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LSG Baden-Württemberg Urteil v. - L 12 AS 290/14

Die Klägerin begehrt Betreuungsaufwand für den Zeitraum vom 08.05.2012 bis 30.04.2014. Die 1986 geborene Klägerin ist seit längerer Zeit laufend im Bezug von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Sie hat einen Grad der Behinderung (GdB) von 60. Sie bewohnt seit dem 16.05.2012 eine Wohnung im Betreuten Wohnen für behinderte Menschen in der W.straße in K., wofür laut Mietbescheinigung ein Mietzins inklusive Nebenkosten in Höhe von insgesamt 374,- EUR zzgl. 19,- EUR für Strom anfällt. Seit dem 18.03.2013 ist sie bei der E. GmbH als Hauswirtschaftshilfe mit einem monatlich schwankenden Einkommen sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Die Stadt Karlsruhe, Sozial- und Jugendbehörde gewährt der Klägerin vom 08.05.2012 bis 30.04.2014 Hilfe in Form von Übernahme der anfallenden Kosten für Betreutes Wohnen für behinderte Menschen. Mit Bewilligungsbescheid vom 29.03.2012, abgeändert durch Bescheide vom 05.04.2012, 21.05.2012 und 03.12.12 gewährte der Beklagte der Klägerin Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum April bis September 2012. Für die Zeit von Oktober 2012 bis März 2013 bewilligte der Beklagte ihr wiederum Leistungen nach dem SGB II mit Bescheid vom 07.09.2012, abgeändert durch Bescheid vom 21.11.2012. Das nach erfolglosem Vorverfahren hiergegen angestrengte Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Karlsruhe (Az.: S 11 AS 4418/12) endete durch gerichtlichen Vergleich am 19.08.2013. Im Rahmen dieses Klageverfahrens wurde der die Klägerin behandelnde Internist Dr. K. als sachverständiger Zeuge befragt. Dieser gab in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 26.06.2013 an, dass bei der Klägerin eine Nährstoffverarbeitungsstörung nicht wahrscheinlich sei. Es solle eine ausgewogene an "neuro"-Vitaminen (B1, B6, B12) und Spurenelementen reiche Ernährung gewährleistet sein um nicht durch eine Mangelernährung die kognitiven Fähigkeiten der Klägerin weiter zu verschlechtern. Auf den Weiterbewilligungsantrag vom 18.02.2013 gewährte der Beklagte mit Bescheid vom 21.02.2013 für den Zeitraum vom 01.04.2013 bis 30.09.2013 Leistungen in Höhe von insgesamt 420,73 EUR monatlich. Gegen den Bescheid erhob die Klägerin, vertreten durch ihren Vater, Widerspruch. Im Bescheid fehlten die Diät, die doppelte Haushaltsführung für die Eingliederungs-Reha-Maßnahme sowie ergänzende Leistungen. Im Folgenden ergingen die Änderungsbescheide vom 06.05.2013, 07.05.2013, 30.07.2013 und 25.09.2013, mit welchen der Beklagte jeweils das tatsächliche Einkommen der Klägerin für die einzelnen Monate der Berechnung zu Grunde legte. Für April 2013 gewährte er Leistungen in Höhe von 679,93 EUR, für Mai 2013 in Höhe von 362,85 EUR, Juni 2013 in Höhe von 115,42 EUR, Juli 2013 in Höhe von 283,44 EUR, August 2013 in Höhe von 188,95 EUR und für den September 2013 in Höhe von 292,32 EUR. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 26.09.2013 als unbegründet zurück. Ein Mehrbedarf nach § 21 Absatz 4 SGB II komme nicht in Betracht, weil ein solcher lediglich Leistungen eines öffentlichen Trägers erfasse, die einen berufsbezogenen Schwerpunkt hätten. Kosten für eine doppelte Haushaltsführung könnten nicht anerkannt werden. Kosten, die für das Vorhalten eines Zimmers in der elterlichen Wohnung entstünden, seien keine Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU). Der Bedarf an Unterkunftskosten sei in Höhe von 374,00 EUR anerkannt. Unter Berücksichtigung aller Frei- und Abzugsbeträge seien die Leistungen nach Erlass der Änderungsbescheide zutreffend gewährt worden. Die Klägerin hat am 09.10.2013 Klage beim Sozialgericht (SG) Karlsruhe erhoben und für die Zeit vom 08.05.2012 bis 30.04.2014 einen Betreuungsaufwand für den notwendigen Lebensbedarf geltend gemacht. Ein solcher entstehe in Höhe von 8.081,- EUR jährlich. Sie sei auf Grund ihrer psychischen Krankheit und ihrer körperlichen, geistigen und seelischen Behinderung nicht in der Lage, ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise wahrzunehmen. Mit Gerichtsbescheid vom 27.12.