Online-Nachricht - Mittwoch, 21.12.2011

Umwandlungssteuer | Entnahme einbringungsgeborener Anteile (BFH)

Der Inhaber im Betriebsvermögen gehaltener einbringungsgeborener Anteile muss keinen Entnahmegewinn versteuern, wenn er die Anteile verschenkt (; veröffentlicht am ; entgegen BStBl 1998 I S. 268, Tz. 21.12).


Sachverhalt: Streitig ist, ob der Inhaber im Betriebsvermögen gehaltener sog. einbringungsgeborener Anteile an einer Kapitalgesellschaft einen Entnahmegewinn versteuern muss, wenn er die Anteile unentgeltlich auf Dritte überträgt. Die Kläger sind Eheleute, die 2002 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Kläger war ursprünglich Alleingesellschafter der S-GmbH. Im Mai 2002 schenkte er 15% der Anteile an der S-GmbH seiner Frau; dem leitenden Mitarbeiter D übertrug er weitere 2,5% der Anteile. Das Finanzamt besteuerte die Differenz zwischen Teil- und Buchwert der übertragenen Anteile als Entnahmegewinn des Klägers. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz Erfolg. Der BFH wies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.

Hierzu führen die Richter des BFH weiter aus: Die Anteilsübertragung auf die Klägerin führt nicht zur Besteuerung eines Entnahmegewinns des Klägers. Die schenkweise Übertragung der Geschäftsanteile stellt eine Entnahme i.S. von § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG dar. Denn die Geschäftsanteile wurden aus dem bisherigen betrieblichen Zusammenhang gelöst und in das Privatvermögen der Klägerin überführt. Jedoch bewirkt die Entnahme nicht, dass der Kläger nach § 4 Abs. 1 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG den Differenzbetrag zwischen den Anschaffungskosten der Geschäftsanteile und deren Teilwert zum Entnahmezeitpunkt als Entnahmegewinn zu versteuern hätte. Es bleibt bei dem Ansatz mit den Anschaffungskosten. Denn die Entnahmeregeln des EStG sind auf die Geschäftsanteile der S-GmbH nicht anzuwenden, weil es sich bei diesen um einbringungsgeborene Anteile i.S. von § 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG a.F. handelt, für die die besonderen Gewinnrealisierungsregeln des § 21 Abs. 1 und 2 UmwStG a.F. gelten. Die Entnahme aus dem Betriebsvermögen unterfällt keinem der in § 21 Abs. 1 und 2 UmwStG a.F. geregelten Realisierungstatbestände. Insbesondere ist die schenkweise Übertragung der einbringungsgeborenen Anteile auf Dritte keine "Veräußerung" i.S. von § 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG a.F., die eine entgeltliche Übertragung voraussetzt. Die Entstrickungstatbestände für einbringungsgeborene Anteile sind in § 21 UmwStG a.F.  abschließend geregelt (vgl. Senatsurteil v. - NWB IAAAB-38019). Daneben ist kein Raum für die Anwendung des allgemeinen Realisationstatbestands der Entnahme gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG. Das gilt jedenfalls insoweit, als - wie im Streitfall - der Buchwert der Anteile zum Entnahmezeitpunkt die nach Maßgabe von § 20 Abs. 4 UmwStG a.F. anzusetzenden Anschaffungskosten nicht unterschreitet. Im zweiten Rechtsgang wird das Finanzgericht nun zu prüfen haben, ob es sich um eine schenkweise Übertragung oder um die Leistung von Arbeitslohn gehandelt hat.

Quelle: NWB Datenbank

Anmerkung: Einbringungsgeborene Anteile entstanden vor Änderung des UmwStG durch das SEStEG, wenn betriebliche Sachgesamtheiten zu einem unter dem Teilwert liegenden Wert nach § 20 UmwStG in eine Kapitalgesellschaft eingebracht wurden. Für diese Anteile sieht § 21 UmwStG a.F. (der für Alt-Einbringungen unverändert gilt) spezifische Steuerentstrickungsregelungen vor. Die Entscheidung des BFH beruht auf dem Verständnis, dass diese einerseits die Entstrickungsregeln für Entnahmen (§§ 4 Abs. 1 Satz 2, 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG) verdrängen, andererseits die enumerative Aufzählung der Entstrickungstatbestände die Entnahme der Anteile aus dem Betriebsvermögen nicht umfasst. Die entnommenen Anteile bleiben steuerverstrickt. Das Urteil hat erhebliche Bedeutung für Umstrukturierungen und Unternehmensnachfolgeregelungen. Fraglich ist, ob die Urteilsgrundsätze auch für das durch das SEStEG geänderte Umwandlungssteuerrecht gelten, weil die Besteuerung der stillen Reserven nach Einbringung betrieblicher Sachgesamtheiten nach § 22 UmwStG n.F. nicht sichergestellt ist, denn sie unterbleibt in Höhe eines Siebtels für jedes Folgejahr.

 

Fundstelle(n):
NWB EAAAF-43162