BGH Urteil v. - II ZR 39/12

Stille Beteiligung an einer insolventen GmbH: Haftung des stillen Gesellschafters auf Rückzahlung erhaltener Zinszahlungen auf ein gewährtes Darlehen in Anwendung der Eigenkapitalersatzregeln; verjährungsfristverlängernde bösliche Handlungsweise des Verpflichteten

Leitsatz

1. Ein stiller Gesellschafter, der nach den Bestimmungen des stillen Gesellschaftsvertrages zwar nicht am Vermögen, wohl aber ganz überwiegend, nämlich zu 95 %, am Gewinn und Verlust der Schuldnerin beteiligt ist und die Möglichkeit hat, aufgrund der ihm von den Gesellschaftern erteilten Vollmacht und einer gesetzlichen Vertretungsmacht die Rechte der Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung in vollem Umfang auszuüben, ist Normadressat des § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG a.F.

2. Eine bösliche Handlungsweise i.S. des § 31 Abs. 5 Satz 2 GmbHG a.F. kann dann vorliegen, wenn der einem Gesellschafter gleichgestellte Empfänger der Zahlung weiß oder sich der Erkenntnismöglichkeit verschließt, dass die Gesellschaft zum Zeitpunkt des Wegfalls der Umstände, die zu seiner Gleichstellung mit einem Gesellschafter geführt haben, (noch) in der Krise war.

Gesetze: § 30 Abs 1 aF GmbHG, § 31 Abs 5 S 2 aF GmbHG, § 32a Abs 3 S 1 aF GmbHG, Art 229 § 12 Abs 2 BGBEG

Instanzenzug: Hanseatisches Az: 11 U 248/09vorgehend Az: 417 O 206/08 Urteilnachgehend Az: II ZR 246/15 Urteil

Tatbestand

1Die Klägerin ist Verwalterin in dem am eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der F.                                         mbH (im Folgenden: Schuldnerin). Die Gesellschaft wurde vom Vater des Beklagten gegründet. Im Jahr 1989 wurden die (frühere) Ehefrau des Beklagten A.    L.     und seine am geborene Tochter A.   M.    L.      - zunächst zusätzliche - Gesellschafter. Derzeit ist die F.    Management- und Beteiligungs-GmbH alleinige Gesellschafterin. Deren Anteile werden von der (früheren) Ehefrau des Beklagten, seiner Tochter und einer dritten Person zu gleichen Teilen gehalten.

2Der Beklagte beteiligte sich gemäß Vertrag vom als stiller Gesellschafter an der Schuldnerin. Er leistete Einlagen in Höhe von zusammen 15,2 Mio. DM. Nach dem stillen Gesellschaftsvertrag standen ihm 90 %, ab dem 95 % des Gewinns der Schuldnerin zu. Für etwaige Verluste hatte er in demselben Umfang einzustehen. Der Beklagte sollte nach dem Vertrag nur die gesetzlich vorgesehenen Kontrollrechte eines stillen Gesellschafters haben. Er war von 1989 bis 1995 zugleich Bevollmächtigter der Gesellschafter und bis zum - neben seiner Ehefrau - gesetzlicher Vertreter seiner Tochter. Die stille Gesellschaft wurde zum beendet. Eine vereinbarte Abfindung wurde dem Beklagten nicht ausgezahlt.

3Der Beklagte unterstützte die Schuldnerin auch mit Darlehen, die er ihr in der Zeit von 1989 bis 1992 in Höhe von insgesamt 9,95 Mio. DM gewährte. Am wurde eine Verzinsung dieser Darlehen vereinbart. Am zahlte die Schuldnerin 1.519.650,45 DM = 776.984,91 € Zinsen an den Beklagten.

4Die Klägerin und ihr Streithelfer - der frühere Geschäftsführer der Schuldnerin - verlangen Rückzahlung dieses Betrages nach den Regeln des Eigenkapitalersatzrechts.

5Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Oberlandesgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Beklagten.

Gründe

6Die Revision hat Erfolg. Sie führt unter Aufhebung des Berufungsurteils zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann der Klage nicht stattgegeben werden.

7I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

8Der Beklagte sei gemäß §§ 30, 31 GmbHG (a.F.) zur Rückzahlung der erhaltenen Zinsen verpflichtet.

9Auszahlungen an Gesellschafter seien verboten, wenn dadurch eine Unterbilanz herbeigeführt oder vertieft werde. Das sei bei der Zinszahlung der Fall gewesen. Zum Zeitpunkt der Auszahlung am habe ausweislich des Jahresabschlusses zum , ebenso wie schon nach dem Jahresabschluss zum , eine Unterbilanz vorgelegen. Der vom Beklagten erklärte Rangrücktritt ändere daran nichts. Auch sei die Abschreibung eines Darlehensrückzahlungsanspruchs gegen die V.    GmbH nicht zu beanstanden, da diese Gesellschaft als zahlungsunfähig habe angesehen werden können.

