OFD Frankfurt/M. - S 7181 A - 4 - St 16

Umsatzsteuerliche Behandlung der entgeltlichen Verpflegung von Lehrern und Schülern durch Schulfördervereine

Auswirkungen des BStBl 2009 II S. 677)

1. Auswirkungen des BStBl 2009 II S. 677)

Der BStBl 2009 II S. 677) entschieden, dass Umsätze aus der entgeltlichen Verpflegung von Lehrern und Schülern einer Ganztagsschule durch einen privaten Förderverein weder nach dem UStG noch nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG (ab : Art. 132 Abs. 1 Buchst. i Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie – MwStSystRL) umsatzsteuerfrei sind. Mit diesem Urteil bestätigt der BFH die Ansicht der Finanzverwaltung, wonach die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 23 UStG im Urteilsfall nicht anwendbar ist.

Das Urteil betraf einen nicht gemeinnützigen Förderverein von Eltern in einem Gymnasium in Niedersachsen, der Schüler und Lehrer in einer Caféteria (ausschließlich) mit Speisen und Getränken versorgt.

Nach dem UStG gibt es zwei Regelungen, die eine Umsatzsteuerbefreiung bei der Verpflegung von Lehrern und Schülern – unter bestimmten Voraussetzungen – dennoch ermöglichen können.

2. Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 23 UStG

Die Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 23 UStG soll Einrichtungen im Bereich der Jugenderziehung und Ausbildung zu Gute kommen und ist dadurch gekennzeichnet, dass Jugendliche (Personen bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres – § 4 Nr. 23 Satz 2 UStG) zu Erziehungs-, Ausbildungs- oder Fortbildungszwecken bei sich aufgenommen werden und im Rahmen dieses Unternehmens auf Grund der Aufnahme Leistungen der Beherbergung, Beköstigung und Naturalleistungen anfallen. Von der Befreiungsvorschrift ebenfalls umfasst sind die o. g. Leistungen, die an die bei der Erziehung, Ausbildung oder Fortbildung der Jugendlichen tätigen Personen (i. d. R. Lehrer) ausgeführt werden.

Die Gewährung von Beherbergung, Beköstigung und Naturalleistungen ist nur dann nach § 4 Nr. 23 UStG steuerfrei, wenn dem Unternehmer selbst die Erziehung, Ausbildung oder Fortbildung der aufgenommen Jugendlichen obliegen. Er muss die Erziehungs-, Ausbildungs- oder Fortbildungszwecke zwar nicht allein verfolgen; es reicht aber auch nicht aus, dass sie lediglich von einem Dritten verfolgt werden (vgl. BStBl 2007 II S. 846 und vom , BStBl 2001 II S. 691, jeweils m. w. N.).

Dies ist jedoch bei der Beköstigung von Lehrern und Schülern an einer Schule durch einen privaten Förderverein nicht der Fall, weil dieser weder die Jugendlichen bei sich aufgenommen hat, noch durch die Verabreichung von Speisen und Getränken selbst eine Erziehungs- oder Ausbildungsleistung erbringt.

Beispiel 1:

Ein Schulförderverein übernimmt die Essenzubereitung und -ausgabe. Daneben werden keine weiteren Leistungen erbracht. (Dieser Sachverhalt lag der Entscheidung des BFH in dessen Urteil vom , BStBl 2009 II S. 667 zu Grunde).

Die Verpflegungsleistung ist steuerbar und steuerpflichtig, da der Verein allein mit der Bewirtung der Schüler diese nicht zur Erziehung oder Ausbildung i. S. v. § 4 Nr. 23 UStG bei sich aufnimmt.

Geht hingegen die Leistung des Fördervereins über die bloße Verabreichung von Speisen und Getränken hinaus, werden also die Jugendlichen zu Erziehungs-, Ausbildungs- oder Fortbildungszwecken aufgenommen und hierdurch z. B. auch Erziehungsaufgaben übernommen, sind die Leistungen nach § 4 Nr. 23 UStG steuerfrei.

