BVerwG Beschluss v. - 2 C 10.16 (2 C 2.15)

Gründe

1Die Anhörungsrüge ist teilweise bereits unzulässig und im Übrigen unbegründet.

2In dem Revisionsurteil vom - BVerwG 2 C 2.15 - (NVwZ 2016, 1099) hat der Senat entschieden, dass die rheinland-pfälzische Regelung des § 2 Abs. 1 des Gesetzes zur Ersetzung und Ergänzung des Beamtenversorgungsgesetzes (BeamtVGErgG RP - GVBl. 2007 S. 283) verfassungsgemäß ist und damit keinen Anlass für eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gibt. Nach dieser Regelung erfolgt die Versorgung eines Beamten, der bei dem Eintritt in den Ruhestand ein Amt innehat, das nicht der Eingangsbesoldungsgruppe seiner Laufbahn entspricht, aus dem vorher bekleideten Amt, wenn der Versorgungsempfänger vor dem Eintritt in den Ruhestand nicht mindestens zwei Jahre lang Dienstbezüge nach dem zuletzt bekleideten Amt erhalten hat. Zeiten der Wahrnehmung der Aufgaben eines höherwertigen Amtes können danach nicht angerechnet werden.

3Mit der Anhörungsrüge gemäß § 152a VwGO macht die Klägerin geltend, das Revisionsurteil verletze ihren Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs. Soweit sich die Klägerin inhaltlich gegen die Richtigkeit der Entscheidung des Senats wendet, hat sie eine solche Gehörsverletzung jedoch bereits nicht dargelegt (§ 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 6 und Abs. 4 Satz 1 VwGO). Im Übrigen ist die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs unbegründet.

4Die Verfahrensgarantie des rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO, deren Verletzung nach § 152a VwGO gerügt werden kann, verpflichtet das Gericht, das Vorbringen jedes Verfahrensbeteiligten bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen. Der Gehörsanspruch verlangt jedoch nicht, dass das Gericht das gesamte Vorbringen der Beteiligten in den Urteilsgründen wiederzugeben und zu jedem einzelnen Gesichtspunkt Stellung zu nehmen hat. Vielmehr sind in dem Urteil nur diejenigen Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. Das Gericht kann sich auf die Darstellung und Würdigung derjenigen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte beschränken, auf die es nach seinem Rechtsstandpunkt entscheidungserheblich ankommt (vgl. § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Daher kann aus dem Umstand, dass das Gericht einen Aspekt des Vorbringens eines Beteiligten in den Urteilsgründen nicht abgehandelt hat, nur dann geschlossen werden, es habe diesen Aspekt nicht in Erwägung gezogen, wenn er nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts eine Frage von zentraler Bedeutung betrifft (stRspr, vgl. - BVerfGE 86, 133 <145 f.>; BVerwG 9 C 158.94 -BVerwGE 96, 200 <209 f.> = Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 174 S. 27 f.; BVerwG 2 B 28.07 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 3 Rn. 6).

5Die Anhörungsrüge beschränkt sich im Wesentlichen darauf zu beanstanden, dass das Gericht sich die bereits im Revisionsverfahren von der Klägerin vorgetragene Rechtsauffassung nicht zu eigen gemacht hat. Spezifische Beanstandungen, die eine Verletzung rechtlichen Gehörs im geschilderten Sinne stützen könnten, werden entweder nicht hinreichend dargelegt oder ergeben sich daraus nicht.

6Dies gilt zunächst für die Rüge, das Gericht habe nicht hinreichend gewürdigt, dass die Klägerin über einen längeren Zeitraum Aufgaben wahrgenommen habe, die ihrer Wertigkeit nach richterlicher Tätigkeit und damit zumindest der angestrebten Wertigkeit eines Amtes der Besoldungsgruppe A 13 BBesO entsprächen. Die Klägerin übersieht zum einen, dass der Senat ausweislich der Erwähnung in Rn. 1 der Urteilsgründe zur Kenntnis genommen hat, dass der Klägerin im Mai 2010 ein Statusamt der Besoldungsgruppe A 13 verliehen wurde. Zum anderen verkennt sie, dass es nach der Rechtsauffassung des Senats gerade nicht darauf ankommt, ob höherwertige Aufgaben tatsächlich wahrgenommen wurden. Allein maßgeblich ist insoweit, dass der Klägerin innerhalb der durch § 2 Abs. 1 BeamtVGErgG RP gesetzten Frist von zwei Jahren das höherwertige Statusamt nicht verliehen worden ist. Hierauf ist der Senat ausdrücklich auch mit Bezug auf die persönliche Situation der Klägerin eingegangen (Rn. 18 des Urteilsabdrucks - UA).

7Des Weiteren beanstandet die Klägerin, der Senat habe sich nicht hinreichend mit dem Umstand auseinander gesetzt, dass auf gebündelten Dienstposten für jede der umfassten Besoldungsgruppen von einer amtsangemessenen Besoldung und Beschäftigung auszugehen sei. Unabhängig von der konkreten Ausgestaltung des von der Klägerin versehenen Dienstpostens kommt es nach der Rechtsauffassung des Senats hierauf nicht an, weil der Einsatz auf einem gebündelten Dienstposten keinen Einfluss auf die hier allein maßgebliche Frage hat, welches Statusamt die Klägerin bekleidet hat.