10Der Beklagte sei zwar noch nicht wegen seines Eheverhältnisses mit der Gesellschafterin A.       L.      wie ein Gesellschafter zu behandeln. Die für Gesellschafter geltenden Regeln seien aber wegen der Ausgestaltung des stillen Gesellschaftsverhältnisses und seiner Vertretungsmacht für die Gesellschafterinnen auf den Beklagten anwendbar. Er sei danach als atypischer stiller Gesellschafter anzusehen. Angesichts der vereinbarten Beteiligung am Gewinn und Verlust hätten ihm die wesentlichen Ergebnisse der Schuldnerin zugestanden. Auch habe er zum maßgeblichen Zeitpunkt der Begründung des Zinsanspruchs aufgrund seiner Bevollmächtigung und seiner gesetzlichen Vertretungsmacht auf die Geschicke der Schuldnerin entscheidenden Einfluss nehmen können.

11Die Klageforderung sei nicht verjährt. Denn dem Beklagten sei eine bösliche Handlungsweise vorzuwerfen. Damit habe nach § 31 Abs. 5 Satz 2 GmbHG in der bis zum geltenden Fassung eine 30-jährige Verjährungsfrist gegolten, die zum durch eine 10-jährige Frist abgelöst worden sei. Die Verjährung sei danach durch die Klageerhebung am gehemmt worden.

12Für eine bösliche Handlungsweise genüge es, dass sich der Gesellschafter einer möglichen Erkenntnis der Unzulässigkeit seiner Entnahme verschließe. Das sei hier aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme anzunehmen. Der Beklagte habe als Vertreter seiner Tochter den Jahresabschluss zum festgestellt, aus dem sich ein Eigenkapital in Höhe von 474.000 DM ergeben habe. Er habe gewusst, dass wegen der Forderung gegen die V.   GmbH in Höhe von restlichen 1,8 Mio. DM nachfolgend ein Abschreibungsbedarf entstanden sei. Damit habe sich ihm der Eindruck aufdrängen müssen, dass bei der Auszahlung an ihn eine Unterbilanz bestanden habe, zumal die Gesellschaft kein operatives Geschäft mehr betrieben habe, sondern nur noch zu Abschreibungszwecken weitergeführt worden sei.

13II. Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Kontrolle nicht stand.

141. Da der Beklagte einen Anspruch gegen die Schuldnerin auf Zahlung der Zinsen in Höhe von 776.984,91 € hatte und nicht festgestellt ist, dass die Höhe des Zinssatzes das marktübliche Maß überschreitet, sind auf den vorliegenden Sachverhalt die §§ 30, 31 GmbHG nicht unmittelbar, sondern nur analog nach den von der Rechtsprechung entwickelten Regeln des Eigenkapitalersatzes anwendbar. Auch in zeitlicher Hinsicht kommen diese Regeln zu Anwendung. Denn das Insolvenzverfahren ist vor dem eröffnet worden, so dass gemäß Art. 103d Satz 1 EGInsO das bis dahin geltende Recht maßgeblich ist.

152. Danach darf die Gesellschaft an einen Gesellschafter oder einen diesem gleichstehenden Dritten kein Darlehen, das ihr in einer Krise gewährt worden ist, oder eine ähnliche Finanzierungshilfe zurückzahlen oder Zinsen darauf zahlen, es sei denn, die Krise ist nachhaltig beseitigt worden. Das Gleiche gilt, wenn die Finanzierungshilfe zwar nicht in einer Krise gewährt, wohl aber in der Krise "stehengelassen" worden ist, obwohl der Gesellschafter oder die ihm gleichgestellte Person die Finanzierungshilfe hätte abziehen oder die Gesellschaft zur Liquidation hätte veranlassen können (, BGHZ 121, 31, 35 f.). Verstößt die Gesellschaft gegen diese Regeln, ist der Empfänger zur Rückzahlung verpflichtet.

16a) Der Beklagte ist nach § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG a.F. Normadressat dieser Regeln.

17aa) Das ergibt sich allerdings nicht schon aus dem Umstand, dass er mit der Gesellschafterin A.     L.    verheiratet war.

18Wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, folgt daraus noch nicht, dass die Ehepartner hinsichtlich ihrer Finanzierungsleistungen wie eine wirtschaftliche Einheit anzusehen wären (vgl. , ZIP 2000, 1489, 1490; Urteil vom - II ZR 252/92, ZIP 1993, 1072, 1073; Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl., § 30 Anh, Rn. 123; ebenso , ZIP 2011, 1101 Rn. 15 für die Kapitalaufbringung). Dazu müssen vielmehr weitere Umstände hinzutreten, die das Berufungsgericht, sieht man von der dem Beklagten erteilten Vollmacht ab, nicht festgestellt hat. Die Beteiligung als stiller Gesellschafter reicht insoweit nicht aus.

19bb) Die Normadressateneigenschaft des Beklagten ergibt sich jedoch aus seiner stillen Beteiligung und der ihm von seiner (damaligen) Ehefrau erteilten Vollmacht. Damit stand er - bei der gegebenen hohen Gewinnbeteiligung - jedenfalls bis zum Widerruf der Vollmacht am einem GmbH-Gesellschafter wirtschaftlich gleich.

20Allerdings fallen stille Gesellschafter grundsätzlich nicht in den Anwendungsbereich der Eigenkapitalersatzregeln (, ZIP 1983, 561). Das ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats aber dann anders, wenn der - atypische - stille Gesellschafter aufgrund der vertraglichen Ausgestaltung des stillen Gesellschaftsverhältnisses hinsichtlich seiner vermögensmäßigen Beteiligung und seines Einflusses auf die Geschicke der Gesellschaft weitgehend einem GmbH-Gesellschafter gleichsteht (, BGHZ 106, 7, 10; Urteil vom - II ZR 62/04, ZIP 2006, 703 Rn. 24).

21Das hat das Berufungsgericht - jedenfalls für den Zeitraum bis zum Widerruf der Vollmacht - rechtsfehlerfrei angenommen. Der Beklagte war nach den Bestimmungen des stillen Gesellschaftsvertrages zwar nicht am Vermögen, wohl aber ganz überwiegend, nämlich zu 95 %, am Gewinn und Verlust der Schuldnerin beteiligt. Er hatte zudem die Möglichkeit, aufgrund der ihm von seiner Ehefrau erteilten Vollmacht und seiner gesetzlichen Vertretungsmacht hinsichtlich seiner Tochter die Rechte der Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung der Schuldnerin in vollem Umfang auszuüben.

22Dass sich seine Einflussmöglichkeiten nicht aus dem stillen Gesellschaftsvertrag ergaben, sondern aus den daneben bestehenden Vertretungsverhältnissen, steht dem nicht entgegen. Die Anwendbarkeit der Eigenkapitalersatzregeln kann nicht davon abhängen, ob dem stillen Gesellschafter eine Einflussmöglichkeit im stillen Gesellschaftsvertrag eingeräumt wird oder ob die Beteiligten das gleiche Ergebnis über eine Bevollmächtigung erreichen. Der Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass er als Vertreter nur die Interessen der Vertretenen zu verfolgen gehabt habe, nicht aber seine eigenen Interessen. Denn die Entscheidung, was jeweils den Interessen der vertretenen Gesellschafterinnen entsprach, oblag ihm. Im Übrigen ist angesichts der hohen Finanzierungsleistungen des Beklagten und seines hohen Anteils am Gewinn und Verlust der Gesellschaft davon auszugehen, dass die Ehefrau bis zum Widerruf der Vollmacht im Jahr 1995 keine eigenständigen, von denen des Beklagten abweichenden Interessen verfolgt hat. Auch der Umstand, dass die Ehefrau ihre Vollmacht jederzeit widerrufen konnte, ändert daran nichts (vgl. , ZIP 2006, 703 Rn. 26).

23b) Das Berufungsgericht hat aber nicht ohne Rechtsfehler festgestellt, dass die Schuldnerin zum maßgeblichen Zeitpunkt des Widerrufs der Vollmacht des Beklagten in einer Krise war.

24aa) Scheidet ein Gesellschafter aus der Gesellschaft aus, können nach diesem Zeitpunkt erbrachte Zahlungen unabhängig von der dann bestehenden Vermögenslage der Gesellschaft nur dann unter die Beschränkungen der Eigenkapitalersatzregeln fallen, wenn die Krise der Gesellschaft schon zum Zeitpunkt des Ausscheidens bestanden hat. Für Verschlechterungen danach haftet der ausgeschiedene Gesellschafter nicht (, BGHZ 69, 274, 280 f.). Das gilt für einen Dritten, der einem Gesellschafter wirtschaftlich gleichsteht, sinngemäß. Er unterliegt den Eigenkapitalersatzregeln nur dann, wenn die Krise vor dem Zeitpunkt, zu dem die für eine Gleichstellung mit einem Gesellschafter maßgebenden Umstände weggefallen sind, bereits bestand. Für den Beklagten ist danach maßgeblicher Zeitpunkt der des Widerrufs der Vollmacht seiner Ehefrau am , weil damit sein Einfluss auf die Geschicke der Schuldnerin auf das für einen typischen stillen Gesellschafter geltende Maß reduziert worden ist. Die noch bis zum andauernde gesetzliche Vertretung seiner Tochter änderte daran nichts, da er insoweit auf ein Einvernehmen mit seiner Ehefrau angewiesen war.

