OFD Niedersachsen - S 2221b – 1 – St 236

Steuerliche Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten ab dem Veranlagungszeitraum 2012

1. Allgemeines

Das Bundesministerium für Finanzen (BMF) nimmt in seinem Schreiben vom (BStBl 2012 I S. S. 307) zur steuerlichen Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten ab dem Veranlagungszeitraum 2012 ausführlich Stellung.

Ergänzend weise ich auf Folgendes hin. Die im Text genannten Randziffern (Rz.) beziehen sich dabei auf das o. g. :

2. Änderung des Einkommensteuergesetzes (Rz. 1, 2)

Die bisher in § 9c EStG enthaltenen Regelungen zum Abzug von erwerbsbedingten und nicht erwerbsbedingten Kinderbetreuungskosten sind – unter Verringerung der Anspruchsvoraussetzungen – mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2012 in den neuen § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG übernommen worden. Kinderbetreuungskosten sind damit einheitlich als Sonderausgaben abziehbar. Die Unterscheidung nach erwerbsbedingten und nicht erwerbsbedingten Kinderbetreuungskosten entfällt. Auf die persönlichen Anspruchsvoraussetzungen bei den steuerpflichtigen Eltern, wie z. B. Erwerbstätigkeit oder Ausbildung, kommt es nicht mehr an.

Soweit außersteuerliche Rechtsnormen an die steuerlichen Begriffe „Einkünfte”, „Summe der Einkünfte” oder „Gesamtbetrag der Einkünfte” anknüpfen, wie z. B. § 14 Abs. 1 Wohngeldgesetz, mindern sich für deren Zwecke diese Größen um die nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG abziehbaren Kinderbetreuungskosten (§ 2 Abs. 5a S. 2 EStG). Auch bei Anwendung dieser Regelung wird nicht danach unterschieden, ob die Kinderbetreuungskosten erwerbsbedingt oder nicht erwerbsbedingt angefallen sind.

3. Abzugsvoraussetzungen

Dem Grunde nach (Rz. 1 – 3, 8 – 9, 12 – 13)

  • Die Aufwendungen zur Betreuung erfolgen für ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1 EStG.

  • Das Kind gehört zum Haushalt des Steuerpflichtigen

  • Das Kind hat das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet oder ist wegen einer vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetretenen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung außerstande, sich selbst zu unterhalten.

  • Der Steuerpflichtige hat für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten und die Zahlung ist auf das Konto des Erbringers der Leistung erfolgt. Die Anforderung der Nachweise hat nur bei Ausgabe eines entsprechenden Hinweises im Rahmen des Risikomanagements oder in Intensivprüffällen zu erfolgen.

  • Es handelt sich nicht um Aufwendungen für Unterricht, die Vermittlung besonderer Fähigkeiten oder sportliche und andere Freizeitbetätigungen.

Der Höhe nach (Rz. 16)

  • Abzugsfähig sind wie bisher zwei Drittel der Aufwendungen, maximal jedoch 4.000,00 je Kind.

  • Die Verhältnisse des Wohnsitzstaates des Kindes sind zu berücksichtigen (Ländergruppeneinteilung ab , BStBl 2011 I, S. 961)

Konto eines Dritten (Rz. 24)

Der Sonderausgabenabzug entfällt nicht, wenn die Betreuungsleistungen, für die der Steuerpflichtige eine Rechnung erhalten hat, vom Konto eines Dritten bezahlt worden sind. Hierbei handelt es sich um den klassischen Fall des abgekürzten Zahlungswegs. Voraussetzung hierfür ist nicht, das der Steuerpflichtige dem Dritten die Aufwendungen erstattet ( BStBl 2011 II S. 450). Zu beachten ist aber, dass auch die Zahlung des Dritten auf das Konto des Leistungserbringers unbar erfolgt sein muss.

