Oberfinanzdirektionen Rheinland - S 2750a - 1014 - St 131 S 1980 - 1083 - St 222

Steuerliche Gestaltungsmodelle im Zusammenhang mit Finanzmarktprodukten unter Ausnutzung von § 8b KStG

In der Vergangenheit sind mehrere Fallgestaltungen bekannt geworden, in denen durch eine Kombination von nach § 8b KStG steuerfreien Veräußerungsgewinnen mit steuerwirksamen Finanzanlagen steuerliche Verluste vermittelt werden sollten. Mit den kombinierten Produkten soll wirtschaftlich i.d.R. eine Kapitalmarktrendite erzielt werden. Steuerlich wird demgegenüber ein hoher steuerfreier Gewinn nach § 8b KStG und ein gegenläufiger steuerpflichtiger Verlust in nahezu gleicher Höhe erklärt.

Mit solchen Geschäften haben sich in der Vergangenheit mehrere Finanzgerichte beschäftigt. Die in den Nrn. 1 bis 3 dargestellten Entscheidungen der Finanzgerichte

  • Nürnberg vom (Az. 1 K 69/2009), rechtskräftig

  • Düsseldorf vom (Az. 6 K 2435/09 K), EFG 2012, Seite 2055, Rev. eingelegt, Az. des BFH I R 52/12 und

  • Niedersachsen vom (Az. 6 K 382/10), DStZ 2013, Seite 94, NZB eingelegt, Az. des BFH I B 187/12

betreffen sowohl Einzelinvestitionen als auch Investitionen über Investmentfonds.

Ich bitte, in ähnlich gelagerten Fällen die von den Finanzgerichten vertretene Auffassung zu übernehmen.

Ggf. kommt ein Ruhen entsprechender Einsprüche bis zur Entscheidung des BFH in den Verfahren I B 187/12 und I R 52/12 in Betracht.

1.  (rechtskräftig)

Sachverhalt (mit beispielhaftem Zahlenwerk):

Eine Kapitalgesellschaft kaufte Aktien einer Aktiengesellschaft (z.B. 24,70 € je Aktie) und schloss gleichzeitig mit einer Bank zwei Optionsgeschäfte auf diese Aktien ab.

  • Sie erwarb eine Verkaufs-Option (Put-Option), aufgrund derer sie den entsprechenden Basiswert (hier: die Aktien) zu einem vorher festgesetzten Verkaufspreis (42 € je Aktie) an jedem Handelstag während der Ausübungsfrist an die Bank veräußern konnte. Für diese Option zahlte sie eine Optionsprämie (17,10 € je Aktie).

  • Sie verkaufte an die Bank eine Kauf-Option (Call-Option) auf diese Aktien, wodurch der Bank mit Optionsausübung das Recht eingeräumt wurde, an jedem Handelstag während der Ausübungsfrist von der Kapitalgesellschaft die Lieferung der Aktien zu einem vorher festgelegten Kaufpreis (40,20 € je Aktie) zu verlangen. Für die Einräumung dieses Optionsrechts erhielt die Kapitalgesellschaft von der Bank eine Stillhalter-Optionsprämie (0,50 € je Aktie).

Beide Optionen hatten die jeweils gleiche Ausübungsfrist und einen identischen Verfallstermin. Für beide Optionsgeschäfte galt weiterhin die besondere Vereinbarung, dass sobald eine der beiden Parteien ihre Option ausübte, die jeweils andere Option automatisch wertlos verfiel (sog. Knock-Out-Vereinbarung).

Nachdem die Bank ihre Call-Option gegen die Kapitalgesellschaft zum frühestmöglichen Zeitpunkt ausübte, veräußerte die Kapitalgesellschaft die Aktien zum Ausübungspreis an die Bank und erklärte hieraufhin einen nach § 8b Absatz 2 KStG steuerfreien Veräußerungsgewinn (40,20 € Verkaufspreis + 0,50 € Stillhalterprämie ./. 24,70 € Buchwert = 16,00 € Veräußerungsgewinn je Aktie). Zugleich verfiel die Put-Option wertlos, wobei der erlittene Verlust in Höhe der Optionsprämie (17,10 € je Aktie) als abzugsfähige Betriebsausgabe erklärt wurde.

(Das wirtschaftliche Ergebnis der Kapitalgesellschaft je Aktie vor Steuern beträgt im Beispielsfall: 40,20 € Verkaufspreis + 0,50 € Stillhalterprämie ./. 17,10 € Optionsprämie ./. Anschaffungskosten 24,70 € = ./. 1,10 €.

