Online-Nachricht - Mittwoch, 08.02.2012

Umsatzsteuer | Nachträgliche Berufung auf Steuerfreiheit nach Unionsrecht (BFH)

Die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnisse (steuerpflichtige Verwendungsumsätze) ändern sich i.S. des § 15a Abs. 1 Satz 1 UStG, wenn sich der Steuerpflichtige nachträglich innerhalb des Berichtigungszeitraums auf die Steuerfreiheit seiner Verwendungsumsätze gemäß Art. 13 Teil B Buchst. f der Richtlinie 77/388/EWG beruft (; veröffentlicht am ).


Hintergrund: Ändern sich bei einem Wirtschaftsgut innerhalb von fünf Jahren ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse, ist für jedes Kalenderjahr der Änderung ein Ausgleich durch eine Berichtigung des Abzugs der auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten entfallenden Vorsteuerbeträge vorzunehmen (§ 15a Abs. 1 Satz 1 UStG).
Sachverhalt: Im Streitfall behandelte eine GmbH ihre Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit zunächst als steuerpflichtig und machte Vorsteuerbeträge aus dem Erwerb von Wirtschaftsgütern geltend. Unter Hinweis auf die geänderte Rechtsprechung beantragte sie später die Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit steuerfrei zu belassen. Das Finanzamt hat die Umsätze als steuerfrei behandelt und zugleich die abgezogenen Vorsteuerbeträge nach § 15a UStG berichtigt.
Hierzu führte der BFH weiter aus: Der Kläger hatte im Streitfall die Möglichkeit, sich für die Anwendung des gegenüber den Regeln im nationalen Recht günstigeren Unionsrechts zu entscheiden. Die spätere Berufung auf die unionsrechtliche Steuerbefreiung in Art. 13 Teil B Buchst. f der Richtlinie 77/388/EWG für die dem Besteuerungszeitraum des Leistungsbezugs nachfolgenden Besteuerungszeiträume ändert nichts daran, dass für den Besteuerungszeitraum des Leistungsbezugs der Vorsteuerabzug bestehen bleibt. Jedoch haben sich die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnisse im Berichtigungszeitraum geändert.  Aus Aufwendungen für Eingangsleistungen, die in direktem und unmittelbarem Zusammenhang mit steuerfreien Ausgangsumsätzen stehen, kommt ein Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 und 2 UStG und Art. 17 der Richtlinie 77/388/EWG nicht in Betracht. Die weit gefassten Bestimmungen des Art. 20 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 77/388/EWG sehen eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs nicht nur bei Änderungen der Verwendungsverhältnisse, sondern für sämtliche Änderungen der für die Berechtigung zum Vorsteuerabzug maßgeblichen Faktoren vor. Der Senat hält fest, dass im Streitall die rückwirkende Anwendung des § 15a Abs. 1 Satz 1 UStG 1999 in der durch das StÄndG 2001 geänderten Fassung verfassungsrechtlich unbedenklich ist.
Quelle: BFH online
Hinweis: Mit Urteil vom hatte bereits der V. Senat des BFH in einem ähnlich gelagerten Fall klargestellt, dass die Vorsteuer zu berichtigen ist, wenn sich der Unternehmer nachträglich auf eine im nationalen Recht nicht vorgesehene Steuerbefreiung des Unionsrechts beruft (s. NWB-Nachricht v. 25.1.2012). Im vorliegenden Fall hatte die Revision des Klägers allerdings teilweise Erfolg, weil das Finanzamt die Bagatellregelung in § 44 Abs. 1 und 3 UStDV nicht beachtet hatte.
 

 


 

Fundstelle(n):
NWB HAAAF-43430