Keine Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung bei sich in der Entscheidung eines konkreten Einzelfalls erschöpfenden Bedeutung der Rechtssache; Durchführung einer Rockveranstaltung mit Musikgruppen durch eine politische Partei als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb
Leitsatz
1. Erschöpft sich die Bedeutung der Rechtssache in der Entscheidung eines konkreten Einzelfalls, vermag dies die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO nicht zu rechtfertigen.
2. Ob eine politische Partei bei der Durchführung einer Veranstaltung (hier: einer Rockveranstaltung mit Musikgruppen) nach § 5 Abs. 1 Nr. 7 Satz 2 KStG einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb i.S. von § 14 AO unterhält, der die Anwendung der Steuerbefreiung gemäß § 5 Abs. 1 KStG ausschließt und die Gewerbesteuerpflicht gemäß § 2 Abs. 3 GewStG begründet, ist nach Maßgabe einer entsprechenden Würdigung der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls zu entscheiden (vgl. , Rz 46 ff.).
Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, FGO § 118 Abs. 2, AO § 14, KStG § 5 Abs. 1 Nr. 7 Satz 2, GewStG § 2 Abs. 3
Instanzenzug:
Tatbestand
1 I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist der Kreisverband einer politischen Partei.
2 Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) war der Auffassung, dass der Kläger mit einer am . 2009 durchgeführten Veranstaltung einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb i.S. von § 14 der Abgabenordnung (AO) unterhalten habe, so dass deshalb die Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 7 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) entfallen und die Gewerbesteuerpflicht gemäß § 2 Abs. 3 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) begründet worden sei. Die dabei ausgeführten Umsätze seien nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) steuerbar und steuerpflichtig. Nach einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 162 AO erließ das FA am entsprechende Bescheide betreffend das Jahr 2009 (Streitjahr) über die Festsetzungen von Körperschaftsteuer, des Gewerbesteuermessbetrages und Umsatzsteuer. Die vom Kläger erhobenen Einsprüche blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab.
3 Mit seiner hiergegen eingelegten Nichtzulassungsbeschwerde beruft sich der Kläger auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) und rügt das Vorliegen eines schweren Rechtsanwendungsfehlers i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO.
Gründe
4 II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
5 Soweit die geltend gemachten Revisionszulassungsgründe überhaupt in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechenden Form dargelegt sind, liegen sie nicht vor.
6 1. Für die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO muss der Kläger eine konkrete Rechtsfrage formulieren und substantiiert auf ihre Klärungsfähigkeit, Klärungsbedürftigkeit, ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung sowie darauf eingehen, weshalb von der Beantwortung der Rechtsfrage die Entscheidung über die Rechtssache abhängt (ständige Rechtsprechung, z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs —BFH— vom XI B 128/13, BFH/NV 2014, 1224, Rz 12; vom III B 59/12, BFH/NV 2013, 1447, Rz 4). Dies ist im Streitfall nicht in ausreichendem Umfang geschehen.
7 a) Der Kläger hält die Rechtsfrage für grundsätzlich bedeutsam, ob „eine politische Partei aus Anlass ihrer politischen Veranstaltungen Einnahmen aus einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb der Körperschaft – und der Gewerbesteuer unterwerfen muss”.
8 Er führt aus, dass sich aus der insoweit wohl anzuwendenden Regelung in § 14 AO nichts für die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage ergebe. Überdies werde verkannt, dass jede politische Tätigkeit einer Partei auf die Erzielung von Einnahmen gerichtet sei; denn nur wer ausreichend Geld in Wahlkämpfe und die eigenen Strukturen investieren könne, könne eigene Mitglieder an die Stellen bringen, an denen sie Politik gestalten könnten, insbesondere also in Parlamenten. So dienten Wahlkämpfe auch dazu, möglichst hohe Stimmanteile zu gewinnen, um an der staatlichen Teilfinanzierung der Parteien teilzuhaben. Gerade für kleine Parteien, die voraussetzen könnten, an der Fünf-Prozenthürde zu scheitern, sei dies häufig das einzige Motiv für die Wahlteilnahme. Vor diesem Hintergrund sei für die politischen Parteien häufig nunmehr ein sog. „fundraising” in der Gestalt erforderlich, dass finanzkräftige Unterstützer zum Abendessen eingeladen würden und dafür „Eintrittsgelder” zahlten. Der BFH habe diese im Interesse aller politischen Parteien zu klärende Rechtsfrage noch nicht entschieden.
9 b) Der vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfrage kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu, weil weder deren Klärungsfähigkeit noch deren Klärungsbedürftigkeit hinreichend dargetan sind.
