Online-Nachricht - Mittwoch, 25.01.2012

Umsatzsteuer | Nachträgliche Berufung auf Steuerfreiheit nach Unionsrecht (BFH)

Der BFH hat entschieden, dass die Vorsteuer zu berichtigen ist, wenn sich der Unternehmer nachträglich auf eine im nationalen Recht nicht vorgesehene Steuerbefreiung des Unionsrechts beruft (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Ändern sich bei einem Wirtschaftsgut innerhalb von fünf Jahren ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse, ist für jedes Kalenderjahr der Änderung ein Ausgleich durch eine Berichtigung des Abzugs der auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten entfallenden Vorsteuerbeträge vorzunehmen (§ 15a Abs. 1 Satz 1 UStG).
Sachverhalt: Der Streitfall betraf einen Spielhallenbetreiber. Dieser hatte für den Erwerb von Geldspielautomaten die Vorsteuer abgezogen, da Umsätze mit Geldspielautomaten nach nationalem Recht steuerpflichtig sind. Nachdem der EuGH im Gegensatz dazu entschieden hatte, dass derartige Umsätze nach dem Unionsrecht steuerfrei sind ( und C-462/02 "Linneweber/Akritidis"), machte der Unternehmer dies für sich geltend. Das Finanzamt akzeptierte die Steuerfreiheit der Automatenumsätze, ging aber zu Lasten des Unternehmers davon aus, dass er den zuvor für den Erwerb der Geldspielautomaten in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug nach § 15a UStG zu berichtigen habe. Der BFH hat die Rechtsauffassung des Finanzamts bestätigt.
Hierzu führte der BFH weiter aus: Ändern können sich i.S. des § 15a Abs. 1 Satz 1 UStG sämtliche "Verhältnisse, die ... für den Vorsteuerabzug maßgebend waren". Die von § 15a UStG vorausgesetzte Änderung der Verhältnisse liegt im Streitfall darin, dass der Unternehmer beim Erwerb der Geldspielgeräte das Erbringen steuerpflichtiger Automatenumsätzen beabsichtigt hat, wohingegen die Umsätze aufgrund der späteren Berufung auf das Unionsrecht steuerfrei waren.
Quelle: BFH online

Anmerkung: Die Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs durch die Klägerin in den Abzugsjahren war trotz der unzureichenden Umsetzung des Unionsrechts in § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG nicht „fehlerhaft“. Entspricht das nationale Recht nicht dem ihm zugrundeliegenden Unionsrecht und besteht auch keine Möglichkeit zur richtlinienkonformen Auslegung des nationalen Rechts, kann sich der Steuerpflichtige auf die Steuerfreiheit seiner Umsätze nach der Richtlinie berufen. Beruft sich der Unternehmer während des Berichtigungszeitraumes auf das Unionsrecht, tritt - ähnlich wie bei der Rückgängigmachung des Verzichts auf eine Steuerbefreiung gemäß § 9 UStG - eine Änderung der für den Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse ein. Die Entscheidung des BFH ist daher über den entschiedenen Einzelfall hinaus für alle Fälle von Bedeutung, in denen sich Unternehmer nachträglich auf Steuerbefreiungen des Unionsrechts berufen, die im nationalen Recht nicht zutreffend umgesetzt sind.

 

Fundstelle(n):
NWB HAAAF-43336