Online-Nachricht - Donnerstag, 16.12.2010

Online-Handel | DIHK rät nach EuGH-Urteil zur Überprüfung des Online-Auftritts

Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) werden viele Unternehmen ihre Internetseiten anpassen müssen, wenn sie nicht im Ausland von Verbrauchern verklagt werden wollen. Darauf weist der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) hin.


Hintergrund: Der EuGH hat in einer Entscheidung vom 7. Dezember die unionsrechtlichen Regeln über die gerichtliche Zuständigkeit für Verbraucherverträge in Fällen, in denen Dienstleistungen im Internet angeboten werden, präzisiert (EuGH, Urteil v. 7.12.2010 - C-585/08 u. C-144/09).
Hierzu führt der DIHK weiter aus: In seiner Entscheidung definierte der EuGH so weit gefasste Kriterien, dass auch Firmen, deren Internetseiten und Geschäftsmodell auf nationale Kunden ausgerichtet ist, Gefahr laufen, bei gerichtlichen Auseinandersetzungen im Ausland verklagt zu werden. Das betrifft Firmen, die eine Internetseite haben und mit ausländischen Verbrauchern Geschäfte machen, wenn der Web-Auftritt beispielsweise eine internationale Vorwahl oder eine Wegbeschreibung enthält beziehungsweise eine neutrale Top-Level-Domain verwendet. Händler, die Produkte über das Internet oder Telefon vertreiben, oder Hotels, die Dienstleistungen im Web anbieten, sollten deshalb künftig folgende Punkte bei der Gestaltung ihres Online-Auftrittes beachten:

  • Auf der Internetseite sollte keine internationale Vorwahl genannt werden.

  • Es sollte keine neutrale Top-Level-Domain wie .info, .net, .com, .eu, sondern die nationale Top-Level-Domain gewählt werden.

  • Eine Wegbeschreibung sollte den Weg nicht bis zur Grenze zum Nachbarland ausweisen.

  • Der Auftritt sollte keine Hinweise auf bereits getätigte Geschäfte mit ausländischen Verbrauchern enthalten, etwa entsprechende Kundenbewertungen.

Andernfalls müssten neben dem zwingenden Verbrauchergerichtstand auch die Verbraucherschutzvorschriften des Kundenlandes beachtet werden.
Anmerkung: Nach der Verordnung der Europäischen Union über die gerichtliche Zuständigkeit in Zivil- und Handelssachen sind Klagen gegen Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats haben, in der Regel vor den Gerichten dieses Staates zu erheben. Des Weiteren kann nach dieser Verordnung in Streitigkeiten, die einen Vertrag betreffen, die Klage beim Gericht des Ortes erhoben werden, an dem die Verpflichtung aus dem Vertrag erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre. Liegt hingegen ein Verbrauchervertrag vor, gelten besondere Regeln: Hat der dem Verbraucher gegenüberstehende Gewerbetreibende seine Tätigkeit auf den Mitgliedstaat „ausgerichtet“, in dem der Verbraucher wohnt, kann der Verbraucher eine etwaige Klage beim Gericht des Mitgliedstaats erheben, in dem er selbst wohnt, und umgekehrt auch nur in diesem Staat verklagt werden. In dem o.g. EuGH-Urteil ging es um die Frage, ob ein Gewerbetreibender seine Tätigkeit auf den Wohnsitzmitgliedstaat des Verbrauchers „ausrichtet“, wenn er zur Kommunikation mit den Verbrauchern eine Website nutzt. Der EuGH wies darauf hin, dass die bloße Benutzung einer Website durch den Gewerbetreibenden als solche noch nicht zur Begründung eines Verbrauchergerichtsstandes ausreicht. Vielmehr setze die Anwendung des Verbrauchergerichtsstandes voraus, dass der Gewerbetreibende seinen Willen zum Ausdruck gebracht hat, Geschäftsbeziehungen zu Verbrauchern anderer Mitgliedstaaten herzustellen. Als solche Anhaltspunkte seien alle offenkundigen Ausdrucksformen des Willens des Gewerbetreibenden anzusehen, Verbraucher anderer Mitgliedstaaten als Kunden zu gewinnen, beispielsweise das Anbieten seiner Leistungen in mehreren namentlich benannten Mitgliedstaaten oder Ausgaben für Internetreferenzierungsdienste von Suchmaschinenbetreibern, um in anderen Mitgliedstaaten wohnenden Verbrauchern den Zugang zu seiner Website zu erleichtern. Jedoch könnten auch Anhaltspunkte, die nicht derart auf der Hand liegen – gegebenenfalls miteinander kombiniert –, das Vorliegen einer Tätigkeit belegen, die auf den Wohnsitzmitgliedstaat des Verbrauchers „ausgerichtet“ ist. Zu solchen Anhaltspunkten gehören etwa der internationale Charakter der fraglichen Tätigkeit, wie bestimmter touristischer Tätigkeiten, die Angabe von Telefonnummern mit internationaler Vorwahl, die Verwendung eines anderen Domänennamens oberster Stufe als dem des Mitgliedstaats, in dem der Gewerbetreibende niedergelassen ist, z.B. „.de“, oder die Verwendung neutraler Domänennamen oberster Stufe wie „.com“ oder „.eu“, die Wiedergabe von Anfahrtsbeschreibungen von einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten aus zum Ort der Dienstleistung oder die Erwähnung einer internationalen Kundschaft, insbesondere durch die Wiedergabe von Kundenbewertungen.
Quelle: DIHK online und EuGH, Pressemitteilung Nr. 118/10

 

Fundstelle(n):
NWB UAAAF-16295