig offenkundig, dass sie auf den konkreten Einsatz des Fahrzeugs nach Ort und Zeit keinen Einfluss hatte. Wie das Landgericht selbst hervorhebt, konnte die Klägerin aus der Natur der Sache heraus keine Vorfestlegung des zeitlichen und räumlichen Einsatzes des Fahrzeugs treffen, sondern lediglich die Zurverfügungstellung der Werbefläche als solche versprechen. Insoweit sprechen gerade die vom Landgericht hervorgehobenen Umstände gegen einen bestimmten, werkvertragsmäßig versprochenen Erfolg, sondern vielmehr dafür, dass sich die Vertragspflicht auf dasjenige beschränkte, was in der Hand der Klägerin lag, nämlich die Zurverfügungstellung der Werbefläche als solche.

10In der Zurverfügungstellung einer konkreten Werbefläche auf dem der Klägerin gehörenden Fahrzeug liegt eine Gebrauchsüberlassung gemäß § 535 BGB, bei der es einer Besitzverschaffung ausnahmsweise nicht bedarf (vgl. - NJW 2002, 3322 f. und vom - XII ZR 18/17 - juris Rn. 10; BGHZ 65, 137, 140 = NJW 1976, 105, 106; - NJW-RR 1989, 589, 590 mwN). Die Überlassung einer Werbefläche auf einem in Benutzung der Bildungseinrichtung stehenden Kraftfahrzeug unterscheidet sich rechtlich nicht von der Reklame an Straßenbahnen, die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung als Mietverhältnis qualifiziert worden ist ( - NJW-RR 1989, 589, 590 und RGZ 141, 99, 102). Soweit der Senat ähnlich gelagerte Werbegestattungen als Rechtspacht eingestuft hat (vgl. Senatsurteil vom - XII ZR 93/92 - NJW-RR 1994, 558: Driving Range; Senatsbeschluss vom - XII ZR 49/97 - NJW-RR 1999, 845: Bandenwerbung), führt dies gemäß § 581 Abs. 2 BGB ebenfalls zur Anwendung von Mietrecht.

11Dem steht auch nicht das Urteil des X. Zivilsenats des - NJW 1984, 2406, 2407) entgegen. In jenem Fall lag der Schwerpunkt - anders als im vorliegenden Fall - ersichtlich auf werksvertragstypischen Leistungen.

12c) Die Mietsache war auch durch Angabe einer genau bezeichneten Werbefläche in dem Vertrag hinreichend konkret bestimmt. Weiterer Bestimmungen zum konkreten Werbeerfolg bedurfte es entgegen der Ansicht des Landgerichts zur Wirksamkeit des Vertrags nicht.

132. Die angefochtene Entscheidung kann daher keinen Bestand haben. Der Senat kann nicht in der Sache abschließend entscheiden, da noch Feststellungen zur Passivlegitimation des Beklagten zu treffen sind, die dieser mit Hinweis auf ein geschäftsbezogenes Handeln für eine GmbH bestritten hat.

Gegen dieses Versäumnisurteil steht der säumigen Partei der Einspruch zu. Dieser ist von einem bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab der Zustellung des Versäumnisurteils bei dem Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, Karlsruhe, durch Einreichung einer Einspruchsschrift einzulegen.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2018:071118UXIIZR109.17.0

Fundstelle(n):
BB 2019 S. 65 Nr. 3
NJW 2019 S. 9 Nr. 4
SAAAH-04095