4. Zuordnung der Aufwendungen

Nicht verheiratete Eltern (Rz. 28, 29)

Bei nicht verheirateten, dauernd getrennt lebenden oder geschiedenen Eltern ist der Elternteil zum Abzug von Kinderbetreuungskosten berechtigt, der die Aufwendungen getragen hat ( a. a. O) und zu dessen Haushalt das Kind gehört. Hat nur der Elternteil, in dessen Haushalt das Kind lebt, den Kinderbetreuungsvertrag abgeschlossen und zahlt auch nur dieser Elternteil das Entgelt von seinem Konto, so kann dieses weder vollständig noch anteilig dem anderen Elternteil als von ihm getragener Aufwand zugerechnet werden. Dies gilt auch dann, wenn der unterhaltsverpflichtete Elternteil für ein nicht in seinem Haushalt lebendes Kind Aufwendungen für die Betreuung eines Kindes in einer kindgerechten Einrichtung zahlt. Diese Aufwendungen sind zwar nicht in den Unterhaltsbeträgen, die in den Unterhaltstabellen ausgewiesen sind, unabhängig von der sich im Einzelfall ergebenden Höhe des Unterhalts, enthalten und stellen somit unterhaltsrechtlichen Mehrbedarf dar (). Allerdings erfüllt dieser Elternteil nicht die gesetzlichen Voraussetzungen für den Abzug von Kinderbetreuungskosten, da das Kind nicht in seinem Haushalt lebt.

5. Getrennte Veranlagung (Rz. 26)

§ 9c EStG ist mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2012 aufgehoben. Ab dem Veranlagungszeitraum 2013 wird die getrennte Veranlagung von Ehegatten (§ 26a EStG) durch eine Einzelveranlagung (§ 26a EStG) von Ehegatten ersetzt. Für den Veranlagungszeitraum 2012 ist § 26a EStG noch in seiner bisherigen Fassung anzuwenden. Diese Vorschrift verweist aber in Absatz 2 auf § 9c EStG, der mit Wirkung ab aufgehoben ist. Da die Neufassung des § 26a EStG aber erst ab dem Veranlagungszeitraum 2013 gilt, gibt es für den Veranlagungszeitraum 2012 keine gesetzliche Regelung zur Aufteilung des Sonderausgabenabzugs von Kinderbetreuungskosten bei getrennter Veranlagung von Ehegatten. Mangels ausdrücklicher gesetzlicher Regelung für den Sonderausgabenabzug von Kinderbetreuungskosten im Veranlagungsjahr 2012 gelten daher die allgemeinen Grundsätze zum Abzug von Sonderausgaben. Insoweit wird auf Rz. 26 des BMF-Schreibens (a. a. O) hingewiesen. Auf übereinstimmenden Antrag beider Ehegatten können die Kinderbetreuungskosten im Veranlagungszeitraum 2012 bei getrennter Veranlagung von den Ehegatten jeweils zur Hälfte abgezogen werden (Billigkeitsmaßnahme). Dabei ist es unerheblich, wer die Aufwendungen wirtschaftlich getragen hat. Der Abzug ist in diesem Fall aber bei jedem Ehegatten auf den hälftigen Abzugshöchstbetrag von 2.000,00 EUR je Kind beschränkt.

6. Besonderheiten bei beschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmern

Ab dem Veranlagungszeitraum 2012 entfällt für beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer die Möglichkeit Kinderbetreuungskosten steuerlich geltend zu machen, da der neu eingeführte § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG als für beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer anwendbare Vorschrift in § 50 Abs. 1 S. 4 EStG nicht aufgenommen wurde.

7. Übergangsregelung für behinderte Kinder

§ 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG in der Fassung des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 vom (BStBl 2011 I S. 986) gilt auch für Kinder, die wegen einer vor dem in der Zeit ab Vollendung des 25. Lebensjahres und vor Vollendung des 27. Lebensjahres eingetretenen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung außerstande sind, sich selbst zu unterhalten (§ 52 Abs. 24a S. 2 EStG)

OFD Niedersachsen v. - S 2221b – 1 – St 236

Fundstelle(n):
ESt-Kartei NI EStG § 10 Karte 3
DStR 2012 S. 2081 Nr. 41
EAAAE-19322