25bb) Es ist nicht festgestellt, dass die Schuldnerin zum Zeitpunkt des Widerrufs der Vollmacht, dem , in einer Krise war.

26Das Berufungsgericht hat entscheidend darauf abgestellt, dass bei der Schuldnerin im Zeitpunkt der Auszahlung der Zinsen eine Unterbilanz bestanden habe. Darauf kommt es jedoch schon deshalb nicht an, weil nicht auf die Auszahlung, sondern den Zeitpunkt des Widerrufs der Vollmacht abzustellen ist. Im Übrigen greifen die Regeln über den Eigenkapitalersatz nur dann ein, wenn die Gesellschaft in der Krise, also insolvenzreif oder kreditunwürdig ist.

27(1) Eine Insolvenzreife kommt hier allein in Form einer Überschuldung im Sinne des § 19 Abs. 1 InsO in Betracht. Auch dazu hat das Berufungsgericht aber keine Feststellungen getroffen. Es hat lediglich ausgeführt, es sei zum wie auch zum vom Vorliegen einer Unterbilanz "und damit einer Überschuldung der Gesellschaft auszugehen". Eine Unterbilanz reicht indes nicht aus, um eine Überschuldung zu begründen. Die Unterbilanz ergibt sich aus der Handelsbilanz, eine Überschuldung dagegen aus der nach anderen Regeln aufzustellenden Überschuldungsbilanz.

28Nach der Rechtsprechung des Senats ist die Überschuldung grundsätzlich durch Vorlage einer Überschuldungsbilanz darzulegen. Darin sind die Vermögenswerte der Gesellschaft mit ihren aktuellen Verkehrs- oder Liquidationswerten auszuweisen. Die Handelsbilanz hat zwar eine indizielle Bedeutung. Legt der Insolvenzverwalter eine Handelsbilanz vor, aus der sich ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag ergibt - wie hier vom Berufungsgericht festgestellt -, so kann das auf eine auch insolvenzrechtliche Überschuldung hindeuten. Der Insolvenzverwalter hat aber die Ansätze dieser Bilanz daraufhin zu überprüfen und zu erläutern, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang stille Reserven oder sonstige daraus nicht ersichtliche Vermögenswerte vorhanden sind (, BGHZ 146, 264, 267 f.;Urteil vom - II ZR 138/03, ZIP 2005, 807; Urteil vom - II ZR 280/07, ZIP 2009, 860 Rn. 10). Das gilt insbesondere für eine Gesellschaft, deren Vermögen - wie hier - zu einem großen Teil aus einem Grundstück besteht, so dass mit dem Vorhandensein stiller Reserven zu rechnen ist.

29(2) Das Berufungsurteil ist auch nicht aus anderen Gründen im Ergebnis richtig.

30Auch zum Merkmal der Kreditunwürdigkeit - als alternative Voraussetzung einer Krise - hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen. Eine Kreditunwürdigkeit ergibt sich auch nicht aus den sonstigen Umständen des Falles.

31Kreditunwürdig ist die Gesellschaft, wenn sie im Zeitpunkt der Leistung des Gesellschafters von dritter Seite keinen Kredit zu marktüblichen Bedingungen hätte erhalten können und ohne die Leistung des Gesellschafters hätte liquidiert werden müssen (, BGHZ 76, 326, 330; Urteil vom - II ZR 157/09, ZIP 2011, 328 Rn. 21). Kreditunwürdigkeit liegt danach insbesondere vor, wenn die Gesellschaft den zur Fortführung ihres Geschäftsbetriebs erforderlichen Kreditbedarf nicht aus eigener Kraft decken kann (, GmbHR 1997, 501, 503).

32Dafür liegen hier keine Anhaltspunkte vor. Das Berufungsgericht hat zwar festgestellt, dass die Schuldnerin kein operatives Geschäft mehr betrieben habe. Das allein reicht aber nicht aus für die Annahme, sie habe ihren etwaigen Kreditbedarf nicht auch am freien Markt decken können.

