Organisatorische Eingliederung einer GmbH in das Unternehmen des Alleingesellschafters bei mehreren für die GmbH einzelvertretungsberechtigten
Geschäftsführern
Zufluss von noch nicht gezahlten Mieten bei Vermietung des Alleingesellschafters an „seine” GmbH
keine Zahlungsunfähigkeit vor Insolvenzantragstellung
kein Anspruch auf Terminverlegung beim FG bei gleichzeitiger Ladung zu einem anderen Verfahren, für das der Prozessbevollmächtigte
nicht postulationsfähig ist
Leitsatz
1. Für die organisatorische Eingliederung als Voraussetzung für eine umsatzsteuerliche Organschaft muss zumindest durch die
Gestaltung der Beziehungen zwischen dem Organträger und der Organgesellschaft sichergestellt sein, dass eine vom Willen des
Organträgers abweichende Willensbildung bei der Organtochter nicht möglich ist. Das ist nicht bereits dadurch erfüllt, dass
der Alleingesellschafter einer GmbH gegenüber der Geschäftsführung der GmbH weisungsbefugt ist.
2. Ist der Alleingesellschafter einer GmbH neben seinem Vater als weiterer einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer der
GmbH bestellt, so kann nur dann eine organisatorische Eingliederung zwischen dem Alleingesellschafter und der GmbH bestehen,
wenn u. a. eine schriftliche Geschäftsführungsordnung vorliegt, die bei Meinungsverschiedenheiten der Geschäftsführer ein
Letztentscheidungsrecht des Alleingesellschafters vorsieht.
3. Vermietet der Alleingesellschafter ein Grundstück umsatzsteuerpflichtig an die GmbH und wird die Umsatzsteuer nach vereinnahmten
Entgelten (§ 20 UStG) berechnet, so ist beim Alleingesellschafter als beherrschendem Gesellschafter der GmbH der Zufluss der
Mieteinnahmen nicht erst im Zeitpunkt der Gutschrift auf dem Konto, sondern bereits im Zeitpunkt der Fälligkeit der Mietforderung
anzunehmen, wenn der Mietanspruch eindeutig, unbestritten und fällig ist und die GmbH als Schuldnerin zahlungsfähig ist. Hat
der Alleingesellschafter die Auszahlung seiner Mietzinsansprüche verzögert, weil er die Liquidität der GmbH schonen wollte,
ist insoweit jedoch eine klare und eindeutige Fälligkeitsabrede nicht getroffen worden, wird der Zufluss der Mietforderungen
nicht dadurch vermieden, dass der Gesellschafter seine Interessen als Gläubiger der Mietzinsen hinter die Interessen der Gesellschaft
zurücktreten hat lassen.
4. Eine GmbH ist trotz vorliegender Finanzierungsengpässe nicht erkennbar auf Dauer unvermögend, ihre sofort zu erfüllenden
Geldschulden noch im Wesentlichen zu tilgen, und somit nicht zahlungsunfähig, wenn noch kein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens
gestellt worden ist und die GmbH Verbindlichkeiten anderer Gläubiger durchgehend erfüllt.
5. Das FG muss einem Terminverlegungsantrag nicht entsprechen, wenn die Rechtsanwaltsgesellschaft, für die der Prozessbevollmächtigte
des Klägers tätig ist, zum selben Termin zwar schon zu einem anderen (zivilrechtlichen) Termin beim Landgericht geladen worden
ist, der zur mündlichen Verhandlung des FG geladene Prozessbevollmächtigte jedoch als ein nach § 209 BRAO in die Rechtsanwaltskammer
aufgenommener Rechtsbeistand in dem Verfahren beim Landgericht, einem Anwaltsprozess, nicht postulationsfähig und folglich
nicht gehindert ist, den Termin vor dem Finanzgericht wahrzunehmen.
Fundstelle(n): UStB 2013 S. 320 Nr. 11 OAAAE-45149
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FG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil v. 20.03.2013 - 2 K 1631/08
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