Die Auswirkung auf das steuerliche Einkommen lt. Steuererklärung je Aktie beträgt dagegen: ./. 17,10 € Optionsprämie + 5 % von 16,00 € Veräußerungsgewinn nach § 8b Abs. 2 KStG = ./. 16,30 €.

Bei einer Auswirkung auf KSt/Soli mit 15,825 % und GewSt mit 14 % beträgt die Steuerentlastung je Aktie: + 4,86 € und damit das wirtschaftliche Ergebnis nach Steuern je Aktie + 3,76 €.)

Entscheidung:

Das Finanzgericht Nürnberg hat entschieden, dass in Fällen, in denen eine Kapitalgesellschaft mit einer Bank zwei Optionsgeschäfte auf die gleichen Aktien abschließt (Put-Option und Call-Option), nicht nur die vereinnahmte Prämie für die Call-Option, sondern auch die gezahlten Optionsprämien für die verfallene Put-Option als Veräußerungskosten in die Veräußerungsgewinnermittlung für Zwecke des § 8b KStG einzubeziehen sind. Im Streitfall ergab sich daraus insgesamt ein Veräußerungsverlust (./. 1,10 € je Aktie; vgl. oben), der nach § 8b Absatz 3 Satz 3 KStG nicht abzugsfähig war. Damit ergibt sich insgesamt keine Auswirkung auf das steuerliche Einkommen.

Das Urteil ist rechtskräftig.

2.  (Revision eingelegt, Az. des BFH I R 52/12)

Sachverhalt (mit beispielhaftem Zahlenwerk):

Eine Kapitalgesellschaft kaufte über die Börse Aktien einer bestimmten Gesellschaft (z.B. 10,32 € je Aktie). Zugleich schloss sie mit der E-Bank ein Termingeschäft des Inhalts ab, dass zu einem festgelegten Zeitpunkt eben diese Anzahl Aktien zu einem festgelegten Kurs an die E-Bank geliefert wurden.

Der vereinbarte Terminkurs (10,41 € je Aktie) lag über dem Börsenkurs zum Erwerbszeitpunkt, verringerte sich aber (auf 10,20 € je Aktie), falls der Börsenkurs während der Laufzeit des Termingeschäfts zu irgendeinem Zeitpunkt eine gewisse Schwelle (10,94 € je Aktie) überschreiten sollte. Wahlweise war es der Klägerin gestattet, zum festgelegten Termin statt der Aktien ein Aktienzertifikat zu liefern, dessen Börsenpreis mit dem Preis der Aktie der Aktiengesellschaft zu jedem Zeitpunkt identisch war.

Auf Grundlage dieser Vereinbarungen veräußerte die Kapitalgesellschaft nach einer Kursteigerung die Aktien (für 11,16 € je Aktie) und erwarb gleichzeitig Aktienzertifikate zu demselben Preis (11,16 € je Zertifikat im Wert einer Aktie). Mit den Aktienzertifikaten wurde das Termingeschäft mit der E-Bank erfüllt.

Der Veräußerungsgewinn der Aktien (11,16 € Verkaufspreis ./. 10,32 € Anschaffungskosten = 0,84 € je Aktie) sollte als steuerfreier Ertrag nach § 8b KStG berücksichtigt werden, während der Verlust aus dem Aktienzertifikat (10,20 € Verkaufspreis ./. 11,16 € Anschaffungskosten = ./. 0,96 € je Zertifikat) dem steuerpflichtigen Bereich zugeordnet wurde.

(Das wirtschaftliche Ergebnis der Kapitalgesellschaft je Aktie vor Steuern beträgt im Beispielsfall: 11,16 € Verkaufspreis Aktie + 10,20 € Verkaufspreis Zertifikat ./. 10,32 € Anschaffungskosten Aktie ./. 11,16 € Anschaffungskosten Zertifikat = ./. 0,12 €)

Die Auswirkung auf das steuerliche Einkommen lt. Steuererklärung je Aktie beträgt dagegen: ./. 0,96 € Veräußerungsergebnis Zertifikat + 5 % von 0,84 € Veräußerungsgewinn nach § 8b Abs. 2 KStG = ./. 0,91 €

Bei einer Auswirkung auf KSt/SolZ mit 15,825 % und GewSt mit 14 % beträgt die Steuerentlastung je Aktie: +0,27 € und damit das wirtschaftliche Ergebnis nach Steuern je Aktie +0,15 €.)

Entscheidung:

Das Finanzgericht Düsseldorf sah die Verluste aus den Aktienzertifikaten als durch das Aktienveräußerungsgeschäft veranlasst an und ordnete diese den Veräußerungskosten nach § 8b Absatz 2 Satz 2 KStG zu. Damit ergibt sich insgesamt ein Veräußerungsverlust (./. 0,12 € je Aktie; vgl. oben), der nach § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG nicht abzugsfähig war.