Die Erziehungs-, Ausbildungs- und Fortbildungszwecke umfassen nicht nur den beruflichen Bereich, sondern die gesamte geistige, sittliche und körperliche Erziehung und Fortbildung von Jugendlichen. Hierzu gehört u. a. auch die sportliche Erziehung (vgl. Abschn. 4.23.1. Abs. 4 Sätze 1 und 2 UStAE).

Beispiel 2:

Ein Schulförderverein übernimmt die Essenzubereitung und -ausgabe. Zudem bietet der Verein den verpflegten Schülern Betreuung und Hausaufgabenhilfe.

Da der Verein die Schüler für Erziehungs- und Ausbildungszwecke bei sich aufnimmt, sind die Umsätze aus der Essensausgabe nach § 4 Nr. 23 UStG von der Umsatzsteuer befreit.

Beispiel 3:

Wie Beispiel 1. An einem Nachmittag gibt es zusätzlich für einige Schüler ein Angebot, bei dem die Schüler selber kochen und so Grundlagen der gesunden Ernährung kennenlernen.

Dieses Angebot führt nicht dazu, dass die Verpflegungsleistung insgesamt als steuerfrei angesehen werden kann, da durch diese mit der Essensausgabe nicht zusammenhängende Maßnahme noch keine nach § 4 Nr. 23 UStG erforderliche Aufnahme zu Erziehungs- oder Ausbildungszwecken vorliegt.

Wird für das zusätzliche Angebot ein gesondertes Entgelt verlangt, ist diese Leistung jedoch nach § 4 Nr. 23 UStG von der Umsatzsteuer befreit.

3. Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 18 UStG

Eine Umsatzsteuerbefreiung der Verpflegungsleistungen der Schulfördervereine kann sich auch aus § 4 Nr. 18 UStG ergeben. Für die Anwendung dieser Vorschrift ist allerdings Voraussetzung, dass der Schulförderverein einem Wohlfahrtsverband als Mitglied angeschlossen ist und die übrigen Voraussetzungen des § 4 Nr. 18 UStG erfüllt. Die amtlich anerkannten Verbände der freien Wohlfahrtspflege sind in § 23 UStDV abschließend aufgeführt.

Auch bei einer nur mittelbaren Mitgliedschaft kann die Steuerbefreiung in Betracht kommen. Als mittelbare Mitgliedschaft ist die Mitgliedschaft bei einer der freien Wohlfahrtspflege dienenden Körperschaft oder Personenvereinigung anzusehen, die ihrerseits einem amtlich anerkannten Wohlfahrtsverband als Mitglied angeschlossen ist (vgl. Abschn. 4.18.1. Abs. 4 Sätze 2 und 3 UStAE).

Eine der übrigen Voraussetzungen des § 4 Nr. 18 UStG ist, nach Satz 1 Buchst. a der Vorschrift, dass der Förderverein ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen (und somit steuerbegünstigten) Zwecken dienen muss, wobei für Schulfördervereine nur ersteres in Betracht kommen wird.

4. Schulfördervereine, für die eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 18 oder Nr. 23 UStG nicht in Betracht kommt

Sofern ein Schulförderverein nicht die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 18 oder Nr. 23 UStG erfüllt, ist für dessen umsatzsteuerliche Behandlung u. a. zu beachten, ob dieser als gemeinnützig anerkannt wurde.

4.1 Gemeinnützige Schulfördervereine ohne Umsatzsteuerbefreiung

Sofern der Schulförderverein als gemeinnützig anerkannt ist, sind folgende Ausführungen zu beachten.

Beispiel 4:

Ein Schulförderverein ist zwar als gemeinnützig anerkannt, jedoch keinem Wohlfahrtsverband als Mitglied angeschlossen. Über die Essenausgabe hinausgehende Leistungen werden von dem Förderverein nicht angeboten.

