Bayerisches Landesamt für Steuern - S 0166.1.1-8/1 St42

Auszahlung von Erstattungs- und Vergütungsansprüchen an Dritte ohne formelle Abtretung oder Verpfändung

Auch ohne eine formelle Abtretung oder Verpfändung nach § 46 AO ist eine Auszahlung von Erstattungs- oder Vergütungsansprüchen an Dritte möglich, wenn der Erstattungsberechtigte eine entsprechende Zahlungsanweisung erteilt (AEAO zu § 80 Nr 2). Für eine solche Zahlungsanweisung gelten die Vorschriften der §§ 783 ff. BGB. Der Anweisungsempfänger (Dritte) wird ermächtigt, die Leistung beim Finanzamt im eigenen Namen zu erheben, und das Finanzamt wird ermächtigt, an den Empfänger für Rechnung des Erstattungsberechtigten zu leisten. Eine besondere Form ist hierfür nicht vorgeschrieben, es genügt die entsprechende Anweisung in der Steuererklärung. Eine unwirksame Abtretung kann jedoch nicht in eine Zahlungsanweisung umgedeutet werden (, EFG 1983 S. 388). Die Annahme der Anweisung erfolgt konkludent durch Auszahlung an den Dritten. Ein Verstoß gegen § 46 Abs. 4 AO liegt auch bei mehreren Zahlungsanweisungen verschiedener Stpfl. zugunsten eines Empfängers i. d. R. nicht vor, weil damit kein Erwerb des Erstattungs- oder Vergütungsanspruchs verbunden ist.

Einer Zahlungsanweisung gehen Abtretungen, Verpfändungen oder Pfändungen nach § 46 AO sowie die Aufrechnung der Finanzbehörde mit einer eigenen Forderung vor.

Das Finanzamt ist nicht zur Annahme der Zahlungsanweisung verpflichtet; der Steuerpflichtige und der Anweisungsempfänger haben darauf keinen Rechtsanspruch. Es steht vielmehr im Ermessen der Behörde, ob der Anweisung gefolgt wird (vgl. AEAO zu § 80 Nr. 2). Grundsätzlich sollte die Zahlungsanweisung jedoch angenommen werden, es sei denn, dass Anhaltspunkte dafür bestehen, dass hierdurch offensichtlich der Schutzzweck des § 46 AO umgangen werden soll. Dies ist z. B. dann der Fall, wenn ausländische Arbeitnehmer Zahlungsanweisungen zugunsten ihrer Arbeitgeber erteilen, mit denen sie Nettolohnvereinbarungen abgeschlossen haben. Die Abtretung wird in diesen Fällen meist damit begründet, dass der Arbeitnehmer zwischenzeitlich nicht mehr im Inland tätig sei. Es ist auch davon auszugehen, dass die Abtretung des Erstattungsanspruchs gegen das Verbot des geschäftsmäßigen Erwerbs (§ 46 Abs. 4 AO) verstößt, wenn die Zahlungsanweisung auf einen Angehörigen der steuerberatenden Berufe lautet, der den Erstattungsbetrag nach Abzug seines Honoraranspruchs an den Arbeitgeber weiterleitet.

In diesen Fällen ist wie folgt zu verfahren:

Entsprechende Abtretungsanzeigen sind nichtig, derartige Zahlungsanweisungen sind wegen der Möglichkeit des Missbrauches zurückzuweisen. Es ist darauf zu achten, dass in diesen Fällen die (ggf. auch in Steuererklärungen) angegebene Bankverbindung nicht in den GINSTER-Grunddaten gespeichert wird. Stattdessen ist der Arbeitnehmer oder sein Bevollmächtigter aufzufordern, für die Überweisung des Erstattungsbetrags eine Bankverbindung (ggf. auch im Ausland) zu benennen.

Bei fehlender Erstattungsmöglichkeit an den Arbeitnehmer, z. B. wegen unbekanntem Aufenthaltsort oder bei nicht ermittelbarer Bankverbindung, ist der Erstattungsbetrag von der Finanzkasse auf das Titelkonto „Vermischte Einnahmen (952/11949)” umzubuchen.

In übrigen Fällen bestehen jedoch keine Bedenken, Auszahlungen nach entsprechender Zahlungsanweisung an Angehörige der steuerberatenden Berufe vorzunehmen. Ebenso ist die Auszahlung von Erstattungsbeträgen einer Personengesellschaft an ihre Gesellschafter (oder umgekehrt) unbedenklich. Abzulehnen ist jedoch im Hinblick auf den Verwaltungsaufwand die Auszahlung von Teilbeträgen an verschiedene Empfänger.

Die vorstehenden Weisungen sind bei einer Inkassovollmacht bzw. einem Antrag des Steuerpflichtigen auf Verrechnung seiner Forderung mit Steuerschulden eines Dritten (öffentlich-rechtlicher Verrechnungsvertrag) entsprechend zu beachten. Eine Inkassovollmacht (Einziehungsermächtigung) ist gegeben, wenn der gesetzliche Ausschluss nach § 80 Abs. 1 S. 2 AO abbedungen wird, also eine ausdrückliche Vollmacht für den Empfang von Zahlungen erteilt wird.

Erkennt das FA eine Zahlungsanweisung oder eine Inkassovollmacht nicht an oder nimmt es einen Antrag auf Verrechnung nicht an, ist dies dem Dritten zunächst formlos mitzuteilen. Ist er mit dieser Sachbehandlung nicht einverstanden, ist ihm ein Abrechnungsbescheid gemäß § 218 Abs. 2 AO zu erteilen.

Bayerisches Landesamt für Steuern v. - S 0166.1.1-8/1 St42

Fundstelle(n):
FR 2016 S. 47 Nr. 1
KAAAF-09221