Online-Nachricht - Freitag, 20.05.2011

Einkommensteuer | Ausübung des Veranlagungswahlrechts in der Insolvenz eines Ehegatten (BFH)

Der BFH hat im Rahmen einer Entscheidung über eine Nichtzulassungsbeschwerde erstmals ausdrücklich klargestellt, dass das Wahlrecht der Ehegatten für eine Getrennt- oder Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer in der Insolvenz eines Ehegatten durch den Insolvenzverwalter ausgeübt werden kann. Das Wahlrecht des § 26 Abs. 2 EStG stelle kein höchstpersönliches Recht dar (, NV; veröffentlicht am ).


Sachverhalt: Die Klägerin wurde zunächst für die Streitjahre zusammen mit ihrem Ehemann zur Einkommensteuer veranlagt. Für den Ehemann war auf der Lohnsteuerkarte die Steuerklasse V, für die Ehefrau die Steuerklasse III eingetragen. Nachdem über das Vermögen des Ehemanns das Insolvenzverfahren eröffnet worden war, legte der Insolvenzverwalter gegen die Einkommensteuerbescheide der Streitjahre Einspruch ein und beantragte die getrennte Veranlagung. Daraufhin führte das Finanzamt für beide Ehegatten getrennte Veranlagungen durch und erließ entsprechend geänderte Einkommensteuerbescheide. Für die Klägerin ergaben sich dadurch hohe Einkommensteuernachzahlungen, zugunsten des Ehemanns hohe Einkommensteuererstattungsbeträge. Im Ergebnis wurden die Ehegatten bei Addition ihrer Einkommensteuerfestsetzungen mit einer höheren Einkommensteuer als bei der zunächst erfolgten Zusammenveranlagung belastet.

Hierzu führte der BFH weiter aus: Es entspricht ständiger Rechtsprechung des BFH, dass das Veranlagungswahlrecht beim Tod eines Ehegatten auf den oder die Erben übergeht ( NWB RAAAC-52029, m.w.N. ). Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass dieses Wahlrecht kein höchstpersönliches und damit ein vererbliches Recht ist. Zugleich hat der beschließende Senat in seinem zuvor genannten Urteil die Entscheidung des Bundesgerichtshofs ( NWB PAAAC-48782), wonach das Veranlagungswahlrecht mangels höchstpersönlicher Natur in der Insolvenz eines Ehegatten durch den Insolvenzverwalter ausgeübt wird, ersichtlich als zutreffende Fortentwicklung der BFH-Rechtsprechung betrachtet. Die in der Beschwerdebegründung aufgestellte Behauptung, das Veranlagungswahlrecht stelle ein höchstpersönliches - von der Verwaltungsbefugnis des Insolvenzverwalters gemäß § 34 Abs. 3 AO i.V. mit § 80 Abs. 1 InsO nicht erfasstes - Recht dar, steht daher nicht im Einklang mit der Rechtsprechung des angerufenen Senats. Soweit die Klägerin bei unterstelltem Übergang des Wahlrechts auf den Insolvenzverwalter die Wahl auf getrennte Veranlagung durch den Insolvenzverwalter wegen Verstoßes gegen Art. 6 Abs. 1 GG als rechtsmissbräuchlich beurteilen will, ist der behauptete Verfassungsverstoß nicht substantiiert belegt. Das Ehegattensplitting ist zwar keine beliebig veränderbare Steuer-"Vergünstigung", sondern eine an dem Schutzgebot des Art. 6 Abs. 1 GG und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Ehepaare (Art. 3 Abs. 1 GG) orientierte sachgerechte Besteuerung. Im Besteuerungsverfahren können die Ehegatten gemäß § 26 EStG aber grds frei zwischen Zusammenveranlagung (Ehegattensplitting) und getrennter Veranlagung wählen. Der BFH erachtet die Wahl eines Ehegatten auf getrennte Veranlagung nur dann als unwirksam, wenn dafür keine wirtschaftlich verständlichen und vernünftigen Gründe vorliegen und der Antrag als willkürlich erscheint. Im Streitfall sind jedoch solche Gründe gegeben. Die Wahl auf getrennte Veranlagung entspricht dem Zweck des § 80 Abs. 1 InsO, die Insolvenzmasse möglichst ungeschmälert zur gemeinschaftlichen Befriedigung der Insolvenzgläubiger zu erhalten.

Quelle: NWB Datenbank

 

Fundstelle(n):
NWB IAAAF-17164