Pfändung der gesamten Ansprüche aus einem Domain-Registrierungsvertrag bei der Vergabestelle: Vergabestelle als Drittschuldner,
inhaltliche Anforderungen an eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung, allgemeines Leistungsverbot, Nichtigkeit der Einziehungsverfügung,
Verhältnismäßigkeit
Leitsatz
1. Eine Internet-Domain als eine Gesamtheit schuldrechtlicher Ansprüche, die dem Inhaber der Domain gegenüber der Vergabestelle
aus dem Registrierungsvertrag zustehen, kann Gegenstand einer Pfändung i. S. d. § 321 Abs. 1 AO sein, wobei der Vergabestelle
als Vertragspartner des mit dem Domaininhaber geschlossenen Domainvertrags die Stellung eines Drittschuldners i. S. d. § 309
Abs. 1 AO zukommt (Anschluss an ).
2. Damit eine Pfändungsverfügung inhaltlich bestimmt ist, muss insbesondere die Forderung so bestimmt bezeichnet sein, dass
sie eindeutig und zweifelsfrei nach objektiven, sich aus der Pfändungsverfügung ergebenden oder offenkundigen Gesichtspunkten
identifiziert und von anderen Forderungen unterschieden werden kann, und zwar in der Weise, dass auch ein unbeteiligter Dritter,
so etwa ein anderer Gläubiger, erkennen und feststellen kann, welche Forderung Gegenstand der Pfändung ist. Kleinere Ungenauigkeiten,
die keinen Zweifel an der Forderung aufkommen lassen, sind unschädlich. Zur Auslegung dürfen nur objektive Gesichtspunkte
herangezogen werden, die sich aus dem Inhalt des Pfändungsbeschlusses ergeben oder offenkundig sind.
3. Für die Wirksamkeit einer Pfändung ist ein Zahlungsverbot an den Drittschuldner erforderlich. Die Pfändungsverfügung an
den Drittschuldner muss zwar nicht den Gesetzeswortlaut, aber eine Formulierung enthalten, der das Zahlungsverbot klar und
eindeutig entnommen werden kann. Dazu ist erforderlich, dass Anordnung und Umfang mit Sicherheit zu ersehen sind.
4. Wird unter Bezugnahme auf den Vollstreckungsschuldner (mit Name und Adresse) und das seiner Domainregistrierung zugrundeliegende
Vertragsverhältnis bei der Vergabestelle die Gesamtheit der Ansprüche, die dem Vollstreckungsschuldnerin als Inhaber einer
näher bezeichneten Internet-Domain aus dem der Domainregistrierung zugrunde liegenden Vertragsverhältnis zustehen, gepfändet
und wird in der Pfändungsverfügung nach Angabe des Domainnamens ein Trennungszeichen „-”) am Ende der Zeile eingefügt, so
führt dies ungeachtet der Einzigartigkeit der Zeichenfolge einer Internetdomain nicht zu einer so schwerwiegenden Ungewissheit
hinsichtlich der gepfändeten Internetdomain, dass dies zur inhaltlichen Unbestimmtheit der Pfändungsverfügung führen würde.
Dass die Domain von der Finanzbehörde in der Einspruchsentscheidung und im gerichtlichen Schriftverkehr teils als „…-….de”
bzw. teils als „www….-….de” bezeichnet wurde, ist insoweit unschädlich.
5. Ein von der Finanzbehörde gegenüber der Vergabestelle angeordnetes, als allgemeines Beeinträchtigungsverbot auszulegendes
Arrestatorium (Leistungsverbot des Drittschuldners), wodurch der Vergabestelle lediglich pauschal untersagt wird, an den Vollstreckungsschuldner
zu leisten, soweit die Ansprüche, Forderungen und Rechte gepfändet sind, ist nicht inhaltlich unbestimmt (gegen KV).
6. Die Pfändung einer lediglich aus besonders einprägsamen Schlüsselwörtern bestehenden, über ein nicht unbedeutendes Marktpotential
verfügenden Internet-Domain „…-….de” entspricht regelmäßig dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
7. Eine die Gesamtheit der Ansprüche des Schuldners als Domain-Inhaber betreffende Einziehungsverfügung ist unwirksam, weil
es sich bei den Ansprüchen aus dem Domainregistrierungsvertrag (insbesondere Aufrechterhalten der Registrierung) um nicht
teilbare Leistungen handelt, die – anders als Zahlungsansprüche – nicht in einer bestimmten Höhe eingezogen werden können.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n): EFG 2018 S. 1854 Nr. 22 ZAAAG-97958
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Online-Dokument
FG des Saarlandes, Urteil v. 30.08.2018 - 2 K 1282/15
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