Online-Nachricht - Donnerstag, 14.04.2016

Gesetzgebung | Sachverständige gegen Prüfungsgrundsatz (hib)

In der Anhörung zum Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahren im Finanzausschuss am hat die Mehrheit der Sachverständigen die Pläne der Bundesregierung zurückgewiesen, bei der Prüfung von Steuerfällen in den Finanzämtern den Grundsatz der "Wirtschaftlichkeit" einzuführen und damit die Behörden zu entlasten, indem personelle Ressourcen auf die wirklich prüfungsbedürftigen Fälle konzentriert werden.

Hintergrund: Grundlage der Anhörung war der von der Bundesregierung eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Besteuerungsverfahren (BT-Drucks. 18/7457). Danach sollen Steuererklärungen in Zukunft zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung soweit wie möglich automatisiert bearbeitet werden. Bürger, die ihre Steuererklärung mit erheblicher Verspätung einreichen, sollen einen Verspätungszuschlag zahlen. Ein wesentlicher Punkt des Gesetzesvorhabens ist die Änderung von Abgabefristen. Steuerpflichtige, die von Steuerberatern beraten werden, bekommen zwei Monate mehr Zeit zur Abgabe ihrer Erklärung. Die Jahressteuererklärung muss künftig am 28. Februar des Zweitfolgejahres vorliegen. Die Verlängerung der Fristen wurde von der Bundesteuerberaterkammer ausdrücklich begrüßt. Sie störte sich jedoch daran, dass die Finanzämter die Möglichkeit erhalten sollen, Steuererklärungen auch vorab anfordern zu können.

Hierzu wird u.a. weiter ausgeführt:

  • Der Bundesverband der Lohnsteuerhilfevereine erklärte in seiner Stellungnahme, die Einführung von Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten als unbestimmter Rechtsbegriff sei als Grundlage für Entscheidungen über Art und Umfang der Ermittlungen zu weitgehend: "Wir sehen dadurch den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung gefährdet", warnte die Organisation.

  • Auch der Neue Verband der Lohnsteuerhilfevereine warnte davor, neben den geltenden Grundsätzen der Gleichmäßigkeit, Gesetzmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit auch allgemeine Erfahrungen der Finanzbehörden sowie Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zu berücksichtigen. Das ergebe einen sehr weiten Entscheidungsspielraum für die Finanzbehörden. Die neu aufgenommenen Gründe könnten die bisherigen Grundsätze der Gleichmäßigkeit und Gesetzmäßigkeit erheblich einschränken. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di fragte, wie der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit in der Praxis funktionieren solle. Es sei ein Trugschluss, eine stärkere Serviceorientierung der Finanzverwaltung könne nur durch stärkere IT-Unterstützung und strukturelle Verfahrensanpassungen bei gleich bleibender oder sinkender Personalausstattung erreicht werden.

  • Der Deutsche Steuerberaterverband warnte, mit zunehmender Übermittlung sowie Verarbeitung der Daten von Dritten (Arbeitgebern, Versicherungen, Banken usw.) könne sich die Zahl der Fälle von abweichenden Angaben zu den Daten in den Steuererklärungen erhöhen. Die Abwälzung der Sachverhaltsaufklärung nebst der unzureichenden Begründung im Steuerbescheid widerspreche dem Amtsermittlungsgrundsatz sowie den Hinweis- und Begründungspflichten der Finanzverwaltung.

Quelle: hib - heute im bundestag Nr. 210 (il)

Hinweis

Die vollständige Meldung können Sie auf der Homepage des Bundestags einsehen.

Zum Stand das Gesetzgebungsverfahrens: NWB ReformRadar

Fundstelle(n):
NWB AAAAF-71182