Online-Nachricht - Montag, 12.03.2018

Einkommensteuer | Gutschriften aus Schneeballsystemen (FG)

Gutschriften aus Schneeballsystemen führen zu Einnahmen aus Kapitalvermögen, wenn der Betreiber des Schneeballsystems bei entsprechendem Verlangen des Anlegers zur Auszahlung der gutgeschriebenen Beträge bereit und fähig gewesen wäre (; Revision anhängig, BFH-Az. VIII R 17/17).

Sachverhalt: Beim FA ging eine Kontrollmitteilung der Fahndungsstelle ein, laut der der Kläger bei der von B geführten Firma Scheinrenditen aus Aktienverkäufen erzielte, die tatsächlich nie stattgefunden hätten. B habe ein Schneeballsystem unterhalten. Im Rahmen des "Verkaufs" habe B den Verkaufsbetrag und - nach Abzug verschiedener Kosten (darunter Abgeltungssteuer) - das Ergebnis ausgewiesen. Die ausgewiesene Kapitalertragsteuer sei weder angemeldet noch abgeführt worden. Nach Meinung der Fahndungsprüfung haben die Kapitalerträge damit keinem Steuerabzug unterlegen.

Das FA änderte daraufhin nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO die Steuerbescheide für die Streitjahre. Hiergegen wandte sich der Kläger. Er führte im Wesentlichen aus, dass die auf die Scheinrenditen entfallende Kapitalertragsteuer mit dem ordnungsgemäßen Einbehalt durch den Schuldner der Kapitalerträge (B) auch dann i.S.v. § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG erhoben wurde, wenn sie tatsächlich nicht an das FA abgeführt wurde.

Das FG Nürnberg führte hierzu u.a. aus:

  • Das FA hat auf die (Schein-)Gewinne aus Aktienverkäufen zu Unrecht Steuer festgesetzt, da die Einkommensteuer (einschließlich Soli) insoweit mit dem Steuerabzug abgegolten ist.

  • Gutschriften aus Schneeballsystemen führen zu Einnahmen aus Kapitalvermögen, wenn der Betreiber des Schneeballsystems bei entsprechendem Verlangen des Anlegers zur Auszahlung der gutgeschriebenen Beträge bereit und fähig gewesen wäre (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. ).

  • Für Kapitalerträge i.S.d. § 20, soweit sie der Kapitalertragsteuer unterlegen haben, ist die Einkommensteuer mit dem Steuerabzug abgegolten, § 43 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 1 EStG. Für die Auffassung des FA, Kapitalerträge hätten der Kapitalertragsteuer nur unterlegen, wenn die Steuer angemeldet und abgeführt worden sei, gibt es weder im Gesetz noch in der Gesetzesbegründung Anhaltspunkte.

  • Im Streitfall war B, "die die Kapitalerträge auszahlende Stelle" i.S.d § 44 Abs. 1 Satz 4 EStG. Er hatte deshalb gemäß § 44 Abs. 1 Satz 3 EStG im Zeitpunkt des Zuflusses der Kapitalerträge beim Gläubiger (§ 44 Abs. 1 Satz 2 EStG) den Steuerabzug für Rechnung des Gläubigers (des Klägers) vorzunehmen. Das hat er auch getan.

  • Aus den vorliegenden Abrechnungen ergibt sich, dass er bei Ermittlung des auszuzahlenden bzw. zur Wiederanlage zur Verfügung stehenden Betrages die auf die scheinbar erzielten Kapitalerträge entfallende Abgeltungssteuer (einschließlich Solidaritätszuschlag) in Abzug gebracht hat. Soweit Beträge ausgezahlt wurden, geschah dies nach Abzug der Abgeltungssteuer.

  • Dass B tatsächlich weder Aktien gekauft, noch verkauft und deshalb tatsächlich auch keine Erträge erzielt hat, von denen er die Steuer hätte einbehalten können, spielt - entgegen der Auffassung des FA - keine Rolle. Wenn Scheinrenditen steuerbar sind, müssen auch von einem scheinbaren Ertrag einbehaltene Steuerabzugsbeträge berücksichtigt werden.

  • Der Kläger hat nicht gewusst, dass B die einbehaltende Kapitalertragsteuer entgegen seiner Verpflichtung nach § 45a Abs. 1 Satz 1 EStG nicht angemeldet und entgegen seiner Verpflichtung nach § 44 Abs. 1 Satz 5 EStG auch nicht an das FA abgeführt hat. Er kann deshalb nicht nach § 44 Abs. 5 EStG in Anspruch genommen werden.

  • Damit hat der Steuerabzug abgeltende Wirkung. Die Einkünfte werden nicht Teil des Veranlagungsverfahrens. Dies ist kein Fall der Steueranrechnung nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a EStG. Eine Bescheinigung nach § 45a Abs. 2 oder 3 EStG ist - entgegen der Auffassung des FA - nicht erforderlich.

Quelle: ; NWB Datenbank (Ls)

Fundstelle(n):
NWB QAAAG-78031