Online-Nachricht - Mittwoch, 16.04.2014

Einkommensteuer | Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Zinsschranke (BFH)

Es ist ernstlich zweifelhaft, ob die Einschränkung des Betriebsausgabenabzugs für Zinsaufwendungen gemäß § 4h EStG 2002 n.F. (sog. Zinsschranke) mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Die Zinsschranke (§ 4h EStG hier i.V.m. § 8 Abs. 1, § 8a Abs. 1 KStG) begrenzt die Möglichkeit von Unternehmen, Zinsaufwendungen als Betriebsausgaben abzuziehen. Die Beschränkung betrifft Unternehmen, deren Zinsaufwendungen aktuell 3 Mio. EUR (im Streitjahr 2008 waren es noch 1 Mio. EUR) übersteigen. Zinsen sind danach – von Ausnahmen abgesehen – grds. nur in Höhe von 30% des um Zinsaufwendungen und bestimmte Abschreibungen erhöhten Einkommens abziehbar. Verbleibende, nicht abziehbare Aufwendungen können lediglich in die folgenden Wirtschaftsjahre vorgetragen werden. Die Zinsschranke bewirkt daher, dass Zinsaufwendungen teilweise nicht in dem Jahr als Betriebsausgaben steuermindernd berücksichtigt werden, in dem sie angefallen sind.
Sachverhalt: Streitig war, ob der Körperschaftsteuerbescheid für 2008 der Antragstellerin wegen verfassungsrechtlicher Zweifel an der sog. Zinsschranke von der Vollziehung auszusetzen ist. Dass das Finanzamt die gesetzlichen Vorgaben des § 4h EStG in dem angefochtenen Bescheid zutreffend umgesetzt hat, ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Insbesondere war keiner der Ausnahmetatbestände gemäß § 4h Abs. 2 Satz 1 EStG 2002 n.F. erfüllt.
Hierzu führte der BFH weiter aus:

  • Bei der im Verfahren auf AdV gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ist ernstlich zweifelhaft, ob es rechtmäßig ist, dass das Finanzamt die von der Antragstellerin gezahlten Schuldzinsen unter Hinweis auf die sog. Zinsschranke nur teilweise als Betriebsausgaben zum Abzug zugelassen hat.

  • Durch die Zinsschranke könnte der Gesetzgeber insbesondere das Gebot der folgerichtigen Ausgestaltung des Körperschaftsteuerrechts am Gebot der finanziellen Leistungsfähigkeit durchbrochen haben.

  • Eine AdV ist hier nicht deswegen zu versagen, weil zu erwarten ist, dass das BVerfG lediglich die Unvereinbarkeit eines Gesetzes mit dem GG aussprechen und dem Gesetzgeber eine Nachbesserungspflicht für die Zukunft aufgeben wird.

Quelle: NWB Datenbank
Anmerkung: Der I. Senat des BFH hat sich den Bedenken gegen die Zinsschranke angeschlossen und – obwohl derzeit noch kein Verfahren vor dem BVerfG anhängig ist – Aussetzung der Vollziehung gewährt. Dabei hat er dem Interesse der Antragstellerin Vorrang gegenüber dem öffentlichen Interesse eingeräumt, obwohl die strittige Körperschaftsteuer mit 11.631 € nicht existenzgefährdend ist. Nach summarischer Prüfung konstatiert der BFH einen Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip und damit gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, weil es für die umfassende Durchbrechung des Nettoprinzips keine überzeugenden sachgerechten Gründe gibt. Ob außerdem die Eigentumsgarantie in Art. 14 GG verletzt worden ist, wie dies im Fachschrifttum angenommen wird, hat der BFH offen gelassen.
 

Fundstelle(n):
NWB IAAAF-11244