BFH Beschluss v. - IX B 96/01

Gründe

Die Beteiligten streiten zum einen darüber, ob die Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr 1987 durch den Aufhebungsbescheid vom ersatzlos aufgehoben worden ist oder ob an Stelle des aufgehobenen Bescheids ein früherer Bescheid wieder wirksam geworden ist. Zum andern streiten sie darüber, ob für das Streitjahr 1988 Werbungskostenüberschüsse bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht zu berücksichtigen sind, weil das zugrunde liegende Mietverhältnis nach § 42 der Abgabenordnung (AO 1977) steuerrechtlich nicht anzuerkennen ist, und hilfsweise, ob Beträge gemäß § 10e oder § 21a i.V.m. § 7b des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu berücksichtigen sind.

Das Finanzgericht (FG) hat der Klage zum Teil stattgegeben und die Revision nicht zugelassen. Dagegen haben die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) Beschwerde eingelegt, mit der sie geltend machen, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordere eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) und das FG habe seine Aufklärungspflicht verletzt (§ 115 Abs. 2, § 76 Abs. 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—).

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) beantragt, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.

Die Beschwerde ist unbegründet.

1. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache betreffend das Streitjahr 1987 ist nicht gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargetan, weil über die von den Klägern formulierte Rechtsfrage in einem eventuellen Revisionsverfahren nicht zu entscheiden wäre. Nach Auffassung der Kläger ist zu klären, ob eine Steuerfestsetzung insgesamt —also einschließlich aller Vor- bzw. Änderungsbescheide— aufgehoben ist, wenn das FA einen Bescheid mit dem Tenor erteilt, dass die Steuerfestsetzung aufgehoben ist, oder ob in einem solchen Fall nur der letzte angegriffene Änderungsbescheid aufgehoben ist.

Entgegen der Ansicht der Kläger hat das FA die Einkommensteuerfestsetzung des Jahres 1987 im ”Aufhebungsbescheid für 1987” vom nicht uneingeschränkt aufgehoben, sondern ausdrücklich lediglich ”Die Festsetzung der Einkommen- und Kirchensteuer für 1987 (wörtlich 1997) in der Form der mit der Klage angefochtenen Einspruchsentscheidung vom ”. Bereits aus dem Tenor der Verfügung des FA ist mithin ersichtlich, dass nicht die Steuerfestsetzung als solche ersatzlos aufgehoben werden sollte, sondern lediglich der im Zusammenhang mit der Einspruchsentscheidung ergangene Änderungsbescheid vom . Hätte das FA die Einkommensteuerfestsetzung ersatzlos aufheben wollen, würde die Bezugnahme auf den Änderungsbescheid vom ohne die Erwähnung früherer Bescheide dieser Absicht widersprechen. Die wirkliche Absicht des FA ergibt sich darüber hinaus aus der Erläuterung des Aufhebungsbescheids, wonach ”durch die o.g. Aufhebung”…”die ursprüngliche Festsetzung für 1987 laut Bescheid vom wieder Gültigkeit” erlangt. Diese Erläuterung kann —falls im Streitfall überhaupt erforderlich— zur Auslegung der Entscheidung herangezogen werden (vgl. , BFH/NV 1997, 41; , BFHE 143, 226, BStBl II 1985, 581; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 118 AO Rz. 398, § 119 AO Rz. 20; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 118 AO Tz. 50 f., § 119 AO Tz. 5; Förster in Koch/Scholz, Abgabenordnung, 5. Aufl., § 119 Rz. 2).

Durch die Aufhebung des Änderungsbescheids ist die Steuerfestsetzung nur in dem Maße berührt, wie sie durch den aufgehobenen Bescheid zuvor geändert worden war; mit der Aufhebung des Änderungsbescheids tritt grundsätzlich der zuvor aufgehobene Bescheid wieder in Kraft (, BFHE 108, 1, BStBl II 1973, 231).