Die Leistungen des Schulfördervereins im Rahmen der Essenausgabe sind umsatzsteuerpflichtig; eine Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 18 oder Nr. 23 UStG kommt nicht in Betracht.

Die Verpflegung von Lehrern und Schülern durch einen gemeinnützigen Schulförderverein kann nach einem Beschluss der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder als steuerbegünstigter Zweckbetrieb nach § 66 AO unter den dort genannten Voraussetzungen anzusehen sein (sog. „besonderer Zweckbetrieb„). Bei Schülerinnen und Schülern wird hierbei die wirtschaftliche Hilfsbedürftigkeit i. S. d. § 53 AO unterstellt.

Sofern kein besonderer Zweckbetrieb nach § 66 AO gegeben ist, ist das Vorliegen eines Zweckbetriebs nach den allgemeinen Regelungen des § 65 AO zu prüfen. Ein Zweckbetrieb nach § 65 AO setzt voraus, dass die Voraussetzungen des § 65 Nr. 1 – 3 AO kumulativ erfüllt sind.

Ein Zweckbetrieb kann jedoch nur vorliegen, wenn die geförderten steuerbegünstigten Zwecke auch in der eigenen Satzung als Satzungszweck festgelegt wurden. Die Verfolgung begünstigter Zwecke, die nicht satzungsmäßige Zwecke des Fördervereins sind, reicht nicht aus (vgl. AEAO zu § 65, Nr. 2).

Die Satzung könnte beispielsweise lauten:

“Zweck des Vereins ist die Förderung des Wohlfahrtswesens. Der Satzungszweck wird verwirklicht insbesondere durch die Zubereitung und Ausgabe von Mahlzeiten an der Muster-Schule.“

Für sämtliche Leistungen der Zweckbetriebe gemeinnütziger Schulfördervereine kommt der ermäßigte Steuersatz von 7 % zur Anwendung (§ 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG).

Auf die Möglichkeiten der Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG und der Vorsteuerpauschalierung nach § 23a UStG bei gemeinnützigen Körperschaften wird hingewiesen.

Beispiel 5:

Ein gemeinnütziger Schulförderverein gibt Getränke und von ihm zubereitetes Essen aus. Die jährlichen Einnahmen (Umsatz) betragen 32.100 €.

Es entsteht Umsatzsteuer von 2.100 € (32.100 €: 1,07 × 7 %).

Der Steuersatz beträgt wegen § 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG auch dann 7 %, wenn es sich bei der Essensabgabe um eine sonstige Leistung im Darreichungsbereich handelt, da nach dieser Vorschrift alle Leistungen des Zweckbetriebs dem ermäßigten Steuersatz unterliegen.

4.2 Nicht gemeinnützige Schulfördervereine ohne Umsatzsteuerbefreiung

Für Schulfördervereine, die nicht als gemeinnützig anerkannt sind und nicht unter § 4 Nr. 18 oder Nr. 23 UStG fallen, ist zu prüfen, ob es sich bei der Verpflegung von Lehrern und Schülern um eine bloße Lieferung von Essen (ermäßigter Steuersatz von 7 % – § 12 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. Anlage 2 UStG) oder um eine sonstige Leistung im Restaurationsbereich (Regelsteuersatz von 19 %) handelt.

Bei der Abgrenzung von Lieferungen und sonstigen Leistungen bei der Abgabe von Speisen und Getränken sind die Grundsätze des (Abschn. 3.6. UStAE) zu beachten. Danach liegt dann eine zum Regelsteuersatz von 19 % zu besteuernde Dienstleistung vor, wenn neben der Abgabe von Speisen und Getränken weitere ausreichende Dienstleistungen erbracht werden.

Beispiel 6:

Ein Schulverein bietet in der Schule für die Schüler ein Mittagessen an, das verzehrfertig von einem Caterer in Warmhaltebehältern angeliefert und durch Mitglieder des Schulvereins an die Schüler ausgegeben wird. Das Essen wird von den Schülern in einem Mehrzweckraum, der über Stühle und Tische verfügt, eingenommen. Der Schulverein übernimmt die Reinigung der Räume sowie der Tische, des Geschirrs und des Bestecks.

