Online-Nachricht - Donnerstag, 24.02.2011

Einkommensteuer | Kosten für Besuchsfahrten als außergewöhnliche Belastungen (BFH)

Der BFH hat zur Sachaufklärungspflicht des Finanzgerichtes bei Vorlage eines nicht aussagekräftigen ärztlichen Attestes Stellung genommen (, NV; veröffentlicht am ).


Hintergrund: Im Klageverfahren hat das Finanzgericht zur Erfüllung seiner Sachaufklärungspflicht (§ 76 FGO) den entscheidungserheblichen Sachverhalt so vollständig wie möglich und bis zur Grenze des Zumutbaren, also unter Ausnutzung aller verfügbaren Beweismittel, aufzuklären. Unabhängig von Beweisanträgen der Beteiligten muss das Finanzgericht im Zweifel auch von sich aus Beweise erheben ( NWB KAAAB-26538).

Hierzu führte der BFH weiter aus: Aufwendungen für Besuchsfahrten zu einem in einem Krankenhaus liegenden Ehegatten können nur ausnahmsweise als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden, wenn die Besuche nicht lediglich einem privaten Bedürfnis entspringen, sondern unmittelbar der Heilung oder Linderung der Krankheit dienen. Die medizinische Indikation der Besuche muss nachgewiesen werden. Das bedeutet, dass nach ärztlichem Urteil gerade die Besuche durch Ehegatten oder Kinder zur Heilung oder Linderung einer bestimmten Krankheit entscheidend beitragen müssen. Dies kann regelmäßig nur der behandelnde Arzt im Krankenhaus beurteilen. Nach diesen Rechtsgrundsätzen kam es im Streitfall entscheidend darauf an, ob die Besuche der Ehefrau sowie der Kinder während des stationären Klinikaufenthaltes des Klägers medizinisch angezeigt und damit unmittelbare Krankheitskosten waren. Das Finanzgericht hätte daher den Sachverhalt zur medizinischen Indikation der Besuchsfahrten weiter aufklären müssen. Ausweislich der Entscheidungsgründe genügte dem Finanzgericht ein von den Klägern vorgelegtes Attest des behandelnden Arztes nicht, weil es nicht konkret genug sei. Damit aber hätte sich dem Finanzgericht eine weitere Aufklärung zur Konkretisierung aufdrängen müssen. Im Streitfall wäre sowohl eine weitere Stellungnahme des Arztes als auch dessen Vernehmung als Zeuge möglich gewesen. Da hier nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Arzt auf Nachfrage sämtliche Fahrten für medizinisch indiziert erklären würde, ist eine weitere Aufklärung des Sachverhaltes auch notwendig.
Anmerkung: Der BFH wies in seinen Entscheidungsgründen darauf hin, dass die Kläger im Streitfall nicht wirksam auf ihr Rügerecht verzichtet haben (§ 155 FGO i.V. mit § 295 ZPO). Mangels richterlichen Hinweises (§ 76 Abs. 2 FGO) durften sie im Streitfall davon ausgehen, dass ihr bisheriger Sachverhaltsvortrag umfassend war. Erst in den Entscheidungsgründen des Urteils war erkennbar, dass das vorgelegte Attest dem Finanzgericht nicht aussagekräftig genug war. Der BFH hob deshalb das Urteil der Vorinstanz auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück, damit dieses die erforderlichen Feststellungen nachholen kann.
Quelle: NWB Datenbank
 


 

Fundstelle(n):
NWB FAAAF-16689