Online-Nachricht - Mittwoch, 30.09.2009

AN-Kapitalbeteiligung | Verkaufsgewinne nicht zwangsläufig § 19 EStG-Einkünfte (BFH)

Der Veräußerungsgewinn aus einer Kapitalbeteiligung an einem Unternehmen führt nicht allein deshalb zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, weil die Kapitalbeteiligung von einem Arbeitnehmer des Unternehmens gehalten und nur Arbeitnehmern angeboten worden war (; veröffentlicht am ).


Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Leitende Angestellte eines Konzerns und seiner Tochtergesellschaften konnten sog. „EVA-Zertifikate“ in Form von Schuldverschreibungen erwerben, um sich am Erfolg des Unternehmens zu beteiligen. Die Zertifikate konnten nach einer Mindesthaltefrist von fünf Jahren zum Kurswert an die Gesellschaft zurückgegeben werden. Die maximale Haltedauer betrug zehn Jahre. Bei Ausscheiden aus dem Unternehmen hatten der Arbeitnehmer und der Emittent jeweils ein vorzeitiges Kündigungsrecht. Die Zertifikate konnten nur mit Zustimmung der Firma und nur auf andere Zeichnungsberechtigte übertragen werden. Mit Zustimmung konnten die Zertifikate auch auf Ehepartner, Eltern oder Kinder übertragen werden, jedoch auch hier mit der Kündigungsmöglichkeit für den Emittenten, wenn der Zeichner aus der Firma ausschied. Der Kurswert richtete sich nach der Marktentwicklung des Unternehmens unter Berücksichtigung des Economic Value Added (EVA) zuzüglich einer Risikoprämie von 6 % auf Grundlage des im jeweiligen Geschäftsjahr erzielten Ergebnisses nach Steuern vor den Kosten des Eigen- und Fremdkapitals. Streitig ist, ob die Differenz zwischen Ausgabekurs und Einlösungskurs einer vom Arbeitgeber des Steuerpflichtigen ausgegebenen Beteiligung (sog. „EVA-Zertifikate“) zu einkommensteuerpflichtigen Lohneinkünften führt.


Dazu führt der BFH weiter aus: Ob ein Leistungsaustausch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit oder aufgrund einer Sonderrechtsbeziehung einer anderen Einkunftsart oder dem nicht einkommensteuerbaren Bereich zuzurechnen ist, muss aufgrund einer tatsächlichen Würdigung entschieden werden, in die alle wesentlichen Umstände des Einzelfalles einbezogen werden müssen.

Allein der Umstand, dass die Zertifikate nur leitenden Angestellten angeboten worden waren, reicht im Streitfall noch nicht aus, um den mit diesen Zertifikaten erzielte Kursgewinn als aus dem Arbeitsverhältnis resultierender Vorteil zu qualifizieren. Denn jede Form der Mitarbeiterbeteiligung ist naturgemäß auf die Arbeitnehmer bezogen, und zwar auch dann, wenn der Arbeitgeber nur einen Teil seiner Arbeitnehmer an seinem Unternehmen beteiligen möchte. Auch eine solche Form der Mitarbeiterbeteiligung schließt es nicht aus, dass damit ein Sonderrechtsverhältnis begründet wurde, das unabhängig vom Arbeitsverhältnis besteht und insbesondere den gesamten Leistungsaustausch der Vertragspartner abbildet, ohne dass daneben noch dem Arbeitsverhältnis zuzuordnende, lohnsteuerrechtlich erhebliche Leistungen vorliegen müssten. Es gibt auch keinen Grundsatz, dass sämtliche Kursgewinne, die durch an Arbeitnehmer verbilligt ausgegebene Aktien oder durch sonstige Formen der Mitarbeiterbeteiligung erwirtschaftet wurden, in vollem Umfang, nämlich über die Verbilligung hinaus, als Vorteile aus dem Dienstverhältnis i.S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zu qualifizieren wären. Entsprechendes gilt für damit erwirtschaftete Kursverluste.

Das FG muss deshalb im zweiten Rechtsgang die entsprechenden Feststellungen nachholen und erneut würdigen, inwieweit die Gewinne aus den Zertifikaten Lohneinkünfte darstellen.

Quelle: BFH online

Anmerkung: Arbeitslohn liegt vor, wenn dem Arbeitnehmer Güter in Geld oder Geldeswert zufließen und dieser Zufluss auf dem Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft beruht. Dagegen führt ein Leistungsaustausch, der auf einem Sonderrechtsverhältnis beruht, nicht zwingend zu Arbeitslohn. Eine kapitalmäßige Beteiligung des Arbeitnehmers an seinem Arbeitgeber führt z.B. nicht zwingend dazu, dass die erzielten Erträge aus dieser Beteiligung zu Arbeitslohn umqualifiziert werden; es handelt sich insoweit um eine eigenständige Erwerbsgrundlage/Einkunftsquelle. Etwas anderes gilt nur, wenn die Beteiligung dem Arbeitnehmer verbilligt überlassen wird. In diesem Fall führt der Preisnachlass zu Arbeitslohn (sog. Anreizlohn).

 

Fundstelle(n):
NWB IAAAF-13266