Der Caterer erbringt an den Schulverein eine Essenslieferung, die dem ermäßigten Steuersatz von 7 % unterliegt.

Der Schulverein erbringt dagegen an die Schüler eine Restaurationsleistung im Sinne des § 3 Abs. 9 UStG, die dem Regelsteuersatz von 19 % unterliegt. Neben der Speisenlieferungen werden Dienstleistungen erbracht (Bereitstellung von Verzehrvorrichtungen, Renigung der Räume, der Tische, des Geschirrs und des Bestecks), die bei der Gesamtbetrachtung des Vorgangs das Lieferelement qualitativ überwiegen.

Auf die Möglichkeit der Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG wird hingewiesen.

Beispiel 7:

Ein Schulförderverein gibt Getränke und von ihm zubereitetes Essen aus. Die jährlichen Einnahmen (Umsatz) betragen 16.000 €.

Die Umsatzsteuer wird nach § 19 Abs. 1 UStG nicht erhoben. Maßgebend für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung ist eine Umsatzgrenze von nicht mehr als 17.500 € im Vorjahr und voraussichtlich nicht mehr 50.000 € im laufenden Kalenderjahr (§ 19 Abs. 1 Satz 1).

5. Zuschüsse der Kommunen an Schulfördervereine

Zahlt der Schulträger an den Förderverein einen Zuschuss für die Essensausgabe, kann dieser Zuschuss umsatzsteuerlich ein zusätzliches Entgelt oder ein echter, nicht der Umsatzsteuer unterliegender Zuschuss sein.

Echte Zuschüsse liegen vor, wenn die Zahlungen nicht auf Grund eines Leistungsaustauschverhältnisses erbracht werden. Das ist der Fall, wenn die Zahlungen nicht an bestimmte Umsätze anknüpfen, sondern unabhängig von einer bestimmten Leistung gewährt werden, weil sie in Erfüllung einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung bzw. im überwiegend öffentlich-rechtlichen Interesse entrichtet werden (vgl. auch Abschn. 10.2. Abs. 7 UStAE).

Beispiel 8:

Der Schulförderverein beschäftigt eigenes Personal. Damit die Essenskosten für die Schüler nicht zu hoch sind, gewährt die Stadt (Schulträger) einen jährlichen Zuschuss für die Personalkosten von 20.000 €.

Bei der Zahlung der Stadt handelt es sich um einen sogenannten echten Zuschuss. Dieser unterliegt nicht der Umsatzsteuer.

Beispiel 9:

Der Schulförderverein verkauft das Essen an die Schüler für 2,00 €. Von der Stadt (Schulträger) erhält es für jedes verkaufte Essen einen Zuschuss von 0,80 €. Bei der Essensabgabe handelt es sich um eine sonstige Leistung im Darreichungsbereich. Die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung werden von dem Schulförderverein nicht erfüllt.

Bemessungsgrundlage für den Essensverkauf ist das Entgelt abzgl. der Umsatzsteuer. Dieses umfasst den von den Schülern geleisteten Betrag von 2,00 € und den (unechten) Zuschuss der Stadt von 0,80 € (= 2,80 €).

Die Bemessungsgrundlage beträgt 100/107 von 2,80 € = 2,62 €, die Umsatzsteuer 7 % = 0,18 €, sofern die Leistungen von einem Zweckbetrieb eines gemeinnützigen Fördervereins ausgeführt werden.

Die Bemessungsgrundlage beträgt 100/119 von 2,80 € = 2,35 €, die Umsatzsteuer 19 % = 0,45 €, sofern der Förderverein nicht als gemeinnützig anerkannt ist.

Die bisherige Rundvfg. vom wird aufgehoben.

OFD Frankfurt/M. v. - S 7181 A - 4 - St 16

Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
KAAAE-54578