3. Niedersächsisches (NZB eingelegt, Az. des BFH I B 187/12)

Sachverhalt:

Eine Kapitalgesellschaft kaufte mit freier Liquidität Anteile am X-Fonds, der von der X-Bank angeboten wurde. Einige Monate später wurden diese wieder veräußert. Nach dem Fondsprospekt richtet sich dieser Fonds an in Deutschland steuerpflichtige Unternehmen, die für mehrere Monate über überschüssige Liquidität verfügen und „ausreichende Steuerkapazität” besitzen, „um potentielle, beim Verkauf der Fondsanteile realisierte Verluste anzurechnen”. Der Fonds versprach einen „attraktiven Ertrag, besonders bei Berücksichtigung des möglichen steuerlichen Vorteils”. Nach seinem Anlagekonzept werden bis zu 20 % des Fondsvermögens in zinstragende Wertpapiere und mindestens 80 % des Fondsvermögens zum Erwerb von „Zero Strike Call Optionsscheinen” verwendet, bei denen das Aktienrisiko vollständig durch Terminverkäufe abgesichert war. Der Ertrag aus der Anlage in den Optionsscheinen sollte -unabhängig von der Marktentwicklung des Aktienmarktes – dem 1-Monats-Zinssatz (abzüglich Kosten) entsprechen. Aus der Perspektive des Investors sollten Aktiengewinne des Fonds dem Investor ein negatives steuerpflichtiges Einkommen zur Verrechnung mit sonstigem steuerpflichtigem Einkommen vermitteln.

Der steuerrelevante Aktiengewinn (§ 8 InvStG) bei Verkauf betrug 73,05 % und bei Erwerb 36,83 % des Rücknahmepreises, so dass sich ein positiver Anleger-Aktiengewinn ergibt. Diesen Aktiengewinn erklärte die Kapitalgesellschaft als steuerfreien Gewinn im Sinne des § 8b Absatz 2 KStG. Der steuerfreie Veräußerungsgewinn überstieg den handelsrechtlichen Gewinn/Steuerbilanzgewinn aus der Veräußerung bei Weitem, womit sich das zu versteuernde Einkommen entsprechend minderte.

Beispielsrechnung des Fonds:
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Steuerbilanzgewinn aus der Veräußerung der Fondsanteile: (enthaltener Aktiengewinn = 4.621,04 €)
+ 250,37 €
außerbilanzielle Kürzung nach § 8b Abs. 2 und 3 KStG: 4.621,04 × 95 % =
./. 4.389,99 €
= Auswirkung auf das zu versteuernde Einkommen:
./. 4.139,99 €

(Das wirtschaftliche Ergebnis der Kapitalgesellschaft aus den Fondsanteilen vor Steuern beträgt: 250, 37 €.

Die Auswirkung auf das steuerliche Einkommen lt. Steuererklärung beträgt dagegen: ./. 4.139,99 €.

Steuerentlastung bei einer Auswirkung auf KSt/SolZ mit 15,825 % und GewSt mit 14 %: + 1.234,75 € und damit das wirtschaftliche Ergebnis nach Steuern + 1.485,12 €.)

Entscheidung:

Mit Urteil vom lehnte das Finanzgericht die Berücksichtigung des steuerfreien Veräußerungsgewinns nach § 8b KStG ab. Im Rahmen des Klageverfahrens war nicht zu prüfen, ob die von der X-Bank mitgeteilten „steuerrelevanten Aktiengewinne” zutreffend berechnet wurden, da die Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stand und deren Ermittlung noch einer abschließenden Prüfung vorbehalten war. Falls die von der Klägerin geltend gemachten steuerfreien Veräußerungsgewinne nicht bereits auf der Ebene des Fonds mit angefallenen Veräußerungsverlusten zu saldieren sind, ist nach Auffassung des Finanzgerichts eine steuermindernde Berücksichtigung dieser Gewinne nach § 42 AO ausgeschlossen. Die Beteiligung an einem Fonds, der nach seinem Konzept darauf abzielt, den Anlegern durch wirtschaftlich gegenläufige Geschäfte steuerfreie Veräußerungsgewinne zu vermitteln, die das handelsrechtliche Ergebnis des Fonds weit übersteigen, kann ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten sein.

Inhaltlich gleichlautend
Oberfinanzdirektionen Rheinland v. - S 2750a - 1014 - St 131S 1980 - 1083 - St 222
Oberfinanzdirektion Münster - S 2750a - 217 - St 13 - 33

Fundstelle(n):
GAAAE-34156