Online-Nachricht - Mittwoch, 23.11.2011

Einkommensteuer | Steuerermäßigung bei Einkünften aus Gewerbebetrieb I (BFH)

Der "Durchleitung" anteiliger Gewerbesteuer-Messbeträge durch eine Kapitalgesellschaft steht die Abschirmung der Vermögenssphäre der Kapitalgesellschaft gegenüber ihren Anteilseignern entgegen (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Nach § 35 Abs. 3 Satz 1 EStG 2002 (heute § 35 Abs. 2 Satz 5 EStG) ist bei Mitunternehmerschaften i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 und 3 EStG der Betrag des Gewerbesteuer-Messbetrags und der auf die einzelnen Mitunternehmer entfallende Anteil gesondert und einheitlich festzustellen. Gemäß § 35 Abs. 3 Satz 4 EStG 2002 (heute § 35 Abs. 2 Satz 5 EStG) sind bei der Feststellung anteilige Gewerbesteuer-Messbeträge, die aus einer Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft stammen, einzubeziehen.
Sachverhalt: Die Klägerin, eine GmbH & Co. KG (KG 2), war im Streitjahr (2003) zu 93,6% an einer GmbH beteiligt, mit der sie im Rahmen eines Organschaftsverhältnisses verbunden war. Die GmbH war im Streitjahr als Mitunternehmerin atypisch still an einer anderen GmbH & Co. KG (KG 1) beteiligt, die ihrerseits weitere Beteiligungen an mehreren inländischen Tochtergesellschaften hielt. Die Klägerin (KG 2) beantragte, in die für sie durchzuführende gesonderte und einheitliche Feststellung den anteilig auf die GmbH entfallenden Gewerbesteuer-Messbetrag einzubeziehen, damit dieser den an der KG 2 beteiligten Kommanditisten für Zwecke der Anrechnung der Gewerbesteuer zur Verfügung stehe. Dies lehnte das Finanzamt ab, da gemäß § 35 Abs. 3 Satz 4 EStG 2002 nur die anteiligen Gewerbesteuer-Messbeträge aus einer Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft einzubeziehen seien. Eine solche habe aber zwischen der KG 2 und der KG 1 aufgrund der Zwischenschaltung der GmbH nicht bestanden. Der Umstand, dass es sich bei der GmbH um eine juristische Person handele, entfalte insoweit eine abschirmende Wirkung.
Hierzu führte der BFH u.a. aus: Nach der Systematik der gesonderten und einheitlichen Feststellung nach § 35 Abs. 3 EStG 2002 werden bei Beteiligung einer Personenobergesellschaft an einer Personenuntergesellschaft bei letztgenannter Gesellschaft festgestellte, aber insoweit nicht bei der Einkommensbesteuerung ihrer Gesellschafter nach § 35 Abs. 1 EStG "verwertbare" Gewerbesteuer-Messbeträge an die Personenobergesellschaft "weitergereicht", um eine Berücksichtigung bei den Gesellschaftern jener Gesellschaft ("Schlussgesellschafter") zu ermöglichen. Verfahrenstechnisch wird dies dadurch bewirkt, dass auf der Ebene der Untergesellschaft eine gesonderte Feststellung des auf die Obergesellschaft entfallenden Gewerbesteuer-Messbetrags stattfindet, der bei der Feststellung der anteiligen Gewerbesteuer-Messbeträge der Obergesellschaft dem Gewerbesteuer-Messbetrag der Obergesellschaft nach § 35 Abs. 3 Satz 4 EStG 2002 hinzugerechnet wird, um dann die Summe auf die Gesellschafter der Obergesellschaft zu verteilen. Bei mehrstufigen Beteiligungsverhältnissen (mehrstöckigen Personengesellschaften) erfolgt die "Weiterleitung" so lange, bis eine Zuordnung an "Schlussgesellschafter" als natürliche Personen erfolgen kann. Schon hieraus ergibt sich, dass bei der Feststellung für eine Personenobergesellschaft nach § 35 Abs. 3 Satz 4 EStG 2002 eine Berücksichtigung nur von Gewerbesteuer-Messbeträgen erfolgen darf, die aus einer unmittelbaren Beteiligung an einer Personenuntergesellschaft stammen.
Quelle: BFH online
Anmerkung: In den meisten Fällen erweist sich die Berufung auf das Trennungsprinzip und die Abschirmwirkung der Kapitalgesellschaft gegenüber Personenunternehmen als vorteilhaft. Diese Prinzipien werden daher auch gerne zu Gestaltungen genutzt. Im Streitfall allerdings – wo es um die Weiterleitung anteiliger Gewerbesteuermessbeträge durch die in einem mehrstufigen Beteiligungsverhältnis zwischengeschaltete Kapitalgesellschaft ging – verhindert die Abschirmwirkung der GmbH eine „Anrechnung“ des auf sie entfallenden Gewerbesteuer-Messbetrags nach § 35 EStG bei der Personenobergesellschaft und deren Gesellschaftern, die im Urteil treffend als „Schlussgesellschafter“ bezeichnet werden. Ob dieses Ergebnis zum Verzicht auf die Zwischenschaltung von Kapitalgesellschaften (meist einer GmbH) bei mehrstöckigen Personengesellschaften führen wird, bleibt abzuwarten.

 

 

Fundstelle(n):
NWB HAAAF-42980