10 aa) An der Klärungsfähigkeit fehlt es dann, wenn der Kläger von einem anderen als dem vom FG festgestellten, mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen nicht angegriffenen Sachverhalt ausgeht (vgl. z.B. , BFH/NV 2013, 1431, Rz 12, m.w.N.; Gräber/ Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 115 Rz 30, m.w.N.). Im Streitfall ergibt sich aus den vom FG getroffenen Feststellungen nicht, dass der Kläger —wie in der von ihm formulierten Rechtsfrage angenommen— am . 2009 tatsächlich eine „politische” Veranstaltung abgehalten hat. Vielmehr hat es sich „um eine Rockveranstaltung mit vier Musikgruppen” gehandelt (vgl. Seiten 12, 13 des FG-Urteils).
11 Da der Kläger diesen tatsächlichen Feststellungen des FG nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen entgegengetreten ist, binden diese nach § 118 Abs. 2 FGO den Senat. Dies gilt auch, soweit der Kläger mit seiner Beschwerdeschrift (Seiten 1 bis 7) die entsprechende Würdigung des FG umfänglich angegriffen hat. Denn die Grundsätze der Beweiswürdigung sind revisionsrechtlich dem materiellen Recht zuzuordnen und deshalb der Prüfung des BFH im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde entzogen (vgl. z.B. , BFH/NV 2010, 73, unter 2.c).
12 bb) Außerdem mangelt es insoweit auch an der hinreichenden Darlegung der Klärungsbedürftigkeit, weil die entscheidungserhebliche Rechtsfrage, ob eine politische Partei bei der Durchführung einer Veranstaltung nach § 5 Abs. 1 Nr. 7 Satz 2 KStG einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb i.S. von § 14 AO unterhält, der die Anwendung der Steuerbefreiung gemäß § 5 Abs. 1 KStG ausschließt und die Gewerbesteuerpflicht gemäß § 2 Abs. 3 GewStG begründet, nach Maßgabe einer entsprechenden Würdigung der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls zu entscheiden ist (vgl. z.B. zu § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG , BFH/NV 2012, 786, Rz 46 ff.). Dies wird auch darin deutlich, dass das FG im Streitfall in den Entscheidungsgründen seines Urteils im Einzelnen die Umstände der am . 2009 durchgeführten Veranstaltung untersucht und gewürdigt hat, was der Kläger in seiner Beschwerdeschrift (Seiten 1 bis 7) gleichfalls im Einzelnen beanstandet hat. Damit erschöpft sich die Bedeutung der Rechtssache vorliegend in der Entscheidung eines konkreten Einzelfalls, was die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO nicht zu rechtfertigen vermag (vgl. z.B. , BFH/NV 2010, 73, Rz 5).
13 Vor diesem Hintergrund ergibt sich die Klärungsbedürftigkeit der vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfrage auch nicht schon daraus, dass diese noch nicht Gegenstand einer höchstrichterlichen Entscheidung geworden ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. , BFH/NV 2010, 1480, Rz 13).
14 c) Soweit der Kläger ferner rügt, das FG habe zu Unrecht im Rahmen des § 14 AO geprüft, ob für die streitbefangene Veranstaltung ein Eintrittsgeld eingefordert oder lediglich eine freiwillige Spende erbeten worden sei und der Kläger auch diesbezüglich die Würdigung des FG für unzutreffend hält, wendet er sich gegen die materielle Rechtmäßigkeit der Entscheidung des FG, was grundsätzlich nicht zur Zulassung der Revision führt (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. , BFH/NV 2015, 864, Rz 29, m.w.N.; Gräber/Ratschow, a.a.O., § 115 Rz 24, m.w.N.). Dasselbe gilt, soweit der Kläger darüber hinaus ausführt, dass es seines Erachtens wegen der Freiwilligkeit der Zahlungen an deren Entgeltcharakter fehle, so dass die Voraussetzungen von § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG nicht erfüllt seien.
15 2. Die Revision ist auch nicht deshalb zuzulassen, weil —wie der Kläger meint— das FG-Urteil unter schweren Rechtsanwendungsfehlern leide. Hierzu hätte der Kläger nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO substantiiert darlegen müssen, weshalb das angefochtene Urteil willkürlich und unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt vertretbar erscheint (vgl. z.B. , BFH/NV 2014, 355, Rz 17, m.w.N.). Dies lässt sich den Ausführungen des Klägers, die sich —wie aufgezeigt— im Wesentlichen gegen die seines Erachtens unzutreffende Würdigung der Umstände des Streitfalls wenden, indes nicht entnehmen.
16 3. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 116 Abs. 5 Satz 2 FGO).
17 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2016 S. 1062
OAAAF-70512