33III. Für den Fall, dass das Berufungsgericht in der wiedereröffneten mündlichen Verhandlung zu dem Ergebnis kommt, die Schuldnerin sei schon vor dem Widerruf der Vollmacht des Beklagten im Jahr 1995 in eine Krise im Sinne des § 32a Abs. 1 GmbHG a.F. geraten und diese Krise habe zum Zeitpunkt der Zinszahlung noch angedauert, weist der Senat auf Folgendes hin:

341. Der Gesellschafter oder die ihm gleichgestellte Person - hier der Beklagte - erfüllt die subjektiven Voraussetzungen für eine Umqualifizierung seiner Zinsforderung in haftendes Eigenkapital, wenn für ihn erkennbar ist, dass die Gesellschaft zum maßgeblichen Zeitpunkt in eine Krise geraten ist. An die Möglichkeit, die Krise erkennen zu können, sind keine hohen Anforderungen zu stellen. Vielmehr ist die Erkennbarkeit prinzipiell als gegeben anzusehen. Der für die Finanzierung der Gesellschaft Verantwortliche muss von sich aus sicherstellen, dass er laufend über die wirtschaftliche Lage, insbesondere den eventuellen Eintritt der Krise informiert ist (, ZIP 2004, 1049, 1053).

352. Der Rückzahlungsanspruch der Klägerin ist nach Art. 229 § 12 Abs. 2 Satz 1 EGBGB - nur - dann nicht verjährt, wenn dem Beklagten eine "bösliche Handlungsweise" im Sinne des § 31 Abs. 5 Satz 2 GmbHG in der bis zum geltenden Fassung vorzuwerfen ist (vgl. Scholz/Verse, GmbHG, 11. Aufl., § 31 Rn. 79 f.).

36Eine bösliche Handlungsweise liegt bei einer gegen § 30 Abs. 1 GmbHG verstoßenden Entnahme aus dem Gesellschaftsvermögen dann vor, wenn der Gesellschafter die Auszahlung in Kenntnis ihrer Unzulässigkeit entgegennimmt, also weiß, dass bereits eine Unterbilanz besteht oder dass infolge der Auszahlung das zur Deckung des Stammkapitals erforderliche Vermögen nunmehr angegriffen wird (, ZIP 2008, 2217 Rn. 23; ebenso Urteil vom - II ZR 226/86, ZIP 1987, 1113, 1115; Urteil vom - II ZR 30/94, ZIP 1995, 736, 737 f.; Urteil vom - II ZR 220/95, BGHZ 136, 125, 131; Urteil vom - IX ZR 52/10, ZIP 2013, 894 Rn. 29). Übertragen auf die analoge Anwendung der §§ 30 f. GmbHG nach den Regeln des Eigenkapitalersatzes muss dem Empfänger der Darlehensrück- oder -zinszahlung bewusst sein, dass die Zahlung gegen die Eigenkapitalersatzregeln verstößt, er also Normadressat dieser Regeln ist und das Darlehen in der Krise gewährt oder stehengelassen hat. Dabei reicht es aus, dass der Empfänger die Möglichkeit eines Verstoßes erkennt und sich weiterer Erkenntnismöglichkeiten verschließt (, ZIP 2008, 2217 Rn. 23). Maßgebend für diese Erkenntnismöglichkeiten ist der Wissensstand des Empfängers zum Zeitpunkt der Zahlung. Er muss danach bei einer Fallgestaltung wie der vorliegend zu beurteilenden wissen - oder sich der Erkenntnismöglichkeit verschließen -, dass die Gesellschaft zum Zeitpunkt des Wegfalls der Umstände, die zu seiner Gleichstellung mit einem Gesellschafter geführt haben, (noch) in der Krise war. Damit treffen den Empfänger, anders als das Berufungsgericht meint, keine zusätzlichen Informationspflichten hinsichtlich der Zeit, in der er nicht mehr einem Gesellschafter gleichgestellt ist. Er muss sich lediglich die ihm bekannt oder jedenfalls offenbar gewordenen Umstände anrechnen lassen.

Bergmann                        Strohn                        Reichart

                     Born                          Sunder

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BB 2013 S. 2945 Nr. 49
DB 2013 S. 2728 Nr. 48
DStR 2013 S. 10 Nr. 46
GmbH-StB 2014 S. 9 Nr. 1
GmbHR 2013 S. 1318 Nr. 24
NJW-RR 2014 S. 147 Nr. 3
WM 2013 S. 2265 Nr. 48
WPg 2014 S. 216 Nr. 4
ZIP 2013 S. 2400 Nr. 50
ZIP 2013 S. 91 Nr. 47
BAAAE-47816