8Soweit die Klägerin erneut auf die Entscheidung des u.a. - (BVerfGE 61, 43) sowie auf die Nichtigerklärung des § 5 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG a.F. durch das Bundesverfassungsgericht ( - BVerfGE 117, 372) hinweist, ist ebenfalls nicht ersichtlich, inwieweit hier eine Gehörsverletzung gegeben sein soll. Der Senat hat sich mit beiden Aspekten in seinem Urteil befasst, wenn auch nicht mit dem von der Klägerin gewünschten Ergebnis: Zu der erstgenannten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hat der Senat ausgeführt, dass dieses zwar eine Wartefrist von mehr als zwei Jahren für verfassungswidrig gehalten, die Möglichkeit der Anrechnung höherwertiger Tätigkeiten jedoch nur als plausibel und damit nicht als zwingend erachtet hat (Rn. 16 des UA). Zu der Frage der Nichtigerklärung hat der Senat betont, dass anders als in seinem BVerwG 2 C 48.11-(Buchholz 239.1 § 5 BeamtVG Nr. 21) hier die dort angesprochene Übergangsphase durch die landesgesetzliche Regelung beendet worden und die angesprochene bundesgesetzliche Vorschrift ersetzt worden ist, sodass es einer übergangsweisen Anwendung der (noch) älteren, bis zum Ablauf des geltenden Vorschrift des § 5 Abs. 3 Satz 4 BeamtVG nicht mehr bedurft hat (Rn. 11 f. des UA).

9Ohne dass hierauf ein Gehörsverstoß zu stützen wäre, weist der Senat mit Blick auf den Einwand der Abkehr von früherer Senatsrechtsprechung darauf hin, dass die Weiterentwicklung oder auch die Abkehr von früherer Rechtsprechung keinen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG darstellt, weil hierfür ein sachlicher Grund in Form weitergehender Erkenntnisse, die in Rn. 16 bis 19 der Urteilsgründe dargestellt sind, vorliegt.

10Ein Gehörsverstoß wird ebenfalls nicht mit dem Hinweis auf das Urteil des Senats vom - BVerwG 2 C 51.13 - (BVerwGE 151, 114) dargelegt. Zum einen führt die Anhörungsrüge nicht aus, inwieweit der Senat das rechtliche Gehör der Klägerin diesbezüglich beeinträchtigt haben soll. Im Übrigen widerspricht das Urteil der genannten Entscheidung nicht. Im Gegenteil: Beide Urteile betonen, dass zur geschützten Rechtsstellung des Beamten in erster Linie sein Amt im statusrechtlichen Sinne gehört, aus dem sich der wesentliche Inhalt seiner Rechtsverhältnisse, insbesondere der Anspruch auf Alimentation bestimmt ( 2 C 51.13 -BVerwGE 151, 114 Rn. 28). Hieraus hat der Senat im hier angegriffenen Urteil die für die Klägerin nachteilige Rechtsfolge hergeleitet, dass die Besoldung sich nicht nach der Funktion, sondern nach dem Statusamt richtet (Rn. 14 und 16 des UA).

11In diesem Zusammenhang greift auch nicht der Einwand, der Senat habe nicht geprüft, ob die Versorgung der Klägerin den Anforderungen an eine amtsangemessene Alimentation genügt. Denn nicht die Alimentationshöhe als solche, sondern allein die Bemessung der Versorgung nach der Besoldungsgruppe A 12 BBesO ist Gegenstand des Verfahrens gewesen.

12Die Klägerin rügt des Weiteren, dass der Senat sich nicht mit einer Ungleichbehandlung im Vergleich zu der Regelung des § 46 BBesG befasst hat, nach der bereits nach 18 Monaten der Verwendung auf einem höherwertigen Dienstposten eine Zulage gewährt werde. Auf die Frage, ob der Klägerin eine solche Zulage hätte gewährt werden können oder müssen, kommt es nach der Rechtsauffassung des Senats für die Frage der Verfassungswidrigkeit der hier in Rede stehenden zweijährigen Wartefrist (ohne Anrechnungsmöglichkeit) für die von der Klägerin erstrebte Versorgung aus dem letzten Amt nicht an, weil es sich bei der Bewilligung einer Zulage und der Festsetzung der Höhe der Versorgung einer Ruhestandsbeamtin nicht um vergleichbare Sachverhalte handelt.

13Soweit die Anhörungsrüge des Weiteren geltend macht, die nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts "grundsätzlich" erforderliche Berücksichtigung des statusrechtlichen Amtes bei der Bemessung der Besoldung erlaube auch "Ausnahmen im positiven Sinne", stellt sie ihre Interpretation der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung derjenigen des Senats (Rn. 13 ff. des UA) gegenüber. Ein Gehörsverstoß folgt aber nicht daraus, dass der Senat in seinem Urteil eine andere Rechtsauffassung als die Klägerin eingenommen hat.

14Die letzte Rüge, der Senat sei nicht auf eine Vorlage des Rechtsstreits an das Bundesverfassungsgericht eingegangen, trifft nicht zu. Der gesamte Abschnitt II der Entscheidungsgründe (Rn. 13 bis 19 des UA) befasst sich mit dieser Frage und negiert in seinem Obersatz die Erforderlichkeit, eine "Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gemäß Art. 100 Abs. 1 GG einzuholen", ausdrücklich.

15Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Fundstelle(n):
QAAAF-84112