Online-Nachricht - Mittwoch, 06.10.2010

Einkommensteuer | Hinzurechnung nicht abziehbarer Schuldzinsen (BFH)

Eine Hinzurechnung nicht abziehbarer Schuldzinsen ist aufgrund von Überentnahmen nach § 4 Abs. 4a EStG auch dann vorzunehmen, wenn im Veranlagungszeitraum (VZ) keine Überentnahme vorliegt, sich aber ein Saldo aufgrund von Überentnahmen aus den Vorjahren ergibt (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Nach Ansicht des Klägers ist der Begriff der Überentnahme abschließend durch Satz 2 der Vorschrift definiert. Dieser sei auf das Wirtschaftsjahr bezogen. Falls im laufenden Wirtschaftsjahr keine Überentnahme getätigt worden sei, sei auch der gesetzliche Tatbestand des § 4 Abs. 4a EStG 1999 nicht erfüllt. Eine Gewinnerhöhung komme danach nicht in Betracht, wenn im Wirtschaftsjahr eine sog. Unterentnahme vorliege (so auch Schallmoser in Herrmann/Heuer/Raupach, § 4 EStG Rz. 1051, m.w.N., sowie Rz 1068, 1070, m.w.N.).

Hierzu führte der BFH weiter aus: Das Gesetz spricht in der Mehrzahl von „Überentnahmen“, enthält aber keine zeitliche Zuordnung der Überentnahmen zu bestimmten Wirtschaftsjahren (§ 4 Abs. 4a Satz 1 EStG). Satz 4 der Vorschrift (jetzt: Satz 3) lässt indes erkennen, dass die Regelung periodenübergreifend angelegt ist und Schuldzinsen für Überentnahmen so lange nicht abziehbar bleiben sollen, bis der Überhang an Überentnahmen durch Gewinne und Einlagen wieder ausgeglichen ist. Diese periodenübergreifende Regelung greift auch dann ein, wenn im Streitjahr selbst keine Überentnahmen gegeben sind; allerdings sind dann - insoweit abweichend vom missglückten Gesetzeswortlaut - auch Unterentnahmen des Streitjahres zu berücksichtigen. Diese Auslegung wird durch den aus der Entstehungsgeschichte ableitbaren Gesetzeszweck bestätigt. Der Gesetzgeber wollte mit § 4 Abs. 4a EStG Gestaltungen in Form sog. Zwei- und Mehrkontenmodelle entgegenwirken und entwickelte im StEntlG 1999/2000/2002 v. (BGBl 1999 I S. 402) zunächst ein Zurechnungskonzept, nach dem nur die Entnahme von Liquiditätsüberschüssen zulässig sein sollte. Mit dem StBereinG 1999 entschied sich der Gesetzgeber dann jedoch für die jetzige Fassung. Sie basiert auf einem Eigenkapitalmodell. Der Betriebsinhaber soll, wenn das Eigenkapital negativ ist, dem Betrieb nicht mehr Mittel entziehen, als erwirtschaftet und eingelegt worden sind. Maßgeblich für die Ermittlung der nicht abziehbaren Schuldzinsen soll daher der jährlich fortzuschreibende Saldo aller Über- und Unterentnahmen sein. Es bestehen auch keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Anwendung des § 4 Abs. 4a EStG.

Quelle: BFH online


 

Fundstelle(n):
NWB DAAAF-15819