Da die Kläger von einem Regelungsinhalt des Aufhebungsbescheids ausgehen, der weder seinem Wortlaut noch seinem erklärten Ziel entspricht, fehlt es an der Darlegung, dass die von ihnen aufgeworfene Rechtsfrage in einem eventuellen Revisionsverfahren geklärt werden kann.

2. Die Beschwerde ist unbegründet, soweit die Kläger geltend machen, in Bezug auf die Frage, welche Voraussetzungen für die Annahme eines Rechtsmissbrauchs i.S. von § 42 AO 1977 gegeben seien, insbesondere die Frage, wann eine sog. Überkreuzvermietung einen Rechtsmissbrauch i.S. von § 42 AO 1977 auslöse, sei zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erforderlich (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO).

Die Kläger beanstanden, dass im Streitfall kein von vornherein gefasster Plan für die Überkreuzvermietung vorgelegen habe. Damit rügen sie, dass das FG von der zitierten Rechtsprechung des BFH abgewichen sei. Das trifft, unabhängig von der Frage, ob die Kläger eine Divergenz gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt haben, nicht zu. Das FG geht ausdrücklich davon aus, dass die Beteiligten eine Gestaltung gewählt haben, die beide Hauskäufe und die wechselseitige Vermietung umfasste. Der Umstand, dass eins der beiden Häuser im Zeitpunkt des Erwerbs bereits an die Kläger vermietet war, schließt entgegen der Ansicht der Kläger einen Gesamtplan nicht aus.

3. In Bezug auf die Frage, ob Wohnungseigentumsförderung zu gewähren ist, wenn eine wechselseitige Vermietung nach § 42 AO 1977 nicht anerkannt wurde, sind weder die Voraussetzungen der grundsätzlichen Bedeutung noch das Erfordernis einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO) gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt.

Die Kläger haben nichts dazu vorgetragen, ob diese Frage in einem eventuellen Revisionsverfahren geklärt werden kann. Das FG hat sie nämlich offen gelassen, weil ”wegen der Kompensationsmöglichkeiten mit den fehlerhaften Einkünften aus Vermietung und Verpachtung” eine Änderung der Steuerfestsetzung 1988 im Ergebnis nicht möglich sei. Damit ist nach Ansicht des Senats Folgendes gesagt:

Das FG hat mit Rücksicht auf das Verböserungsverbot bei der Einkommensteuerfestsetzung 1988 den nach seiner Ansicht zu Unrecht geltend gemachten Werbungskostenüberschuss bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 25 147 DM berücksichtigt. Da die von den Klägern hilfsweise geltend gemachte Förderung gemäß § 10e EStG nach Ansicht des FG diesen Betrag nicht überschreitet, könnte er sich auf die Steuerfestsetzung nicht mehr auswirken. Die Kläger hätten zur Begründung ihrer Beschwerde insoweit konkret darlegen müssen, welche Beträge sie hilfsweise gemäß § 10e EStG, eventuell aber auch gemäß § 21a i.V.m. § 7b EStG geltend machen und ob sich der Ansatz des geltend gemachten Betrags auf die Steuerfestsetzung hätte auswirken können. Das haben die Kläger weder in der Beschwerde noch in den Schriftsätzen vom und getan, auf die sie in der Beschwerde verweisen.

Über die Frage, ob mit Rücksicht auf die Revision (X R 41/99) gegen das (Entscheidungen der Finanzgerichte 1999, 951) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erforderlich ist (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO), kann der Senat daher nicht entscheiden.

4. Da die Kläger bisher nicht dargelegt haben, welche Beträge sie entweder gemäß § 10e EStG oder gemäß § 21a i.V.m. § 7b EStG steuerlich geltend machen, können sie auch mit ihrer Rüge, das FG habe die tatsächlichen Grundlagen der Wohnungseigentumsförderung nicht geklärt (Verletzung des § 76 Abs. 1 FGO), nicht gehört werden.

Fundstelle(n):
UAAAA-69009