Online-Nachricht - Dienstag, 06.10.2009

Umsatzsteuer | Fehlgeschlagenes "sale-and-lease-back" (FG)

Nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG wird einer Lieferung gegen Entgelt die Entnahme eines Gegenstandes durch einen Unternehmer aus seinem Unternehmen für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, gleichgestellt. § 3 Abs. 1b UStG ist eine gegenüber § 3 Abs. 1 UStG eigenständige Regelung. Eine Entnahme liegt nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG auch dann vor, wenn der Unternehmer einen Gegenstand für eigene nichtunternehmerische Zwecke entnimmt und somit keinem Abnehmer – wie von § 3 Abs. 1 UStG vorausgesetzt – Verfügungsmacht verschafft wird ().

Sachverhalt: Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist Buch- und Offsetdruck. Bis Ende 2002 waren R und E Kommanditisten der Klägerin. Mit so genanntem Vertrag über den Kauf und die Übertragung eines Kommanditanteils vom übertrug E ihren Kommanditanteil (KG-Anteil) mit Ablauf des   entgeltlich an den Mitgesellschafter R. Der Kaufpreis sollte durch eine Zahlung von Geld sowie durch die Übereignung von zwei in der Anlage des Kaufvertrags aufgeführten Druckmaschinen aus dem Anlagevermögen der Klägerin an E erbracht werden, der von den Parteien als Sachwertabfindung an E bezeichnet wurde. Dabei wurde der Wert der Druckmaschinen mit einem Nettowert und einem von der Klägerin zu entrichtenden Umsatzsteuerbetrag angesetzt. Dementsprechend erklärte die Klägerin in der Umsatzsteuererklärung 2003 den Vorgang als steuerpflichtige Lieferung, E machte den Abzug der ausgewiesenen Vorsteuer geltend. Mit Mietvertrag ebenfalls vom (Mietvertrag) überließ E der Klägerin ab Januar 2003 die Druckmaschinen gegen Mietzins zur uneingeschränkten Nutzung. Als monatlicher Mietzins wurde ein Betrag von 7.500 EUR zuzüglich 1.200 EUR Umsatzsteuer vereinbart. 2006 beantragte die Klägerin die Herabsetzung der Umsatzsteuer 2003 um 40.772,48 EUR mit der Begründung, dass durch die Übertragung der beiden Druckmaschinen keine steuerpflichtige Lieferung der Klägerin erfolgt sei, da das wirtschaftliche Eigentum und somit auch die Verfügungsmacht nicht auf E übertragen worden sei. Vielmehr handle es sich bei den am geschlossenen Verträgen um eine Unterform eines Finanzierungsleasingvertrages („sale-and-lease-back”-Vertrag). Da der Mietvertrag frühestens zum gekündigt werden könne, sei die Mindestlaufzeit des Mietvertrages länger bzw. genau so lang wie die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer der überlassenen Druckmaschinen. Die beiden Maschinen seien deshalb umsatzsteuerlich weiterhin der Klägerin zuzurechnen. Bei den Mietzahlungen der Klägerin an E handle es sich um von der Umsatzsteuer befreite Entgelte für eine Darlehensgewährung. Da aus diesen Zahlungen kein Vorsteuerabzug möglich sei, müsse die abziehbare Vorsteuer gemindert werden. Streitig ist die Festsetzung der Umsatzsteuer 2003.



Dazu führt das Gericht weiter aus: Bei der im Streitfall vorgenommenen vertraglichen Gestaltung im Zusammenhang mit der Übertragung des KG-Anteils handelt es sich nicht um eine wirtschaftliche Einheit, sondern um eigenständige Rechtsgeschäfte, die aufgrund der jeweils unterschiedlichen Vertragspartner auch umsatzsteuerlich voneinander getrennt zu würdigen sind. Daraus ergibt sich, dass R seine Verpflichtung – die Übertragung der beiden Druckmaschinen an E – nicht ohne vorherigen Entnahmevorgang tätigen konnte, da diese Gegenstände dem Unternehmen der Klägerin zugeordnet waren. Insoweit handelt es sich um eine unentgeltliche Zuwendung nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes in der für das Streitjahr maßgebenden Fassung (UStG), die als unentgeltliche Wertabgabe gemäß § 3 Abs. 1b S. 1 Nr. 1 UStG der Umsatzsteuer unterliegt.

Nach dieser Vorschrift wird einer Lieferung gegen Entgelt die Entnahme eines Gegenstandes durch einen Unternehmer aus seinem Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, gleichgestellt. Bei § 3 Abs. 1b UStG handelt es sich um eine gegenüber § 3 Abs. 1 UStG eigenständige Regelung (vgl. BFH-Urteil v. NWB UAAAC-85323,). So liegt eine Entnahme z.B. nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG auch dann vor, wenn der Unternehmer einen Gegenstand für eigene nichtunternehmerische Zwecke entnimmt und somit keinem Abnehmer -wie von § 3 Abs. 1 UStG vorausgesetzt- Verfügungsmacht verschafft wird. Dem entspricht es, dass auch Art. 5 Abs. 6 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG als gemeinschaftsrechtliche Grundlage von § 3 Abs. 1b UStG nicht alle unentgeltlichen Lieferungen, sondern nur „die Entnahme … durch einen Steuerpflichtigen … für seinen privaten Bedarf, für den Bedarf seines Personals oder als unentgeltliche Zuwendung oder allgemein für unternehmensfremde Zwecke” erfasst. Somit steht eine Entnahme als unentgeltliche Zuwendung einer Entnahme für unternehmensfremde Zwecke gleich. Denn nach dem Urteil des EuGH vom NWB TAAAA-96808 können selbst Entnahmen, die für Zwecke des Unternehmens erfolgen, als unentgeltliche Zuwendung steuerbar sein.

Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze auf den Streitfall liegen die Voraussetzungen für eine steuerpflichtige Entnahme hinsichtlich der Übertragung der Druckmaschinen an R vor. Abweichend von der Regelung des § 3 Abs. 1 UStG ist es nicht erforderlich, dass diesem tatsächlich die Verfügungsmacht daran verschafft worden ist. Vielmehr ist ausreichend, dass R dadurch die infolge des Vertrags vom resultierende private Kaufpreisverpflichtung an E erfüllen konnte.

 

Fundstelle(n):
NWB PAAAF-13310