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Mit ihrer Klage könne sie den begehrten Betreuungsaufwand für die Zeit von 08.05.2012 bis 30.04.2014 nicht erreichen. Der streitgegenständliche Zeitraum umfasse ausweislich des Widerspruchsbescheids vorliegend lediglich den Bewilligungsabschnitt vom 01.04.2013 bis 30.09.2013. Soweit die Klägerin Leistungen begehre, die über diesen Zeitraum hinausgehen, sei die Klage bereits unzulässig. Soweit die Klägerin einen Betreuungsaufwand und damit einen Mehrbedarf nach § 21 Satz 4 SGB II geltend mache, stehe ihr ein solcher nicht zu. Vorliegend gewähre der zuständige Sozialhilfeträger Eingliederungsleistungen zum betreuten Wohnen. Diese gehörten nicht zu den sonstigen Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Arbeitsplatzes. Soweit die Klägerin mit der Klage auch noch die Kosten für das Vorhalten des Zimmers in der elterlichen Wohnung geltend mache, so bestehe ein solcher Anspruch ebenfalls nicht. Einzig in Betracht käme ein solcher Anspruch nach § 21 Absatz 6 SGB II. Die Voraussetzungen seien jedoch nicht erfüllt, da es sich vorliegend nicht um einen unabweisbaren Bedarf handele. Sinn und Zweck der Eingliederungshilfe sei es gerade der Klägerin ein eigenständiges Wohnen zu ermöglichen. Sollte die Maßnahme Erfolg haben, so benötige die Klägerin kein Zimmer in der elterlichen Wohnung mehr. Würde man von einem unabweisbaren Bedarf ausgehen, würde man das Scheitern der Eingliederungsleistung voraussetzen. Mit Sinn und Zweck der Einführung des § 21 Absatz 6 SGB II wäre dies nicht zu vereinbaren. Sollte die Eingliederungsleistung zunächst tatsächlich scheitern, wäre zunächst über eine Verlängerung der Maßnahme nachzudenken. Schließlich bestehe auch kein Anspruch auf ernährungsbedingten Mehrbedarf nach § 21 Absatz 5 SGB II. Unter Bezugnahme auf das Verfahren S 11 AS 4418/12 bestehe nach Aussage des behandelnden Internisten Dr. K., der in diesem Verfahren als sachverständiger Zeuge gehört worden sei, kein ernährungsbedingter Mehrbedarf. Eine weitere Anspruchsgrundlage für die Gewährung eines Betreuungsaufwandes gegen den Beklagten sei nicht ersichtlich. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer am 21.01.2014 beim Landesozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegten Berufung. Sie hat ihren Vortrag aus dem erstinstanzlichen Verfahren wiederholt und erstmals im Berufungsverfahren einen Schmerzensgeldanspruch geltend gemacht. Die Klägerin beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27.12.2013 aufzuheben und unter Abänderung des Bescheids des Beklagten vom 21.02.2013 in den Fassungen der Änderungsbescheide vom 06.05.2013, 07.05.2013, 30.07.2013 und 25.09.2013 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 26.09.2013 den Beklagten zu verurteilen ihr für den Zeitraum 08.05.2012 bis 30.04.2014 Betreuungsaufwand in Höhe von 10.395,- EUR sowie Schmerzensgeld zu zahlen. Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Er hält seine Bescheide für rechtmäßig und die angegriffene Entscheidung des SG für zutreffend. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
RAAAE-77218

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LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 14.03.2014 - L 12 AS 290/14

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